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Zurück nach Hause

Lesezeit: 5 Minuten

Mit 25 Jahren übernahm Johanna von Münchhausen die Verantwortung für gut 1000 ha Ackerland in Brandenburg. Jetzt, knapp acht Jahre später, zieht es sie wieder in ihre norddeutsche Heimat.


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Auto, Laptop, Handy: Das sind die drei wichtigsten Arbeitsgeräte für Johanna von Münchhausen. Die 32-Jährige übernahm direkt nach dem Bachelorstudium die Leitung auf dem Naturland-Betrieb „Schlossgut Alt Madlitz“ im Landkreis Oder-Spree, Brandenburg.


„Zu Hause auf dem Hof war ich eigentlich nur Schlepperfahrerin. Büroarbeit, Handel, die richtige Düngung, das habe ich selten hinterfragt. Ich hatte echt unterschätzt, was in der Praxis auf mich zukommt“, resümiert sie lächelnd.


Auch wenn vor allem das erste Jahr nicht spurlos an ihr vorüberging, gelang der damals 25-Jährigen der Sprung ins kalte Wasser. „Zu Beginn hab’ ich viel Gewicht verloren und ans Aufhören gedacht“, erinnert sie sich. „Am Anfang hatte ich gar keine Zeit, die Region kennenzulernen. Nur den Weg zur Wohnung, Autobahn, dem Supermarkt und der Tankstelle kannte ich auswendig.“


Versuch macht klug:

Das bedeutet aber nicht, dass die junge Betriebsleiterin nach der Einarbeitungsphase auf die Bremse stieg. „Ich hatte die Freiheit und das Vertrauen der Eigentümer, den Betrieb nach meinen Vorstellungen zu gestalten“, sagt sie. „Ich konnte mich selbst in alles hineinfuchsen, Fehler machen und daraus lernen.“ Doch vor allem die Tatsache, einen Betrieb zu führen, der ihr nicht gehört, hat sie immer wieder dazu angespornt, ihre Ideen und Entscheidungen zu hinterfragen. Sie begann z.B. auf 300 ha Versuche anzulegen, mit Untersaaten, Düngung und Zwischenfrüchten zu experimentieren. Sie führte drei neue Fruchtfolgen ein und investierte in neue Maschinen. Auch alte Sorten wie Emmer und Fahnenhafer probierte sie aus.


Bei der ersten Messung 2010/11 lagen die Bodengehaltsklassen und Grundnährstoffe noch auf einem niedrigen Niveau. „Jetzt sind sie durchgängig auf C gestiegen“, berichtet sie. Auch der Humusanteil hat sich langsam erhöht.


Unschöne Entscheidungen:

Doch nicht alles lief sofort rund. Ihre aufreibendste Baustelle war die Mitarbeiterführung. „Einen Landwirt musste ich entlassen. Das war echt schwer“, sagt sie. Beschreibt sie sich mit Mitte 20 noch als eher schüchtern, ist ihr Auftreten heute selbstbewusst und zielstrebig. Von Münchhausen managt neben dem Betrieb in Brandenburg noch einen 100 ha-Hof in Sachsen-Anhalt, engagiert sich im Landesvorstand von Naturland und hält Vorträge zum Ökolandbau.


Als Frau sei sie sensibler und feinfühliger als ihre männlichen Kollegen. „Ich tausche mich mit vielen Betriebsleitern aus und habe inzwischen ein super Team für den Betrieb aufgestellt. Auf die Jungs kann ich mich verlassen!“, sagt sie.


Dass ihre Mannschaft krisenerprobt ist, zeigte sich im August 2013, als Tochter Adele zur Welt kam. „Das war dieser heiße Sommer voller Hitzegewitter. Noch in den ersten Wehen habe ich am Telefon das Geschehen auf dem Feld mitverfolgt“, erinnert sie sich.


Mit der Mutterschaft habe sich ihr Leben ein weiteres Mal auf den Kopf gestellt. Anfangs sei es hart gewesen, den Mutterschutz mitten in der Ernte daheim zu verbringen. „Das hat mir gezeigt, dass es nicht nur die Arbeit gibt, dass man sich auch für die Familie und sich selbst Zeit nehmen darf“, sagt sie.


Powerfrau und Mutter:

Nach der Geburt wollte sie den Betrieb dennoch nicht lange allein lassen, stellte ein Kinderbett ins Büro und richtete sich auch zu Hause einen Arbeitsplatz ein. „In den ersten Jahren hatte ich eine super Tagesmutter, auf die ich mich auch während der Arbeitsspitzen verlassen konnte“, sagt sie. In der Kita-Zeit habe sie dann gelernt, dass man auch als Betriebsleiterin um fünf Uhr Feierabend machen kann. „Ohne mein Team wäre das aber nie möglich gewesen“, sagt sie.


Umso schwerer war ihre Entscheidung, ihren Job nach acht Jahren freiwillig abzugeben. „Das hat mich viele Tränen gekostet“, sagt sie. Die Dauerbelastung mit Kind und Job habe sie aber mit der Zeit immer weiter ausgelaugt.


„Das Land und die Menschen habe ich aber einfach viel zu gerne, um Hals über Kopf die Segel zu streichen“, sagt sie. Im September ist sie auf das heimische Gut Rosenkrantz in Schinkel bei Kiel zurückgezogen. Hier wohnt sie jetzt, den Betrieb übernimmt aber ihr jüngerer Bruder. „Bis zum kommenden Jahr habe ich noch meine volle Stelle in Madlitz und unterstütze den Juniorchef bei der Einarbeitung“, sagt sie. „Wir wollen uns digitaler aufstellen, arbeiten mit jungen Unternehmen und Vertriebspartnern zusammen.“ Für eine Woche im Monat fährt sie jetzt die 500 km bis zur polnischen Grenze. „Adele ist dann bei ihrem Vater und ich kann mich wieder wie früher in die Arbeit knien“, sagt sie.


Wo genau sie bald arbeiten möchte, das lässt sie aktuell noch offen. „Eine Stelle als Betriebsleiterin wäre schön, aber ich kann mir auch einen Job als Beraterin oder im Ministerium vorstellen. Doch jetzt fliege ich seit langem erstmal wieder in den Urlaub. Im Winter geht’s nach Chile!“Katharina Meusener

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