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Virusalarm durch fehlenden Beizschutz?

Lesezeit: 6 Minuten

Bereits im ersten Jahr ohne die Neonic-Beizen schlugen Blattläuse als Überträger des Rübenvergilbungsvirus zu. Ein neues bundesweites Monitoring soll Schäden begrenzen.


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Seit dem Verbot der Neonicotinoid-haltigen Beizen ist die Gefahr des Befalls durch das Rübenvergilbungsvirus sprunghaft angestiegen. Schon im ersten Jahr ohne den bewährten Beizschutz zeigten sich die Folgen auf rheinischen Rübenfeldern. Bereits im Frühjahr, kurz nach dem Auflaufen der Rüben, kam es vielerorts zu starkem Befall mit Schwarzen Bohnenläusen, der teils zu erheblichen Saugschäden führte. Die Grüne Pfirsichblattlaus trat zwar seltener auf, von ihr geht aber ein besonders hohes Risiko als Überträger (Vektor) von Viruserkrankungen aus.


Gelbe Spots in grünen Feldern


Die durchgeführten Insektizidspritzungen verschafften den jungen Rüben zunächst die notwendige Ruhe zum Wachsen. Ab Reihenschluss schien das Thema Läuse überstanden zu sein – denn die befürchteten Schäden durch Viren ließen sich in den darauffolgenden heißen und trockenen Sommermonaten erst einmal nicht feststellen.


Das Erwachen folgte dann im Spätsommer, etwa ab Mitte September. So zeigten sich in einigen Regionen des Rheinlandes gelbe Nester in den ansonsten grünen Rübenbeständen. Durchgeführte Blattuntersuchungen bestätigten den Verdacht auf Virusbefall. Am häufigsten wurden die Erreger BMYV (Beet mild yellowing virus) und BYV (Beet yellows virus) analysiert.


Im Rheinland waren die gelben Virusnester im vergangenen Herbst vor allem in der Region Jülich deutlich zu sehen. In den Gebieten Appeldorn und Euskirchen waren sie weniger stark ausgeprägt – hier litten die Rüben vor allem unter der sommerlichen Trockenheit und extremen Hitze.


Milder Winter fördert frühe Infektion


Die typischen Symptome viruskranker Rüben (orangegelbe Verfärbungen beim BMYV bzw. fahlgelb verfärbte Blattspreiten mit Nekrosen beim BYV) sind meist nur noch den älteren Landwirten bekannt. Denn durch die Neonic-Beizen traten Infektionen seit 25 Jahren praktisch kaum auf.


Die größte Gefahr der Übertragung geht nach wie vor von der Grünen Pfirsichblattlaus aus. Nach einem milden Winter – wie auch in diesem Jahr – ist die Wahrscheinlichkeit einer frühen Virusinfektion besonders groß. Denn in diesen Fällen haben die Rübenviren die Chance, im Körper der Laus zu überwintern. Im Frühjahr werden sie dann auf direktem Wege via Läuseflug in die auflaufenden Rübenbestände getragen.


Die Grüne Pfirsichblattlaus ist sehr mobil und sticht immer wieder neue Rübenpflanzen an. Mit jedem Einstich gelangen die Viren in eine neue, bis dahin gesunde Pflanze und richten dort bleibende Schäden an. Durch die grüne Farbe der Laus ist sie gut getarnt. Weil sie zudem meist auf der Blattunterseite sitzt, ist sie nur schwer erkennbar.


Enorme Ertragseinbußen


Um zu prüfen, inwieweit sich ein Virusbefall auf die Rüben- und Zuckererträge auswirkt, führte der Rheinische Rübenbauer-Verband (RRV) Anfang November 2019 auf 20 betroffenen Rübenfeldern Proberodungen durch. Dabei wurde die Ertragsdifferenz zwischen befallenen gelben Nestern und gesunden Schlagbereichen ermittelt. Die meisten Proben stammen aus der Region Jülich, da dort die gelben Nester besonders oft zu sehen waren.


Parallel zur Ertragsermittlung wurden auch Blattproben genommen, die der Pflanzenschutzdienst der LWK Nordrhein-Westfalen in Köln-Auweiler auf möglichen Virusbefall untersuchte. Hier die wichtigsten Ergebnisse:


  • Die Auswertung der Proben aus der Region Jülich zeigt, welches Schadpotenzial vom Rübenvergilbungsvirus ausgeht. Alle 13 Rübenproben aus den Vergilbungsnestern wiesen im Vergleich zu den gesunden Schlagbereichen einen niedrigeren Rübenertrag und Zuckergehalt auf (siehe Übersichten 1 und 2).


Die Spanne der Ertragsverluste reichte von 16 bis 41% – im Mittel ging der Rübenertrag um 28% zurück. Der Zuckergehalt verlor in den Vergilbungsnestern absolut betrachtet 0,2 bis 2,4%, im Mittel lag das Minus bei 1,6%. In den erkrankten Virusnestern fiel der Zuckerertrag im Durchschnitt um 34% geringer aus als in den gesunden Teilflächen. Die Verlustspanne reichte von 24 bis 48%.


  • In der Region Euskirchen beprobte der RRV sieben Flächen. Die sehr lang anhaltende Sommertrockenheit verursachte in diesem Gebiet welke und helle Rübenbestände. Die Rübenerträge und Zuckergehalte lagen auf niedrigem Niveau und variierten zwischen einzelnen Schlägen stark.


Die Schäden in den Virusnestern fielen mit 17% Zuckerertragsverlust im Mittel über alle Standorte deutlich geringer aus als in der Region Jülich. Vermutlich überlagerten die zuvor entstandenen Dürreschäden die negativen Effekte durch den Virusbefall.


Zwischenfazit: Über das gesamte Rheinland gesehen lag die Ausbreitung der sichtbaren Vergilbungsnester im vergangenen Jahr zwar noch bei unter 1% der Rübenfläche, wodurch der wirtschaftliche Schaden überschaubar blieb. Bemerkenswert ist jedoch das hohe Schadpotenzial der Viren. Es erfordert ausgeklügelte Bekämpfungsstrategien, um hohe ökonomische Schäden abzuwenden.


Läuse noch punktgenauer bekämpfen


Die große Herausforderung ist nun, das Überwinterungsverhalten von virusbeladenen Läusen an Winterwirten zu erfassen und den möglichen Abflug zu den Sommerwirten zu bestimmen. Zusätzlich gilt es, den Zuflug von Läusen in die Rübenbestände möglichst rechtzeitig zu erkennen, um bei Überschreiten der Schadschwelle zügig behandeln zu können.


Ein besonderes Augenmerk kommt der Bekämpfung der Grünen Pfirsichblattlaus (Myzus persicae) zu, weil sie zu den Hauptüberträgern der Viren gehört. Die Schwarze Bohnenlaus (Aphis fabae) überträgt deutlich seltener Viruskrankheiten – sie kann jedoch bei massenhaftem Auftreten starke Saugschäden verursachen.


Der Bekämpfungsrichtwert für die Grüne Pfirsichblattlaus liegt bei 10% befallener Pflanzen bis zum Reihenschluss, für die Schwarze Bohnenlaus neuerdings bei 30%. Nach Reihenschluss steigt der Wert bei beiden Lausarten auf 50%. Um die Richtwerte möglichst genau zu treffen, wurden bundesweit neue Blattlaus-Monitoring-Systeme eingerichtet. In Nordrhein-Westfalen wird dies vom Landwirtschaftsministerium gefördert. Nach wie vor bleiben eigene intensive Feldkontrollen aber absolut wichtig.


Im letzten Jahr gab es Notfallzulassungen für den Einsatz von Carnadine und Mospilan SG. Die Rübenbauerverbände streben diese auch für die kommende Saison 2020 an – bleibt zu hoffen, dass es gelingt. Denn nur mit ausreichend vielen Wirkstoffen ist ein stetiger Wechsel möglich, der für ein nachhaltiges Resistenzmanagement Voraussetzung ist (siehe dazu auch den Kommentar). Welche Insektizide zurzeit einsetzbar sind, entnehmen Sie der Übersicht 3.


Wichtig sind auch vorbeugende Maßnahmen wie eine gute Feldhygiene und das Beseitigen von Infektionsquellen. Jeder virusbeladene Rübenkopf, der nach einem milden Winter im nächsten Frühjahr an der Bodenoberfläche neu austreibt, bietet Läusen die Möglichkeit, sich mit dem Rübenvergilbungsvirus zu beladen. Diese können dann wieder junge Rüben infizieren.


daniel.dabbelt@topagrar.com


Unsere Autoren


Alfons Lingnau, Florian Weber und Dr. Peter Kasten, Rheinischer Rübenbauer-Verband e.V.

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