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Welche Weizensorten eignen sich im Norden?

Lesezeit: 11 Minuten

Beim Sortenranking tut sich was – bei den langjährigen Spitzensorten wackeln die Resistenzen und gleichzeitig bewähren sich neue Sorten im Ertrag.


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Winterweizen bleibt in Norddeutschland unangefochten die wichtigste Getreideart. Niemand hätte im Mai erwartet, dass viele Standorte in diesem Jahr noch so gute Erträge erzielen würden. Einmal mehr ein Beleg für die Bedeutung der Kornbildung auf den Ertrag. Bleibt zu hoffen, dass sich auch die Preise auf einem hohen Niveau halten und der Weizen somit eine gute wirtschaftliche Leistung erzielt. Hohe Ernten von Qualitätsweizen in anderen europäischen Ländern werden die Zuschläge für Brotweizen allerdings wie in den Vorjahren wohl gering ausfallen lassen.


Dennoch wird auch in der kommenden Saison die Hauptproduktionsrichtung beim Weizen exportfähige Ware mit Qualitäten im A/B-Bereich bleiben. Die Unterschiede zwischen diesen Sortimenten sind nicht erst nach dem Wegfall der Proteinbewertung durch das Bundessortenamt fließend. Je nach Angebot und Preis vom Körnermais wird jedoch auch nach wie vor viel Weizen in den Futtertrog wandern.


Die Sortenwahl sollte sich nicht alleine auf den Ertrag beziehen. Durch die Verschärfung des Düngerechts bekommen neue Merkmale wie die N-Effizienz mehr Gewicht. Der Klimawandel sorgt dafür, dass auch die Wassereffizienz einen größeren Einfluss bekommt. Forderungen, den Pflanzenschutzmitteleinsatz weiter zu reduzieren, erfordern zudem den Anbau gesunder und standfester Sorten.


Jedoch darf man die Bedeutung der Sorte an dieser Stelle nicht überstrapazieren. Eine deutliche Reduktion von Pflanzenschutz- und Düngemitteln lassen sich nur durch ganzheitlich angepasste Anbausysteme, insbesondere durch die Wahl der Fruchtfolge, die Vermeidung von Frühsaaten und eine optimale Düngung erreichen. Dennoch gilt es, den Züchtungsfortschritt besonders an dieser Stelle bewusst zu nutzen. Auch wenn dies zur Folge hat, dass der Sortenwechsel in den Betrieben hoch ist.


Wachablösung bei den Standardsorten


Der Vermehrungsumfang gibt neben der Saatgutverfügbarkeit auch immer einen guten Hinweis auf die Anbaubedeutung einer Sorte. In den letzten Jahren hatte sich RGT Reform den unbestrittenen Spitzenplatz im Weizenanbau in Deutschland erarbeitet. Sein Höhenflug gründete vor allem auf soliden Erträgen als Qualitätsweizen, einer guten Standfestigkeit und einer ausgeglichenen Gesundheit. Als Kompensationstyp kam RGT Reform auch mit den widrigen Klimabedingungen der sehr trockenen Anbaujahre 2018 und 2019 gut zurecht. Die Ansprüche an die Vorfrucht sind gering. Er erzielte als Stoppelweizen und auch nach Mais hohe Erträge.


Inzwischen hat RGT Reform aber offensichtlich seinen Zenit überschritten. Die bundesweiten Vermehrungszahlen (Übersicht 1) belegen, dass die Sorte im Vergleich zum Vorjahr deutlich an Umfang verloren hat. Dazu hat vermutlich eine zunehmende Anfälligkeit gegenüber Blattseptoria und Gelbrost beigetragen. Auch ertraglich sind neuere Sorten RGT Reform mittlerweile deutlich überlegen. Gleich drei neue Sorten machen ihm hier seine Position streitig: Informer (B), LG Initial (A) sowie Asory (A). Größere Zuwächse verzeichnen zudem die frühen Sorten Chevignon (B), Campesino (B) sowie RGT Debot.


Die langjährigen Ertragsauswertungen zeigen, dass in den letzten Jahren die frühreifen Sorten klar im Vorteil waren. Dazu zählt u.a. Campesino, Asory, Benchmark und Talent (die letzten beiden sehr frohwüchsig). Als spätere Sorte konnte sich nur Informer behaupten. Damit hat sich zum letzten Jahr ein deutlicher Sortenwechsel im Anbau vollzogen. Verloren haben neben RGT Reform vor allem die anfälligen Sorten Benchmark, Tobak und Faustus. Auch Patras, KWS Talent sowie Elixer sind im Anbauumfang rückläufig. Stabil bleiben dagegen Ponticus (E), Apostel (A) sowie Opal (E).


Gesunde Sorten sichern erträge


Bei der Wahl der Sorten spielt besonders zur Erntezeit der Ertrag die wichtigste Rolle. Dieses Merkmal ist relativ schnell verfügbar, sowohl als Rückmeldung von den eigenen Flächen als auch durch erste Informationen von offiziellen Sortenprüfungen.


Für die Sortenwahl sollten jedoch deutlich mehr Informationen wie Gesundheit und Standfestigkeit berücksichtigt werden. Weitere Merkmale sind die Früh- oder Spätsaateignung und seit Neuerem auch die Stickstoff- (N) und Wassereffizienz. In den letzten Jahren waren Standfestigkeit und Gesundheit jedoch häufig nicht so stark gefordert, denn die Trockenheit begrenzte den Krankheitsdruck und Lager trat nur selten auf. Dennoch: Durch die Wahl einer gesunden und standfesten Sorte lässt sich das Anbaurisiko vor allem in feuchteren Jahren deutlich vermindern. In den Landessortenversuchen (LSV) weisen die Differenzen zwischen den behandelten und den unbehandelten Varianten (Stufe 1 und 2) auf diese Verlustrisiken hin. Ertragseinbußen resultieren meist aus dem Auftreten von Krankheiten sowie Lager. Der Züchtungsfortschritt beim Weizen ist vorrangig an der Verbesserung der Gesundheit bei gleichzeitig gesteigerter Ertragsleistung zu erkennen. Dafür stehen neuere Sorten wie Informer, LG Initial, Asory, Campesino und Chevignon. Ihre starke Anbauausdehnung im letzten Jahr ist besonders auf diese Leistung zurückzuführen (siehe Übersicht 2).


Neben den Sortenresistenzen (Übersicht 3, S. 52) beeinflussen auch Standort und Witterung die Ertragsverluste. In Norddeutschland z.B. sind die höchsten Verluste durch Blattseptoria vor allem auf den Marschböden zu verzeichnen. Nicht selten liegen die Ertragseinbußen ohne Fungizdbehandlungen im LSV bei über 30%. Im letzten Jahr betrug der Ertragsverlust auf den Marschstandorten im Mittel der anfälligen Sorte Benchmark 28%. Durch den Anbau der gesunden Sorten Asory, Campesino, LG Vertikal oder SU Selke reduzierten sich die Verluste um fast 50% auf etwa 12 bis 15%.


RostResistenzen wackeln


Auf vielen anderen Standorten im Norden kostete unter den trockenen Bedingungen der letzten Jahre der Befall mit Rostkrankheiten oft viel Ertrag. Auch in dieser Vegetationsperiode waren es vor allem Rostinfektionen, die zu Blattverlusten geführt haben. Offensichtlich sind auch wieder Rassenveränderungen sowohl bei Gelbrost als auch bei Braunrost aufgetreten.


Bislang galten u.a. Asory und Campesino als resistent gegenüber Gelbrost. In diesem Frühjahr zeigten beide Sorten einen Befall. Stark betroffen waren auch, wie in den Vorjahren, besonders Benchmark, Kashmir sowie KWS Talent. RGT Reform zeigte ebenfalls moderaten Befall. Als resistent gegenüber Gelbrost können nach wie vor u.a. Informer, Chevignon, LG Initial und Kamerad eingestuft werden. Gegenüber Braunrost sind u.a. Benchmark, Faustus, Tobak und Euclide hoch bis sehr hoch anfällig. Eine geringe Anfälligkeit gegenüber Braunrost kennzeichnen noch immer u.a. Asory, Campesino, Emerick und RGT Reform.


Halmbruch nimmt zu


Neben den Blattkrankheiten ist es wichtig, bei der Sortenwahl – vor allem bei früher Saat – stärker auf die Anfälligkeit gegenüber Fußkrankheiten zu achten. Hier geben die Sortenprüfungen für Stoppelweizen wertvolle Hinweise auf die Sorteneignung, da sich zudem eine stärkere Anfälligkeit für Schwarzbeinigkeit beobachten lässt. In den Prüfungen der letzten Jahre haben als Stoppelweizen RGT Reform, Elixer (besonders bei Mulchsaat) und von den neueren Sorten u.a. Campesino, Informer, RGT Debot, Asory und LG Initial gute Leistungen gezeigt.


Eine gute Halmbasisgesundheit weist zudem der sehr kurze und späte Weizen SU Selke auf. Einen Leistungsabfall als Stoppelweizen zeigten in den letzten Jahren u.a. Faustus sowie die neueren Sorten LG Vertikal und KWS Emerick.


Gesund nach Mais


Die Gefahr einer Infektion durch Ährenfusarium droht vor allem bei Mulchsaat nach Mais, Weizen und Rüben. Die Wahl einer toleranten Sorte ist hier von großer Bedeutung, um das Infektionsrisiko zu begrenzen. Tolerant sind nach wie vor RGT Reform, LG Initial, Faustus, Kamerad, KWS Emerick sowie die frühen Sorten Asory und Lemmy. Sorten mit einer höheren Anfälligkeit wie u.a. Tobak, LG Mocca, Inspiration oder Alexander sollte man nach diesen Vorfrüchten meiden. Auch Sorten mit einer mittleren Anfälligkeit (BSA Note 5) wie u.a. Campesino oder Chevignon sollten nur in trockenen Regionen sowie möglichst nur nach dem Pflug zur Aussaat kommen.


Vermeiden Sie Lager!


Milde Winter und ein zeitiger Vegetationsbeginn führen vor allem nach früher Saat zu einem hohen Lagerrisiko. Eine startbetonte Düngung verschärft die Situation durch die höheren Bestandesdichten zusätzlich. Daher sollte bei der Sortenwahl der Standfestigkeit ebenfalls eine größere Aufmerksamkeit geschenkt werden.


In Folge der Züchtung auf gesunde Sorten, besonders gegenüber Ährenfusariosen, sind die aktuellen Weizensorten meist mittellang. Es gibt aber auch sehr kurzstrohige Sorten auf dem Markt, wie u.a. Kamerad, Lemmy und SU Selke. Ihre Ertragsleistung konnte jedoch in den letzten Jahren nicht überzeugen.


Unter den ertragsstarken, aber mittellangen Sorten gelten RGT Reform, LG Initial, Informer, Campesino, Chevignon und LG Vertikal als standfest. Ein höheres Lagerrisiko droht dagegen u.a. bei Asory, Kashmir und KWS Talent. Diese Sorten sollten daher vorrangig bei später Aussaat zum Anbau kommen, da dann das Lagerrisiko aufgrund der kürzeren Wuchszeit abnimmt. Für Spätsaaten eignen sich außerdem die Sorten Campesino und Chevignon.


Kaum Unterschiede bei der N-Effizienz


Die Verschärfung der DüV beeinflusst auch die Sortenwahl. Durch den hohen Stellenwert der Düngebedarfsermittlung haben nun C-Weizen einen großen Nachteil, da bei ihrem Anbau ein Abschlag von 20 kg N/ha vorzunehmen ist. Aufgrund der relativ engen Bemessung der Bedarfswerte beim Weizen kann dies auf einigen Standorten zu Ertragsverlusten führen. Für die A/B-Sorten weist die DüV dagegen einen Bedarfswert von 230 kg N/ha aus. Die Bedeutung der A/B-Sorten hat dadurch in den letzten Jahren deutlich zugenommen. Damit deckt dieses Segment mittlerweile sowohl die Nachfrage nach Back-, Export- als auch Futterweizen.


Doch auch E-Weizen könnte in Zukunft wieder mehr Beachtung finden. Denn für ihn sieht die neue DüV einen Bedarfswert von 260 kg N/ha vor. Dennoch sollte berücksichtigt werden, dass die für den Anbau empfohlenen Qualitätsweizen meist einen Minderertrag von 10% gegenüber den Spitzensorten im A/B-Segment aufweisen. Günstiger sind dagegen E-Weizen mit höherem Ertragspotenzial und etwas schlechterer Qualität. Dazu zählen u.a. der altbekannte Opal oder KWS Emerick. Zukünftig ist mit weiteren ertragsbetonten E-Sorten zu rechnen.


Versuche zur N-Effizienz einiger Weizensorten ergaben in den letzten Jahren nur geringe Hinweise auf Unterschiede in der Nährstoffaneignung. Auch die geprüften Hybriden zeigten keine Vorteile bei einer reduzierten Düngung.


Welche Sorten eignen sich bei geringem Wasserangebot?


Die restriktiven Maßnahmen der DüV führen dazu, dass Winterroggen den Winterweizen auf einigen trockenen Standorten verdrängen wird. Dennoch bleibt die Sortenfrage beim Weizen auch für solche Standorte bestehen. Die letztjährigen Versuche haben gezeigt, dass vor allem frühere Sorten wie Asory oder Campesino dafür interessant sind. Auch Euclide als Grannenweizen hat bei Wassermangel überdurchschnittlich gedroschen. Als neuer Grannenweizen zeigt Complice, ebenfalls mit früher Reife, in diesem Jahr sehr gute Leistungen. Mittelfrühe Sorten mit Eignung für sandige Böden sind zudem RGT Reform und RGT Debot.


Fallzahlstabilität beachten


Im letzten Jahr empfahlen sich aufgrund ihrer guten Qualität u.a. RGT Reform, Asory, RGT Debot, LG Initial im A-Bereich als Qualitätsweizen – im B-Segment zusätzlich der ertragsstarke Informer sowie KWS Talent. Alle genannten Sorten verbinden darüber hinaus günstige Anbaueigenschaften sowie hohe bis sehr hohe Erträge. Im E-Bereich kommt aufgrund hoher Erträge KWS Emerick hinzu. Er zeigte jedoch im letzten Jahr leichte Schwächen bei der Fallzahl. Neben dem Proteingehalt spielt dieses Merkmal bei der Vermarktung von Brotgetreide eine wichtige Rolle. Auch Euclide zeichnet sich durch eine gute Fallzahlstabilität aus.


Neue Sorten zum Probeanbau


Das Bundessortenamt (BSA) hat im Frühjahr 13 neue Weizensorten zugelassen. Sie werden in diesem Jahr an einigen Standorten in den Bundessortenversuchen geprüft. Die vielversprechendsten Sorten wurden bereits in die Landessortenversuche aufgenommen, sodass hier schon erste Ergebnisse vorliegen (Übersicht 4).


Im A-Bereich sind das SU Habanero sowie LG Charakter. Letzterer zeigt ein ansprechendes Ertragspotenzial bei guter Gesundheit. Allerdings ist die Sorte nur durchschnittlich in der Standfestigkeit bewertet. SU Habanero ist länger, aber standfester. Eine gute Blattgesundheit wird durch ein Plus bei Ährenfusarium ergänzt. Jedoch ist die Ertragserwartung nur durchschnittlich.


Im B-Segment fällt die mittelspäte Sorte Gentleman positiv auf. Die gute Blattgesundheit wird durch eine sehr gute Halmbasiseinstufung bei guter Standfestigkeit flankiert. Die Ertragserwartungen sind überdurchschnittlich. KWS Donovan fällt dagegen durch eine höhere Anfälligkeit gegenüber Braunrost ab. Trotz des längeren Wuchses ist er aber standfest.


Mit KWS Keitum wird darüber hinaus noch ein Futterweizen geprüft. Er verbindet ein hohes Ertragspotenzial mit guter Blattgesundheit. Als Nachteil ist jedoch seine Lagerneigung zu berücksichtigen.


Durch die letzten milden Winter gibt es derzeit kaum verlässliche Hinweise zur Winterhärte neuer Sorten. Hier sollte man u.a. die Hinweise der Züchter beachten. Das Saatgutangebot wird jedoch für die neuen Sorten gering sein, sodass kaum Menge zur diesjährigen Aussaat verfügbar sein wird und diese Sorten vorrangig für Saatgutvermehrer interessant sind.


anne-katrin.rohlmann


@topagrar.com

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