Angesichts einer wachsenden Weltbevölkerung, begrenzter Flächenpotentiale und globaler Klimaschutz- und Biodiversitätsziele führt kein Weg an der intensiveren Bewirtschaftung bisher genutzter Äcker unter Zuhilfenahme von mineralischen Düngemitteln vorbei. Diese Schlussfolgerung hat der Vorsitzende des Fachbereichs Pflanzenernährung im Industrieverband Agrar (IVA), Prof. Hermann Kuhlmann gezogen.
„Aktuell werden, ausgerechnet anhand des Proteinverbrauchs, rund 48 % der Menschen weltweit durch Mineraldünger, hergestellt nach dem Haber-Bosch-Verfahren, ernährt“, betonte der IVA-Vorsitzende. Dieser Anteil werde weiter steigen; vor allem unter der Voraussetzung, dass die globale Hungerbekämpfung vorangetrieben werde, wie es in der „Agenda 2030 für eine Nachhaltige Entwicklung“ durch die Vereinten Nationen (UN) vorgesehen sei.
Mit Blick auf die jüngste Entwicklung des Mineraldüngerabsatzes in Deutschland berichtete Kuhlmann allerdings von deutlichen Einbußen. Laut Angaben des IVA ging der Verkauf von Stickstoffdüngern in den ersten neun Monaten des noch bis Ende Juni laufenden Düngejahres 2015/16 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 10 % auf 1,2 Mio t zurück. Im Düngejahr 2014/15 war bei Stickstoff mengenmäßig noch ein Absatzplus von 9 % verzeichnet worden.
Die Gründe für den jüngsten Rückgang liegen Kuhlmann zufolge in der hohen Bestandssituation zum Beginn des Düngejahres. Dass Vorratskäufe der Bauern für Nachfrageschwankungen sorgten, sei nicht ungewöhnlich. Darüber hinaus seien der März und April in diesem Jahr relativ kühl. Nicht zuletzt gäben derzeit außerdem die Düngemittel- und Erzeugerpreise nach, erklärte der IVA-Fachvertreter. Da die potentiellen Käufer davon ausgingen, dass die Preise weiter fielen, hielten sie sich mit dem Erwerb neuer Mittel zurück.
Kaum Flächenpotential vorhanden
Bis zum Jahr 2050 wird der Mineraldüngerverbrauch weltweit gegenüber dem Jahr 2007 notwendigerweise um mehr als ein Drittel ansteigen, prognostizierte Kuhlmann und verwies auf eine Berechnung der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO). Unter der Annahme, dass die Weltbevölkerung innerhalb der kommenden 30 Jahre auf 9,7 Milliarden Menschen anwachse, wovon angesichts der aktuellen Altersstruktur auszugehen sei, müsse die weltweite Getreideproduktion um 46 % zulegen, um die Bevölkerung einschließlich mit Veredlungsprodukten ernähren zu können.
Eine Ausdehnung der Ackerfläche gegenüber der heutigen Nutzung ist Kuhlmann beziehungsweise der FAO zufolge aber nur um 4 % möglich. „Das liegt daran, dass beispielsweise Urwälder, Feuchtgebiete und Grünlandflächen nicht angetastet werden sollten“, erklärte der IVA-Vorsitzende. Eine Ausdehnung der Anbauflächen könnte demnach noch in Brasilien und in Afrika, südlich der Sahara erfolgen.
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