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topplus Reportage

Von Komposttee und Speiseöl

Lesezeit: 4 Minuten

Tino Ryll stellt seit 2013 seinen 500 ha-Ackerbaubetrieb in Brandenburg Schritt für Schritt auf regenerative Landwirtschaft um. Er will den idealen Weg für einen zukunftsfähigen Betrieb finden.


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Etwa 70 km südlich von Berlin erstreckt sich der Fläming, ein für Brandenburger Verhältnisse hügeliger Landstrich nahe der Grenze zu Sachsen-Anhalt. Hier bewirtschaftet Tino Ryll einen konventionellen Marktfruchtbetrieb. Neben den klassischen Ackerbaukulturen baut er verschiedene Ölfrüchte wie z.B. Leindotter an, die er selbst verarbeitet und vermarktet.


Schrittweise umstellen


Seit sieben Jahren setzt er nach und nach auf immer mehr seiner Flächen das Konzept der regenerativen Landwirtschaft um – mittlerweile hat er etwa die Hälfte umgestellt. „Vorher stagnierten die Erträge, gleichzeitig wurden die Betriebsmittel teurer. Wir haben also immer mehr Geld ausgegeben, um die gleichen Mengen zu ernten“, erklärt der Landwirt. „Das musste doch auch anders gehen.“


Durch einen Berufskollegen aufmerksam geworden, stieß Ryll 2013 auf einen „Bodenfruchtbarkeitskurs“ von Dietmar Näser. Sein Interesse war geweckt: Er begann, sich online und mit Büchern zu informieren und wagte die ersten Schritte hin zu einem anderen Ackerbau. Folgte bislang z.B. auf eine Blattfrucht drei Jahre lang Getreide, wechseln sich heute Blatt- und Halmfrucht ab. Auch erhöhte Ryll den Anteil an Sommerungen, wodurch sich das Unkraut nun besser in den Griff bekommen lässt. Zudem kann er dadurch öfter Zwischenfrüchte anbauen.


Rotte fördern, pflanzen vitalisieren


Um die Zwischenfrüchte einzuarbeiten, setzt der Landwirt die Scheibenegge Carrier 650 mit Cross Cutter Discs von Väderstad ein, die etwa 5 bis 6 cm tief arbeitet. „Ideal wäre natürlich eine Fräse – aber auf den großen Flächen ist die Schlagkraft einfach zu gering“, erklärt Ryll seine Entscheidung. Nach seiner Erfahrung zerkleinert die Kombination aus der vorlaufenden Messerwalze und den speziellen Scheiben das organische Material sehr gut und vermischt es intensiv mit dem Oberboden. Bleiben zu viele Erntereste stehen, folgt ein zweiter Arbeitsgang mit einem Flügelschargrubber. Um die Flächenrotte in Gang zu bringen und dabei Fäulnis zu vermeiden, setzt Ryll selbst angesetzte Pflanzenfermente ein – jedes Mal, wenn er eine Zwischenfrucht umbricht.


Als weiteren Baustein der regenerativen Landwirtschaft nutzt er Komposttee. Diesen stellt er selbst her und bringt ihn zur Vitalisierung seiner Kulturen mit der Feldspritze aus. Gemischt mit zwei Dritteln Wasser beträgt die Aufwandmenge 60 bis 65 l/ha. In Wintergetreide erfolgt je eine Behandlung nach dem Auflaufen, bei Vegetationsbeginn im Frühjahr und schließlich zum Schossen. Den Komposttee bringt er auf allen seinen Schlägen aus.


AUS EXPERIMENTEN LERNEN


In der Umstellungsphase zur regenerativen Landwirtschaft ist es für Tino Ryll wichtig, eigene Erfahrungen zu sammeln: „Es geht darum, Methoden zu finden, die perfekt zum Betrieb passen. Die Voraussetzungen sind überall unterschiedlich“, erzählt der Landwirt. Deshalb probiert er selbst vieles aus – dabei kann natürlich auch mal was schiefgehen: So säte er z.B. Sommergerste mit einer Untersaat aus Leindotter und Deutschem Weidelgras an, um den Humusaufbau zu fördern. Die 5 kg/ha Leindotter ließen der Gerste allerdings keine Chance. Dieses Jahr probiert er daher eine Saatstärke von nur 1 kg/ha.


Wichtig zu wissen ist, was unter der Bodenoberfläche vor sich geht. Dafür nutzt der Landwirt Hilfsmittel: Den Spaten, eine Bodensonde und ein pH-Wert-Messer hat Ryll immer dabei. Bei unserem Besuch im Frühjahr hebt Tino Ryll in der Sommergerste einen Spatenstich aus und zeigt das Krümelgefüge. „Das ist das Ergebnis von aktivem Bodenleben und einer schonenden Bearbeitung“, erklärt er. Die kleinen Gerstenpflanzen haben bereits starke Wurzeln ausgebildet, an denen viel Erde haftet. Nur schwer lässt sich die Erde von den Wurzeln trennen – ein Hinweis dafür, dass sich Pilze und Bakterien im Wurzelraum tummeln und symbiontisch mit der Pflanze leben. „Das schafft die Voraussetzungen für Kohlenstoffspeicherung, Humusaufbau und letztlich gesunde und ertragsstabile Bestände“, zeigt sich Ryll zufrieden.


EIGENES ÖLLABEL


Einen Teil der Rapsernte sowie die anderen Ölsaaten verarbeitet Ryll in seiner hofeigenen Ölmühle. Das Öl vermarktet er unter der Marke „Fläminger Genussland“ online, regional im Lebensmitteleinzelhandel sowie deutschlandweit in Feinkostläden. Diese Vermarktungswege möchte er weiter ausbauen, ein Hofladen ist angedacht. „Ich möchte den Verbrauchern auch die regenerative Landwirtschaft näher bringen. Sie sollen sehen, dass wir mit dieser Form der Landwirtschaft nicht nur Lebensmittel produzieren, sondern auch einen Beitrag zum Klimaschutz leisten können“, sagt Tino Ryll. ▶


Lorenz Bücheler

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