Einloggen / Registrieren

Startseite

Schlagzeilen
Messen & Termine
Themen
Wir für Euch
Heftarchiv
Sonstiges

Bürokratieabbau Agrarantrag 2024 Maisaussaat Erster Schnitt 2024

topplus Aus dem Heft

Wenn ein Ackerbauer Gras sät

Lesezeit: 5 Minuten

Seit fast 50 Jahren vermehrt die Voigt-Jendritza GbR erfolgreich Gräser. Zunächst als Auflockerung der Roggenmonokultur gedacht, fungieren die Bestände heute auch als Humus- und Nährstofflieferant.


Das Wichtigste zum Thema Ackerbau dienstags per Mail!

Mit Eintragung zum Newsletter stimme ich der Nutzung meiner E-Mail-Adresse im Rahmen des gewählten Newsletters und zugehörigen Angeboten gemäß der AGBs und den Datenschutzhinweisen zu.

Wie lässt sich der einseitige Roggenanbau auf den leichten Sandstandorten des Betriebes unterbrechen? Diese Frage beschäftigte bereits 1972 den Seniorchef Georg Jendritza. Die Antwort, die er für sich fand: Grassamenvermehrung. Was mit 2,5 ha Deutsch Weidelgras begann, hat sich heute zu einer Vermehrungsfläche von durchschnittlich 65 ha entwickelt. Zudem hat der Betrieb, den mittlerweile der Schwiegersohn Thomas Voigt leitet, sein Vermehrungsportfolio mit der Zeit deutlich ausgeweitet. Neben Deutschem Weidelgras stehen auch Einjähriges und Welsches Weidelgras sowie Rotschwingel, Rauhhafer und Leindotter zur Saatgutgewinnung auf den Flächen.


Vielfältig in jeder Hinsicht


Der niedersächsische Ackerbaubetrieb umfasst ca. 350 ha und liegt im Leine-Weser-Dreieck nahe der A7. Die Flächen sind sehr heterogen und variieren von leichten Sandböden mit 18 BP bis hin zu schweren Lehm/Tonböden mit bis zu 80 BP. „Hier liegt eine der Herausforderungen,“ sagt Thomas Voigt. „Wir können keine feste Fruchtfolge fahren, sondern richten uns mit den Kulturen immer nach den Voraussetzungen der jeweiligen Fläche.“


So unterschiedlich die Böden, so vielfältig sind auch die Ackerkulturen. Der Betrieb baut neben der Vermehrung Raps, Rüben, Kartoffeln, Weizen, Gerste, Roggen, Dinkel und neuerdings Sojabohnen an. Eigentlich genug Auswahl für einen Fruchtwechsel. Doch gerade auf den leichten Böden sind viele der Kulturen nicht konkurrenzfähig. Hier kommen die Gräser ins Spiel.


„Die Grassamenvermehrung ist auf leichten bis mittleren Flächen einträglicher, als wenn wir hier Weizen mit unterdurchschnittlichen Erträgen anbauen würden“, erläutert der Betriebsleiter. Erreicht der Weizenertrag dagegen auf guten Standorten 8 bis 10 t/ha, kann die Gräservermehrung bestenfalls nur noch bei überjährig genutzten Deutsch Weidelgrasbeständen mithalten. Doch nicht alleine der Erlös zählt. „Auch die Humuszufuhr und die Nachlieferung von Stickstoff muss den Gräsern zugerechnet werden“, gibt Thomas Voigt zu bedenken. Und unter diesen Gesichtspunkten feilen Senior- und Juniorchef stets an der optimalen Anbaukombination für ihre Flächen.


Grundvoraussetzung saubere Flächen


Oberstes Gebot bei der Platzierung der Gräservermehrung ist, dass die potenziellen Flächen sauber sein müssen. Standorte, auf denen beispielsweise Flughafer Probleme bereitet, sind per se ausgeschlossen. Als Vorfrucht steht nach Möglichkeit eine Hackfrucht, um den Gräserdurchwuchs möglichst gering zu halten.


Der Betrieb arbeitet überwiegend pfluglos. Folgen die Grassamen aber auf eine Getreidekultur wird auf wendende Bodenbearbeitung zurück gegriffen, um ein sauberes Saatbett zu schaffen. „Grassamen laufen bei uns nicht nebenbei. Wir führen sie genauso intensiv wie die anderen Kulturen“, stellt Thomas Voigt heraus. Er ist überzeugt, dass sich nur dann alle positiven Effekte voll ausschöpfen lassen.


Produktion muss passen


Die Aussaat erfolgt ausschließlich als Blanksaat mit einer herkömmlichen Drillmaschine. Bei der Düngung setzt der Betriebsleiter auf Flüssigdünger: „So lässt sich die Menge exakt dosieren und der Dünger ist sofort wirksam.“ Setzt die Wirkung zu spät ein, bilden die Bestände zu viel Blattmasse. Ziel sind anders als bei Futtergrasbeständen möglichst viele ährentragende Halme. Je nach Grasart fallen 80 bis 120 kg N/ha, überwiegend in einer Gabe.


Ohne Pflanzenschutz kommt auch eine Grassamenvermehrung nicht aus. Standard sind eine Herbizidbehandlung, sowie je nach Witterung ein bis zwei Fungizidbehandlungen gegen Rost. Eingekürzt wird ein Mal. Die Standfestigkeit muss bis zur Blüte gewährleistet sein. Danach bevorzugt der Betrieb, dass die Bestände in leichtes Lager gehen. Nach Voigts Erfahrungen sind die Samen so geschützter gegen Verluste durch Wind und Regen.


Ernte muss sitzen


Der viehlose Betrieb nutzt schon den ersten Aufwuchs zur Samenproduktion. Dabei werden die Samen aus dem Schwad gedroschen. „Wir verwenden ein spezielles Mähwerk, das den Bestand mit wenig Bewegung in ein Schwad in Mähwerksbreite (6,40 m) legt und nicht zusammenzieht“, erläutert Thomas Voigt. Damit können die Samen besser abtrocknen und werden zwei bis drei Tage später gedroschen.


„Jeder, der sich für Grassaatvermehrung interessiert, muss sich bewusst machen, dass das enge Erntezeitfenster eine gewisse Herausforderung darstellt“, meint Thomas Voigt. Eigene flexibel einsetzbare Erntemaschinen sind seiner Meinung nach dabei ein Muss. „Weil die Erträge ohnehin stark schwanken können, wären Verluste durch die Ernte ärgerlich.“ Am Beispiel einjähriges Weidelgras wird deutlich, was er meint. Je nach Fläche und Witterung lassen sich 600 kg/ha, aber auch bis zu 1500 kg/ha Samenertrag erzielen. „Durch unsere Bestandesführung schaffen wir im Mittel 1200 kg/ha“, so der Vermehrungsexperte.


Die Trocknung erfolgt in Eigenregie mittels einer Anhängertrocknung. Danach lagert der Betrieb die Saat zwischen, bis der Vertragspartner DSV die Ware abruft.


Das Heu findet Absatz bei Pferdehaltern. Zwar wäre es auch ein guter zusätzlicher Humuslieferant, jedoch entlastet die Abfuhr die Düngebilanz. Andernfalls wäre der N-Düngebedarf der neuen Düngeverordnung für Grassamen eng bemessen.


Die Super-Vorfrucht


Für die Voigt-Jendritza GbR ist der gute Vorfruchteffekt der Gräser ein weiterer wichtiger Pluspunkt. Die Bestände hinterlassen die Flächen in optimalem Zustand. Die intensive Durchwurzelung bricht Verdichtungen auf und sorgt für eine deutliche N-Nachlieferung für die Folgekultur. „Rüben wachsen z.B. super nach den Gräsern“, berichten die Ackerbauern. Auf Ungrasdurchwuchs ist allerdings zu achten. Langfristig profitieren vor allem die leichten Flächen vom Humusaufbau.


Für Voigt Der richtige Weg


Für Thomas Voigt ist der vor 50 Jahren von seinem Schwiegervater eingeschlagene Weg genau der richtige. Er weiß alle Vorteile der Gräser konsequent für sich zu nutzen. Jedoch sagt er auch: „Erfolgreiche Grassamenvermehrung geht nicht nebenbei. Darauf muss man sich einlassen!“ Das scheint ihm mehr als gelungen zu sein. Und die nächste Generation steht mit Sohn Michel schon in den Startlöchern.


Mehr zum Thema Grassamenvermehrung finden Sie unter: www.topagrar.com/grassamenvermehrung2021


anne-katrin.rohlmann@topagrar.com

Die Redaktion empfiehlt

top + Das Abo, das sich rechnet: 3 Monate top agrar Digital für 9,90€

Unbegrenzter Zugang zu allen Artikeln, Preis- & Marktdaten uvm.

Wie zufrieden sind Sie mit topagrar.com?

Was können wir noch verbessern?

Weitere Informationen zur Verarbeitung Ihrer Daten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Vielen Dank für Ihr Feedback!

Wir arbeiten stetig daran, Ihre Erfahrung mit topagrar.com zu verbessern. Dazu ist Ihre Meinung für uns unverzichtbar.