Einloggen / Registrieren

Startseite

Schlagzeilen
Messen & Termine
Themen
Wir für Euch
Sonstiges

Stilllegung 2024 Agrardiesel-Debatte Bürokratieabbau

topplus Wildacker

Bauern helfen mit „Wolfenbüttler Modell“ Rebhuhn, Fasan, Kiebitz & Co.

Im Wolfenbüttler Modell arbeiten Jäger und Landwirte gemeinsam daran, die Rebhuhnpopulation zu fördern. Ein Maßnahmenkatalog hilft den Landwirten, ökologische Vorrangflächen effizient anzulegen.

Lesezeit: 5 Minuten

Die Region um Wolfenbüttel in Niedersachsen ist eine der fruchtbarsten Ackerbauregionen Deutschlands. Die Schläge sind wie gemacht für hohe Erträge. Aber finden Rebhuhn, Fasan, Kiebitz und Co. in der eher strukturarmen Landschaft noch ausreichend Deckung und Nahrung?

Jäger und Landwirte beobachteten immer weniger Tiere in der Feldmark. Den Rückgang innerhalb der Arten bestätigen die jährlich durchgeführten Wildtiererfassungen. Betroffen sind vor allem Rebhühner und Fasane aber auch Hasen. Als Verursacher gelten die zahlreichen Prädatoren, z. B. Raben oder Krähen, genauso wie die moderne Landwirtschaft. „Die Flächenstruktur wurde immer größer und die Maschinen breiter und schlagkräftiger“, berichtet Ulrich Löhr. Der Vorsitzende des Landvolkverbands Braunschweiger Land bewirtschaftet selbst einen Betrieb bei Wolfenbüttel.

Das Wichtigste zum Thema Ackerbau dienstags per Mail!

Mit Eintragung zum Newsletter stimme ich der Nutzung meiner E-Mail-Adresse im Rahmen des gewählten Newsletters und zugehörigen Angeboten gemäß der AGBs und den Datenschutzhinweisen zu.

Die Landwirte und Jäger wollten den Rückgang nicht länger hinnehmen. Löhr hat gemeinsam mit Bernd Becker, dem Vorsitzenden der Jägerschaft Wolfenbüttel, daher das „Wolfenbüttler Modell“ ins Leben gerufen. Ziel ist, Insekten zu fördern, damit bodenbrütende Vögel ausreichend Nahrung finden und sich ihre Populationen erholen. Von den Maßnahmen soll auch das Niederwild profitieren.

Als 2015 die neuen Greening-Regelungen in Kraft traten, befürchteten viele Landwirte schärfere Vorschriften und einen höheren Bürokratieaufwand. Becker und Löhr hingegen sahen darin aber auch eine Chance. Für sie bedeutete das Greening, dass mehr gestaltbare Fläche für die Artenvielfalt zur Verfügung steht. Beiden war klar, dass die Landwirte und Jäger gemeinsam aktiv werden müssen – bevor es andere tun.

Das Wolfenbüttler Modell

Um das übergeordnete Ziel – mehr Bodenbrüter durch mehr Insekten – zu erreichen, erarbeiteten die Jäger des Bezirks Braunschweig zusammen mit den Vertretern der Landvolkverbände Braunschweiger Land und Gifhorn-Wolfsburg einen Maßnahmenkatalog. Die enthaltenen Maßnahmen sind leicht in der Praxis umsetzbar und haben gleichzeitig einen hohen Wert für das Ökosystem. Der Katalog hilft Revierinhabern und Landwirten, Greening-Maßnahmen so umzusetzen, dass sich die Artenvielfalt möglichst positiv und nachhaltig entwickelt. Folgende Punkte sind im Katalog verankert:

  • Wegeränder und Feldraine nicht während der Brut- und Setzzeit bearbeiten.



  • Gräben, Flüsse, Wälder, Feldgehölze und Feldwege mit Rand- und Pufferstreifen kombinieren.



  • Für eine bessere Biotopwirkung sind Feldwege möglichst selten zu befahren.



  • Pufferstreifen zwischen Raps, Mais und Getreide ermöglichen, das Schwarzwild zu bejagen und bieten Bodenbrütern Nistmöglichkeiten.



  • Ertragsschwächere Flächen und Ausläufer in Brachen überführen.



  • Anlage von Hecken innerhalb des Greenings zur Biotopvernetzung.



  • Greening-Maßnahmen, die vielen Wildtieren Deckung bieten, nicht direkt an stark befahrenen Straßen oder Eisenbahnstrecken anlegen, um die Unfallgefahr zu senken.



  • In der Regel erfolgt die Vernetzung der einzelnen Maßnahmen auf Betriebsebene. Jagdrevierinhabern gelingt es jedoch auch, die Biotopstrukturen darüber hinaus zu verknüpfen.

Doch den Initiatoren war der Maßnahmenkatalog allein nicht genug. Um die Landwirte weiter zu motivieren, schreiben sie jährlich einen Greening-Wettbewerb aus. In diesem bewertet eine fünfköpfige Jury die Maßnahmen nach Flächengröße, Anzahl der Flächen, Vernetzung mit anderen Biotopen wie Wäldern, Wiesen oder Gräben und dem Erscheinungsbild.

Auf den regionalen Veranstaltungen machte das Landvolk das Modell sowie den Maßnahmenkatalog weiter publik. Auch andere Jägerschaften in Süd-Ost-Niedersachsen treiben das Modell weiter voran. „Damit genügend Landwirte die Maßnahmen so umsetzen, wie wir es uns vorstellen, ist eine Verbreitung in der gesamten Region unerlässlich“, betont Becker.

Blühstreifen als zentrale Maßnahme

Blühflächen bzw. -streifen können als ökologische Vorrangfläche (ÖVF) und als Agrarumweltmaßnahme (AUM) deklariert werden. Niedersachsen z. B. fördert mehrjährige Blühstreifen mit 875 €/ha. „Die Vorgaben hinsichtlich Aussaat und Pflege führen jedoch dazu, dass einige Landwirte die Blühstreifen nicht als AUM anmelden, sondern diese Teilflächen aus der Produktion nehmen“, berichtet Landwirt Ulrich Löhr. So seien die Maßnahmen praktikabler und am Ende auch effizienter hinsichtlich der Artenförderung.

Im Landkreis Wolfenbüttel sponsorte die Jägerschaft 2019 Saatgut für rund 60 ha Blühstreifen, insgesamt säten die Landwirte deutlich mehr. Aktuell überwiegen noch die einjährigen Mischungen. „Wir hoffen, dass die Landwirte künftig mehr Blühstreifen überwintern lassen“, so Becker. Ziel sei jedoch, möglichst mehrjährige Blühstreifen auf die Flächen zu bringen, um möglichst viel für die Insekten zu tun. Ulrich Löhr hat mit überwinternden einjährigen Blühstreifen gute Erfahrungen gemacht. Bei den mehrjährigen befürchtet er, dass sich unerwünschte Arten ausbreiten, die dann zu Problemen führen könnten, weil sie andere Arten verdrängen.

Bilanz der Zusammenarbeit

Nach vier Jahren sehen Becker und seine Kollegen bereits Erfolge. „Wir zählen wieder deutlich mehr Rebhühner, aber auch Hasen und Rehe scheinen von der zusätzlichen Deckung zu profitieren“, so Becker. Für ihn ist es wichtig, dieses Projekt am Laufen zu halten und möglichst viele Landwirte zum Mitmachen zu motivieren.

Als Nebeneffekt des Projektes haben sich Jäger und Landwirte wieder angenähert. Sowohl Becker als auch Löhr ist sehr daran gelegen, dass beide Gruppen nicht gegeneinander, sondern miteinander arbeiten – und das möglichst konstruktiv.

top + Letzte Chance: Nur noch bis zum 01.04.24

3 Monate top agrar Digital + 2 Wintermützen GRATIS

Wie zufrieden sind Sie mit topagrar.com?

Was können wir noch verbessern?

Weitere Informationen zur Verarbeitung Ihrer Daten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Vielen Dank für Ihr Feedback!

Wir arbeiten stetig daran, Ihre Erfahrung mit topagrar.com zu verbessern. Dazu ist Ihre Meinung für uns unverzichtbar.