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topplus Krautabtötung bei Kartoffeln

Elektrische Sikkation – wie gut funktioniert das?

Weil chemische Werkzeuge schwinden, sind zur Krautabtötung von Kartoffeln neue Lösungen gefragt. Versuche der LWK NRW zeigen, ob das Verfahren Nucrop eine Alternative sein kann.

Lesezeit: 8 Minuten

Unsere Autorin: Dr. Marianne Benker, Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen

Seit dem Wegfall von Reglone sind chemische Strategien zur Krautregulierung in Kartoffeln oft nicht mehr wirkungssicher genug. Deshalb führt die LWK NRW seit nunmehr vier Jahren Versuche zur elektrischen Sikkation durch – seit 2020 auch mit dem hybridelektrischen Verfahren Nucrop.

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Was ist Nucrop...

Im Vergleich zu anderen elektrischen Systemen kommen bei Nucrop Kurzstrecken-Applikatoren (SRA – short range applicator) zum Einsatz. Diese bewirken, dass der Strom nur oberirdisch durch die Pflanzen fließt. Unterstützt wird das Verfahren durch eine spezielle Elektrolytlösung (Volt.fuel plus Activator), um den elektrischen Widerstand der Pflanzen zu senken. Durch die Benetzung erhöht sich die Leitfähigkeit, sodass der Strom effektiver zum Wirkort gelangt. Zudem wird dadurch auch die Wachsschicht durchlässiger, was die Effizienz der Behandlung steigert.

Entwickelt wurde das Gerät vom Aachener Agtech-Startup crop.zone. In Kooperation mit der Firma Nufarm wurde das Nucrop-Verfahren 2021 dem deutschen Markt vorgeführt. Weitere Details dazu finden Sie auch unter www.nucrop.com. Bislang beschränkt sich der Einsatz des Systems auf die Sikkation von Kartoffeln – weitere Anwendungen sollen folgen.

...und wie funktioniert es?

Unmittelbar vor der elektrischen Maßnahme behandelt man die Kartoffelpflanzen über eine Feldspritze an der Fronthydraulik des Schleppers mit der leitfähigen Flüssigkeit Volt.fuel plus Activator. An der Heckhydraulik des Schleppers befindet sich ein zapfwellenbetriebener Generator, der die mechanische Leistung des Schleppers in Drehstrom umwandelt. Die elektrische Leistung wird dann über einen integrierten Schaltschrank zu 16 Hochspannungseinheiten verteilt, die jeweils einen von 16 Applikatoren versorgen. Diese sind 75 cm breit und 1 m lang und an einem hydraulisch klappbaren Gestänge hinter dem Generator angeordnet. Ein einzelner Applikator behandelt jeweils eine Kartoffelreihe.

An den Applikatoren befinden sich Elektrodeneinheiten mit unterschiedlicher Polung. Durch das Berühren der Pflanzen schließt sich der Stromkreis, die Zellen werden zerstört, die Abreife eingeleitet und die Schalenfestigkeit der Kartoffeln gefördert.

Insgesamt arbeitet man bei diesem System mit einer Leistung zwischen 1600 und 5500 Volt und pro Applikator mit bis zu 7 kW. Mit einer Arbeitsbreite von 12 m und einer Geschwindigkeit von bis zu 8 km/h (= 12 kWh/ha) lässt sich eine Flächenleistung von 4 bis 5 ha pro Stunde erreichen. Das Gerät wiegt 2,4 t und an der Zapfwelle sind für den Antrieb 145 kW erforderlich.

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1. Versuchsjahr: Sehr gute Wirkungsgrade erreichbar

Um zu prüfen, welche Sikkationsleistung mit Nucrop möglich ist, kam 2020 ein erstes Versuchsgerät mit einer Arbeitsbreite von 6 m am Standort Bedburg (NRW) in der Sorte Challenger zum Einsatz. In einem sehr großen Versuch wurden insgesamt 41 Varianten geprüft (drei Geschwindigkeiten, mit und ohne einem Additiv- bzw. Salzzusatz, zwei verschiedene Wasseraufwandmengen). Zusätzlich legte man drei Varianten ohne Strom an, um zu untersuchen, welchen Einfluss das Gerät hat.

Am ersten Termin (8.9.2020, BBCH 90) wurden 20 m lange und 6 m breite Parzellen behandelt, die zum zweiten Termin (14.9.2020) unterteilt wurden, um die vier verschiedenen Nachlagen zu untersuchen (die endgültige Parzellengröße betrug somit 10x3 m). Die Parzellen der Kontrolle und der praxisüblichen Standardvariante „0,8 l/ha Quickdown + 2,0 l/ha Toil mit der Nachlage von 1,0 l/ha Shark“ lagen separat.

Je nach Geschwindigkeit betrug die Stromzufuhr 16 bis 48 kWh/ha (2 km/h = 48 kWh/ha, 4 km/h = 24 kWh/ha, 6 km/h = 16 kWh/ha). Je langsamer man fährt, umso mehr Strom wird demnach ausgebracht und desto besser ist die Wirkung (Blätter und Stängel sterben schneller ab). Zu bedenken ist auch, dass die Witterung für die Wirkung eine wichtige Rolle spielt. Je sonniger und wärmer – wie in 2020 –, umso schneller wirkt auch das Nucrop-Verfahren.

Die wichtigsten Ergebnisse

Die zwei unterschiedlichen Wasseraufwandmengen, mit denen das Additiv ausgebracht wurde, hatten kaum einen Effekt auf die Wirkung. Was sich aber deutlich zeigte, war, dass der Salzzusatz zum Additiv die Wirkung der elektrischen Sikkation deutlich verbesserte, sodass es keine Unterschiede mehr zwischen den drei Geschwindigkeiten gab. Das ermöglichte ein schnelleres Fahren ohne Wirkungsverluste. Zudem zeigte sich Folgendes: Besonders bei der Stängelwirkung war das Nucrop-Verfahren der chemischen Variante deutlich überlegen – und zwar unabhängig von der Geschwindigkeit.

Bei den Nachlagen ließen sich keine gravierenden Unterschiede zwischen der chemischen Variante mit 1,0 l/ha Shark und den elektrischen Varianten bzw. den verschiedenen Wasseraufwandmengen feststellen. Die elektrische Variante ohne Nachlage war allerdings langsamer in der Wirkung. Zum Erntetermin am 6.10.2020 waren alle Varianten abgestorben.

Fazit aus 2020

Auch wenn das Testgerät noch nicht ganz ausgereift war, ließen sich damit sehr gute Wirkungsgrade erreichen. Das gilt besonders für die Leistung auf den Stängel.

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2. Versuchsjahr: Gute Leistung bestätigt

In 2021 kam ein Nucrop-Gerät mit einer Arbeitsbreite von 12 m zum Einsatz. Von der LWK NRW wurde am 8.9.2021 wiederum am Standort Bedburg in der Sorte Challenger ein Versuch angelegt – diesmal mit 19 Varianten. Zudem fuhr man jetzt mit dem Gerät durch die Fahrgassen, sodasss die Parzellen nun jeweils links und rechts von der Fahrgasse lagen. Geprüft wurden verschiedene chemische, mechanische und elektrische Varianten bei Fahrgeschwindigkeiten von 6 und 8 km/h (siehe Übersicht in folgender pdf).

Somit wurde 2021 im Vergleich zum Vorjahr deutlich schneller gefahren und weniger Strom „ausgebracht“ (6 km/h = 16 kWh/ha, 8 km/h = 12 kWh/ha).

Wegen der technischen Voraussetzungen legte man die zwei Nucrop-Geschwindigkeiten in getrennte Fahrgassen, sodass am ersten Termin jeweils lange Streifen behandelt wurden. Die unterschiedlichen Nachlagen erfolgten am 16.9.2021 und 23.9.2021 verteilt in diesen Streifen. Das ergab dann eine Endparzellengröße von 10x4,5 m. Die Kontrolle, die chemischen Standard-Varianten und das Krautschlagen lagen ebenfalls in separaten Fahrgassen. Standard waren eine praxisübliche Vorlage von 0,8 l/ha Quickdown + 2,0 l/ha Toil mit einer Nachlage von 1,0 l/ha Shark sowie eine 3er-Behandlung (2x0,8 l/ha Quickdown + 2,0 l/ha Toil mit einer Nachlage von 1,0 l/ha Shark).

Die wichtigsten Ergebnisse

In 2021 zeigte sich Folgendes: Je langsamer man fährt, desto höher ist der Wirkungsgrad (6 km/h waren besser als 8 km/h). Insgesamt waren alle elektrischen Varianten in der Wirkung den chemischen Standardvarianten überlegen (siehe Übersicht).

Neu in diesem Versuch war, dass man bei einzelnen Varianten am selben Tag innerhalb kurzer Zeit (ca. 15 Minuten Abstand) zweimal elektrisch behandelte. Diese Varianten sahen unerwartet gut aus – das Absterbeverhalten war im Vergleich zu zweimal elektrisch im Abstand von acht Tagen schneller. Auch hier zeigten sich Unterschiede zwischen den Geschwindigkeiten.

Zudem wurden Varianten mit dreimal elektrisch angelegt – und zwar zweimal elektrisch im kurzen Abstand am selben Tag und noch einmal elektrisch acht Tage später. Die Erkenntnis: In 2021 brachten diese Varianten keinen Mehrwert. Insgesamt erzielten Dreifachbehandlungen – unabhängig ob chemisch oder chemisch/elektrisch – im Vergleich zu den Zweifachbehandlungen keinen Vorteil.

Eine einmalige elektrische Behandlung ohne Nachlage erwies sich dagegen als nicht ausreichend. Zwischen den Nachlagen chemisch oder elektrisch gab es kaum Unterschiede. Auch in den Varianten mit Krautschlagen ließen sich keine Unterschiede in der Wirkung zwischen der chemischen und der elektrischen Nachlage feststellen. Zum Erntetermin am 7.10.2021 waren alle Varianten bis auf die Kontrolle abgestorben.

Fazit aus 2021

Auch wenn die Witterung in 2021 unbeständiger war und sich die Sikkation hierdurch erschwerte, erzielte das Nucrop-Verfahren – abhängig von der Arbeitsgeschwindigkeit – eine höhere Wirkung als die chemischen Standardvarianten. Wiederum war vor allem die Stängelwirkung besser.

Nicht dargestellt, aber in beiden Versuchsjahren ermittelt, hat die LWK auch den Ertrag, die Sortierung, das Unterwassergewicht (UWG), den Stärkegehalt und Knollensymptome. Negative Auswirkungen auf die Knollenqualität, wie z.B. Gefäßbündelverbräunungen, Nabelendnekrosen oder sonstige Knollensymptome traten nicht auf.

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Ergebnisse weiterer Demoversuche

Zusätzlich hat die Firma Nufarm weitere Demostreifen in NRW, Niedersachsen und Bayern in zahlreichen Sorten mit dem Nucrop-Verfahren angelegt. Dabei zeigte sich, dass in abreifenden Beständen sogar eine einmalige elektrische Maßnahme reichte. In wüchsigen Sorten oder frühen BBCH-Stadien sollte man aber zwei elektrische Behandlungen einplanen. Zudem wurde Folgendes geprüft:

Backqualität: An vier niederländischen Standorten überprüfte die Firma Nufarm in 2020, inwieweit Nucrop-Behandlungen die Backqualität beeinflussen. Verglichen wurde Nucrop mit einer dreifach chemischen Behandlung und einer unbehandelten Kontrolle. In den Sorten Challenger, Innovator, Ramos und Fontane schnitt man pro Versuchsvariante von jeweils 20 Knollen eine Pommes, frittiert sie und ordnete sie nach Farbklassen ein (0 bis 4).

Anschließend erfolgte die Berechnung des Qualitätsindex. Dabei gilt: Je höher der Wert, desto besser ist die Backqualität (bis zum Wert von 2 ist die Qualität noch akzeptabel). Das Ergebnis: Alle Versuchsvarianten erzielten einen durchschnittlichen Wert von 2,8 bis 2,9. Somit hat das Nucrop-Verfahren keinen negativen Einfluss auf die Backqualität.

Keimfähigkeit: Zudem zeigen die niederländischen Versuche, dass sich Nucrop-Einsätze nicht auf die Keimfähigkeit auswirken, also auf die Anzahl und Länge der Keime von Pflanzkartoffeln.

Bodenlebewesen: Ob die elektrische Sikkation mit Nucrop die Bodenlebewesen beeinträchtigt, haben die Firmen crop.zone und Nufarm untersucht. Dazu wurden auf verschiedenen Standorten Säckchen mit Regenwürmern rund 10 bis 15 cm tief in Kartoffeldämme eingegraben. Die Flächen wurden anschließend elektrisch behandelt. Dann kontrollierte man die Säckchen. Das Ergebnis: In beiden Versuchsjahren zeigte sich keine Regenwurmtoxizität.

Fazit

Das innovative Nucrop-Verfahren hat sich in den Versuchen als eine sehr gute Alternative zur chemischen Sikkation in Kartoffeln erwiesen. Vor allem die Stängelwirkung war beeindruckend.

Eine Herausforderung ist bislang das hohe Gewicht des Nucrop-Gerätes. Für 2022 werden auch Geräte mit 9 m Arbeitsbreite angeboten, da hierbei die Ansprüche an den Schlepper niedriger sind und zusätzlich weniger Druck auf den Boden zwischen den Dämmen lastet.

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