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Digitalspatenhersteller Stenon verklagt Professor nach Praxistest

Ist die Freiheit der Wissenschaft in Gefahr? Weil Prof. Dr. Olfs die Ergebnisse zum digitalen Spaten „FarmLab“ von Stenon veröffentlichte, droht ihm jetzt ein Rechtsstreit.

Lesezeit: 4 Minuten

In der top agrar-Ausgabe 12/2021 veröffentlichte Prof. Dr. Hans-Werner Olfs von der Hochschule Osnabrück seine Untersuchungsergebnisse zum digitalen Spaten, dem FarmLab von Stenon. Da die Firma Stenon über diese Veröffentlichung informiert wurde und die für sie „ungünstigen“ Ergebnisse bereits vom VDLUFA-Jahreskongress kannte, forderte das Unternehmen in der gleichen Ausgabe über eine Rechtsanwaltskanzlei eine Stellungnahme ein. Diese beinhaltet teils erhebliche Vorwürfe zu der Vorgehensweisedes Professors. Wir sprachen mit ihm darüber.

Herr Prof. Olfs, wie gehen Sie damit um?

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Olfs: Einige dieser Vorwürfe haben mich schon sehr getroffen. Aufgrund meiner Funktion als Vorsitzender der VDLUFA-Fachgruppe „Pflanzenernährung“ wird mir unterstellt, dass ich einen Wettbewerber repräsentieren würde, weshalb die von mir gefundenen Ergebnisse nicht belastbar seien. Dabei bin ich als Hochschullehrer in keiner Weise mit Bodenuntersuchungslaboren verbunden. Auch die Mitwirkung eines kommerziellen Untersuchungslabors wird als Makel des Praxistests benannt – übrigens ein Labor, welches auch schon andere Bodenproben im Zusammenhang mit dem FarmLab zur Analyse erhalten hat.

Weiterhin wird in der Stellungnahme von Stenon suggeriert, dass es ein allgemein gültiges „Messprotokoll“ für solche Untersuchungen gäbe. Das ist so aber nicht richtig! Für meinen Praxistest kann auch eine andere Vorgehensweise angemessen sein. Auf der VDLUFA-Tagung 2021 hat keiner der anwesenden Fachleute aus den Bereichen Bodenkunde oder Pflanzenernährung zu meinem Beprobungsschema Bedenken geäußert. Ein Landwirt soll schließlich unter Praxisbedingungen auch nur dreimal mit dem FarmLab einstechen.

Viel herausfordernder war dann allerdings eine Abmahnung, die mir eine Hamburger Kanzlei im Auftrag von Stenon kurz nach Drucklegung des Artikels zugesendet hat. Ich sollte eine „Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung“ unterschreiben. Dazu wurde mir eine Frist von fünf Tagen gesetzt! Ich musste dann einen Anwalt beauftragen, der mich nun in diesem Rechtsstreit vertritt. Das hat mich schon einige Nerven gekostet.

Die Firma Stenon wirbt damit, dass der Spaten die DLG-Anerkennung erhalten hat. Wie ist das trotz der abweichenden Ergebnisse zu erklären?

Olfs: Das ist nur auf den ersten Blick ein Widerspruch. Ich habe mich in meinem Test auf Parameter der Grundbodenuntersuchung bezogen: P, K, Mg und pH-Wert. Die Anerkennung der DLG bezieht sich hingegen nur auf die drei Parameter Nitrat, Nmin und Bodenfeuchte. Mich hat das allerdings sehr verwundert. Auch meine Nachfrage beim Testzentrum der DLG hat keine weitere Klärung gebracht. Ob tatsächlich nur drei Parameter zur DLG-Anerkennung von Stenon angefragt wurden oder ob alle nicht im Bericht genannten FarmLab-Parameter die von der DLG erarbeiteten Kriterien nicht geschafft haben, bleibt Spekulation.

Ist die Freiheit der Wissenschaft bzw. das Recht auf wissenschaftliche Publikation zunehmend in Gefahr?

Olfs: So drastisch würde ich das jetzt nicht formulieren wollen. Die Abmahnung durch Stenon bedroht mich ja „nur“ finanziell. Aufgrund eines möglichen Verfahrens vor einem Landgericht sprechen wir da nach meinem Kenntnisstand aber bereits über einen Streitwert von mehreren 10000 €. Ich gehe aber davon aus, dass die Entgegnung meines Anwalts genügend stichhaltige Argumente enthält, um die Gegenseite zum Einlenken zu bewegen.

Meine Nachfragen bei wissenschaftlichen Gesellschaften in meinem Fachgebiet Pflanzenernährung und Pflanzenbau haben ergeben, dass es zur Abmahnung von Wissenschaftlern keine aktuellen Daten gibt. Mir ist aber zumindest ein weiterer Fall eines von Stenon beauftragten Abmahnungsschreibens bekannt.

Ganz aktuell wirkt sich das Abmahnverfahren durch Stenon aber schon auf mein Verhalten aus. So habe ich die Anfrage der Technischen Hochschule in Bingen für einen Vortrag zu meinen FarmLab-Ergebnissen im Rahmen einer Veranstaltung zum Thema „Digitale Bodenanalyse im Feld – der Weg in die Zukunft“ für ein Praktiker-Netzwerk erst mal abgelehnt.

Was muss sich ändern?

Olfs: Wir brauchen eine offene Diskussionskultur auf allen gesellschaftlichen Ebenen, also auch in den Agrarwissenschaften. Alle Beteiligten in der landwirtschaftlichen Wertschöpfungskette müssen sich darauf verlassen können, dass alle bekannten Details, die öffentlich zu einem Produkt, einem Verfahren oder einer Dienstleistung zur Verfügung stehen, auch publik gemacht werden können. Nur so lassen sich fundierte Entscheidungen treffen. Das muss auch für eher kritisch einzustufende Ergebnisse gelten.

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