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„Es gibt Pflanzenkrankheiten, die mit Chemie nicht zu kontrollieren sind.“

Bakterien, Pilze, Viren: Pflanzen sind das Ziel ungezählter Attacken. Die Erreger „wollen“ sich in den energiereichen Blättern oder Früchten vermehren und richten dabei oft schwere Schäden an, erklärt Bernd Holtschulte, der bei KWS den Bereich Pflanzenkrankheiten leitet.

Lesezeit: 5 Minuten

Bakterien, Pilze, Viren: Pflanzen sind das Ziel ungezählter Attacken. Die Erreger „wollen“ sich in den energiereichen Blättern oder Früchten vermehren und richten dabei oft schwere Schäden an, erklärt Bernd Holtschulte, der bei KWS den Bereich Pflanzenkrankheiten leitet.

 

„In der Natur gibt es ein ständiges Wettrennen zwischen Pflanzen und Mikroorganismen. Pilze, Viren oder Bakterien infizieren Pflanzen, um sich darin zu vermehren. Die Pflanzen wiederum schaffen sich neue Abwehrmechanismen. Dank ihrer hohen Anpassungsfähigkeit und ihrem großen Vermehrungspotenzial überwinden einige Erreger die Barriere aber wieder. Dieses Rennen ist nie zu Ende. Die Züchtung auf hohe Widerstandsfähigkeit – Pflanzenzüchter sprechen von Resistenzzüchtung – will Pflanzen auf dem Feld vor Schaderregern schützen“, erklärt der Fachmann.

 

Eine besonders wichtige Rolle komme hier der Resistenzzüchtung zu, wenn es gegen einen Erreger gar keine anderen Schutzmaßnahmen gibt. Das sei bei einigen Viruserkrankungen oder Pilzen der Fall. Dies zeigt laut Holtschulte, dass Pflanzenschutz nicht allein über chemische Substanzen funktioniert, sondern auch und besonders über die Züchtung. Und manchmal nur mit ihr.



Zu den besonders wichtigen Gegnern zählt Holtschulte Fusarium-Pilze. Diese Schadpilze in Getreide und Mais setzten mehrere Gifte frei und könnten ganze Ernten verderben. Zudem mindern sie die Keimfähigkeit des Saatgutes und gefährden die Gesundheit von Mensch und Tier. Bekannter sei der Mutterkornpilz, der Vergiftungen bei Mensch und Tier hervorruft. Außerdem gebe es Pflanzenkrankheiten, die weder mit chemischen, biologischen oder ackerbaulichen Maßnahmen wie der richtigen Fruchtfolge zu kontrollieren sind.



Ein Beispiel ist laut dem Leiter die Wurzelbärtigkeit (Rizomania) in der Zuckerrübe: Ein im Boden lebender Pilz überträgt ein krankheitsauslösendes Virus in die Pflanzenwurzel. Dort kann es sich vermehren und zu Schäden führen, die den Ertrag erheblich mindern. „Die Züchtung Rizomania-resistenter Sorten ist die einzige Möglichkeit, den Anbau von Zuckerrüben in vielen Ländern zu ermöglichen. Aber die Resistenzzüchtung spielt in fast allen Pflanzen eine wichtige Rolle. Dafür braucht es allerdings einen langen Atem: Bis eine neue Sorte auf den Markt kommt, vergehen bis zu zehn Jahre intensive Züchtungsarbeit“, erklärt er.



Bei der Resistenzzüchtung bringe man Eigenschaften, die in der Natur, zum Beispiel in den Wildformen der Pflanzen, vorhanden sind, in unsere Kulturpflanzen. Das geschieht häufig durch Kreuzung. Mit den so gewonnenen neuen Eigenschaften könnten Pflanzen dann Pilze, Bakterien oder Viren abwehren. „In der Natur gibt es viele Mechanismen für Widerstandsfähigkeit. Wir unterscheiden grob in vorhandene und nach der Infektion ausgelöste Resistenzen. Beispiele für eine vorhandene Resistenz sind zum Beispiel dickere Wachsschichten auf den Blättern. Das Entstehen dickwandiger Ablagerungen im Zellgewebe, um Pilzen das Wachstum in der Pflanze zu erschweren, ist ein Beispiel für eine nach der Infektion ausgelöste Resistenz“, so Holtschulte weiter.

 

Dabei ist der Klimawandel laut dem Fachmann bei der Arbeit sehr wichtig. Die Klimaforscher erwarten künftig mehr milde und feuchte Winter sowie warme, trockene Sommer. Für Pflanzen bedeute das, dass verstärkt Schaderreger aus südlichen Regionen auftreten und sich ausbreiten werden. „Darauf müssen wir schon heute reagieren: Das Züchten neuer Sorten kann, je nach Fruchtart, zwischen zehn und zwölf Jahren dauern. Vom erwarteten höheren Krankheitsdruck einmal abgesehen gewinnt auch die Widerstandsfähigkeit gegen Trockenheit an Bedeutung. Pflanzenzüchtung braucht also langfristige Planung“, stellt der KWS-Züchter klar.



Seiner Meinung nach wird auch nachhaltiges Wirtschaften zunehmend wichtig. Der Gesetzgeber gebe den Integrierten Pflanzenschutz als ein wichtiges Ziel aus. Kurz gefasst bedeutet dies: Landwirte sollen den chemischen Pflanzenschutz weiter reduzieren. Ein oft gebrauchtes Stichwort ist „So wenig wie möglich, so viel wie nötig“. Hier leiste der Fortschritt in der Resistenzzüchtung einen wichtigen Beitrag: Pflanzen mit mehr Widerstandkraft benötigen weniger chemischen Pflanzenschutz. Zusätzlich sollen der biologische Pflanzenschutz sowie acker- und pflanzenbauliche Maßnahmen dazu beitragen, dass eine nachhaltige Bewirtschaftung der landwirtschaftlichen Nutzflächen stattfindet.



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„Wenn wir uns auf das Ziel verständigen, zur Versorgung der wachsenden Weltbevölkerung höchstmögliche Flächenerträge zu erzielen, dann geht das derzeit nur über eine möglichst gute Kombination aus Pflanzenzüchtung und Pflanzenschutz. Pflanzen müssen in der frühen Phase ihrer Entwicklung über eine Saatgutbehandlung geschützt werden, weil die natürliche Widerstandsfähigkeit in dieser frühen Wachstumsphase nicht ausreichend ist oder weil die Resistenzeigenschaften sich erst in einer späteren Phase der Pflanzenentwicklung ausprägen“, sagt Holtschulte.



Die Weltbevölkerung wächst bis zum Jahr 2050 auf voraussichtlich 9,7 Milliarden Menschen. Zugleich ist die landwirtschaftliche Nutzfläche begrenzt. Auf gleicher Fläche muss also der Ertrag steigen. Laut dem Fachmann trägt die Pflanzenzüchtung schon heute dazu bei, Verluste durch Krankheiten und Schädlinge zu verringern und die Erträge um etwa 1,5 Prozent im Jahr zu steigern.

 

Holtschulte ist überzeugt, dass der Resistenzzüchtung künftig eine noch größere Rolle zukommen wird: „Derzeit zeichnet sich ab, dass in den nächsten Jahren viele chemische Wirkstoffe nicht mehr zugelassen werden. In der Folge werden weniger Pflanzenschutzmittel zur Verfügung stehen. Hier kann die Pflanzenzüchtung wichtige Beiträge leisten.“



Schaderreger würden immer wieder Resistenzen durchbrechen. In vielen Fällen sei dies nur eine Frage der Zeit. Wird die Widerstandsfähigkeit nur durch ein Gen in den Pflanzen kontrolliert, können Resistenzen sehr schnell überwunden werden – das heißt, in wenigen Jahren. Sind zwei, drei oder noch mehr Resistenzgene in einer Sorte beteiligt, geht man von davon aus, dass die Resistenz deutlich länger anhalten wird, so der KWS-Manager.

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