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„Wenn Schädlinge den Raps auffressen…“

Lesezeit: 4 Minuten

Resistente Erdflöhe und die Kleine Kohlfliege gefährden den Rapsanbau im Norden. Der Gesetzgeber muss jetzt handeln!


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Vor allem in Norddeutschland lassen sich resistente Erdflöhe und Kohlfliegen nicht mehr sicher in Schach halten. Wie ist die Schädlings-Situation in diesem Herbst einzuschätzen?


de Vries: Ist es vom Auflaufen des Rapses bis Mitte Oktober eher mild, muss man vor allem in engen Rapsfruchtfolgen mit hohem Schädlingsdruck rechnen. Das gilt insbesondere für den Rapserdfloh. Enthalten Zwischenfrucht-Mischungen Arten wie Senf oder Ölrettich, fördert dies die Schädlingsdichte zusätzlich. Auch Rapsdurchwuchs in Zwischenfrüchten erhöht den Druck.


Für 2016 gibt es zudem Hinweise aus Kohlanbaugebieten, dass auch Kohlmottenlarven dem Raps zusetzen können. Das bedeutet: Im Herbst ist mit Schäden des Rapses durch die Larven der Kleinen Kohlfliege, des Rapserdflohs und der Kohlmotte zu rechnen.


Wie stark ist die Pyrethroidresistenz von Rapserdflöhen mittlerweile ausgeprägt?


de Vries: Bereits vor 2 Jahren wiesen in Mecklenburg-Vorpommern bereits alle untersuchten Erdflohlarven eine Pyrethroidresistenz auf. In Schleswig-Holstein waren es 24%, in Niedersachsen 9%. Das zeigen Beizversuche des Rapool-Ringes.


Aus den Erfahrungen mit der Verbreitung der Glanzkäfer-Resistenz, die ebenfalls ihren Ursprung in Mecklenburg-Vorpommern hatte, ist mit Folgendem zu rechnen: Je nach Intensität des Raps- und Zwischenfruchtanbaus bzw. Durchwuchses mit Kreuzblütlern, könnte sich die Resistenz des Erdflohs gegenüber Pyrethroiden in diesen Regionen in drei bis fünf Jahren flächendeckend ausdehnen.


Welche Schäden sind bei starkem Befall zu erwarten?


de Vries: Seit der Aussaat 2014 sind insektizide Beizen im Raps in Deutschland verboten. Seitdem steht der Rapsanbau in einigen Regionen vor extremen Problemen. Im ersten Jahr des Verbots belief sich der Schaden durch die Larven der Kohlfliege in Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein auf 30 bis 40% geschädigter Wurzeln. Gegen den Rapserdfloh konnten Landwirte noch mit Insektiziden vorgehen. In einigen Fällen waren aber bis zu fünf Durchfahrten im Herbst nötig. Dass die Ertragsverluste „nur“ auf 10% kletterten, lag an den günstigen Wachstumsbedingungen.


In dieser Rapssaison hielten sich die Fraßschäden an den Rapswurzeln im Herbst zwar in Grenzen. Aus den scheinbar geringen direkten Schäden entwickelten sich aber erhebliche Folgeschäden. Pflanzen mit schwacher Wurzel fielen den Wechselfrösten im März zum Opfer. Nach der Blüte bonitierten wir zudem verstärkt „Umfaller“ mit durchmorschtem Wurzelhals.


Die fehlende insektizide Beize führt demnach dazu, dass die Bestandes-entwicklung unkalkulierbar wird. Zudem steigen die Produktionskosten bei sinkender Ertragssicherheit.


Was können betroffene Rapsanbauer in Resistenzgebieten tun?


de Vries: In Regionen mit ausgeprägter Pyrethroidresistenz gibt es nach derzeitiger Gesetzeslage keine sichere Bekämpfungsmöglichkeit gegen Erdflöhe. Gegen die Kleine Kohlfliege helfen Insektizide generell nicht.


Wichtig ist es daher, dem Raps einen guten Start zu verschaffen, damit er einem möglichen Schaden davon wächst. Optimal dafür ist eine mehrmalige flache Stoppelbearbeitung und eine saubere Stroheinarbeitung der Vorfrucht. Bei hohen Strohmengen ist auch der Pflug kein Tabu. Zu empfehlen sind zudem mittlere bis späte Saattermine. Extreme Spätsaaten sind aber zu vermeiden, da diese die Gefahr einer schlechten Vorwinterentwicklung verstärken.Am Vorgewende ist es sinnvoll, die Saatstärke um zehn Körner pro m2 zu erhöhen.


Künftig wird die Novelle der DüngeVO die Situation wohl weiter verschärfen. Denn die beabsichtigte Reduzierung der N-Menge zu Raps im Herbst wird vor allem in Jahren mit hohem Strohanfall die Herbstentwicklung des Rapses verzögern.


Muss der Gesetzgeber jetzt handeln?


de Vries: Der Gesetzgeber hat eine umweltverträgliche Basis, um Raps im Herbst sicher zu etablieren, leichtfertig aus den Händen gegeben. Was nutzt eine wöchentliche Erdfloh-Kontrolle in Gelbschalen in Resistenzgebieten, wenn man letztlich nicht handeln kann?


Sinnvoll wäre die Wiederzulassung der insektiziden Beizen. Zurzeit gibt es keine veröffentlichten Studien darüber, dass sich die Aussaat von insektizidgebeiztem Saatgut im August negativ auf Bienen auswirkt. Zu dieser Zeit sind die Äcker unbestellt, blühende Pflanzen gibt es kaum noch. Bei dem sorgsam inkrustierten Rapssaatgut kombiniert mit moderner Drilltechnik ist nicht zu erwarten, dass sich Beizstäube freisetzen. Das derzeitige Verbot beruht auf einen Vorfall im Rheingau aus 2013, als sich Stäube von insektzidgebeiztem Maissaatgut auf blühende Pflanzen legten und Bienenschäden verursachten.


Sollte das Verbot bestehen bleiben, muss man an Alternativen forschen, wie z.B. dem Zwischendrillen von Leguminosen. Wegen der geringeren Ertragssicherheit wird die Anbaufläche von Raps wohl sinken. Ob Leguminosen bei hoher Anbaudichte das Allheilmittel sind, ist unwahrscheinlich – Virosen und Schädlinge warten nur darauf.


Es bleibt zu hoffen, dass die Zulassungsbehörden nach fachlichen Argumenten entscheiden und das Verbot der Insektizid-Beizen fallen lassen. Vom Zeitgeist motivierte Entscheidungen haben für den Rapsanbau verheerende Folgen.


-mb-

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