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Warten auf den Käfer

Lesezeit: 6 Minuten

Bei der FBG Ansbach-Fürth e.V. hat man gelernt, wie man schnell auf den Borkenkäfer reagiert. Langfristig möchte man die bedrohten Reinbestände in stabilere und klimatolerante Mischwälder umbauen.


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Als wir Förster Alexander Rößler und Hans Binder, den zweiten Vorsitzenden der Forstbetriebsgemeinschaft (FBG) Ansbach-Fürth, im Frühjahr 2014 erstmals treffen, sind die beiden ziemlich besorgt: Die Fichten haben 2013 reichlich Frucht gebildet und somit entsprechend wenig in Reservestoffe investiert. Der Winter war viel zu warm und seit Januar hat es hier in Mittelfranken kaum noch geregnet. Die Fichten stehen schon im April im Trockenstress und der Borkenkäfer steht in den Startlöchern.


Hans Binder fühlt sich an die Käferkalamität vor knapp zehn Jahren erinnert, die hier in Mittelfranken besonders heftig zuschlug. Es begann damals mit dem extremen Trockenjahr 2003, das die Fichten erheblich geschwächt und den Käfer gefördert hat. Die Schäden durch den Buchdrucker steigerten sich Jahr für Jahr, um 2006 ihren absoluten Höhepunkt zu erreichen.


2006 war das Frühjahr warm und trocken. Und genau das liebt der Käfer. Bereits die erste Buchdrucker-Generation konnte sich stark entwickeln. Normalerweise bevorzugen die Insekten zunächst frisches, liegendes Holz. Doch 2006 konnten die Forstleute bereits im Mai einen Stehendbefall von an sich vitalen Fichten entdecken.


Direkte Maßnahmen:

Sobald der Befall erkannt war, starteten die Gegenmaßnahmen. Zunächst mit zwei Harvestern wurden die Befallsflächen möglichst großflächig eingeschlagen. Solange der Käfer noch unter der Rinde sitzt und nicht fliegt, gibt es zumindest eine Chance. Das Holz muss dazu so schnell wie möglich aus dem Bestand.


Aber im weiteren Verlauf des Sommers kam man nicht gegen die Invasion der Käfer an, die Situation explodierte förmlich. Die FBG kämpfte mit allen Mitteln: In der Hochphase waren 15 Harvester – darunter auch Maschinen aus Dänemark und Finnland – im Einsatz. Die Einschlagsmenge stieg auf das Vier- bis Fünffache und erreichte fast 200 000 fm. Das Holz konnte nicht mehr so schnell aus dem Wald gebracht werden, wie die Harvester es heranschafften. Deshalb mussten einige Polter auch chemisch behandelt werden, um das Ausschwärmen der nächsten Generation zu verhindern.


Doch selbst bei sehr sorgfältiger Anwendung ist die chemische Bekämpfung nach Erfahrung von Hans Binder alles andere als sicher. Einziger Trost in dem schwierigen Jahr: Fichtenholz war sehr gefragt und der Preis stieg sogar, als die Harvester in Mittelfranken unterwegs waren. Weil der Markt das Käferholz aufnehmen konnte, war zumindest die finanzielle Lage erträglicher.


Ein Grund für die massive Ausbreitung waren nach Ansicht von Hans Binder auch die vielen kleinen Kleinprivatwaldflächen in der Region. Die Besitzer dieser Parzellen wohnen mittlerweile oft in Städten und kümmern sich nur wenig um ihre Bestände. Da wird ein Borkenkäferbefall meist übersehen oder viel zu spät erkannt: „Es bringt überhaupt nichts, immer nur die bereits abgestorbenen Bäume zu entnehmen und dem Käfer hinterherzuschneiden. Wir können ihn nur im frischen Holz stoppen!“


Die Erfahrungen aus dem Käferjahr haben die Arbeit der FBG stark geprägt. Förster Alexander Rößler und Hans Binder zählen verschiedene Ansätze auf, wie sie künftig auf die Käfergefahr reagieren wollen.


Ein wichtiger Ansatzpunkt der Ansbach-Fürther sind verbesserte Waldbaukonzepte. In den großflächigen, reinen Fichtenbeständen waren die Schäden besonders groß, die nächste Käfergeneration brauchte nur nach nebenan zu fliegen. Aber die Taktik „weg von der Fichte hin zu einer anderen Einzelbaumart“ hält Alexander Rößler für zu riskant. Mit Recht. Nach der Käferkalamität wurden in einigen Bereichen reine Eschenbestände gepflanzt, die dann relativ bald durch das Eschentriebsterben ruiniert wurden.


Deshalb setzt der Förster lieber auf gemischte Bestände. Sein wichtigstes Argument ist die Betriebssicherheit: „Nichts ist sicherer als die nächste Kalamität!“ Die Fichte ist in Mittelfranken nicht generell out. Wenn möglich, wird sie nun mit Buche, Weißtanne oder Douglasie gemischt. Rößler wählt die Baumarten möglichst standortgerecht, denn die Böden wechseln hier in Mittelfranken besonders stark.


Eine besondere Herausforderung nach der Käferinvasion im Jahr 2006 waren die großen Freiflächen, auf denen es die angestrebten Schattbaumarten schwer hatten. Gras und Brombeeren entwickelten sich schnell. Außerdem waren Mäuse ein ernstes Problem für die Neuanpflanzungen. Ohne Kulturpflege ging es in den ersten Jahren überhaupt nicht. Nach diesen Erfahrungen bleiben Birken und andere Pionierbaumarten heute wann immer möglich stehen.


Die großen Flächen ließen sich nicht sinnvoll mit Zäunen gegen Verbiss schützen. Die FBG lädt deshalb regelmäßig zu Informationsveranstaltungen ein, um die Wilddichte in Grenzen zu halten und möglichst auch die Naturverjüngung zu fördern.


Weiter mit Fichten?

Trotz aller Empfehlungen haben eine ganze Reihe von Waldbesitzern ihre Flächen wieder mit reinen Fichtenkulturen aufgeforstet. Hans Binder sorgt sich dabei vor allem um die schlecht gepflegten Bestände, besonders um die älteren. Immer noch stehen die Bäume viel zu dicht, was Binder sehr kritisch sieht: „Manche Waldbesitzer scheinen zu glauben, dass man durch möglichst dichte Bestände direkt Kanthölzer produzieren kann.“ Windwurf oder Schneebruch ist in den wenig stabilen Wäldern oft der Auftakt zu weiteren Kalamitäten.


Neben dem Schwenk zu mehr Mischbeständen ist die intensive Beratung der kleinen Waldbesitzer ein wichtiges Ziel der beiden Forstfachleute. Dabei hilft ihnen zurzeit der gute Holzpreis: „Wir erreichen die Privatwaldbesitzer heute besser, weil sich die Maßnahmen für sie eher lohnen als früher. Sie interessieren sich wieder mehr für ihre Wälder.“


Die verbliebenen Fichtenbestände werden intensiv auf Käferbefall überprüft. Zu den Prognosemaßnahmen gehören auch Lockstoff-Fallen. Über Rundschreiben, Newsletter und die Presse informiert die FBG die Besitzer regelmäßig. Förster Rößler erklärt den Eigentümern, wie man einen Befall möglichst rasch erkennt.


Bei warmem Wetter sollten die Bestände möglichst alle zwei Wochen kontrolliert werden. Außerdem kann man sich über die Homepage www.borkenkaefer.org der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft über die aktuelle Situation informieren.


Förster Alexander Rößler, Hans Binder und alle anderen Verantwortlichen der FBG Ansbach-Fürth stehen jedenfalls parat, um möglichst frühzeitig die nächste Käferinvasion zu bekämpfen. Denn bis alle Flächen mit stabileren Mischbeständen bestockt sind, wird es wohl noch einige Jahre und viel Überzeugungsarbeit dauern.

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