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Trockenheit

Droht eine neue Dürre?

Für die Bodenbearbeitung ist das trockene Wetter gerade günstig, so langsam beschleicht viele Bauern aber die Sorge, dass es so bleibt. Meteorologen sehen die gleiche Wetterlage wie vor der Dürre 2018

Lesezeit: 9 Minuten

Die Niederschläge im Winter haben den Grundwasserspiegel gut aufgefüllt. Nach zwei Dürrejahren in Folge schien im Ackerbau endlich wieder ein normales Jahr bevorzustehen. Doch nach dem anhaltend guten Wetter der letzten Wochen sind inzwischen die oberen Erdschichten ausgetrocknet. Bauern und Experten sind zunehmend in Sorge.

Dürrekarten verdeutlichen Ernst der Lage

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Die oberen zehn Zentimeter Boden sind bereits trockengefallen, und bis in eine Tiefe von 1,80 Metern ist kaum Wasser vorhanden. Auf der Deutschland-Karte des Dürremonitors vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung in Leipzig sind viele Regionen nach wie vor dunkelrot eingefärbt, es herrscht weiterhin die höchste aller fünf Trockenstufen: Hier herrscht seit 2018 Dürre, und ein Ende ist nicht abzusehen.

Pflanzenverfügbares Wasser bis 25 cm

Das sagen die Meteorologen

Die Meteorologen sind offiziell noch vorsichtig mit Warnungen, weil es für eine seriöse Vorhersage noch viel zu früh sei. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) sprach jedoch mit Fachleuten, und die sehen sich bei der derzeitigen Wetterlage fatalerweise an den Beginn der verheerenden Dürre im Jahr 2018 erinnert.

„Die Lage ist ähnlich wie vor zwei Jahren“, sagte Tobias Fuchs, der Leiter der Klimaabteilung beim Deutschen Wetterdienst der FAZ. Die Luft sei ähnlich trocken, ähnlich warm, die Einstrahlung ähnlich stark, die Böden ähnlich trocken. Und auch damals löste ein Hoch über Mitteleuropa das nächste ab und lenkte Tiefs am Kontinent vorbei, die Zeit der Dürre begann. Die Indizien seien da, aber noch könne niemand abschätzen, ob das auch so bleibe. Ob sich die Dürre also wiederholt, lässt sich nicht verlässlich vorhersagen.

Zum Problemmonat habe sich der ehemals launische April entwickelt. Der letzte zu nasse April liege zwölf Jahre zurück, jedes Jahr fehle im bundesweiten Schnitt mehr als ein Drittel des erwartbaren Monatsniederschlags, heißt es. Am härtesten trifft es Sachsen, dort fiel nur in einem der vergangenen 23 Jahre mehr Regen als üblich, und 2007 fiel der April besonders trocken aus. Da außerdem die Temperaturen stiegen und die Sonne inzwischen länger vom Himmel brennt, verdunstet überproportional viel Wasser, das die Pflanzen jedoch zu Beginn der Vegetationsperiode benötigen.

Droht Sommerkulturen der Umbruch?

Die frisch ausgebrachte Saat für die Sommerkulturen ist noch im Keimstadium, berichtet ein Landwirt dem Saarländischen Rundfunk. Sie hätten noch keine Wurzelbildung, mit der sie das Grundwasser nutzen könnten, und seien deshalb auf Niederschlagswasser angewiesen, so der Bauer aus Ensheim. Er hat Hafer und Gerste ausgebracht.

Im schlimmsten Fall kommt nur die Hälfte der Saat durch. Eventuell müssten er und seine Berufskollegen zusätzliches Futter für die Tiere kaufen, hohe Ausgaben kämen dann auf die Landwirte zu. Wenn es Ende der Woche regnen würde, dann sei alles im grünen Bereich, schilderte er dem Sender weiter. Sollte es dann im Juni eine längere Hitzewelle geben, sei allerdings auch wieder alles dahin. Im Grunde könne man erst eine Aussage treffen, wenn der Erntetermin da sei.

Zwiegespalten ist dagegen der Obst- und Gartenbauverein Merchweiler: Aktuell sei die Zeit der Obstblüte und da es trocken ist, würden auch die Bienen für die Bestäubung fliegen. Zudem gebe es durch die Trockenheit weniger Erkrankungen und weniger Pilzwachstum. Andererseits müssten die Betriebe schon jetzt reichlich bewässern. Das gehe ins Geld. „Wir stellen uns da auf eine größere Wasserrechnung ein in diesem Jahr. Das ist ein vierstelliger Betrag, der da locker reingeht“, sagte ein Gärtner dem SR.

Niedersachsens Beregnungsstandorte setzen auf mehr Roggen

„Ein stetiger Wechsel zwischen Regenschauern und wärmeren Tagen mit Sonnenschein sind für das Wachstum unserer Kulturpflanzen deutlich besser“, berichtete Thorsten Riggert dem Bauernverband aus Niedersachsen. Er bewirtschaftet einen Hof im Raum Uelzen, mit den Landkreisen Celle, Gifhorn und Lüneburg das Zentrum der Beregnungsstandorte.

Nach den Erfahrungen der vergangenen beiden Trockenjahre haben die Landwirte ihre Wasserrechte streng im Blick und schieben den Start der Beregnung möglichst weit nach hinten. Zusätzlich haben sie Konsequenzen für die Kulturartenauswahl gezogen und beispielsweise mehr Roggen angebaut, berichtet das Landvolk weiter. Er ist deutlich genügsamer als Winterweizen und kann Trockenphasen besser überstehen.

Auch in der Bodenbearbeitung für die noch laufende Frühjahrsbestellung reagieren die Landwirte auf die klimatischen Herausforderungen und verhindern durch eine rasche Aussaat oder Pflanzung nach der Bodenbearbeitung eine zu schnelle Abtrocknung der Felder. Die klimatischen Veränderungen sollten allerdings auch bei den Beregnungsrechten der Landwirte zum Tragen kommen, argumentiert Riggert. „Wir entziehen mit der Feldberegnung das Wasser nicht dem Wasserkreislauf, sondern führen es ihm auch wieder zu“, betont er. Daher wünscht er sich eine bessere Berücksichtigung der Landwirtschaft bei der Wasserverteilung zwischen verschiedenen Nutzern. Mit wassersparender Technik würden die Landwirte zusätzlich ihren Teil zu einem sorgsamen Umgang mit dem Faktor Wasser beitragen.

Einige Sorgen verursacht zurzeit auch der Wechsel zwischen relativ warmen Tagen und kühlen Nächten bis hin zu leichten Frostgraden. Die Wärme hat mittlerweile überall im Land den Raps zum Blühen gebracht, die nächtlichen Minusgrade allerdings bekommen den empfindlichen Blüten weniger gut. Der viel zu warme Winter hat die Frosttoleranz der Pflanzen zusätzlich geschmälert. Dafür befürchten die Landwirte, dass Schaderreger wie Rapsglanzkäfer oder Blattläuse den Winter unbeschadet überstanden haben. In großen Gelbschalen, die die Insekten anlocken, kontrollieren die Ackerbauern nun die Entwicklung der Schaderregerpopulationen und entscheiden sich zu Pflanzenschutznahmen erst, wenn bestimmte Schwellenwerte überschritten sind.

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Agravis: Wasserversorgung im Raps kritisch

Besorgt über die Wetterlage zeigt sich auch Bernhard Chilla, bei Agravis für die Agrarerzeugnisse zuständig. Von ersten Frostschäden wurde lokal schon Ende März und Anfang April berichtet. Nun kommt der Raps in die wichtigste Wachstumsphase und der Wasserbedarf ist hoch.

„Die Jungpflanzen brauchen aufgrund der sinkenden Bodenfeuchtigkeit in den kommenden zwei Wochen sehr viel Niederschlag, ansonsten sinken die Ertragsaussichten teilweise kräftig“, erläutert der Experte. Nicht nur in Deutschland sollen sich die Wachstumsbedingungen für den Raps verschlechtert haben, sondern auch die Nachbarstaaten Frankreich und England berichten von schwächeren Rapsbeständen. Somit kann Stand Mitte April wie schon im Vorjahr von keiner guten bis sehr guten Rapsernte in der EU ausgegangen werden.

Aktuell kein Wassermangel im Getreide

Auf den Weizen und die Wintergerste hat die aktuelle Wetterlage derzeit noch keine derartigen Auswirkungen. „Sowohl die Weizen- als auch die Wintergerstenbestände kamen sehr gut aus dem Winter“, schildert Chilla und ergänzt: „Bei einer fortwährend trockenen Wetterlage könnten sich die Wachstumsbedingungen allerdings auch hier verschlechtern.“ Vor allem beim Weizen ist der Zeitpunkt Mitte April zu früh, um jetzt schon hierzulande konkrete Ernteprognosen abzuleiten.

Entspannte Situation in Ostfriesland

In Ostfriesland ist das Thema Trockenheit generell noch kein gravierendes Problem. Im ersten Quartal haben sich die Niederschläge aus dem nassen Herbst 2019 fortgesetzt. Eine zeitige Bearbeitung der Flächen war nur in kurzen Zeitfenstern im Februar möglich. „Die Böden sind durch die vergangenen sechs Monate im Unterboden noch ausreichend mit Wasser versorgt“, sagt Thomas Bathow, Pflanzenbauberater bei der AGRAVIS Ems-Jade GmbH.

Dennoch sei die Gefahr einer weiteren Frühjahrstrockenheit mit neuen Schäden gegeben. Drei Wochen ohne nennenswerte Niederschläge lassen die ersten landwirtschaftlichen Betriebe nervös werden. „Gesäte Gräser oder Sommerungen sind immer noch nicht gekeimt oder verharren, auch aufgrund von Nachfrösten, im Keimblatt“, erklärt Bathow. Durch die Niederschläge ab Oktober werden 2020 vermehrt Sommerungen gesät. „Eine Bearbeitung der Flächen war größtenteils erst ab Mitte März sinnvoll, ohne bleibende Schäden zu hinterlassen.“

Fehlende Niederschläge im Osten

Im Arbeitsgebiet der Agravis Ost ist die Trockenheit flächendeckend zu spüren: „Je weiter man sich nach Osten bewegt, desto trockener wird es“, berichtet Wilhelm Winkelmann, Agrarhändler bei der Baro Lagerhaus GmbH. Polen und Tschechien hätten mit den gleichen Problemen zu kämpfen. Im Januar und Februar war der Niederschlag noch relativ normal. „Seit März hat es jedoch ziemlich wenig geregnet. Vor allem der Raps hat durch Wassermangel und Bodenfrost sehr gelitten. Wir hoffen aktuell auf Regen, da die Wasserreserven im Boden stetig sinken“, betont Winkelmann.

Wetterextreme und Schadnager setzen Grünland zu

Imke Hansing von der Agravis Futterbau-Vertriebsberatung sieht Schwierigkeiten auf viele landwirtschaftliche Betriebe zukommen. Grund dafür sind die Wetterextreme. Zwar habe es in ihrem Arbeitsgebiet in Nord-Niedersachsen grundsätzlich ausreichende Niederschlagsmengen gegeben, „jedoch sind sie schlecht verteilt“, erläutert die Pflanzenbau-Expertin. Manche Böden konnten die Wassermassen schlicht nicht aufnehmen. Das Wasser blieb häufig an der Oberfläche. Bei den Unterböden hingegen kamen die Niederschläge nicht mehr an. Sie sind nach wie vor sehr trocken.

Dadurch war die Befahrbarkeit auf den Wiesen nach Aufhebung der Sperrfrist nicht gegeben. Erst Mitte März war dies in vielen Fällen wieder möglich, obwohl Pflegemaßnahmen und Düngen auf den Flächen längst notwendig gewesen wären. Für den ersten Schnitt, den viele Betriebe Mitte Mai durchführen, wird es knapp. Denn erst in den vergangenen Tagen war eine Nachsaat möglich.

Auf dem Grünland in Ostfriesland zeigen sich aktuell die Folgen vergangener Trockenperioden. Die Dürre 2018 und 2019 hatte ein deutlich höheres Aufkommen von Schadnagern zur Folge. Der milde Winter tat sein Übriges: Viele Kleintiere überlebten trotz anhaltender Niederschläge. Landwirte mussten vielerorts nachsäen. Saatgut für das Weideland und Wiesen wurde im Arbeitsbereich der Agravis Ems-Jade GmbH stark nachgefragt. „Das genaue Ausmaß der Schäden in Ostfriesland rund um Aurich ist noch nicht zu beziffern“, betont Stefan Pielsticker, Geschäftsführer der Agravis Ems-Jade GmbH.

Die Schadnager sind das eine Problem, die Larven der Tipula-Wiesenschnake das andere. „Oberirdisch und unterirdisch richten die Insekten großen Schaden an. An der Oberfläche erkennt man dies an kahl gefressenen Stellen an der Grasnarbe“, erklärt Imke Hansing. Schlimmer ist jedoch, wenn die Larven die Wurzeln im Erdreich abfressen. Das schädigt das Grünland nachhaltig.

Obwohl die Maisaussaat in den Startlöchern steht, wünscht sich die Pflanzenbau-Expertin aktuell Regen. „Die vergangenen Niederschläge waren einfach nicht ausreichend, vor allem im Hinblick auf die Entwicklung der Sommerung und des Grünlandes nach dem ersten Schnitt im Mai“, erklärt Imke Hansing. Denn ab dann ist bereits – das haben die beiden vergangenen Jahre gezeigt – eine Vorsommertrockenheit angebrochen. „Vieles ist jetzt abhängig von den Niederschlägen in den kommenden Tagen“, betont Hansing.

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