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topplus Düngeverordnung

Aeikens: „Wir hatten keine andere Wahl!“

Deutschland drohen hohe Zwangsgelder, wenn es die Düngeverordnung nicht nachbessert. Das Bundeslandwirtschaftsministerium wird die betroffenen Betriebe begleiten, kündigt Staatssekretär Dr. Hermann Onko Aeikens im Interview mit top agrar an.

Lesezeit: 5 Minuten

Warum muss Deutschland die Düngeverordnung nachbessern?

Aeikens: Weil die EU-Kommission uns unmissverständlich klargemacht hat, dass sie die deutsche Düngeverordnung so nicht für ausreichend hält, die Ziele der EU-Nitratrichtlinie zu erreichen. Brüssel kritisiert vor allem zwei Punkte: Der Nährstoffvergleich biete Schlupflöcher und die Länder hätten keine ausreichenden Möglichkeiten, in den roten Gebieten (Anm. der Red.: Nitratüberschussgebiete) zusätzliche Maßnahmen zu ergreifen. Darauf müssen wir reagieren.

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Und wenn Deutschland das nicht tut?

Aeikens: Dann schreibt uns die Kommission vor, wie wir es machen müssen und wenn wir es nicht rechtzeitig tun, brummt sie uns zusätzlich noch ein Zwangsgeld auf. Das können bis zu 858.000 Euro pro Tag sein. Übrigens mussten und müssen auch die Dänen, Holländer und Franzosen nachbessern.

Der Bauernverband kritisiert, dass die Düngeverordnung von 2017 noch gar keine Wirkung entfalten konnte. Zu Recht?

Aeikens: Das mag man so sehen. Die Kommission hat sich auf diese Argumentation allerdings nicht eingelassen.

Wie verbindlich ist das Verhandlungsergebnis?

Aeikens: Wir gehen davon aus, dass die Zusagen, die wir Ende Januar nach Brüssel geschickt haben, auf die Zustimmung der Kommission stoßen.

Die Länder fühlen sich nicht ausreichend informiert, der Berufsstand spricht sogar von einem Vertrauensbruch. Wie haben Sie die Länderkollegen und den Bauernverband in die Beratungen einbezogen?

Aeikens: Wir haben die Länder im Herbst auf Referentenebene und durch viele bilaterale Gespräche über den Verhandlungsstand informiert – auch den Bauernverband. Insofern haben wir nicht im Verborgenen verhandelt. Natürlich hat sich das jetzige Verhandlungsergebnis Schritt für Schritt entwickelt – übrigens auch mit dem Bundesumweltministerium, das für die Umsetzung der Nitratrichtlinie federführend ist und deutlich weitergehende Vorstellungen hatte. In Brüssel wird mit der Generaldirektion Umwelt verhandelt.

Bei Ihren Vorschlägen stehen die roten Gebiete im Fokus. Wird es im Zuge der anstehenden Novellierung Erleichterungen für die Gebiete geben, die keine Nitratprobleme haben.

Aeikens: Durch die Streichung des Nährstoffvergleichs und die Einführung der schlagspezifischen Aufzeichnungspflicht, die viele Betriebe ohnehin machen, wird es für Ackerbaubetriebe attraktiver, Gülle aufzunehmen. Auch der zulässige Überschuss von 60 kg N/ha (Kontrollwert), der gestrichen werden soll, ist bislang eher ein Hemmnis für Ackerbaubetriebe, Gülle einzusetzen, weil sie Angst haben, den Wert zu überschreiten. Das sind echte Erleichterungen für die Verwertung von Wirtschaftsdüngern. Die Kommission schaut aber vor allem auf die roten Gebiete, weil dort die Grenzwerte überschritten werden.

Der Berufstand kritisiert seit langem das Messnetz. Wie belastbar sind die Ergebnisse?

Aeikens: Bund und Länder haben auf die Kritik des Bauernverbands reagiert und das Messnetz 2015 überarbeitet und von rund 160 auf etwa 700 Messstellen erweitert. Es ist jetzt repräsentativ für die Landnutzung in Deutschland. Es erschließt sich mir nicht, was daran jetzt noch kritikwürdig sein soll.

Welche Auswirkungen hat die Erweiterung auf die gemessenen Ergebnisse?

Aeikens: Wir haben jetzt zwar einen geringeren Anteil an Messstellen, bei denen der zulässige Grenzwert von 50 mg Nitrat/l Grundwasser überschritten wird. Das war auch zu erwarten. Aber der Trend hat sich nicht verändert. Bei den problematischen Messstellen gibt es bezogen auf die Nitratwerte eine Stagnation, bei einigen sogar eine Verschlechterung. Dieses Ergebnis war für die Kommission letztlich der Anlass, unsere Ausgestaltung der Düngeverordnung zu kritisieren.

Welche Auswirkungen werden die neuen Regelungen auf die Landwirtschaft in den roten Gebieten haben?

Aeikens: Wir werden das Problem gemeinsam mit dem Berufsstand und der Beratung erörtern müssen, wie die Nährstoffüberschüsse in diesen Regionen reduziert werden können. Nährstoffreduzierte Fütterung, Nährstoffexport und Gülleverarbeitung sind dafür Ansatzpunkte. Dazu werden wir das bestehende Förderinstrumentarium überprüfen, Demonstrationsprojekte auf den Weg bringen und ein Bundesprogramm Gülle auflegen.

Was wird ein solches Bundesprogramm enthalten?

Aeikens: Wir sind mitten im Entwicklungsprozess. Es ist noch zu früh, Details zu veröffentlichen.

Werden die Landwirte in den roten Gebieten auch ihre Tierbestände abstocken müssen?

Aeikens: Das können wir jetzt noch nicht sagen. Aber wir werden die Landwirtschaft bei dem Problem nicht allein lassen und müssen an vielen Schrauben drehen. Da haben wir das Potenzial längst noch nicht ausgeschöpft.

Bis wann müssen Sie Brüssel Erfolge nachweisen?

Aeikens: Die Trends werden sich nicht über Nacht umdrehen. Dänemark hat nach Jahren eines strengen Regimes jetzt wieder Erleichterungen bekommen. Das hat uns die Kommission auch in Aussicht gestellt. Wenn wir Verbesserungen einführen, können wir zum Beispiel über die Wiedereinführung der Derogation in Deutschland reden (Anm. d. Red.: Erlaubnis z.B. auf Grünland mehr als 170 kg N/ha aus Gülle auszubringen). Aber erst dann.

Was erwarten Sie jetzt vom Berufsstand?

Aeikens: Der Bauernverband sollte erkennen, dass unser Vorgehen ohne Alternative ist. Wir haben ein Problem, das wir nur gemeinsam lösen können.

Und von den Ländern?

Aeikens: Ich verstehe den Ärger der Länder, die sich voll auf die Umsetzung der aktuell geltenden Regeln konzentrieren. Aber ich werbe auch um Verständnis für unsere Zwangslage und bin optimistisch, dass wir im Rechtssetzungsverfahren auf Zustimmung stoßen werden.

Wann soll die Novellierung der Düngeverordnung abgeschlossen sein?

Aeikens: Im Mai kommenden Jahres. Das ist ambitioniert aber machbar.

Vielen Dank für das Gespräch.

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