Einloggen / Registrieren

Startseite

Schlagzeilen
Messen & Termine
Themen
Wir für Euch
Sonstiges

Stilllegung 2024 Agrardiesel-Debatte Bürokratieabbau

topplus Interview

Volksbegehren für mehr Arten

Lesezeit: 4 Minuten

Die Ökologisch-Demokratische Partei (ÖDP) hat mit Bündnispartnern das bayerische Volksbegehren „Artenvielfalt und Naturschönheit – Rettet die Bienen“ initiiert. top agrar hat nachgefragt.


Das Wichtigste zum Thema Ackerbau dienstags per Mail!

Mit Eintragung zum Newsletter stimme ich der Nutzung meiner E-Mail-Adresse im Rahmen des gewählten Newsletters und zugehörigen Angeboten gemäß der AGBs und den Datenschutzhinweisen zu.

Als Grund für das Volksbegehren geben Sie an, dass es in Bayern einen drastischen Rückgang der Artenvielfalt von Insekten gebe. Auf welchen wissenschaftlichen Studien beruht das?


Agnes Becker: Die Wissenschaft gibt uns beunruhigende Zahlen an die Hand, nicht nur für Insekten. Immer längere Roten Listen belegen dramatische Rückgänge in den letzten 30 bis 40 Jahren: Ein Drittel der Ackerwildkräuter ist massiv vom Aussterben bedroht, über 50% aller Vögel aus Bayern sind verschwunden und bei den Insekten sind die Verluste sogar deutlich höher. Das Leben um uns herum geht verloren. Wir arbeiten mit Daten aus staatlichen Veröffentlichungen, z.B. vom Landesamt für Umweltschutz, der Zoologischen Staatssammlung München und dem Deutschen Bundestag. Alle Zahlen sind transparent.


Mithilfe von 950000 Stimmen wollen Sie den Weg ebnen, um das bayerische Naturschutzgesetz zu ändern. Was sind die Kernelemente der Änderungen?


Agnes Becker: Ein ganzes Bündel von Maßnahmen soll das Naturschutzgesetz verbessern. Die wichtigsten Punkte sind: Bestehende Biotope vernetzen, auf 10% des Grünlands der Landesfläche Bayerns keine Mahd vor dem 15. Juni (aktuell sind es im KULAP ca. 5%), Schutz von Gewässerrandstreifen, die Lichtverschmutzung eindämmen und die Lehre in Sachen Artensterben verbessern. Zudem ist ein Ziel, alle staatlichen Flächen ab 2020 ökologisch zu bewirtschaften und den Anteil des Ökolandbaus in Stufen auf 30% bis 2030 zu erhöhen. Damit soll das erfolgreiche Landesprogramm Bio-Regio 2020 fortgesetzt und ausgebaut werden.


Viele Forderungen betreffen direkt die Landwirte. Haben Sie die von Ihnen gewünschten Maßnahmen mit der Landwirtschaft diskutiert und besprochen? Wenn ja, wer waren Ihre Gesprächspartner?


Agnes Becker: Die meisten Forderungen richten sich an den Staat, der durch das neue Gesetz Maßnahmen entwickeln und bereits vorhandene, wie der Vertragsnaturschutz oder das KULAP, ausbauen muss. Dies geht keinesfalls gegen oder ohne die Landwirte! Das will auch niemand. Das neue Naturschutzgesetz wird für die Landwirtschaft ein Investitionsprogramm für die Zukunft werden – darüber haben wir selbstverständlich auch mit aktiven Landwirten gesprochen.


Die von Ihnen geforderten Maßnahmen finden sich in Ihrem Gesetzesentwurf an das Bayerische Staatsministerium des Inneren und für Integration. Worauf stützen Sie, dass diese auch wirklich die Artenvielfalt fördern?


Agnes Becker: Wer mit Experten aus der Wissenschaft spricht, erhält immer die gleichen Antworten. Der Artenreichtum ist bedroht durch zu viel Pestizide, zu massiven Stickstoffeinträgen, zu früher und gründlicher Grünlandmahd, immer größeren Schlägen und dadurch, dass zwischen bestehenden Biotopen kein Austausch mehr stattfinden kann. Diese und weitere Erkenntnisse sind u.a. in Studien der Universität Göttingen, des Thünen-Instituts und vielen anderen wissenschaftlichen Publikationen nachzulesen.


Der Bayerische Bauernverband (BBV)verweist darauf, dass in Bayern bereits jeder zweite Landwirt an Naturschutzmaßnahmen (z.B. KULAP) teilnimmt und darüber fast 40% der Agrarfläche (insgesamt 780000 ha) erfasst werden. Wie bewerten Sie das?


Agnes Becker: Die bisherigen freiwilligen Leistungen der Landwirte im Vertragsnaturschutzprogramm und im


Kulturlandschaftsprogramm – die wir sehr begrüßen – konnten leider den Artenrückgang im Acker- und Grünland nicht aufhalten, obwohl die bayerischen Landwirte dafür ca. 270 Mio. € pro Jahr erhalten. Dies zeigt, dass wirksamere Maßnahmen nötig sind.


Ein sehr großer Anteil der vom BBV genannten Maßnahmen bietet zudem keine dauerhaften Lebensräume. Die „B36 Winterbegrünung mit Zwischenfrüchten“ wird z.B. häufig von Maisanbauern genutzt. Senf, der über Winter stehen bleibt und dann abfriert, bietet zwar Erosionsschutz, aber keinen Lebensraum.


Was soll aus dieser Förderung werden, wenn Ihre Vorschläge in geltendes Recht umgesetzt werden?


Agnes Becker: Die förderrechtlichen Grundlagen für Kulturlandschaftsprogramme werden nicht wegfallen und auch die Fördergelder bleiben ungeschmälert erhalten. Dieses Geld kommt also weiterhin den Bäuerinnen und Bauern für ihre wertvolle Arbeit zur Landschaftspflege in Bayern zu Gute. Lediglich bei den Gewässerrandstreifen muss die jetzige Förderung leicht modifiziert werden.


Wir gehen zudem davon aus, dass der Vertragsnaturschutz durch das Volksbegehren massiv ausgeweitet werden muss, damit der Freistaat Bayern das Gesetzesziel „10% Mahd des Grünlands in Bayern erst ab dem 15. Juni“ erreicht. Genau dies fordert übrigens auch der Wiesenbrüterbericht. Dort steht, dass die Vertragsnaturschutzflächen in Wiesenbrütergebieten verdreifacht werden müssten, um den Rückgang der Arten wirksam zu stoppen.

Die Redaktion empfiehlt

top + Letzte Chance: Nur noch bis zum 01.04.24

3 Monate top agrar Digital + 2 Wintermützen GRATIS

Wie zufrieden sind Sie mit topagrar.com?

Was können wir noch verbessern?

Weitere Informationen zur Verarbeitung Ihrer Daten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Vielen Dank für Ihr Feedback!

Wir arbeiten stetig daran, Ihre Erfahrung mit topagrar.com zu verbessern. Dazu ist Ihre Meinung für uns unverzichtbar.