Einloggen / Registrieren

Startseite

Schlagzeilen
Messen & Termine
Themen
Wir für Euch
Heftarchiv
Sonstiges

Bürokratieabbau Maisaussaat Erster Schnitt 2024 Rapspreis

Aus dem Heft

Weiden statt schneiden

Lesezeit: 6 Minuten

Immer mehr Produkte aus Weidemilch füllen die Regale im Supermarkt. Doch können Weideaufwüchse in Ertrag und Qualität der Schnittnutzung die Stirn bieten? Das hat die Fachhochschule Südwestfalen jetzt genau untersucht.


Das Wichtigste zum Thema Ackerbau dienstags per Mail!

Mit Eintragung zum Newsletter stimme ich der Nutzung meiner E-Mail-Adresse im Rahmen des gewählten Newsletters und zugehörigen Angeboten gemäß der AGBs und den Datenschutzhinweisen zu.

Vollweide für Milchkühe – darauf setzen vor allem größere Betriebe kaum noch. Bei den Verbrauchern werden dagegen Milch und Käse von der Weide zunehmend beliebter. Mit Blick auf die derzeit angespannte Situation auf dem Milchmarkt könnte das für grünlandreiche Betriebe eine Chance sein, ihre Milch hochpreisiger zu vermarkten.


Noch zögern die meisten Landwirte, ihre Kühe über die gesamte Vegetation grasen zu lassen und das Kraftfutter auf ein Minimum zu reduzieren, weil


  • sie nicht über geeignetes und arrondiertes Grünland verfügen,
  • schwankende Aufwüchse und eine sinkende Milchleistung sie verunsichern,
  • das Melken eventuell aufwendiger wird und
  • es an Infos über erfolgreiches Weidemanagement fehlt.


Vollweide im Betrieb:

Den Schritt gewagt und auf Vollweide umgestellt haben dagegen fünf ausgewählte Milchviehbetriebe auf Mittelgebirgsstandorten in Nordrhein-Westfalen (Eifel, Siegerland und Sauerland). Können diese jedoch mit zwei leistungsstarken Milchviehbetrieben aus der Region, die ganzjährig im Stall füttern, konkurrieren? Dies erforschten die FH Südwestfalen und die LWK Nordrhein-Westfalen von 2009 bis 2011. Dabei zeigte sich bei den Weidebetrieben Folgendes:


  • Die Milchmenge ging zwar mit sinkendem Kraftfuttereinsatz zurück. Die damit verbundene Ersparnis ermöglichte es aber, die niedrigeren Erlöse pro Kuh auszugleichen.
  • Es fielen zusätzliche Tätigkeiten auf der Weide und spezifische Investitionen für z.B. Zäune an. Diese Kosten ließen sich jedoch an anderer Stelle ausgleichen. Denn die Betriebe benötigten weniger Zeit im Stall, für die Grasernte, Futterkonservierung und -vorlage.
  • Sie mussten weniger Gülle lagern und ausbringen.
  • Mit oder ohne neueste Technik wie mobile Weidemelkroboter, automatische Selektionstore und Zaunroboter waren die Weidebetriebe im Vergleich zu denen mit Stallfütterung konkurrenzfähig. Sie erzielten vergleichbare oder sogar höhere Gewinne je Kilogramm eiweißkorrigierter Milch, auch wenn es keine Preisaufschläge für Weidemilch gab.


Dieser Vergleich der Praxisbetriebe lässt somit darauf schließen, dass bei niedrigen Milchpreisen und hohen Futterkosten Kühe auf der Weide nicht immer niedrigere Gewinne erwirtschaften als Kühe mit Stallfütterung.


Vollweide im Versuch:

Für umstellungsinteressierte Betriebe – auch aus anderen Regionen – reichen die Ergebnisse aus den fünf Praxisbetrieben jedoch nicht, um die futterbauliche Leistung und Wirtschaftlichkeit von Weidesystemen bewerten zu können. Vor allem die futterbauliche Leistung der Weiden hing im Praxisvergleich vom Betriebsleiter, dem Klima, der Lage der Flächen und den regionalen Wirtschaftsbedingungen (z.B. Anteil von Naturschutz- oder Trinkwasserschutzflächen) ab.


Um ohne diese Einflussfaktoren systematische Unterschiede zwischen den Nutzungsformen feststellen zu können, legte die FH Südwestfalen einen Simulationsversuch auf der Grünlandforschungsstation in Meschede-Remblinghausen (1006 mm, 7,5°C, 400 m ü.NN) im Jahr 2012 an (Details siehe Kasten). Darin verglichen sie unter anderem die 4-Schnitt-Nutzung mit Mäh- (1 Schnitt, danach Kurzrasenweide) und Vollweide (Kurzrasen). Bei einem Wechsel von nassem Frühjahr zu trockenem Sommer, wie 2013, erreichte man bei der Vollweide sieben Weidegänge, im feuchten sowie warmen 2014 waren es sogar 11. Die Ernte der Grünlandbestände erfolgte immer – unabhängig von der Sortenmischung – bei einer Wuchshöhe von 7 bis 11 cm. In den verschiedenen Nutzungen untersuchten die Forscher dann den Ertrag, den Bestand, die Energie- und Proteingehalte. Hier die wichtigsten Ergebnisse:


Stabilere Erträge:

Je nach Jahr fielen die Erträge auf Mäh- oder Vollweide besser oder schlechter aus als bei vier Schnitten (siehe Übersicht 1). Im ersten Jahr betrugen die Mindererträge bei Vollweide gegenüber den vier Schnitten 37 dt TM/ha. Ein Jahr später war der Unterschied im Ertrag mit 2 dt TM/ha jedoch deutlich niedriger. Dass die Weide 2015 sogar Mehrerträge erzielte, lag nicht nur am hohen Mäuse- und Ampferdruck bei 4-Schnitt-Nutzung (siehe Kasten auf Seite 70). Die Hitze in dem Jahr sorgte dafür, dass die handelsüblichen Grassorten in den Beständen auf der flachgründigen Hanglage früh zu schossen und zu blühen begannen. Das begrenzte die Blattmasse und begünstigte die hohe Nutzungshäufigkeit der Weidesysteme. Zudem blühte selbst im August noch das Deutsche Weidelgras. Insgesamt trugen die standort- und klimabedingten Schwankungen dazu bei, dass Mäh- und Vollweide eine höhere Ertragsstabilität erreichten als die 4-Schnitt-Nutzung.


Dichter, energiereicher Bestand:

Innerhalb eines Jahres entwickelte sich bei Mäh- und Vollweide die typische dichte Grasnarbe (s. Kasten auf Seite 70). Dadurch ließen sich viele junge, leicht verdauliche Blätter ernten. Vor allem der erste Aufwuchs der Vollweide war sehr energiereich (s. Übersicht 2). Zwar sanken die Energiegehalte bei den darauffolgenden Weidegängen, lagen jedoch meist über denen bei vier Schnitten. Am größten war der Unterschied zwischen den beiden Nutzungssystemen im Jahr 2014. Bei der Vollweide ließen sich im Schnitt aller Aufwüchse 6,9 MJ NEL/kg TM erzielen, mit vier Schnitten kam man nur auf 6,1. Auch im wechselhaften Jahr 2013 waren die Energiegehalte der Vollweide mit 6,8 MJ NEL/kg TM höher als bei der reinen Schnittnutzung mit 6,3.


Vergleich zu Silomais:

Auch verglichen mit Silomais fiel die Vollweide positiv auf. Ihre Energiegehalte lagen meist über denen von Silomais in der Region. Dabei erzielten die Maissortenversuche der Landwirtschaftskammer im Mittel 6,3 MJ NEL/kg TM in den Jahren 2013 und 2014 (Vollweide: ca. 6,9 MJ NEL/kg TM). Nur in der sonnenreichen Saison 2015 toppte die Vollweide die Energiegehalte im Silomais nicht.


Der Ertrag von Weiden kommt jedoch bei Weitem nicht an den von Silomais heran, der auch im Mittelgebirge auf guten Böden über 200 dt TM/ha erreicht. Somit ist der Mais im Energieertrag der Weide klar überlegen. Doch lassen Sie sich nicht nur vom TM-Ertrag leiten. Denn wie wertvoll das Weidefutter ist, hängt nicht nur vom Ertrag und Energiegehalt ab. Auch der Gehalt an Protein ist nicht zu unterschätzen.


Sichere Proteinquelle:

Selbst in trockenen Jahren, wie z.B. 2013 und 2015, lagen die Proteingehalte bei Vollweide nur vereinzelt unter 20% in der TM (s. Übersicht 2). Der Grund dafür: Die jungen Weidelgrasaufwüchse glänzten mit höherem Proteingehalt und der Weißkleeanteil im Bestand stieg. Zudem haben solche Bestände mehr verdauliches Rohprotein (nXP). Die nXP-Gehalte des Futters wurden im Versuch jedoch nicht ermittelt. Sie dürften bei Vollweide bei ca. 70% liegen, ähnlich wie bei jungem Gras mit hohem Weidelgrasanteil. Ein Vergleich: Ein Sojaextraktionsschrot liegt bei 63 bis 66% nXP, Rapsschrot bei 65%. Die über die Vegetation geerntete nXP-Menge von 1,3 t bei Vollweide entspricht 4 t Soja- oder fast 4,5 t Rapsschrot. Zwar lässt sich das Weidefutter nicht ohne Weiteres mit Soja- oder Rapsschrot vergleichen, jedoch steht fest: Jedes Kilogramm verdauliches Protein, das Sie auf Ihrem Grünland zusätzlich durch verbessertes Management produzieren, spart Ihnen teuer zugekauftes Kraftfutter.

Die Redaktion empfiehlt

top + Top informiert in die Maisaussaat starten

Alle wichtigen Infos & Ratgeber zur Maisaussaat 2024, exklusive Beiträge, Videos & Hintergrundinformationen

Wie zufrieden sind Sie mit topagrar.com?

Was können wir noch verbessern?

Weitere Informationen zur Verarbeitung Ihrer Daten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Vielen Dank für Ihr Feedback!

Wir arbeiten stetig daran, Ihre Erfahrung mit topagrar.com zu verbessern. Dazu ist Ihre Meinung für uns unverzichtbar.