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Am Scheideweg: Engerlinge zerstören Grünland in Österreich

Grünland ist derart geduldig und tolerant, dass jahrelange Mängel in der Bewirtschaftung kompensiert werden – bis es unter extremen Stressbedingungen zusammenbricht. Genau das droht in Österreich.

Lesezeit: 6 Minuten

Ein Weckruf von Peter Frühwirth in der top agrar Österreich 10/2019:

Ein Horrorszenario: Trockenheit, Hitzeperioden von noch nie dagewesenem Ausmaß und Engerlinge in Massen. Das Grünland stirbt ab auf tausenden Hektar. Tierbestände müssen abgestockt werden. Futterzukauf, Engerlingbekämpfung und Neuanlage des Grünlandes fordern die finanziellen Kapazitäten vieler Betriebe. Und das dreimal in fünf Jahren, 2015, 2018 und 2019. Ist das das Ende der Grünlandwirtschaft?

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Ende der Grünlandwirtschaft?

Ja, es ist das Ende einer Grünlandwirtschaft, wie sie seit vielen Jahren betrieben wurde. Oder sollte es vielmehr sein. Das Ausmaß der Dimension an austrocknenden und absterbenden Grünlandbeständen durch sinkende Niederschläge und steigende Temperaturen in der Vegetationsperiode und die sich deswegen katastrophal auswirkenden Schädlingskalamitäten hat tieferliegende Ursachen, deren viele sich noch nicht bewusst sind.

Klimawandel und Engerlingfraß lassen die Folgen einer jahrzehntelangen – vorsichtig ausgedrückt – suboptimalen Bewirtschaftung des Grünlandes mit Vehemenz zu Tage treten. Der Aufbau eines an die Schnitthäufigkeit angepassten Pflanzenbestandes und vor allem die entzugsorientierte Nährstoffversorgung an Stickstoff, Phosphor und Kalzium waren und sind in der breiten Praxis kaum ein Thema, dem man sich ernsthaft in der Umsetzung gewidmet hat. Trotz aller Informationsbemühungen. Das Grünland ist auch so immer noch grün geworden.

Das große Manko in der Grünlandwirtschaft ist, dass keine Erträge gemessen werden. Die Folgen des Tuns oder Nicht-Tuns bekommt man nicht unmittelbar vorgehalten. Das Grünland hat eine unglaubliche Toleranz gegenüber den vielen kleinen Fehlern in der Bewirtschaftung. Es lässt sich lange nichts anmerken. Die Veränderungen gehen schleichend vor sich. Bis plötzlich der Hut brennt. Dann kostet es aber viel Geld und Zeit, das System Grünland wieder auf eine stabile Ertragsschiene zu bekommen. Zumal die klimatischen Veränderungen nicht leichter werden.

Die elementarsten Grundlagen einer nachhaltigen Bewirtschaftung fanden in den letzten Jahren oft nicht die Beachtung, die ihnen zusteht. Dazu zählen:

  • Alle 5 Jahre eine einfache Bodenuntersuchung,
  • alle 3 bis 4 Jahre kohlensaurer Kalk,
  • Phosphordüngung auf mindestens 34 mg P/1000 g,
  • scharfe Messer vom ersten bis zum letzten Hektar,
  • 6 bis 9 cm Schnitthöhe,
  • 40 bis 50 kg Stickstoff pro ha und Schnitt je nach Schnitthäufigkeit,
  • Nachsaat mit nutzungsangepasstem ÖAG-Qualitätssaatgut,
  • Hintanhalten und Bekämpfung der Gemeinen Rispe (mehr auf S. 22).

Alle, die heute vorm Kollaps ihres Wirtschaftsgrünlandes stehen, müssen sich die Frage stellen lassen, ob die genannten Maßnahmen in den letzten 20 Jahren auf ihren Betrieben Standard waren.

An Guten Beispielen orientieren

Schauen wir auf die Betriebe, die jetzt mitten in den Problemgebieten grünes Grünland haben. Sicher, auch sie haben Probleme mit der Trockenheit und mancher auch mit dem Engerling. Aber sie stehen nicht vor dem Nichts. Vor allem haben ihre Grünlandbestände das Potenzial für eine rasche Erholung, wenn die Wetterlage für das Grünland wieder besser wird. Jeder weiß so einigermaßen, wie der andere wirtschaftet. Vielleicht kann man sich von den positiven Aspekten dieser Bewirtschaftung einiges abschauen und an den eigenen Betrieb adaptieren.

Wir bekämpfen den Engerling, legen das Grünland neu an, legen Pilzgerste in den Boden, helfen den Pflanzen mit speziellen Bakterien, begasen das Grünland mit giftigem SO2 unter dem Titel Grünlanddüngung: Macht sich aber jemand ernsthafte Gedanken über seine bisherige Bewirtschaftung?

Genau darum geht es aber jetzt. Wenn nicht die Bewirtschaftung in Richtung Aufbau und Sicherung eines vitalen, leistungsfähigen und womöglich trockentoleranten, sowie gut ernährten Pflanzenbestandes optimiert wird, stehen wir in Kürze wieder vor der Katastrophe.

Denn 2020 frisst der Junikäfer-Engerling und 2021/2022 frisst ganz sicher wieder der Maikäfer-Engerling. Die Temperaturen steigen und die Hitzeextreme werden häufiger. Auch das ist ganz sicher. Es wird niemand sagen können, er hätte das nicht gewusst.

Alle Erfolge und alle weniger optimalen Entwicklungen am Grünland lassen sich auf einen Grundsatz zurückführen: Der Pflanzenbestand ist immer das Spiegelbild der Einflüsse, die auf ihn einwirken.

Mit Bestand nicht zufrieden?

Ist man mit dem Bestand nicht zufrieden, müssen die einzelnen Maßnahmen in der Bewirtschaftung kritisch geprüft und entsprechend optimiert werden. Das Grünland selbst ist als System zu verstehen, mit vielfältigen und sehr komplexen Wechselwirkungen, das zudem meist eher träge auf geänderte Einflüsse reagiert.

Umbau dauert fünf Jahre

Die Folgen von jahrelang praktizierten Fehlern lassen sich nicht mit einer Einmalaktion ändern. Der Um- und Aufbau des Grünlandes dauert mindestens 5 Jahre. Wurden Schwachstellen festgestellt und hat man den Handlungsbedarf definiert, müssen diese – zusätzlichen und/oder geänderten – Maßnahmen nachhaltig umgesetzt werden. Das erfordert vom Landwirt Disziplin und eine langfristige konsequente Umsetzung. Nur so ist ein leistungsfähiger und an die Nutzungsintensität angepasster Pflanzenbestand zu erreichen, der die Erwartungen an Ertrag und Qualität im Wirtschaftsgrünland auch erfüllen kann.

Wir haben das dringend notwendig. Insbesondere auch als Vorbereitung auf das sich ändernde Klima und auf die bodennahe Ausbringung von flüssigen Wirtschaftsdüngern.

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Das Ziel: Leistungsfähiges Dauergrünland

Wir erwarten uns vom Grünland eine hohe Leistung an Ertrag und Qualität. Um die Grundfutterversorgung aus dem Dauergrünland abzusichern, brauchen wir nutzungsorientiert zusammengesetzte und optimal versorgte Grünlandbestände.

Ist man mit dem Bestand nicht zufrieden, müssen die einzelnen Maßnahmen in der Bewirtschaftung kritisch geprüft und entsprechend optimiert werden. Neben den Maßnahmen wie Nährstoffversorgung, Güllemanagement, Nachsaat und Optimierung der Technik, ist vor allem auch die Kenntnis der wichtigsten Grünlandpflanzen sowie deren Stärken und Schwächen von vorrangiger Bedeutung. Zweifelsohne liegt in der Artenkenntnis oftmals ein großer Nachholbedarf.

Der überwiegende Teil unseres Dauergrünlandes wird heute viermal genutzt. In den Regionen mit viel Bastard-raygras in den Beständen ist oft auch die 5-Schnitt-Nutzung bereits Standard. Die Entwicklung im ertragsbetonten Grünland geht Richtung fünf Schnitte. Alleine die kontinuierliche Zunahme der Vegetationsdauer – in den letzten 50 Jahren immerhin 7 bis 14 Tage – bedingt zunehmend einen fünften Schnitt, obwohl man eigentlich nicht öfters als viermal nutzen will.

Die regelmäßige Bodenuntersuchung alle 5 Jahre gibt Aufschluss über Gehalte und Entwicklung der wichtigsten Nährstoffe. Die „Grunduntersuchung“ ist dazu vollkommen ausreichend. Damit werden pH-Wert, Phosphor, Kalium und Magnesium erfasst. Die regelmäßige Erhaltungskalkung am Grünland ist ein Grundstein für ertragsbetontes Dauergrünland! Phosphor ist ein wichtiger Nährstoff für die Pflanzen und wichtig in der Fütterung. Für die Praxis kann als Orientierungswert gelten: Ab 8 mg P2O5 bzw. 35 mg P pro 1000 g und darüber besteht kein dringender Handlungsbedarf.

Stickstoff ist der Motor für die Massebildung am Grünland. Als Richtwert gelten 45 bis 50 kg N pro Hektar und Aufwuchs.

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