Die Bundesregierung unterstützt die Forderung nach einem uneingeschränkten Recht auf freien Nachbau von Saatgut nicht. Das stellt sie in einer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion im Bundestag klar.
Die Züchtung einer neuen Pflanzensorte dauere je nach Kulturart mindestens zehn bis 15 Jahre, heißt es zur Begründung. Während dieser Zeit investiere der Züchter enorme Summen. Die einzige Möglichkeit zur Refinanzierung bestehe im Verkauf von Saatgut. Laut der Bundesregierung würde ein uneingeschränktes Recht auf freien Nachbau auf lange Sicht die Wettbewerbsfähigkeit der mittelständischen Pflanzenzüchtungswirtschaft schwächen. In der Folge wäre es für internationale Saatgutkonzerne leichter, die entstehenden Marktlücken zu besetzen.
Um den Herausforderungen an eine nachhaltige Landwirtschaft unter sich weiter ändernden Klimabedingungen begegnen zu können, müsse dafür Sorge getragen werden, dass die mittelständischen Pflanzenzüchter auch weiterhin in der Lage seien, widerstandsfähige, innovative und klimaangepasste Pflanzensorten zu entwickeln.
Kritik von den Linken
Die Agrar-Sprecherin der Linken, Dr. Kirsten Tackmann, hätte sich eine Freigabe gewünscht. Sie warnt vor einem Verlust der genetischen Vielfalt von Nutzpflanzen. Eine wichtige Rolle schreibt sie der Saatgutgewinnung durch Klein- und Hobbygärtner zu. Ein „fatales Zeichen“ sei es, dass die Bundesregierung diesen Sachverhalt bisher nicht anerkenne. Ursache des Rückgangs der genetischen Vielfalt sei die „Fokussierung des Regelwerks auf Hochleistungssorten“.
Nach Ansicht der Linken-Politikerin liegt die Verfügbarkeit von vielfältigem Saatgut im Gemeinwohlinteresse, da die genetische Vielfalt die Grundlage der Ernährungssouveränität sei. Damit sei zumindest der Erhalt oder die Verbesserung der Saatgutvielfalt Teil der Daseinsvorsorge. Für die Sicherung von mehr Saatgutvielfalt auf den Äckern und in den Gärten müssten neue Formen zum Schutz und zur Vermehrung von Saatgut unterstützt werden, forderte Tackmann.
Gleichzeitig müsse die Finanzierung der Zucht gewerblich genutzter Pflanzensorten endlich auf solide, solidarische Füße gestellt und auf Gemeinwohlinteressen ausgerichtet werden. Anders könnten die Herausforderungen an einen nachhaltigen und klimaangepassten Pflanzenbau nicht gelöst werden.
Nur 50 % zahlen
Nach Angaben der Bundesregierung wird bei selbstbefruchtenden Pflanzenarten nur etwa die Hälfte des verwendeten Saatgutes bei Züchtern erworben. Das bedeute, dass nur 50 % der Landwirte und Gärtner bereit seien, den Züchtungsfortschritt mit zu finanzieren. Die andere Hälfte betreibe Nachbau und entziehe sich damit der Finanzierung des Züchtungsfortschritts, von dem sie auch durch den Einsatz von Nachbausaatgut profitiere.