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Vorsicht, resistente Vogelmiere!

Lesezeit: 5 Minuten

Resistente Ungräser und Unkräuter werden viele Ackerbauern auch 2017 in Atem halten. Tipps zur Frühjahrsbehandlung im Getreide von Klaus Gehring, LfL Bayern.


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Mit welchen Ungräsern und Unkräutern könnte es vor dem Hintergrund zunehmender Resistenzen im kommenden Frühjahr Probleme geben?


Klaus Gehring: Ackerfuchsschwanz und Windhalm sind hinsichtlich ihrer Verbreitung und ihrer Resistenzausprägung nach wie vor die wichtigsten Ungräser. Allerdings droht bereits durch die breite Palette an potenziell ALS-resistenzfähigen, zweikeimblättrigen (dikotylen) Unkräutern weiteres Ungemach. So haben wir in Nordostbayern in drei Landkreisen bereits mehrere Fälle einer ALS-Hemmer-resistenten Vogelmiere, bei der Sulfonylharnstoff-Herbizide nicht mehr wirken.


Auch bei Ackerfuchsschwanz und Windhalm traten die Resistenzen verstärkt in Nordostbayern auf. Warum ist diese Region besonders gefährdet?


Gehring: Die Entstehung der resistenten Vogelmiere lässt sich ähnlich erklären wie die Resistenzbildung bei Ackerfuchsschwanz und Windhalm: Nordostbayern ist ein Gebiet mit einer dichten Getreidefruchtfolge. Viele Betriebe bauen hier Sommergerste im Wechsel mit Wintergetreide an, sodass über lange Jahre durch die gleiche Fruchtfolge und Anbautechnik immer wieder die gleichen Herbizide – in diesem Fall reine Sulfonylharnstoffe aus der Gruppe der ALS-Hemmer – eingesetzt wurden. Das hat offensichtlich einen nachteiligen Selektionsdruck auf die Vogelmiere ausgelöst, sodass sie eine Resistenz ausbilden konnte. Letztlich müssen wir uns hier von der Beratung aber auch an die eigene Nase fassen: Denn Sulfonylharnstoffe waren lange Zeit aufgrund der einfachen und kostengünstigen Anwendung auch unsere Empfehlung. Das rächt sich jetzt.


Was können die Betriebe tun?


Gehring: Das Einzige, was die Betriebe gegen eine resistente Vogelmiere tun können, ist, die Standardanwendungen mit Kontakt- oder Wuchsstoff-Herbiziden zu kombinieren. Dadurch wird die ALS-Chemie mit einem anderen Wirkmechanismus kombiniert. Reine Sulfonylharnstoff-Lösungen sollten sowohl zur Bekämpfung von Ackerfuchsschwanz und Windhalm als auch gegen dikotyle Unkräuter wie die Vogelmiere nicht mehr eingesetzt werden.


Die altbekannte Regel, die eingesetzten Wirkstoffe bzw. Wirkmechanismen regelmäßig zu wechseln, gilt aber auch bei Kombipräparaten, oder?


Gehring: Ja! Das ist nach wie vor eine der wichtigsten Regeln zur Vorbeugung von Resistenzen. In Fruchtfolgen mit Winterweizen z.B. besteht bei der Ackerfuchsschwanz-Regulierung schnell die Versuchung, dass man im Frühjahr mit den bewährten Produkten Atlantis, Caliban oder Broadway nur auf die ALS-Chemie setzt. Das ist sehr gefährlich. Hier sollte ein direkter Wechsel des Wirkmechanismus erfolgen, z.B. mit Traxos als Alternative. Und zwar auch dann, wenn man bisher mit den genannten Produkten zufrieden war. Generell gilt: Wirkstoffe der ALS-Chemie sollten innerhalb der Fruchtfolge in maximal 50% der Fälle gegenüber demselben Unkraut oder Ungras eingesetzt werden.


Bietet der Markt ausreichend solche Kombipräparate an?


Gehring: Ja, die Verfügbarkeit ist da. Teilweise handelt es sich bei den Standardlösungen bereits um Kombipräparate. So ist z.B. das Getreideherbizid Artus mit einem zusätzlichen Kontaktwirkstoff ausgestattet. Vorsicht ist geboten bei Produkten, die zwar mehrere Wirkstoffe, aber nur einen Wirkmechanismus beinhalten. Das sind z.B. Broadway oder Husar plus. Dabei handelt es sich um reine ALS-Chemie. Leider bringt die Industrie trotz dieser Problematik immer mehr solcher Breitbandprodukte auf den Markt. Kombiprodukte mit verschiedenen Wirkmechanismen tragen in den Präparatelisten neben dem HRAC-Code „B“ einen zweiten Buchstaben.


Gibt es für die Frühjahrsbehandlung neue vielversprechende Wirkstoffe oder neue Formulierungen?


Gehring: Eine echte Innovation bei den Getreideherbiziden wäre der neue Wirkstoff Halauxifen-methyl (Fa. Dow, Produkte Pixxaro u. Zypar). Er gehört zur Gruppe der synthetischen Auxine, also der wuchsstoffartigen Herbizide, er stellt keine Temperaturansprüche und wird in sehr geringer Dosis mit etwas mehr als 6 g/ha eingesetzt. Ob er allerdings schon im Frühjahr 2017 zur Verfügung steht, kann ich nicht sagen. Bei beiden Produkten läuft noch der Zulassungsantrag. Auf dem Markt ist demgegenüber bereits eine neue Sulfonylharnstoff-Kombination mit Bifenox als Ergänzungspartner (Fa. Adama, Produkt Antarktis). Das ist ein gutes Beispiel für ein Kombipräparat mit mehreren Wirkmechanismen.


Wie groß ist die Bedeutung der Fruchtfolge im Resistenz-Management?


Gehring: Die Fruchtfolge ist der wichtigste Hebel. Sie sollte so vielfältig wie möglich sein, damit allein durch den Kulturwechsel andere Herbizide zum Einsatz kommen und sich einzelne Unkräuter nicht dominant entwickeln. Bei Wintergerste z.B. sind wir bei der Ackerfuchsschwanz-Bekämpfung hoffnungslos auf die ACCase-Hemmer angewiesen (Axial). Eine zu häufige Anwendung lässt sich hier nur über die Fruchtfolge lösen.


Wie geht es mit den Resistenzen weiter?


Gehring: Resistenzen bei Ungräsern und Unkräutern sind in Bayern und Baden-Württemberg weiter auf dem Vormarsch. In unseren Untersuchungen finden wir von Jahr zu Jahr mehr Fälle – oft auch Populationen – mit einer breiteren und aggressiveren Resistenz-Ausstattung (multiresistente Typen). Das heißt im Umkehrschluss, dass die Praxis die bekannten Resistenz-Management-Konzepte in keinster Weise ausreichend umsetzt.


Kann man vor diesem Hintergrund überhaupt auf eine Frühjahrsbehandlung verzichten?


Gehring: Allenfalls bei einer Windhalm-Problematik in Wintergerste können die Breitbandlösungen im Herbst noch genügen. Bei Ackerfuchsschwanz in Wintergerste ist dagegen eine Frühjahrsbehandlung mittlerweile fast unverzichtbar. Und auch bei einem früh bis normal gesäten Weizen reicht bei starkem Besatz mit Ackerfuchsschwanz die Herbstbehandlung nicht mehr aus. Nur Spätsaaten, wie z.B. Weizen nach Körnermais, kommen mit nur einer Frühjahrsanwendung aus. Spätsaaten sind daher auch eine Maßnahme im Resistenz-Management, denn damit wird der Selektionsdruck für resistente Unkräuter und Ungräser gesenkt.


Ihr letzter Praxistipp für die bevorstehende Frühjahrsbehandlung?


Gehring: In den letzten Jahren bestätigte sich die Regel „Je früher desto besser“ immer wieder. In den zunehmend wärmeren Wintern wachsen die Unkräuter und Ungräser im Frühjahr schnell aus einer empfindlichen Phase heraus. Auch in unseren Feldversuchen sind die frühen Anwendungen im März den April-Applikationen überlegen.


Das Interview führte top agrar-Südplus- Redakteurin Silvia Lehnert.

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