Einloggen / Registrieren

Startseite

Schlagzeilen
Messen & Termine
Themen
Wir für Euch
Heftarchiv
Sonstiges

Milchpreis Maisaussaat Ackerboden Rapspreis

topplus Soest

BMEL-Referatsleiter kritisiert Versäumnisse der Länder bei Düngeverordnung

In Vertretung von Staatssekretär Hans-Joachim Fuchtel berichtete Dr. Peter Oswald vom BMEL-Referat Pflanzenbau über Details zur schärferen Düngeverordnung, die Ackerbaustrategie und das Insektenpaket

Lesezeit: 8 Minuten

„Sicherlich haben wir bei der Erstellung der Düngeverordnung 2017 auch etwas versäumt. Das Bundesagrarministerium (BMEL) hatte den Bundesländern Spielräume bei den Abgrenzungen gelassen. Dies haben die Länder nicht genutzt, sicher auch, weil es zu kompliziert war oder man die Brisanz nicht so im Blick hatte.“ Das sagte Dr. Peter Oswald, Leiter des Referats Pflanzenbau und Grünland im BML am Freitag beim 31. Soester Agrarforum. Er war für den verhinderten parlamentarischen Agrar-Staatssekretär Hans-Joachim Fuchtel in die Soester Stadthalle gekommen.

Versäumnisse sieht er allerdings auch bei der Wasserwirtschaftsverwaltung. Diese habe in den vergangenen Jahren nicht mit dem notwendigen Nachdruck auf die Vorgaben hingewirkt. Wie Oswald schilderte, habe sein Ministerium keinen Einfluss auf die Grundwasserverordnung. Auch die Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) sei EU-weit vorgegeben. Bis 2027 müssen alle Gewässer in einem ökologisch guten Zustand sein, mit weniger als 50 mg Nitrat. „Da bleiben uns noch sieben Jahre, das ist jetzt schwer umzusetzen. Die WRRL ist die entscheidende Richtlinie, die den Druck jetzt so erhöht“, sagte der Ministerialrat. Er habe sich gewünscht, dass die Wasserbehörden diese Dringlichkeit schon bei der Diskussion um die Düngeverordnung 2017 so vorgebracht hätten.

Das Wichtigste zum Thema Ackerbau dienstags per Mail!

Mit Eintragung zum Newsletter stimme ich der Nutzung meiner E-Mail-Adresse im Rahmen des gewählten Newsletters und zugehörigen Angeboten gemäß der AGBs und den Datenschutzhinweisen zu.

So kam es zur erneuten Verschärfung

„Die weitere Verschärfung der Düngeverordnung ist notwendig, da kommen wir nicht drum herum“, so Oswald vor den anwesenden Bauern weiter. Er berichtete davon, wie das BMEL sich in langen Diskussionen mit der EU-Kommission auf Kompromisse für Maßnahmen geeinigt habe, um weiterzukommen, wie er sagte.

Brüssel habe konkret kritisiert, dass der deutsche Nährstoffausgleich nicht mit der Nitratrichtlinie vereinbar sei. Zudem habe es nicht funktioniert, den Bundesländern die Reduktion der Nitratüberschüsse im Grundwasser zu überlassen. Es wurde laut Oswald klar, dass die Maßnahmen nicht reichen werden. Daher habe das BMEL die erforderlichen Maßnahmen, aus denen die Ausweisung der sogenannten „Roten Gebiete“ resultierte, verpflichtend vorgegeben.

„Brüssel hat gegen uns ein Zweitverfahren eingeleitet, da muss Deutschland jetzt das Zeichen setzen, dass gehandelt wird statt weiter zu verzögern. Das wären erhebliche Steuermittel“, sprach der Fachmann die drohenden Strafzahlungen von 800.000 Euro pro Tag an.

Das steht jetzt an

Wie Oswald weiter schilderte, muss sich mit der neuen Düngeverordnung dringend die Nährstoffeffizienz verbessern. „Seit Jahren treten wir hier auf der Stelle. Wir müssen an die 90 kg Überschuss ran. Der Düngebedarf liegt bei 180 bis 185 kg N“, verdeutlichte er und findet es schwierig, dem Bürger zu erklären, wieso es da noch Überschüsse gibt. Dass nicht alle Nährstoffe zu jeder Zeit pflanzenverfügbar seien, verstehe der Bürger nicht.

Ackerbaustrategie 2035

Dr. Oswald ging in seiner Rede auch auf die neue Ackerbaustrategie von Agrarministerin Julia Klöckner ein. Nach umfangreichen Diskussionen mit Wissenschaftlern, der Landwirtschaft und den Ländern stehe das Papier nun zur Debatte. Nun stehe die Ausarbeitung der endgültigen Strategie des Bundes an, die evt. noch in dieser Legislaturperiode abgeschlossen werden könne.

Ziel der Strategie ist laut Oswald ein leistungsfähiger, nachhaltiger und ökonomisch vertretbarer Ackerbau, der den gestiegenen Ansprüchen an Gesellschaft, EU-Vorgaben, Insekten-, Wasser-, Boden- und Umweltschutz gerecht wird und gleichzeitig die Ernährung vollumfänglich sichert. Es gehe heute auch darum, bei den Bürgern eine Akzeptanz für den Ackerbau zu erlangen. Dazu müsse man den Verbrauchern ein realistisches Bild vom Ackerbau vermitteln, weiß der Beamte um die Defizite bei den Bürgern.

„Die Betriebe müssen ökonomisch tragfähig wirtschaften können. Im aktuellen Entwurf der Ackerbaustrategie fehlen die konkreten Zahlen zur Wirtschaftlichkeit noch, weil die Experten erst wissen müssen, welche Maßnahmen wir ackerbaulich vorschreiben wollen“, erklärte der Redner weiter. Er wenn das feststeht, könne man berechnen, wie teuer etwas wird und wo ein Ausgleich nötig werde.

Mehr von Ökobetrieben lernen

Handlungsfelder der neuen Strategie befassen sich u.a. mit dem Boden, bei dem der tägliche Flächenverlust noch doppelt so groß ist wie das staatl. Ziel von 30 ha. Weitere Punkte sind die Düngung, Fruchtfolge, der Pflanzenschutz, die Klimaanpassung und die Digitalisierung. Im Agrarministerium habe man insgesamt als Antworten 50 Maßnahmen beschlossen. „Wir haben uns viele Gedanken gemacht und viel Arbeit da hineingesteckt“, beteuerte Oswald in Soest.

Er hält es u.a. für wichtig, dass konventionelle Betriebe mehr von Ökolandwirten lernen. Auch könne man Synergieeffekte nutzen, denn Bio ist seiner Meinung nach nur eine Spezialform des Pflanzenbaus, halt nur ohne synthetische Mittel.

Ziel sind mindestens fünf Kulturen bis 2030

Der Gast aus Bonn berichtete auch, dass das BMEL die heutigen Fruchtfolgen für viel zu eng hält. Das sei zwar ökonomisch begründet, Ziel müssten aber mindestens fünf verschiedene Kulturen bis zum Jahr 2030 sein! Ein weiteres Problem sieht der Leiter Ackerbau in zunehmenden Problemen mit Resistenzen und Unkräutern, die wir in den Griff bekommen müssten. Hierzu bräuchte die Landwirtschaft Kulturen, die eine Nachfrage haben und gleichzeitig stabil im Anbau sind. Dazu werde der Blick zunehmend auf Pflanzen fallen, die bislang züchterisch noch nicht so vorangetrieben wurden. Er denkt an Nischenkulturen, Leguminosen und Alternativen für Energiepflanzen.

In diesem Zuge will das BMEL künftig auch mehr für die Vermarktung und den Absatz der Erzeugnisse unternehmen.

Ein weiterer Punkt der Ackerbaustrategie ist der Humusaufbau, der auch für die CO2-Bindung neue Bedeutung gewinnt. Deutschland habe genug Humus für eine Humusreproduktion, jedoch sei dieser schlecht verteilt. Weiteres Ziel sei es, die Nährstoffüberschüsse aus den Veredelungshochburgen in unterversorgte Regionen zu verschieben.

Wut: „Das kostet mich 100.000 Euro im Jahr!“

Für langanhaltenden Applaus sorgte dann eine Wortmeldung von Landwirt Klaus Albersmeier aus Lippetal. Er bewirtschaftet 250 ha Ackerland, die komplett im roten Gebiet liegen. Außerdem ist ein Vogelschutzgebiet bei ihm ausgewiesen.

Albersmeier hat sich nicht nur die Pläne zum „Green Deal“ der EU-Kommission und zum Agrarpaket durchgelesen, sondern auch die BMEL-Ackerbaustrategie. Eine „Vision“, wie von Ministerin Klöckner dargestellt, könne er nicht erkennen. Eine Reduzierung der Düngung, Verbot von Glyphosat und eine Halbierung des Pflanzenschutzmitteleinsatzes lese in diesem Kontex ganz gut, nur wo sind die Details zur Umsetzung und Machbarkeit, fragt der Landwirt.

„Für mich hört sich das so an, wir warten erstmal ab, wie die Bauern damit umgehen. Und vielleicht gibt es einen, der damit klarkommt und überlebt. Und den nehmen Sie dann als Vorbild und sagen, so wird’s gemacht, geht doch. Die Umsetzung aller Maßnahmen kostet mich bereits 100.000 Euro im Jahr. Und ich bin ein Vorreiter im Ackerbau und setze schon viele neue Methoden um und zahle trotzdem drauf, das ist eine Katastrophe“, so Albersmeier wütend. Wenn er diese 100.000 Euro auffangen wollte, müsste er ja den ganzen Kreis Soest bewirtschaften, „das kann ich nicht und das will ich nicht!“, zeigte er sich empört über die Ackerbaustrategie.

Neue Züchtungstechniken

Dem Thema neue Züchtungstechniken ist man im BMEL aufgeschlossen gegenüber. Nach Ansicht von Oswald ist das ein schwieriges Thema, die neuen Möglichkeiten würden jedoch Vieles vereinfachen. So seien gewisse Fortschritte bei Resistenz und Klimastabilität der Pflanzen schneller erreichbar.

Der Beamte sagte zu, sich in Brüssel für entsprechende Erleichterungen einzusetzen, so dass z.B. CRISPR/CAS nicht mehr unter die gentechnik-Freisetzungsrichtlinie fallen.

Aktionsprogramm Insektenschutz

Zum Thema Insektensterben versicherte Oswald, dass er um die Kritik an der Landwirtschaft – insbesondere in den Sozialen Medien – wisse. Die Landwirte würden zu Unrecht allein verhaftet, das sei so nicht richtig. Andererseits könne keiner einen Einfluss der Landwirtschaft auf die Artenvielfalt leugnen. Er verwies auf die Volksbegehren in Bayern und Baden-Württemberg.

Das Agrarministerium habe handeln müssen. In einem Runden Tisch mit dem Bundesumweltministerium, mit Vertretern des Berufsstandes, dem Thünen-Institut, dem JKI und anderen habe man jetzt Leitlinien zum Insektenschutz verabschiedet; ein Gesetz gebe es noch nicht. „Wir wollen die Bauern mit einem Sondermaßnahmenprogramm beim Insektenschutz unterstützen, etwa mit der Anlage von Blühstreifen, Hecken oder Streuobstwiesen. Dafür stellen wir 50 Mio. Euro bereit; zusammen mit den Landesmittel sind 93 Mio. Euro im Topf“, sagte Oswald. Das BMEL setze damit ein klares Signal zur Stärkung der Biodiversität und zur Verbesserung der biologischen Vielfalt.

Im Übrigen gelinge es den deutschen Bauern schon sehr gut, durch Effizienzsteigerungen und neue Techniken auf nachhaltige Art und Weise Lebensmittel zu produzieren. „Es ist längst nicht so schlecht, wie manche Medien oder Social Media-Beiträge weismachen wollen. Die Verbraucher wollen immer mehr Umwelt- und Tierschutz, zeigen an der Kasse aber ein gänzlich anderes Verhalten“. Oswald wünscht sich für die Zukunft eine hochspezialisierte und hochentwickelte Landwirtschaft, die das alles berücksichtigt, in der alle Zielkonflikte adressiert sind, wie er sagte.

Mehr zu dem Thema

top + Zum Start in die Maisaussaat keine wichtigen Infos verpassen

Alle wichtigen Infos & Ratgeber zur Maisaussaat 2024, exklusive Beiträge, Videos & Hintergrundinformationen

Wie zufrieden sind Sie mit topagrar.com?

Was können wir noch verbessern?

Weitere Informationen zur Verarbeitung Ihrer Daten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Vielen Dank für Ihr Feedback!

Wir arbeiten stetig daran, Ihre Erfahrung mit topagrar.com zu verbessern. Dazu ist Ihre Meinung für uns unverzichtbar.