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Die Landnahme der Investoren geht weiter

Über die dubiosen KTG-Flächenverkäufe urteilten jetzt die Gerichte: Trotz offenbar bewusst falscher Angaben darf der Investor Munich Re den größten Teil der Flächen behalten.

Lesezeit: 5 Minuten

Es ist ein Trauerspiel: Trotz Grundstückverkehrsgesetz kaufen außerlandwirtschaftliche Investoren im großem Stil ostdeutsche Flächen. Und trotz der in den Gerichtsverfahren offengelegten Tricksereien dürfen sie das Land letztendlich behalten.

Wie die Firmen das Grundstückverkehrsgesetz aushebeln und gleich noch die Grunderwerbsteuer umgehen, lässt sich prächtig anhand der Verkäufe der KTG-Flächen an Töchter der Munich Re im Sommer 2015 nachvollziehen, zu denen es nun erste Entscheidungen der Gerichte gibt. In den verhandelten Fällen geht es um klassische „Share-Deals“. Im Fokus steht der Agrar-Riese KTG, der in Spitzenzeiten als börsennotiertes Agrarunternehmen geschätzt ca. 53000 ha unter dem Pflug hatte, 38000 ha davon in Deutschland, den Rest in Litauen und Rumänien. Im Juli 2016 endete der Traum, die KTG war insolvent.

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Vor den Gerichten wird nun der Verkauf von rund 2400 ha Land an den Rückversicherer Munich Re bzw. an dessen Töchter verhandelt. So entschied das Magdeburger Landwirtschaftsgericht kürzlich über einen Teilverkauf von rund 190 ha in Sachsen-Anhalt. Der Share-Deal begann hier mit dem Verkauf von KTG-Flächen an die ATU Landbau GmbH, angeblich zur Aufteilung des Unternehmens in eine Betreiber- und eine Besitzgesellschaft. Diese Art der „internen“ Veräußerung hat der Bundesgerichtshof nach Grundstückverkehrsgesetz grundsätzlich erlaubt. Allerdings nur dann, wenn ein landwirtschaftliches Unternehmen im gleichen Unternehmensverbund mit denselben Personen die Flächen nutzt. Daher verpachtete die neue Besitzgesellschaft das Land über 18 Jahre an die Betreibergesellschaft. Die Behörden genehmigten nach Grundstückverkehrsgesetz.

Direkt weiterverkauft

Was nun folgte, ist dreist: Nur kurz nach dem genehmigten Landkauf erwirbt eine Untergesellschaft der Munich Re 94,9% der Anteile der Landbesitzgesellschaft ATU. Damit hat der Investor seine Ziele erreicht:

  • Umgehung des Grundstückverkehrsgesetzes, das den Verkauf an Nichtlandwirte verhindern soll.
  • Vermeidung der Grunderwerbsteuer: Erst ab einem Kauf von 95% der Anteile fällt Grunderwerbsteuer an.

Als der Deal bekannt wird, sieht sich die Behörde getäuscht und zieht zwei Jahre nach dem Kauf im Dezember 2017 die Genehmigung nach Grundstückverkehrsgesetz wieder zurück. Sie sei rechtswidrig, weil der Erwerber kein Landwirt sei. Dass es gar nicht wirklich zu einer Aufteilung in Betreiber- und Besitzgesellschaft habe kommen sollen, habe die Behörde nicht gewusst. Ziel sei offenbar von Anfang an die Weitergabe an die Munich Re gewesen.

Die Landgesellschaft übt nun das Vorkaufsrecht aus. Obwohl die Flächen für mind. 18 Jahre verpachtet sind, der Preis hoch und die Grunderwerbsteuer doppelt zu zahlen ist, ist ein Landwirt bereit, in den Kaufvertrag einzusteigen.

Die ATU Landbau GmbH will sich das nicht gefallen lassen und zieht vor Gericht. Das Drama erreicht seinen Höhepunkt. Zwar bestätigen die Richter in Magdeburg: Die Behörde durfte die Genehmigung nach Grundstückverkehrsgesetz auch noch zwei Jahre nach dem Verkauf zurücknehmen. Denn offenbar war schon zum Zeitpunkt der Genehmigung geplant, die Anteile weiter zu verkaufen. So sei bereits kurz nach dem Verkauf die Verflechtung zwischen Besitz- und Bewirtschaftungsgesellschaft entfallen, was zweifelsfrei nicht genehmigungsfähig ist.

Allerdings: Die ATU darf das Land trotzdem behalten! Denn die Landgesellschaft kann per Vorkaufsrecht nur eingreifen, wenn ein Landwirt die Fläche dringend zur Aufstockung seines Betriebes benötigt und zum Erwerb zu den Bedingungen des Kaufvertrages bereit und in der Lage ist. Der einzige kaufwillige Landwirt sei aber nicht „dringend aufstockungsbedürftig“, so die Richter. Er verfüge bereits über 1453 ha, davon 45% Eigenland.

Weitere Gerichtsverfahren

Nach gleichem Muster hatte die KTG auch in Brandenburg Flächen an die Munich Re verschoben. Auch hier bestätigte das Amtsgericht Neuruppin, dass die Behörden die Verkaufsgenehmigung zurücknehmen können. Dieses Verfahren geht nun in die nächste Instanz. Ist die Rücknahme der Genehmigung rechtens, könnten zumindest 463 ha der Flächen an 7 ortsansässige Landwirte gehen. Für die restliche Fläche gibt es derzeit keine anderen Erwerber. Kein Wunder, denn langfristige Pachtverträge, doppelte Grunderwerbsteuern und hohe Verfahrenskosten machen die Flächen teuer.

Dreist gewinnt

Bitteres Fazit der Verfahren: Letztendlich bleiben rund 1800 ha in Brandenburg und 180 ha in Sachsen-Anhalt, für die sich keine „aufstockungsbedürftigen“ Landwirte gefunden haben, bei der Munich Re. Der Investor hat sich unter dem Strich auf fast 2000 ha durchgesetzt. Der Share-Deal bleibt damit weiterhin interessant. Und die vom Gericht kritisierten Punkte wird kein Finanzinvestor noch einmal falsch machen. Um dem Ausverkauf einen Riegel vorzuschieben, müssten die Anteilskäufe unter Kontrolle des landwirtschaftlichen Bodenrechts stehen – hier steckt die politische und rechtliche Debatte aber seit Jahren fest.

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Standpunkt: Das Urteil bremst den Ausverkauf nicht!

Trotz des ernüchternden Ausganges ist das Urteil des Landwirtschaftsgerichtes Magdeburg (Az.: 12 LW 8/17) wegweisend, so die Bewertung von Rechtsanwalt Franz-Christoph Michel aus Templin:

  • Eine Genehmigung nach dem Grundstückverkehrsgesetz kann auch aufgehoben werden, wenn der Kaufvertrag inzwischen vollzogen wurde. Das sollte allen eine Warnung sein, die mit falschen Angaben eine Genehmigung erwirken.

  • Wer dabei ertappt wird, dass er die Aufspaltung in eine Besitz- und Betriebsgesellschaft nur konstruiert, um sich die Genehmigung zu erschleichen, muss auch noch Jahre später mit einer Aufhebung der Genehmigung rechnen. Die sachliche und personelle Verflechtung zwischen den Gesellschaften muss sichergestellt sein und darf nicht nur im Moment des Kaufs vorliegen.

  • Das Vorkaufsrecht der Landgesellschaft ist nicht dafür gedacht, sehr große Betriebe mit einem erheblichen Eigentumsanteil noch größer zu machen. Ein über 1000 ha großer Betrieb mit über 600 ha Eigentumsfläche ist demnach nicht dringend aufstockungsbedürftig.

Die Entscheidung zeigt, dass das Grundstückverkehrsgesetz immer noch durchaus wirksam sein könnte. Wenn allerdings durch langfristige Verpachtung, hohe Kaufpreise und die immer noch doppelt anfallende Grunderwerbsteuer der Einstieg in den Kaufvertrag für tatsächlich aufstockungsbedürftige Landwirte zu teuer ist, verpufft die Wirkung des Gesetzes. Um den Erwerb durch Nichtlandwirte zu verhindern, müssten wirklich aufstockungsbedürftige Landwirte auch in die Lage versetzt werden, die Flächen zu kaufen.

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