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Dinkel und Emmer statt Weizen und Gerste?

Alte Getreidearten sind in den letzten Jahren wieder häufiger auf deutschen Äckern zu finden. Wie rechnen sich Kulturen wie Dinkel und Emmer? Worauf sollten Sie beim Anbau achten?

Lesezeit: 5 Minuten

Die Landwirtschaft wird vielfältiger. Das ist auch im Ackerbau zu sehen, wo alte Arten wieder vermehrt angebaut werden. So erlebte der Dinkelanbau in den letzten zehn Jahren einen Boom. Auch um Emmer und Einkorn gab es zeitweise in einigen Regionen einen Hype.

Grund war, dass immer mehr Bäcker und Mühlen ihr Sortiment erweiterten und Backwaren bzw. Mehl von alten Getreidesorten anboten. Die gestiegene Nachfrage führte dazu, dass der Dinkelpreis jahrelang deutlich über dem für Weizen lag. „Der Preisvorteil von Dinkel gegenüber Weizen bewegte sich in diesen Jahren öfters zwischen 4 und 6 €/dt“, bestätigt Philipp Söll vom Beratungsdienst Integrierter Pflanzenbau e.V. mit Sitz in Ulm.

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Weizen überholte Dinkel

Das änderte sich, als im Jahr 2021 die Weltmarktpreise für Getreide nach oben schossen. In diesem Jahr waren Dinkel und B-Weizen nach Erhebungen der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) etwa auf gleichem Niveau. Mit Beginn des Ukrainekrieges im Februar 2022 kletterten die Weltmarktpreise für Weizen weiter nach oben, sodass B-Weizen ca. 6 €/dt über Dinkel notierte.

Der Grund für die ungleiche Entwicklung: Im Gegensatz zu Weizen unterliegt Dinkel nicht den extremen Schwankungen des Weltmarktes. „Dinkel ist ein regionaler Markt, der überschaubar ist und sich konstanter entwickelt“, erläutert David Quast, Einkäufer für konventionelles Getreide bei der Schapfenmühle in Ulm. Das Unternehmen hat Anbauverträge mit vielen Landwirten aus der Region und verarbeitet neben den klassischen Getreidearten auch Dinkel und Emmer.

Die Ursache für die relative Preisschwäche von Dinkel sieht Quast in einem Angebotsüberhang: „Die Dinkelernte in Deutschland lag 2021 um 15 bis 20% über dem Bedarf, auch 2022 ging die Anbaufläche vor allem im Süden nicht wesentlich zurück.“

Attraktive Deckungsbeiträge

Denn der Preisvorteil des Dinkels gegenüber dem Weizen war lange Zeit so groß, dass er vergleichsweise attraktive Deckungsbeiträge brachte. „Der Dinkel war nach Raps und Körnermais in unserer Region viele Jahre die wirtschaftlichste Kultur“, bestätigt Matthias Hermann vom Beratungsdienst Ackerbau Neckar-Odenwald-Tauber. Das galt für schwächere Standorte wie die Muschelkalkverwitterungsböden im Norden Baden-Württembergs ebenso wie für kiesige Böden im Donautal.

Auf den schwächeren Standorten erntet Dinkel durchschnittliche Erträge von etwa 60 dt/ha, auf den mittleren ca. 70 bis 75 dt/ha. „Wenn der Dinkelpreis 25% über dem für Weizen liegt, ist er wirtschaftlich gleichwertig“, sagt Armin Nusser aus Neu-Ulm.

Die Berechnungen der LfL bestätigen die Praxiserfahrungen. Im mehrjährigen Durchschnitt erlöste Dinkel bis 2021 rund 5 €/dt mehr als B-Weizen und konnte so trotz eines Minderertrages von 10 dt/ha einen etwas höheren Deckungsbeitrag erzielen. Dazu trägt auch bei, dass die variablen Kosten beim Dinkel geringer ausfallen als beim Weizen.

2022 fiel Dinkel jedoch in der Wirtschaftlichkeit stark ab, weil er den Preissprung von Weizen nicht mitmachte. Und 2023 werden sich voraussichtlich die Deckungsbeiträge von Dinkel und Weizen wieder angleichen.

Weitere Vor- und Nachteile

Nicht in der Deckungsbeitragsrechnung berücksichtigt sind weitere Vor- und Nachteile des Dinkels, die die Anbauentscheidung beeinflussen:

  • Als Spelzgetreide lässt sich Dinkel langsamer dreschen und beansprucht mehr Volumen bei Lagerung und Transport. Dinkel wird deshalb vor allem dort angebaut, wo es Schälmühlen gibt.
  • Die Standfestigkeit von Dinkel ist sortenabhängig ein Problem, sodass Wachstumsregler nötig sind.
  • Dinkel ist ein bis zwei Wochen früher reif als Weizen, was Arbeitsspitzen in der Ernte entzerrt.
  • Während hohe Feuchtegehalte selten sind, kann es zu Abzügen wegen Besatz oder zu geringer Fallzahl kommen.

Welche Kultur in diesem Jahr die Nase vorne hat, wird von den Preisen für Dinkel und Weizen abhängen. Diese werden je nach Liefervertrag und Abschlusstermin extrem variieren.

Berater empfehlen, einen großen Teil der Dinkelmenge abzusichern. Dabei lohnt es sich, verschiedene Abnehmer zu kontaktieren, weil die Preise stark streuen. „Bei uns lagen die Kaufangebote bis zu 10 €/dt auseinander“, berichtet Landwirt Timo Fahrmeier aus Pulfringen im Main-Tauber-Kreis. Trotz des allgemeinen Überschusses ist Dinkel bei einzelnen Verarbeitern weiterhin gefragt.

Emmer und Einkorn absichern

Die Empfehlung zur vertraglichen Absicherung gilt für Emmer und Einkorn noch viel mehr als für Dinkel. Denn die beiden Urgetreidearten sind Nischenprodukte, für die es nur wenige Abnehmer gibt.

Emmer kommt mit rund 50 bis 60 kg weniger Stickstoff zurecht als Dinkel und bringt auf mittleren Standorten etwa 60 dt/ha. Allerdings hat er nur eine geringe Standfestigkeit, sodass man mindestens einmal, in nassen Jahren zwei- bis dreimal Wachstumsregler einsetzen muss. Weiterer Knackpunkt ist seine Anfälligkeit gegen Gelbrost.

Praktiker berichten, dass der Preis für Emmer etwa 40% über dem von Weizen liegen sollte, damit er wirtschaftlich mithalten kann.

Noch wesentlich extensiver als Emmer ist das Einkorn, das nur Erträge zwischen 15 und 30 dt/ha erreicht. Damit der Anbau wirtschaftlich ist, sollte der Abgabepreis bei mindestens 60 €/dt liegen.

In Bayern können Betriebe über das Agrarumweltprogramm KULAP eine „Vielfältige Fruchtfolge mit alten Kulturarten“ fördern lassen. Dazu zählen Emmer und Einkorn. Die Prämie beträgt 85 €/ha Ackerfläche für die ersten 100 ha.

Wie sich die Märkte für alte Getreidearten entwickeln, lesen Sie in folgenden Artikeln:

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