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Überlassen Sie Ihre Felder nicht dem Unkraut!

Lesezeit: 7 Minuten

Ackerflächen verunkrauten schleichend. Wie es dazu kommt und wie Sie rechtzeitig gegensteuern, erklären Gesche de Vries, N.U. Agrar und Dr. Ute Kropf, FH Kiel.


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Dass Unkräuter und Ungräser sich auf unseren Ackerflächen massiv ausbreiten und zunehmend resistent gegen Herbizide werden, ist kein Geheimnis mehr. Noch kritischer wird es, wenn nach der EU-Neubewertung Wirkstoffe wie Flufenacet (z.B. in Herold SC), IPU oder Pendimethalin (z.B. Malibu, Stomp) wegfallen sollten. Dann müssen wir nicht nur über Alternativen zum chemischen Pflanzenschutz nachdenken und unsere Fruchtfolgen ändern. Wir müssen uns auch damit beschäftigen, wie es überhaupt zu dieser Entwicklung kommen konnte und was man in Zukunft für die Feldhygiene tun kann.


Bindung zur Scholle verloren:

Jedes noch so kleine Distelnest wurde früher bekämpft und spätestens beim Sonntagsspaziergang mit dem Taschenmesser ausgestochen oder geköpft. Man kannte jede Ecke auf dem Schlag. Queckennester wurden extra bearbeitet, Feld- und Wegränder gemäht und die Ecken richtig ausgefahren. Lohnarbeiten mit Fremdmaschinen waren eher die Ausnahme. In den 1990ern veränderte sich die Landwirtschaft rasant. Nach der Wende kam es aufgrund des Strukturwandels zu immer größeren Einheiten. Flächenzupacht, Betriebszusammenlegungen, hohe Schlagkraft und Lohnarbeit prägen seitdem den Ackerbau.


Die persönliche Bindung zur Scholle war nicht mehr aufrecht zu erhalten. Am Ende des Tages müssen Mitarbei-ter, Aushilfen und Lohnbetriebe „Fläche“ geschafft haben. Für Detailarbeit bleibt keine Zeit mehr. Sinkende Erlöse und steigende Kosten führen zu Einsparungen bei Grunddüngung und Bodenbearbeitung. Die Bestände können sich nicht vernünftig etablieren und lassen mehr Raum für die Verunkrautung.


Bei Bodenbearbeitung und Produktionstechnik an die Feldhygiene zu denken war bislang aus Kostengründen nicht notwendig. Schließlich gibt es gegen jedes Unkraut und -gras das passende Herbizid – noch. Aber selbst die ausgefeilteste Herbizidstrategie stößt inzwischen auf den „Brennpunkten“ der Verunkrautung an ihre Grenzen.


Auf Standorten, auf denen heute die Probleme am größten sind, kann man gut erkennen, was das Aufkommen und Ausbreiten typischer Problemarten wie Ackerfuchsschwanz, Trespen, Windhalm oder Hundskerbel, Rauke und Schachtelhalm ausgelöst und forciert hat. Wichtig ist, die weitere Ausbreitung einzudämmen. Denn es besteht die Gefahr, dass Unkräuter eingeschleppt werden, für die es kaum mehr Wirkstoffe gibt. Zudem steigt die Wahrscheinlichkeit, resistentes Samenpotenzial von heute auf morgen im Schlag zu finden.


Schleichender Prozess:

Verunkrautung tritt nicht spontan auf, sie entwickelt sich langsam. Meist beginnt sie an bestimmten Stellen im Schlag und breitet sich von dort aus. Die Nester der Ausgangsverunkrautung beachtet man oft kaum. Dringen Unkräuter, wie z.B. Kerbel oder Rauken, in den Schlag vor, halten Herbizide sie einige Jahre in Schach. Es gibt aber immer einige Exemplare in einer Population, die überleben.


Durch einseitigen Herbizideinsatz und die Anwendung weniger Wirkstoffe kommt es zu einer Selektion bestimmter Unkräuter, die vorher kaum eine Rolle gespielt haben. So war der Hundskerbel (und andere Doldenblütler) kein Problem, solange man IPU-Produkte eingesetzt hat. Auch die Kornblume breitete sich weniger stark aus, als im Herbst gezielt Chlortoluron gespritzt wurde. Durch die Reduktion der Mengen oder Wegfall der Produkte überleben aber immer mehr Unkräuter. Die Wahrscheinlichkeit, dass resistente Typen auftreten, nimmt zu. Schließlich kann bereits eine von einer Millionen Pflanzen resistent sein (siehe Kasten).


Typische Stellen beginnender Verunkrautung sind Feldeinfahrten, Feldränder, Vorgewende und Senken. Kommen Ungräser und -kräuter dort zum Aussamen, trägt sie der Mähdrescher jedes Jahr in den Schlag weiter – soweit der Spreuverteiler reicht.


Feldeinfahrten, Vorgewende:

Verunkrautete Feldeinfahrten sehen Landwirte oft als normal und unvermeidbar an. Der Grund: Sie nehmen an, die Kultur würde durch ständiges Ein- und Ausfahren dort so geschädigt, dass nur noch das robuste Unkraut wachsen kann.


Falsch! Genau dort verteilt der (Lohn-) Mähdrescher als erstes das Samenpotenzial, das er von einer belasteten Flächen mitbringt. So wird (auch resistenter!) Ackerfuchsschwanz aus der Marsch in die sandigen Zupachtflächen der Geest getragen. Dieser breitet sich aufgrund seiner enormen Anpassungsfähigkeit auch auf den scheinbar ungünstigen Böden rasant aus. Da der Mähdrescher nach der Einfahrt erst einmal das Vorgewende frei drischt, verbreiten sich die Ungräser zunächst dort. Die schwache Konkurrenzkraft der Kultur auf dem strukturgeschädigten Vorgewende fördert zusätzlich die Ungrasentwicklung. Auf diese Weise haben sich in den letzten Jahren Fuchsschwanz, Trespe, Hundskerbel, Kamille und Erdrauch massiv verbreitet.


Feld- und Wegränder:

Häufig geht die Anfangsverunkrautung von Feld-, Graben- und Wegrändern aus. Ungräser wie Trespen und Quecke, die dort zur Samenbildung kommen, nutzen die Freiräume und erkämpfen sich immer mehr Standraum durch Verdrängung. An den Rändern bekommt die Kultur bei Scheibenstreuern weniger oder gar keinen Dünger, weil die Menge aus dem Überlappungsbereich fehlt, oder gar keine Nährstoffe wegen der Abstandsauflagen. Beim Herbizideinsatz gilt Vergleichbares: Entweder trifft die Unkräuter weniger Wirkstoff, wenn nicht Randdüsen eingesetzt werden, oder gar kein Wirkstoff aufgrund von Abstandsauflagen.


Eine schwächelnde Kultur und schlechte bis gar keine Unkrautbekämpfung sind Garanten für das Gedeihen einer unerwünschten Beikrautflora. Immer häufiger sieht man auch runde Ecken, die Zeit sparen sollen. Diese werden mit Düngerstreuer und Spritze nicht mehr ausgefahren. Aber nicht nur die unbehandelte Spitze bekommt nichts, der beim Wenden überfahrene Außenbereich erhalten wegen der höheren Drehgeschwindigkeit auch weniger Pflanzenschutz und Dünger. Bei 24 m Arbeitsbreite bleiben bei vier Ecken 120 m2 unbehandelt und auf 500 m2 wird unterdosiert.


Senken und Kuppen:

Auf den rauen Kuppen ist es eher trockener und die Senken sind verschlämmt, nass und häufig sehr humos. Zwei Dinge haben sie dennoch gemeinsam: Die Herbizidwirkung geht dort gegen Null und die Kultur ist ausgedünnt. Wie bei Einfahrten und Feldrändern sind hier beste Bedingungen für Vermehrung und Resistenzbildung gegeben. Mit jeder Ernte gelangen die Samen weiter in den Bestand.


Mitten im Schlag:

In den wenigsten Fällen ist eine Verunkrautung mitten im Schlag zufällig. Meist ist der Boden dort verdichtet und Staunässe zu finden, oder Bodenart, pH und Nährstoffversorgung wechseln an diesen Stellen. Auch hier leidet die Kultur und macht der Verunkrautung Platz.


Samen können aber auch einfliegen. Dass sich Disteln so verbreiten, ist bekannt. Aber auch Windhalm und Ackerfuchsschwanz gelangen mit dem Wind aufs Feld. Resistente Typen können sich so über größere Strecken ausbreiten. Auf dem Schlag ist dann erst nur ein kleines Nest zu sehen, das von Jahr zu Jahr immer größer wird.


Ohne erkennbaren Ausgangsherd ist über den Schlag verteilt immer häufiger Ackerschachtelhalm zu finden. Dieser wurzelt bis zu 2 m tief und versorgt sich mit dem Wasser aus Stauhorizonten. Da seine Rhizome unterirdisch über viele Meter wachsen können, muss die Störursache nicht dort sein, wo der Schachtelhalm steht! Da ihn die Bekämpfung mit M-Wuchsstoffen nur unterdrückt, wird man ihn nur schwer wieder los, wenn die Störschicht nicht aufgebrochen werden kann.


Mulchsaaten:

Der Verzicht auf wendende Bodenbearbeitung begünstigt vor allem Flachkeimer wie Fuchsschwanz, Windhalm und vor allem Trespen, aber auch Kamille sowie kreuzblütige Unkräuter. Der Samen reichert sich in den oberen Zentimetern an. Das erweckt den Eindruck, dass Mulchsaaten die Verungrasung fördern. Mit dem Pflug schafft man offensichtlich reinen Tisch. Fakt ist aber, dass man das Samenpotenzial auf die Krume verteilt und das Problem damit nachhaltig erhält. Bei massivem Besatz mit Trespe ist Pflügen oft die einzige Chance, diese wieder in den Griff zu bekommen. Trespensamen lebt nur zwei Jahre und überdauert so das Einpflügen nicht, wenn er im nächsten Jahr nicht wieder hochgeholt wird.


Mulchsaat wird oft mit Extensivierung und Kosteneinsparung gleichgesetzt. Dass sie aber höhere Ansprüche an den Drusch, die Stoppelbearbeitung, die Optimierung von Saatzeit, Sorte und Saatstärke sowie an die Fruchtfolge stellt, haben nicht alle konsequent umgesetzt. Gerade auf den schweren Böden, auf denen es wenige Alternativen zur Fruchtfolge und Produktionstechnik gibt, pflügen Landwirte zu Wintergerste und Stoppelweizen wieder häufiger.

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