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Weizensorten Nord – Resistenzen im Fokus

Lesezeit: 11 Minuten

Anders als in den vergangenen Jahren rückten die Niederschläge im Mai und Juni die Fußkrankheiten wieder verstärkt in den Vordergrund. Die immer engere Wirkstoffpalette bei den Fungiziden zwingt mehr denn je zur Wahl angepasster, gesunder Sorten.


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Die Anbaufläche von Winterweizen stieg in Deutschland zur Aussaat 2020/21 wieder um 3% auf insgesamt 2,8 Mio. ha. Der Weizen bleibt damit mit etwa 47% Anteil an der Getreideanbaufläche die wichtigste Getreideart. Die derzeit hohen Preise werden voraussichtlich auch zur nächsten Aussaat dazu beitragen, dass der Weizen weiter an Anbauumfang zunimmt.


Die Erträge hingegen konnten in diesem Jahr nicht auf allen Standorten überzeugen. Die vergleichsweise hohen Niederschläge im Mai und Juni führten häufig dazu, dass vor allem die Fußgesundheit der Bestände den Ertrag beeinflusste. Neben der Schwarzbeinigkeit, die besonders in Stoppelweizen verstärkt auftrat, war vielfach auch ein stärkerer Halmbruchbefall zu beobachten. Hier zeigten sich Sortenunterschiede besonders deutlich. Daher muss die Gesundheit bei der Sortenwahl einen hohen Stellenwert behalten.


Die Klimaveränderung trägt darüber hinaus dazu bei, dass auch andere Aspekte, wie die Reife oder die Standfestigkeit, mehr als bislang beachtet werden müssen. Hätte nicht der Schnee im Februar die Saaten bedeckt, hätte der Frost auch die Winterfestigkeit mal wieder auf die Probe gestellt. Daneben bleiben natürlich die Ertragsfähigkeit sowie die Qualität eine entscheidende Größe bei der Sortenwahl. Die Qualitäten dieser Ernte spiegeln erstmalig die Auswirkungen der verschärften Düngeverordnung wider. Es wird daher spannend, ob die Märkte gute Qualitäten in Zukunft besser als bisher honorieren.


Die Züchter flüchten sich derweil verstärkt in die Hybridweizenzüchtung und hoffen hier, den Weg zu mehr Sortenleistung sowie besserer Honorierung für ihre Arbeit zu finden. Bislang war dies jedoch kaum erfolgreich, denn die Hybrideffekte halten sich beim Selbstbefruchter Weizen in engen Grenzen.


Neuere Sorten erobern Fläche


Der Umfang der Vermehrung ist ein guter Indikator für die Anbaubedeutung einer Sorte (Übersicht 1). RGT Reform stand dabei in den letzten Jahren in Deutschland unangefochten an der Spitze. Seine Attribute sind vor allem konstante Erträge, Gesundheit, Standfestigkeit und eine stabile Fallzahl. In diesem Jahr hat jedoch die mittelfrühe Sorte Asory (A) Reform abgelöst. Hier eine Einordnung:


  • Asory hat vor allem in den trockenen Jahren durch seine frühe Abreife im Ertrag überzeugt. Zudem ist Asory sehr gesund. Seine Schwäche ist jedoch die Standfestigkeit und in Folge einer Rassenverschiebung auch eine zunehmende Anfälligkeit gegenüber Gelbrost.
  • Mit einer Zunahme von über 1000 ha hat Chevignon (B) den größten Schritt in der Hitliste der vermehrungsstärksten Sorten gemacht. Chevignon punktet neben seiner guten Ertragsleistung ebenfalls durch seine frühe Reife, gute Standfestigkeit und Gesundheit. Seine Schwäche ist vor allem die geringere Winterhärte sowie seine höhere Anfälligkeit gegenüber Halmbruch und auch Schwarzbeinigkeit.
  • Informer (B) hat im Vergleich zum Vorjahr aufgrund seiner späten Abreife und schlechten Druschfähigkeit um mehr als 1000 ha Fläche eingebüßt. Allerdings zeigte die Sorte auch in diesem Jahr eine überdurchschnittliche Blattgesundheit und kann nach ersten Ergebnissen auch wieder auf schwächeren Standorten im Ertrag überzeugen.
  • Campesino (B) hat sich mit einer weiteren Zunahme in der Spitzengruppe stabilisiert. Campesino ist ebenfalls ein ertragsstarker, früher, gesunder und auch standfester Weizen, der nach Untersuchungen aus Bayern sogar nach Mais angebaut werden kann. Denn seine Anfälligkeit gegenüber Ährenfusarium sind dort besser als 5 (Einstufung nach BSL) bewertet.
  • In der Spitzengruppe liegen weiterhin die E-Weizen Ponticus, KWS Emerick sowie die A-Weizen LG Charakter (+ 1000 ha Vermehrungsfläche), RGT Depot und LG Initial. Letzterer büßte, ähnlich wie Informer, viel Fläche ein, zeigte jedoch in diesem Jahr seine Vorzüglichkeit als Stoppelweizen mit guter Fußgesundheit. ▶


Robuste Sorten sparen Kosten


Anders als in den trockenen Vorjahren haben Blattkrankheiten wie Septoria oder Gelbrost in diesem Frühjahr aufgrund der häufigen Niederschläge hohe Ertragsverluste verursacht. Durch den Wegfall von Epoxiconazol und wegen des drohenden Zulassungsendes weiterer Fungizide bleibt die Wahl gesunder Sorten ein wichtiger Beitrag, um die Erträge zu stabilisieren und Kosten beim Pflanzenschutz einzusparen. Einsparungspotenziale gesunder und standfester Sorten liegen in der Praxis häufig im Bereich von 50 bis 100 €/ha.


Weitere Fortschritte in der Pflanzenzüchtung sind unverkennbar. Es gelingt den Züchtern immer öfter, die negative Beziehung zwischen Gesundheit und Ertrag zu durchbrechen. Positive Beispiele sind Informer, Gentleman, Asory, Campesino, KWS Keitum sowie die Hybride Hyvega. Gegenüber den sehr anfälligen und ertragsstarken Sorten wie u.a. Benchmark (Ertragsverlust auf Lehm 17%; LSV 2020) lagen die Verluste ohne Fungizid- und Wachstumsregleranwendungen bei den gesunden Sorten nur im Bereich von 4 bis 6%.


Nachdem die Züchter bereits immer wieder größere Erfolge bei den Resistenzen gegenüber den biotrophen Pilzen (z.B. Mehltau und Rost) erzielen konnten, gelingt es nun immer häufiger, auch bei der Resistenz gegenüber Blattseptoria Fortschritte zu erzielen. Hier sind vor allem Informer, Gentleman und LG Charakter zu nennen. In der Übersicht 2 sind die Eigenschaften der wichtigsten derzeit in Norddeutschland geprüften Weizensorten dargestellt.


Fußkrankheiten im Fokus


Anders als in den letzten Jahren spielten Halmbasiserkrankungen in diesem Jahr eine größere Rolle. Vor allem die höheren Temperaturen im Herbst und Winter fördern die Infektion durch Halmbrucherreger sowie durch Schwarzbeinigkeit. In den trockenen Frühjahren blieben die Pilze dann aber häufig auf der Strecke. 2021 war das anders. Vor allem bei früher Saat nach Weizen und nach Raps war im Juli ein starker Befall durch Halmbasiskrankheiten erkennbar. Die Ähren blieben oft taub oder bildeten nur kleine Körner aus, die später Schwärzepilze besiedelten.


Die Sortenreaktionen waren hier sehr unterschiedlich. Vor allem Sorten, wie RGT Reform, Asory oder Campesino, die bislang eine gute Stoppelweizentauglichkeit bewiesen hatten, zeigten eine stärkere Neigung zu Schwarzbeinigkeit.


Positiv fielen u.a. Gentleman, LG Initial oder Ponticus auf. Im Frühsaatversuch 2021 der LWK Niedersachsen bewiesen u.a. LG Initial, Gentleman, Complice, Chevignon, Campesino (halmbruchresistent!) und KWS Donovan ihre Vorzüglichkeit im Bereich der Fußgesundheit und erzielten überdurchschnittliche Erträge. Eine schlechtere Eignung besonders als Stoppelweizen und nach einer frühen Saat zeigte sich u.a. bei LG Vertikal, Asory, RGT Depot sowie RGT Reform.


gute Fusariumtoleranz bei später Saat


Mais und Zuckerrüben sowie Stoppelweizen in Mulchsaat sind Vorfrüchte, die eine größere Gefahr der Infektion durch Ährenfusariosen mit sich bringen. Immer häufiger wird auch nach Mais der Weizen pfluglos bestellt. In diesen Fällen bleibt nur die Sortenwahl, um das Infektionsrisiko im Vorfeld zu mindern. Viele Praktiker bauen RGT Reform nach Mais und erzielen hohe Erträge. Eine ähnliche Anfälligkeit (BSA-Note 4) besitzen Asory, Lemmy, Hyvega und KWS Emmerick. Sorten mit einer noch besseren Ährengesundheit wie z.B. die älteren Sorten Boss, Kamerad oder Imposanto, überzeugen dagegen im Ertrag nicht.


Weniger gut geeignet sind u.a. die anfälligeren Sorten Informer, LG Charakter, Ponticus, LG Initial und Chevignon. Letzterer hat sich aber in den letzten beiden Jahren vor allem auch als Spätsaatweizen ausgezeichnet.


Besonders nach Zuckerrüben sollten Sie frühe und frohwüchsige Sorten bevorzugen. Dazu zählt Campesino sowie der im Ertrag ebenfalls positiv überzeugende Grannenweizen Complice.


Winterhärte bleibt wichtig


Das aktuelle Jahr hat verdeutlicht, dass trotz der vergleichsweise milden Winter der letzten Jahre, die Winterhärte der Sorten weiterhin zu beachten ist. Leider wird das Merkmal Winterfestigkeit vom Bundessortenamt nur noch bei wenigen Sorten ausgewiesen, da in den letzten Jahren zu wenige Standorte von Kahlfrösten betroffen waren.


Umso wichtiger sind Informationen zu diesem Merkmal aus anderen Quellen. In den letzten Jahren trugen dazu vor allem die mitteldeutschen Länder wertvolle Bonituren zusammen. Diese zeigen, dass die Sorten nach wie vor sehr weit streuen.


Die geringste Winterhärte weisen danach die Sorten Benchmark und KWS Keitum auf (Note >6). Im Bereich mit mittlerer Winterfestigkeit (Note 5 bis 6) liegen u.a. die Sorten Akzent, Complice, KWS Donovan, LG Charakter, Chevignon sowie die neue Sorte Sinatra. Neuere Sorten wie u.a. Informer, Campesino, Asory, Foxx (Grannenweizen), Knut, Attribut sowie SU Jonte weisen eine gute bis mittlere Winterhärte auf.


Qualitätsweizen – es fehlen die Anreize


Die durch die Düngeverordnung (DüV) begrenzte Stickstoffdüngung wirft die Frage auf, welchen Einfluss die Eiweißausprägung noch auf die Sortenwahl haben kann. Bei der Sortenkategorisierung durch das Bundessortenamt (BSA) spielt der Eiweißgehalt seit zwei Jahren bereits keine Rolle mehr. Dadurch haben sich einige Sortenverschiebungen bei der Qualitätseinstufung ergeben. Ertragsstarke Massenweizen wie Campesino, Chevignon oder LG Vertikal erhielten die Einstufung als B-Weizen. Andere B-Weizen wie z.B. Tobak stiegen zu A-Weizen auf. A-Weizen, wie Opal und Kerubino, wurden zu E-Weizen.


Für die Praxis ergeben sich daraus Vorteile, denn die Höhe der möglichen Stickstoffdüngung im Rahmen der DüV ist mit der Qualitätseinstufung verbunden. Der C-Weizen ist im Nachteil, weil hier ein Abschlag von 20 kg N/ha vom Bedarfswert 230 kg N/ha (Standard für A- und B- Weizen) erfolgen muss. Der Anbau von C-Weizen ist daher in Zukunft fragwürdig, da die Ertragsunterschiede zu den proteinschwachen B-Weizen gering sind.


In Regionen mit geringer Ertragserwartung sowie in roten Gebieten kann in Zukunft der Anbau von E-Weizen wie z.B. Ponticus, KWS Emmerick oder auch die älteren Sorten Opal und Kerubino interessant sein, denn hier darf ein Zuschlag von 30 kg N/ha zum Bedarfswert erfolgen. Ein Nachweis, dass Proteinwerte von 14% erreicht wurden, ist dafür nicht erforderlich. Auf den schwächeren Standorten sind erfahrungsgemäß die Ertragsunterschiede geringer als auf den Hochertragsstandorten. So erreichte die E-Sorte Ponticus im letzten Jahr mit rel. 99% auf den Sandböden in Niedersachsen das Niveau der A-Weizen.


Im Grundsatz gibt es jedoch nach wie vor eine negative Beziehung von Ertrag und Qualität. Die geprüften E-Weizen - wie Ponticus oder KWS Emerick - liegen in den LSV im Proteingehalt zwar vorn, ihr Ertrag bleibt aber vielfach auf den besseren Standorten um etwa 10% hinter den ertragsstarken A- und B-Weizen zurück, sodass zum Ausgleich der Mindererträge Qualitätszuschläge von gut 2 €/dt erforderlich sind.


Auch andere Sorten mit guter Eiweißbildung wie u.a. SU Selke oder Lemmy zeigen eher geringere Erträge. LG Charakter erreicht bei Erträgen von rel. 101 etwas höhere Proteingehalte. Der anbaustarke frühe Weizen Asory bewegt sich auf dem Niveau von RGT Reform.


Sehr geringe Werte weisen die im Ertrag überzeugenden Sorten LG Vertikal, Campesino, KWS Keitum und auch KWS Talent auf. Bei diesen Sorten spiegelt sich auch die Einstufung des Bundessortenamts sehr gut wider. Mit diesen Sorten lässt sich zumindest bei hohen Erträgen in der Regel nur Futterweizen erzeugen.


Insgesamt nimmt die Anzahl Sorten mit hoher Proteinausprägung eher ab. Der Markt setzt derzeit auch nur wenig Anreize, gute Qualitäten zu produzieren. Auf vielen Standorten haben sich die Landwirte daher darauf verlegt, eher die Futtermärkte als die Mühlen zu beliefern. Die Zeit wird zeigen, ob sich dieser Trend umkehrt.


Neue Sorten zur Probe


Im Frühjahr wurden vom Bundessortenamt insgesamt 13 neue Winterweizensorten zugelassen. Fünf dieser neuen Sorten stehen in den Landessortenversuchen (LSV) in Norddeutschland. Dazu kommen noch Akzent, Foxx sowie Sinatra aus den Vorjahren. Weiterhin sind mit SU Fiete und Revolver in der Übersicht 3 vielversprechende Neuzulassungen dargestellt, die bislang aber noch nicht im LSV geprüft werden. Bei diesen Sorten wird es aber, wie in den Vorjahren, Ergebnisse aus den Bundessortenversuchen geben.


Von den neuen Sorten weisen lediglich Revolver, Knut sowie SU Fiete ein hohes bis sehr hohes Ertragspotenzial auf. Alle anderen Sorten überzeugen vor allem durch ihre Gesundheit, sind aber im Hinblick auf ihre Ertragsleistung kaum besser als die derzeitigen Sorten.


  • Revolver (C) und Knut (B) sind vergleichbare Sortentypen (mittelspät, mittlere Pflanzenlänge, bei guter Standfestigkeit und auch aus demselben Züchterhaus). Beide Sorten sind sehr blattgesund, zeigen aber eine Halmbruchschwäche. Revolver kommt auch für den Anbau nach Mais infrage (Note 4 bei Ährenfusarium).
  • SU Fiete, ebenfalls mittelspät und sehr blattgesund, steht zwar wie Revolver nicht in den LSV, konnte aber in diesem Anbaujahr durch seine Fußgesundheit – besonders auch gegenüber der Schwarzbeinigkeit – überzeugen (Halmbruch Note 2!).
  • Im Hinblick auf die Ährengesundheit zeichnen sich die Sorten Akzent und Akasha positiv aus. Ihre Schwäche ist jedoch die Lagerneigung.
  • SU Jonte sowie der Grannenweizen Foxx eignen sich mit der Note 4 bei Ährenfusarium für den Anbau u.a. nach Mais und sind dabei auch standfest. Foxx ist zwar winterhart, weist jedoch nur ein geringes Ertragspotenzial auf (Note 6).


anne-katrin.rohlmann@topagrar.com

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