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Wintergerste: Lieber standfest und strohstabil

Lesezeit: 9 Minuten

Welche Wintergerste soll in der kommenden Saison 2017 bei Ihnen das Rennen machen? Liniensorten oder Hybriden – bei der Suche nach der richtigen Sorte für Ihren Standort unterstützt Sie Ulrike Nickl, Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft, Freising.


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In Süddeutschland dominieren deutlich die zweizeiligen Sorten (zz) gegenüber den mehrzeiligen (mz). Und dass, obwohl diese in den bayerischen Landessortenversuchen (LSV) im Schnitt ca. 5% weniger Ertrag bringen. Dies nehmen die Landwirte jedoch in Kauf, da die besten Zweizeiler im Hektoliter- (hl-Gewicht) und Tausendkorngewicht (TKG) die mehrzeiligen Sorten übertreffen. Auch bei Hitzeperioden, die oft zu abrupter Abreife führen, sorgen sie für bessere Kornqualitäten. Vor allem ein akzeptables hl-Gewicht lässt sich unter diesen Bedingungen am ehesten mit zweizeiligen Sorten erreichen. Zudem sind die besten Zweizeiler widerstandsfähiger gegen Ährenknicken und kombinieren Standfestigkeit sowie Strohstabilität (Ähren- und Halmstabilität) erfolgreich. Die größten Körner erzielt in den südlichen LSV regelmäßig eine zweizeilige Sorte. Jedoch gibt es mittlerweile auch mehrzeilige mit guter Sortierung. Welche Sorte passt am besten auf Ihren Betrieb?


Qual der Wahl:

Eine wichtige Hilfe bei der Suche nach der passenden Sorte sind die LSV, die neutrale und nicht von wirtschaftlichen Interessen beeinflusste Sorteninformationen liefern. In Bayern legte die Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) 2014/15 neun zweizeilige und sieben mehrzeilige Wintergersten-Versuche an. In Baden-Württemberg betreute das Landwirtschaftliche Technologiezentrum (LTZ) Augustenberg sechs LSV. In den darin untersuchten Sortenmerkmalen präsentieren sich die angebauten Gerstensorten wie folgt:


Ein Kriterium bei der Sortenwahl ist für viele Betriebe das hl-Gewicht. Bei Futtergerste ist es ausschlaggebend für den Preis. Zwar bezweifeln Experten aus der Tierernährung, dass es eine geeignete Basis für den Wert von Getreide ist. Die Praxis hält aber bislang an diesem Merkmal fest. So muss die Futtergerste meist ein hl-Gewicht von mindestens 62 kg/hl haben. Weitere Mindestanforderungen gelten zum Teil beim Marktwarenanteil (Sortierung über 2,2 mm).


Hohes Hektolitergewicht:

Die höchsten hl-Gewichte weisen in den bayerischen LSV die Sorten Caribic und SU Vireni (zz) auf, die mit einer Doppelresistenz gegen Gelbmosaikviren ausgestattet sind (siehe Übersicht 1, links). Der Unterschied zwischen der besten und der schwächsten zweizeiligen Sorte in den LSV beträgt bei 5-jähriger Betrachtung ca. 5 kg/hl. Bei den mehrzeiligen ist dieser etwas geringer. Ein direkter Vergleich der beiden Gerstenformen ist nicht möglich, da in Bayern die LSV für Zwei- und Mehrzeiler getrennt voneinander laufen. Im Schnitt ist das Niveau bei den Mehrzeilern aber etwas geringer, sodass die Naturalgewichte ihrer besten Sorten etwa im Sortimentmittel der Zweizeiler liegen.


In der Sortierung gibt es ebenfalls deutliche Sortenunterschiede (siehe Übersicht 1, rechts). Die Mehrzeiler weisen im Mittel ähnliche Werte auf wie die Zweizeiler. Am besten zeigen sich die Unterschiede in der Kornfraktion über 2,5 mm. Die größten Körner liefert die zweizeilige Sandra.


Ertrag wichtig, aber nicht alles:

Ein wichtiges Kriterium ist der Ertrag. Die mehrjährigen Leistungen neuer und bewährter Gerstensorten lassen sich beispielhaft an drei bayerischen Anbaugebieten zeigen (s. Übersicht 2, Seite 76). Da die Gebiete über die Landesgrenze hinausreichen, sind darin auch die Ergebnisse benachbarter Bundesländer verrechnet. Die ermittelten Relativerträge beziehen sich dabei auf den Ertragsmittelwert der 2015 in Bayern geprüften Sorten. Die mehrjährige Auswertung beinhaltet auch die Daten der zurückliegenden fünf Jahre aus den LSV und vorangegangener Wertprüfungen. Hier die wichtigsten Ergebnisse aus den Versuchen:


  • Die meisten zweizeiligen Sorten unterscheiden sich ertraglich kaum. Im Anbaugebiet Fränkische Platten weisen die nicht gegen Gelbmosaikviren resistente Matros sowie KWS Glacier und Zirene gute Ergebnisse auf. Im Tertiärhügelland/Gäu gehören Caribic und Colonia zu den ertragsstärksten. Vor allem in der nicht mit Fungiziden und ohne bzw. reduziert mit Wachstumsreglern behandelten Stufe 1 fallen SU Vireni und Sandra positiv auf.
  • Bei den mehrzeiligen Sorten liefert SU Ellen vor allem in der extensiven Stufe 1 gute Erträge. Die krankheitsanfälligere Sorte KWS Tonic sowie KWS Kosmos und KWS Meridian schneiden auch gut ab.


Für Güllebetriebe:

Vor allem viehhaltende Betriebe, die regelmäßig Wirtschaftsdünger ausbringen, sollten bei der Sortenwahl viel Wert auf Standfestigkeit, Halm- und Ährenstabilität legen. Die organisch gedüngten Böden mineralisieren viel Stickstoff, was zu Wachstumsschüben mit anschließendem Lager führen kann. Kommt es zu einer verzögerten Ernte, sind diese Eigenschaften ebenfalls von Vorteil.


Die drei Merkmale kombinieren die Zweizeiler SU Vireni, Albertine und Caribic gut (s. Übersicht 3, S. 78). Nicht ganz so standfest wie diese sind California und Captain. Sie weisen aber eine gute Halm- und Ährenstabilität auf.


Bei den mehrzeiligen Sorten zeigt sich SU Ellen als wenig lageranfällig, neigt jedoch überdurchschnittlich zum Ährenknicken. Ausgewogen, jedoch auf einem schwächeren Niveau als die genannten Zweizeiler, schneiden die im Vorjahr zugelassenen Sorten Kaylin und Bella ab. Weitere Sorteneigenschaften finden Sie in der Übersicht 3, S. 78.


Langjährige Versuche aus Bayern zeigen, dass ein einmaliger Fungizideinsatz bei Wintergerste am wirtschaftlichsten ist. Damit der Fungizidschutz lange genug anhält, sollte dieser bei Einmalbehandlung nicht vor dem Fahnenblattstadium erfolgen. Diese Strategie gelingt am besten mit Sorten, die eine gute und breite Resistenzausstattung besitzen.


Erfolgreich mit Blattgesunden:

Der Ramularia-Blattfleckenkomplex, dessen Symptome sich nach dem Fahnenblattstadium zeigen können, kann sich auf den Ertrag stark auswirken. Tritt Befall verstärkt auf, sterben die Blätter betroffener Pflanzen rasch ab und die Abreife erfolgt abrupt. Wichtige Krankheiten sind zudem Netzflecken, Zwergrost, Rhynchosporium (Rhyn.) und Mehltau.


Eine gute Blattgesundheit besitzt die Sorte Zirene, aber auch Captain, California und Famosa. Neben diesen Zweizeilern weisen bei den Mehrzeilern die neueren Sorten Bella, Daisy und Kaylin meist überdurchschnittliche Resistenzen auf. Behalten Sie auch die Schwachpunkte der Sorten im Blick. So müssen Sie z.B. bei Wootan und KWS Kosmos vor allem auf Zwergrost achten, bei Caribic, KWS Glacier und KWS Liga auf Mehltau.


Sind Virosen ein Thema?

In Betrieben mit hohem Wintergerstenanteil in der Fruchtfolge ist das bodenbürtige Gelbmosaikvirus Typ 1 verbreitet. Die meisten Sorten sind dagegen resistent. In manchen Gebieten tritt aber auch bei diesen Virusbefall auf, was auf den Virustyp 2 hindeutet. Dann empfiehlt es sich, doppelresistente Sorten wie Kathleen, KWS Keeper, Joker (mz) oder Caribic (zz) anzubauen. Auf befallsfreien Flächen können Sie Sorten ohne Gelbmosaikresistenz wie Anisette oder Matros (zz) nutzen.


Größere Schäden verursachen in manchen Jahren auch durch Insekten übertragene Verzwergungsviren. Die Sortenwahl hat darauf fast keinen Einfluss. Die Gerste etwas später – nach dem 25. September – zu säen, ist jedoch eine kostengünstige und effektive Maßnahme, das Befallsrisiko zu senken.


Meister der Kälte:

In den letzten Jahren mussten die Sorten ihre Winterhärte kaum unter Beweis stellen. Tritt jedoch ein Auswinterungsjahr wie 2012 auf, sind winterharte Sorten im Vorteil. Mehrzeilige Gersten sind im Mittel etwas winterhärter als zweizeilige (siehe Übersicht 3, S. 78). Wintergerste zeigt im Vergleich zu Winterweizen und Triticale insgesamt eine geringere Variation in diesem Merkmal. Die beste Winterhärte im LSV besitzt Kaylin. Auch KWS Meridian, KWS Tenor (mz), Anisette und Matros (zz) sind überdurchschnittlich winterhart.


Alle bis jetzt in den süddeutschen LSV geprüften Hybridgersten, deren Saatstärke auf Züchterwunsch um 25% gegenüber Liniensorten reduziert wurde, stechen ertraglich bisher nicht positiv hervor. Hinzu kommt, dass sie häufig Schwächen beim Halm- und Ährenknicken zeigen. Negativ schlagen auch die Saatgutkosten zu Buche, die trotz niedrigerer Saatstärke höher ausfallen. Somit haben die besseren Liniensorten monetär die Nase vorne, solange die Hybriden keine deutlichen Mehrerträge bringen. In bayerischen Versuchen führten die vom Züchter propagierten Vorteile – besser spätsaatverträglich und hybridangepasste N-Düngung – bei den Sorten Hobbit und SY Leoo nicht zu höheren Erträgen. Es ist abzuwarten, ob sich Hybriden künftig durchsetzen. Derzeit beschäftigen sich aber mehrere Züchter intensiv damit. Neben dem erwarteten Ertragsfortschritt macht der jährlich nötige Saatgutkauf Hybriden für sie interessant.


Bewährte Sorten für den Süden:

Bei den zweizeiligen Sorten empfehlen sich:


  • California liefert im mehrjährigen Vergleich mit den anderen zweizeiligen Sorten leicht überdurchschnittliche Erträge. Die mittel bis gut standfeste Sorte neigt kaum zu Halm- und Ährenknicken. Sie besitzt überdurchschnittlich gute Resistenzen im Blattbereich, außer bei Zwergrost.
  • Sandra bringt in der extensiven Stufe mittlere bis gute Erträge. Bei intensiver Bestandesführung schneidet sie etwas schlechter ab. Hervorzuheben sind die gute Kornqualität, das sehr große Korn und das hohe TKG. Bei der früher reifenden Sorte ist auf den Ramularia-Blattfleckenkomplex, Zwergrost und Ährenknicken zu achten. Ihre Mehltauresistenz ist gut, die Winterhärte liegt dagegen unterm Durchschnitt.
  • SU Vireni liefert meist gute Ergebnisse in der extensiven Stufe 1. In der intensiven Stufe 2 zählt sie mit Relativerträgen von 95 bis 100% jedoch nicht zu den ertragsstärksten. Sie hat ein großes Korn, ein hohes hl-Gewicht und TKG. Zudem zeichnet sie sich durch eine sehr gute Standfestigkeit sowie Halmstabilität aus und neigt mittel bis gering zu Ährenknicken. SU Vireni eignet sich daher vor allem für Güllebetriebe und Standorte, die viel Stickstoff nachliefern. Ihre Bestandesdichte ist geringer als bei den meisten zweizeiligen Gerstensorten.
  • Caribic weist mittlere bis gute Erträge und eine ansprechende Sortierung auf. Die Sorte besitzt ein hohes hl-Gewicht. Ihre Standfestigkeit und Strohstabilität sind ebenfalls gut. Für Mehltau und Rhynchosporium zeigt sich die später abreifende Sorte anfälliger. Caribic ist sowohl gegen das bodenbürtige Gelbmosaikvirus Typ 1 als auch gegen Typ 2 resistent. An Standorten, die mit beiden Virustypen befallen sind, hat der Anbau von Doppelresistenten Vorteile.
  • Als Winterbraugerste weist die Sorte KWS Liga eine gute Malz- und Brauqualität auf. Im Ertrag kann sie jedoch nicht mithalten. Sie bildet dünnere Bestände und besitzt ein hohes hl-Gewicht. Gegen den Ramularia-Blattfleckenkomplex ist ihre Resistenz überdurchschnittlich, jedoch ist KWS Liga nur mittel bis gering widerstandsfähig gegen Mehltau. Diese Sorte ist nur zu empfehlen, wenn sie sich als Braugerste mit Preisaufschlägen vermarkten lässt.


Bei den mehrzeiligen Sorten sind diese von Interesse:


  • KWS Meridian bringt im Vergleich zu den anderen mehrzeiligen Sorten durchschnittliche bis gute Erträge. Auf die nur mittlere Standfestigkeit und Mehltauresistenz ist zu achten. Für den Ramularia-Blattfleckenkomplex zeigt sie sich wenig anfällig. Ihre Winterhärte ist überdurchschnittlich gut.
  • In Bayern haben sich auch KWS Tonic und SU Ellen bewährt. KWS Tonic bringt mehrjährig gute Erträge. Sie ist allerdings erhöht anfällig für alle wichtigen Blattkrankheiten. Die Sorte bildet eher dünnere Bestände. SU Ellen zeigt sich vor allem in der extensiven Stufe 1 ertragsstark. Sie hat ein großes Korn, aber nur ein mittel bis geringes hl-Gewicht. Die frühreife Sorte bildet dünnere Bestände und ist gut standfest. Ihre Resistenz gegen Mehltau ist gut, anfälliger erweist sie sich für Zwergrost und den Ramularia-Blattfleckenkomplex. Gegen den Gelbmosaikvirustypen 1 und 2 (BaYMV) ist sie resistent, nicht aber gegen den milden Gerstenmosaikvirus (BaMMV), der nach aktueller Kenntnis weniger ertragswirksam ist als die beiden anderen Typen. -afb-

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