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Zwei Landwirte setzen auf Dammkulturen, Fermente und Komposttee

Zwei Landwirte aus Baden-Württemberg bewirtschaften ihren Ackerbau seit fünf Jahren biologisch und regenerativ. Welche Maßnahmen setzen sie um und welche Erfahrungen haben sie gemacht?

Lesezeit: 5 Minuten

Im Herbst 2017 haben Christoph Uhl und Herbert Ullrich eine radikale Kehrtwende vollzogen. Bis dahin haben die beiden Ackerbauern aus dem Ostalbkreis, die bei der Nutzung ihrer Maschinen und der Bewirtschaftung ihrer Flächen eng zusammenarbeiten, einen intensiven Ackerbau mit hohem Dünge- und Pflanzenschutzmitteleinsatz betrieben.

Weil der wirtschaftliche Erfolg sie nicht zufriedenstellte, entschlossen sich beide zeitgleich, ihre Gesamtfläche von rund 250 ha auf biologischen Anbau umzustellen und regenerativ zu bewirtschaften.

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Anbau auf Dämmen

Ein zentrales Element für die beiden Ackerbaupioniere ist dabei der Anbau in Dämmen, den sie bei allen Kulturen außer Klee praktizieren. Mit einem Dammkulturgerät Marke Eigenbau mit speziell geformten Zinken häufen sie Dämme mit 15 bis 20 cm Höhe an, in die sie ihre Kulturen säen. Der Reihenabstand der Saaten beträgt dabei immer 50 cm, die Kornzahl pro m2 ist aber gleich wie bei engeren Reihen.

Beim Hacken und Nachhäufeln lockern sie den Boden zwischen den Dämmen 20 cm tief. Das führt dazu, dass auch zwischen den Dämmen immer mehrere Schichten krümeliger Erde liegen. „In Verbindung mit der größeren Oberfläche führt das dazu, dass wir mehr Luft, Wasser und Wärme in den Boden bringen und dort speichern können“, erläutert Christoph Uhl.

Zudem entstehe in den Dämmen ein Kamin­effekt, der die Luft und das Wasser nach oben zu den Wurzeln der Kultur hebe. „Bei unseren schweren Lehm- und Tonböden ist das ein Vorteil“, ist Uhl überzeugt. Bei Trockenheit reiße der Boden sonst sofort und bei viel Regen gebe es schnell Staunässe.

Beim Nachhäufeln gehen die beiden Landwirte sorgfältig vor. „Bei extremer Trockenheit müssen wir aufpassen, dass der Damm nicht abhebt“, berichtet Herbert Ullrich. „Und natürlich dürfen wir nicht zu nah an die Pflanzenreihen kommen.“

Das letzte Hacken mit dem Anhäufeln der Dämme führen Uhl und Ullrich gegen Ende der Schossphase des Getreides im Stadium EC 37 bis 39 durch. Bei diesem Arbeitsgang bringen sie in allen Kulturen mit einem Prallteller eine Mischung aus 15 verschiedenen Pflanzenarten als Untersaat aus. Diese bleibt stehen, bis der Boden für die Folgefrucht bearbeitet wird.

Gezielte Rotteführung

Die ständige Bedeckung des Bodens mit Pflanzen soll dazu beitragen, dass die Bodenlebewesen gefördert werden. „Die Pflanzen scheiden über ihre Wurzeln Zuckerstoffe, Aminosäuren und organische Säuren aus, die den Bodenlebewesen als Nahrung dienen“, erläutert Uhl.

„Dadurch können sich diese besser vermehren und mehr Stoffe ausscheiden, von denen wiederum die Pflanzen profitieren.“ Zudem entstehe mehr Humus, weil Bodenlebewesen auch irgendwann absterben und organische Masse bilden würden.

Um die Humusbildung zu fördern, setzen Uhl und Ullrich auch auf eine gezielte Rotteführung durch die Ausbringung von Milchsäurebakterien. „Wir setzen sie dann ein, wenn grüne Pflanzenteile eingearbeitet werden, damit ein gezielter Umbau der Pflanzenmasse stattfindet“, erklärt Ullrich. Wenn die Rotte falsch ablaufe, führe das zu Fäulnisprozessen, bei denen ungewollte Bakterien entstehen.

Beide bringen die Bakterien mit ­einem 2.000 l-Frontfass mit Gestänge dann aus, wenn sie den Boden bearbeiten, pro Überfahrt 50 bis 100 l/ha.

Da die zugekauften Bakterien teuer sind, vermehren sie diese selbst. Sie mischen in einem alten Milchtank pro 1.000 l Wasser 30 l zugekaufte Basisbakterien, 30 kg Zucker und 2 bis 3 kg Steinsalz. Die Mischung reift zehn Tage bei 33 bis 35 °C ohne Sauerstoffzufuhr. „So kosten uns die Bakterien nur 20 ct/l bzw. 30 bis 60 €/ha“, erläutert Christoph Uhl.

Komposttee auf die Pflanzen

Schwieriger herzustellen ist der Komposttee, den die beiden Landwirte ebenfalls selbst ansetzen. Auf 5 m3 Flüssigkeit geben sie 15 bis 20 l Kompost, 10 l Melasse, 5 kg Urgesteinsmehl, 2,5 kg Mykorrhiza und 200 g Kochsalz. Das Gemisch erwärmen sie auf 25 bis 27 °C und belüften es in einem umgerüsteten Silobehälter 24 Stunden lang. Danach lassen sie die Feststoffe absetzen.

Die flüssige Phase bringen Uhl und Ullrich direkt auf die Pflanzen aus. „Wir versuchen drei Behandlungen pro Kultur durchzuführen, meist schaffen wir aber nur eine“, sagt Ullrich. Das Ziel, damit die Photosyntheseleistung der Pflanzen und damit ihren Zuckergehalt zu erhöhen, gelingt offenbar auch. „Wir haben mit dem Refraktometer die Zuckergehalte in bestimmten Blättern vor und nach der Anwendung bestimmt und nachher etwa doppelt so hohe Zuckergehalte gemessen“, berichtet Uhl.

Stabile Erträge, mehr Humus

Welches Fazit ziehen die beiden Praktiker fünf Jahre nach der Umstellung ihrer Ackerbaustrategie? Insgesamt ein positives. „Die Erträge bewegen sich stabil bei etwa 60 % des Niveaus, das wir vorher im konventionellen Anbau hatten, obwohl wir seit fünf Jahren bis auf selbst angesetzten Kompost zur Förderung der mikrobiellen Carbonisierung nicht düngen“, so Ullrich. Zudem seien die Bestände homogener und die Bodenstruktur besser geworden.

Das dürfte auch mit den verbesserten Humusgehalten ihrer Flächen zu tun haben. Beide Landwirte sind ins Carbon Farming eingestiegen und lassen von ihren Flächen an jeweils exakt den gleichen Stellen von einem unabhängigen Dienstleister Proben nehmen und daraus die Humusgehalte ermitteln.

Christoph Uhl konnte von 2018 bis 2021 im Durchschnitt aller Flächen den Humusgehalt von 3,44 auf 3,78 % erhöhen, also um 0,11 % pro Jahr. Bei Herbert Ullrich betrug die Steigerung zwischen 2017 und 2021 sogar 0,2 % pro Jahr. Der Verkauf der daraus resultierenden Humuszertifikate hat ihnen bislang ca. 250 €/ha und Jahr gebracht.

Beide sind überzeugt, dass sie damit ihr Potenzial beim Humusaufbau noch nicht ausgeschöpft haben. „Wenn die Theorie stimmt, dass die Mikroben maßgeblich für die Humusbildung sind, dann stehen wir erst am Anfang“, sind sich Uhl und Ullrich einig. Ihren vor fünf Jahren eingeschlagenen Weg gehen sie auf jeden Fall weiter.

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