Einloggen / Registrieren

Startseite

Schlagzeilen
Messen & Termine
Themen
Wir für Euch
Sonstiges

Stilllegung 2024 Agrardiesel-Debatte Bürokratieabbau

topplus Aus dem Heft

Unkrautkontrolle in Rüben neu denken

Lesezeit: 9 Minuten

Rübenbestände unkrautfrei zu halten, wird aufgrund schwindender Mittel immer schwieriger. Hier sind die Strategien für die kommende Saison und Infos zum neuen Conviso-System.


Das Wichtigste zum Thema Ackerbau dienstags per Mail!

Mit Eintragung zum Newsletter stimme ich der Nutzung meiner E-Mail-Adresse im Rahmen des gewählten Newsletters und zugehörigen Angeboten gemäß der AGBs und den Datenschutzhinweisen zu.

Unser Autor


Dr. Bernhard Werner, Landwirtschaftskammer Niedersachsen


Zunehmende Resistenzen bei den Unkräutern, wegfallende Wirkstoffe und erhebliche Kosten für die Unkrautkontrolle stellen die zuckerrübenanbauenden Landwirte vor große Herausforderungen. Könnte mit dem neuen „Conviso-System“, einer Kombination aus einem breit wirksamen Herbizid und einer auf klassischem Weg gezüchteten herbizid-(ALS-)toleranten Rübensorte alles einfacher und besser werden? In gewisser Weise revolutioniert dieses System den Rübenanbau tatsächlich: denn das Herbizid Conviso One wirkt gegen fast alle in Rüben relevanten Unkräuter sehr gut. Gleichzeitig sind weniger Durchfahrten erforderlich, es ist verträglich, kostet nicht mehr als konventionelle Herbizideinsätze und auch das leidige Mischen von etlichen Herbizidkomponenten entfällt.


Allerdings ist die Zulassung von Conviso One mit verschiedenen wichtigen Auflagen und Einschränkungen belegt. 2023 wird zudem nur eine begrenzte Saatgutmenge verfügbar sein, sodass auch weiterhin die konventionellen bzw. klassischen Herbizidanwendungen eine große Rolle spielen. Im Folgenden werden beide Möglichkeiten beschrieben – aber auch ihre Risiken.


BasisMischungen wie gehabt?


Bei den klassischen Rübenherbiziden bleibt im Frühjahr 2023 letztendlich alles beim Alten. Nachdem Chloridazon und Desmedipham schon länger nicht mehr verfügbar sind, droht nun der Wegfall der Wirkstoffe Triflusulfuron (z.B. im Debut oder Shiro) und eventuell sogar von Phenmedipham (PMP) als wichtigem Basiswirkstoff.


Triflusulfuron wird voraussichtlich aufgrund endokriner Eigenschaften auf EU-Ebene keine Neuzulassung erhalten. 2023 sind die entsprechenden Mittel aber mit allergrößter Wahrscheinlichkeit noch verfügbar. Ob im Jahr 2024 dann eine Aufbrauchfrist gelten wird, stand zu Redaktionsschluss noch nicht fest.


Auch für Phenmedipham steht eine Neubewertung an. Stand heute sind PMP-haltige Mittel, wie z.B. Betasana SC, Belvedere Duo oder Betanal Tandem, noch bis 2023 bzw. 2024 zugelassen. Betanal Tandem hat ganz aktuell seine Drainauflage (NG 405) verloren. Weitere wesentliche Änderungen gibt es zurzeit nicht (Stand 3.1.2023).


Somit wird sich auch 2023 die Unkrautbekämpfung im Rübenanbau im Wesentlichen auf eine Mischung der Basiswirkstoffe Metamitron, Phenmedipham, Ethofumesat und Quinmerac stützen. Infos zu den wichtigsten Basisherbiziden inklusive ihrer maximalen Aufwandmengen entnehmen Sie der Übersicht auf Seite 74. Zu berücksichtigen ist hier, dass die einzelnen Wirkstoffe – insbesondere Metamitron – in den unterschiedlichsten Mitteln enthalten sind. Die zugelassenen Aufwandmengen und weitere Anwendungsauflagen unterscheiden sich aber oft. Eine komplette Übersicht zu den Rübenherbiziden mit ihren Wirkungseinstufungen, Anwendungsbestimmungen und Auflagen finden Sie im Internet unter www.topagrar.com/rueben2023. Ergänzend finden Sie dort eine Übersicht zu den wichtigsten zugelassenen Gräserherbiziden. Beide Tabellen erreichen Sie auch über den QR-Code.


Debut bleibt Vorerst


Neben den Basisherbiziden stehen unterschiedliche Ergänzungspräparate z.B. mit den Wirkstoffen Chlopyralid, Dimethenamid-P, Triflusulfuron oder Lenacil zur Verfügung. Die Übersicht auf Seite 75 liefert Infos über die entsprechenden Herbizide, mit denen man die Basismischungen je nach Verunkrautung zur Wirkungsverstärkung ergänzen kann. 2023 sind sowohl Debut, als auch Debut DuoActive als Fertigformulierung von Debut + Venzar am Markt erhältlich. Für beide Mittel ist die Zumischung von 0,25 l/ha Trend durch die Zulassung vorgegeben.


Tipps für klassische Strategien


Wie Sie mit herkömmlichen Herbizidmischungen auf unterschiedliche Unkrautsituationen reagieren können, zeigt Übersicht 1 auf Seite 70. Wie erläutert ändert sich im Vergleich zu 2022 wenig an den Bekämpfungsstrategien im konventionellen Bereich.


Gegen eine leichte Mischverunkrautung reichen Standardmischungen aus. Es eignen sich z.B. Belvedere Duo plus Goltix Titan oder Betasana SC plus Ethofumesat plus Metafol SC in dreimaliger Anwendung jeweils mit der Zugabe eines gelisteten Additivs zur Wirkungsabsicherung.


Ergänzt werden diese Mischungen je nach Bedarf, z.B.


  • gegen Ausfallraps, Bingelkraut oder Windenknöterich mit Debut + FHS,
  • gegen Hundspetersilie mit Vivendi, Lontrel, Spectrum, Goltix Titan bzw. Tanaris oder
  • gegen Storchschnabel mit Spectrum bzw. Tanaris.


Generell ist es wichtig, dass Sie die Bodenfeuchte zur besseren Wirkung der Bodenherbizide so gut es geht nutzen. Lassen Sie die Spritzabstände zudem nicht zu weit werden und beachten Sie die Witterung – z.B. keine Applikationen bei hoher Einstrahlung.


Alles neu mit Conviso?


Soweit zu den „klassischen“ Herbizidstrategien. Mit der Zulassung von Conviso One und den Conviso-Smart-Sorten ist aber auch eine ganz andere Strategie denkbar. Inzwischen stehen viele verschiedene Zulassungen für Conviso One mit unterschiedlichen Aufwandmengen und Auflagen zur Verfügung.


Zu berücksichtigen ist, dass die volle Aufwandmenge von 1 x 1,0 l/ha bzw. 2 x 0,5 l/ha aufgrund der NG 405 nur auf nicht drainierten Flächen als Flächenspritzung zugelassen ist. Auf drainierten Flächen darf man die volle Aufwandmenge nur in der Bandapplikation einsetzen (siehe dazu auch Beitrag ab Seite 54).


Reduzierte Aufwandmengen von z.B. 2 x 0,25 l/ha oder 2 x 0,125 l/ha darf man jedoch auch auf drainierten Standorten als Flächenspritzung anwenden. Mit einer mindestens 90%-abdriftmindernden Düse kann man alle verschiedenen zugelassenen Aufwandmengen bis an den länderspezifischen Mindestabstand zu Gewässern ausbringen.


Vermarktet wird das Conviso-Smart-System – also die convisotolerante Rübensorte plus Herbizid – aktuell nur über den Onlineshop der KWS als Paket mit den Sorten Smart Manja, Smart Mirea oder Smart Thekla. Allerdings steht für die Aussaat 2023 nur eine begrenzte Saatgutmenge zur Verfügung. Zu Redaktionsschluss waren bereits zwei der drei genannten Sorten ausverkauft. Das Pack besteht für nicht drainierte Flächen jeweils aus einer Saatguteinheit plus 1,0 l Conviso One plus 1,0 l Mero (Additiv) und für drainierte Flächen aus einer Saatguteinheit plus 0,5 l Conviso One plus 0,5 l Mero (Additiv). ▶


Im splitting am stärksten


Am besten wirkt Conviso One nach unseren Erfahrungen in der Splittinganwendung von 2 x 0,5 l/ha + Mero. Das Mittel erfasst dann alle relevanten Rübenunkräuter und auch Wildrüben sicher. Nur beim Persischen Ehrenpreis ergibt sich eine Wirkungslücke. Auch bei der Bekämpfung des Weißen Gänsefußes hat Conviso One eine leichte Unsicherheit, insbesondere dann, wenn die Spritzung nicht termingerecht auf den kleinen Gänsefuß erfolgt. Der optimale Einsatztermin für die erste Conviso-Spritzung ist erreicht, wenn der Gänsefuß zwei Laubblätter (BBCH 12) entwickelt hat. Eine zweite Behandlung sollte dann nach ca. 10 bis 14 Tagen erfolgen. Zur Wirkungsabsicherung gegen Gänsefuß kann man 2 x 0,5 l/ha Conviso One +Mero jeweils mit 1,5 – 2,0 l/ha Betasana SC ergänzen. Ist noch eine Altverunkrautung auf der Fläche zu finden, muss die erste Behandlung (gleiche Mischung) gegebenenfalls schon früher erfolgen.


Besonderheiten auf drainierten Flächen


Auf drainierten Flächen gestaltet sich die Unkrautbekämpfung mit dem Conviso-System schwieriger. Die wirksame volle Aufwandmenge von 2 x 0,5 l/ha bzw. 1 x 1,0 l/ha darf man hier nur in der Bandapplikation einsetzen. Zwischen den Rübenreihen muss dann die Hacke zum Einsatz kommen. Eine Hacke-Band-Spritzung kann entweder im kombinierten oder im absätzigen Verfahren erfolgen. Kostengünstig sind diese Verfahren aber nicht und sie sind auch nicht überall verfügbar. Außerdem sind nicht alle Flächen für einen Hackeinsatz geeignet. Auf hackfähigen Standorten kann man allerdings erhebliche Wirkstoffmengen einsparen.


Alternativ zum Hacke-Band-Einsatz ist auf drainierten Flächen auch der Einsatz reduzierter Conviso-Mengen in Kombination mit herkömmlichen Herbiziden denkbar – das zeigen Versuche der LWK Niedersachsen aus dem letzten Jahr. Grundsätzlich funktioniert auch dieses System relativ gut. Es wird voraussichtlich an Bedeutung gewinnen, sobald weitere wichtige Mittel, wie z.B. Debut/Shiro oder Phenmedipham als Basiswirkstoff wegfallen.


Die Mischungsversuche zeigten ebenfalls, dass in einer Spritzfolge die Conviso-Ergänzung mit jeweils 2 x 0,125 l je ha (inzwischen sind auch 2 x 0,25 l je ha auf drainierten Flächen zugelassen) am besten in die NAK 2 und 3 passt. Auch die Mischung mit weiteren Partnern, wie z.B. Vivendi, Venzar oder Spectrum, ist bei guter Verträglichkeit möglich. Gegen Weißen Gänsefuß und verschiedene Knötericharten wurden hier sehr gute Wirkungsgrade erzielt. In 2023 wird die LWK Niedersachsen weiter Mischungsversuche durchführen.


Wo Licht ist, ist auch Schatten


Bei allen guten Bekämpfungserfolgen bringt das Conviso-System aber auch viele Risiken mit sich. Conviso One mit den Wirkstoffen Foramsulfuron und Thiencarbazone gehört zu den ALS-Hemmern (HRAC-Klasse 1) und wirkt nicht nur hervorragend gegen Wildrüben, sondern auch gegen alle klassischen Rübensorten. Sollten Sie also sowohl Conviso-Rüben als auch klassische Rüben gleichzeitig im Betrieb anbauen, ist die Spritze nach einem Einsatz von Conviso One akribisch zu reinigen, bevor Sie die klassischen Rüben behandeln.


Auch muss man die Sämaschine vor der Aussaat von Conviso-Sorten komplett entleeren, damit keine Durchmischung der verschiedenen Sorten erfolgt. Wichtig ist auch, Conviso-Schosserrüben ausnahmslos vom Schlag zu entfernen, damit dort nicht in Zukunft eine neue Population resistenter Wildrüben entsteht.


Da Conviso One als ALS-Hemmer zur gleichen Wirkstoffgruppe gehört, wie z.B. die gräserwirksamen Getreideherbizide Atlantis Flex oder Broadway oder das Maisherbizid MaisTer power sowie viele andere gängige Herbizide, ist bei seinem Einsatz unbedingt eine fruchtfolgeübergreifende Antiresistenzstrategie umzusetzen. Diese erfordert einen regelmäßigen Wirkstoffwechsel in den einzelnen Kulturen, damit auch in Zukunft wichtige Ungräser, wie z.B. Ackerfuchsschwanz oder Weidelgräser sowie resistenzgefährdete Unkräuter sicher zu bekämpfen sind.


Preislich hält sich das Conviso-System mit unter 500 €/ha für Sorte +Herbizid im Rahmen, wenn man bedenkt, dass für die Bekämpfung von Problemunkräutern mit herkömmlichen Herbiziden schnell Kosten von über 400 €/ha entstehen können. Hinzu kommen dann noch die Kosten für das konventionelle Rübensaatgut. Züchterisch haben die Conviso-Sorten noch leichte Defizite. Der durchschnittliche Ertrag liegt noch ca. 5–10% unter dem der guten klassischen Sorten. Dafür zeigen aber die Conviso-Sorten nach Herbizidspritzungen kaum Herbizidschäden, was wiederum ein Vorteil ist.


Einsatz von Conviso abwägen


Vorerst sollte man Conviso nur dort einsetzen, wo es deutliche Vorteile gegenüber den bisherigen Strategien verspricht. Die Übersicht 2 zeigt ein Entscheidungsschema bzw. Anwendungsempfehlungen für den Conviso-Einsatz. Interessant ist das System insbesondere dann, wenn auf dem Standort bereits Herbizidresistenzen (z.B. bei Weißem Gänsefuß gegenüber Metamitron) vorliegen, ein starker Druck mit Wildrüben auftritt oder Reste einer Altverunkrautung mitbekämpft werden sollen. Problematisch bleiben allerdings die begrenzten Einsatzmöglichkeiten auf drainierten Flächen und dass in der Fruchtfolge oft ein Antiresistenzmanagement schwierig umzusetzen ist.


Letztendlich wird Conviso-Smart allein schon wegen der begrenzten Saatgutverfügbarkeit, aber auch wegen der aufgezeigten Risiken, 2023 eine begrenzte Rolle spielen. Die Mehrzahl der Flächen wird in diesem Jahr noch mit klassischen Zuckerrübensorten bestellt werden. Insbesondere wenn weitere wirksame Rübenherbizide wegfallen, wird der Anbau herbizidtoleranter Rüben künftig aber eine größere Bedeutung erlangen. Wichtig ist dann, dass man sich aller Risiken dieses Systems bewusst ist und entsprechend handelt. ▶


Ihr Kontakt zur Redaktion:


daniel.dabbelt@topagrar.com

Die Redaktion empfiehlt

top + Letzte Chance: Nur noch bis zum 01.04.24

3 Monate top agrar Digital + 2 Wintermützen GRATIS

Wie zufrieden sind Sie mit topagrar.com?

Was können wir noch verbessern?

Weitere Informationen zur Verarbeitung Ihrer Daten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Vielen Dank für Ihr Feedback!

Wir arbeiten stetig daran, Ihre Erfahrung mit topagrar.com zu verbessern. Dazu ist Ihre Meinung für uns unverzichtbar.