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Neue Züchtungsmethoden

EU-Studie: Gentechnik-Debatte neu entfacht

Die EU-Kommission feuert mit einer Studie die Gentechnik-Debatte an. Wie soll man Gentechnik in Zukunft regulieren? Und wie kann die Politik Schritt halten mit der Wissenschaft? Die Reaktionen:

Lesezeit: 6 Minuten

Eine Studie der EU-Kommission zu neuen biotechnologischen Züchtungsmethoden hat die Debatte um die grüne Gentechnik in Deutschland und Europa neu befeuert. In den Ergebnissen der Studie stellt die EU-Kommission klar: Auch neue biotechnologische Züchtungsmethoden sollten unter das EU-Gentechnikrecht fallen. Die Gesetze aus dem Jahr 2001 seien jedoch ungeeignet, um die Vielfalt und die Fortschrittlichkeit aller neuen Züchtungstechniken abzubilden, so die EU-Kommission. Die Reaktionen aus Politik, Wissenschaft und Verbänden sind vielfältig.

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Pflanzenzüchter: Gentechnikrecht an Stand der Wissenschaft anpassen

Der Grain Club, eine Verbändeallianz der deutschen Agrar-, Gartenbau- und Ernährungsbranche, begrüßt die Studie der EU-Kommission. Dr. Carl-Stephan Schäfer, Geschäftsführer des Bundesverbandes Deutscher Pflanzenzüchter e. V. betont: „Neue Methoden der Pflanzenzüchtung ergänzen die bisherigen Verfahren und können den Züchtungsprozess entscheidend verbessern. Eine differenzierte Bewertung der Methoden ist der Schlüssel für einen verantwortungsvollen Einsatz zum Nutzen von Landwirtschaft und Gesellschaft.“

Wissenschaft und Politik gespalten

Bereits im Vorfeld der Veröffentlichung der EU-Studie hatten sich viele Akteure zur Gentechnik geäußert. Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) machte deutlich, dass auch neue Gentechnik Gentechnik sei. Schulze hält die Restrisiken der biotechnologischen Züchtungsmethoden für größer als deren potentiellen Nutzen. Viele Wissenschaftler fordern seit langem eine Öffnung in Richtung neuer Züchtungsverfahren wie der Genschere CRISPR/CAS 9. Zuletzt hatte der Göttinger Agrarökonom, Matin Qaim, mit einer Forderung für Aufsehen gesorgt, mit Hilfe der Genschere robustere Pflanzen für den Ökolandbau zu entwickeln.

Klöckner: EU-weit gemeinsame Regeln schaffen

Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) befürwortet die Initiative der EU-Kommission ausdrücklich, den Rechtsrahmen für die Gentechnik zu modernisieren: „Auf europäischer Ebene müssen wir gemeinsam Regelungen schaffen, die mit wissenschaftlichen Erkenntnissen Schritt halten und eine differenzierte Risikobewertung ermöglichen.“ Man dürfe sich der Technologien angesichts des Klimawandels nicht verschließen und müsse sie „verantwortungsvoll nutzen“, so Klöckner. Zuspruch bekommt die Ministerin aus der FDP-Bundestagsfraktion. Carina Konrad, die FDP-Berichterstatterin zum Thema Gentechnik und neue Züchtungsmethoden, fordert, die Eigenschaften neu gezüchteter Pflanzen zu bewerten. Die Züchtungsmethode solle keine Rolle spielen: „Wir brauchen dringend ein Update des EU Gentechnikrechts, entscheidend muss das Produkt sein, nicht der Weg seiner Entstehung. Das bringt Innovation und Transparenz!"

Das sieht der agrarpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Albert Stegemann, ähnlich. Er hält es für wichtig, die Chancen neuer Züchtungsmethoden klar zu benennen: „Wir brauchen eine Kommunikationsoffensive von Unternehmen, Wissenschaft und Politik, um die Offenheit in der Gesellschaft für die Chancen neuer Züchtungstechnologien zu stärken.“ Nutzpflanzen, die weniger Pflanzenschutzmittel benötigen oder weniger Wasser verbrauchen, seien der Schlüssel für eine Ressourcen-schonende Ernährungsweise, so Stegemann.

Linke: Gentechnik ist Gentechnik

Das sieht Kirsten Tackmann, agrarpolitische Sprecherin der Linken anders. Für sie gilt: „Auch neue Gentechnik ist Gentechnik!“ Die Studie der EU-Kommission hält sie für einen Versuch, der Gentechniklobby die Türen zu öffnen.

Wissenschaftler plädieren für unvoreingenommene Debatte

Im sozialen Netzwerk Twitter äußerten sich neben Politikern viele Wissenschaftler zur EU-Studie. Junge europäische Forscher machen sich im Internet unter dem Hashtag #GiveGenesaChance (Gib Genen eine Chance) für eine unvoreingenommene, faktenbasierte Debatte zu neuen Züchtungsmethoden stark. Darunter sind auch Prof. Peter Breunig, Agrarökonom an der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf und David Spencer, Pflanzenphysiologe von der RWTH Aachen.

Der agrarpolitische Sprecher der Grünen im Europaparlament, Martin Häusling, hält die Argumente der Wissenschaftler für leere Versprechen. „Neue Gentechnik ist nicht ohne Risiko“, schrieb er auf Twitter. Sein Kollege aus dem Bundestag, Harald Ebner, sieht das europäische Vorsorgeprinzip bedroht. Er meint: „Für die zweifelhafte Hoffnung auf Gentechnik-Wunder darf Europa den Schutz der Umwelt nicht opfern.“ Die EU-Kommission erkennt in ihrer Studie hingegen positive Umwelteffekte, die neue Züchtungstechniken, bei richtiger Anwendung, haben können.

DBV: Offen gegenüber Innovationen

Für Innovationsoffenheit in der Bewertung biotechnologischer Verfahren plädiert auch der Deutsche Bauernverband (DBV). DBV-Generalsekretär Bernhard Krüsken sieht Handlungsbedarf, um die Herausforderungen des Klimawandels zu meistern: „Unsere Bauern brauchen dringend neue Züchtungstechniken, um schnell widerstandsfähigere Kulturpflanzen zu erhalten. Wir sollten hier stärker auf die Wissenschaft hören und weniger idiologisch argumentieren.“

AbL: Verbraucher wollen keine Gentechnik

Der Bund Deutscher Milchviehhalter (BDM) warnt hingegen, vor dem Hintergrund vermeintlich schneller Lösungen für drängende Klimaprobleme die notwendige Sorgfaltspflicht bei der Folgenabschätzung der neuen Gentechnik über Bord zu werfen. Die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) bläst ins selbe Horn. Die AbL-Gentechnikexpertin, Annemarie Volling zeigt sich enttäuscht von den bisherigen Versprechungen der Gentechnik: „Bislang sind die versprochenen trockenresistenten neuen Gentechnik-Pflanzen oder solche, die tatsächlich zur Nachhaltigkeit beitragen könnten, jedoch in weiter Ferne.“ Außerdem seien es die Konsumenten, die in großer Mehrheit gentechnikfreie Lebensmittel forderten, so Volling. Gemeinsam mit 90 Verbänden aus dem Umwelt- und Tierschutzbereich hatte die AbL in der vergangenen Woche für ein striktes Gentechnikrecht geworben.

Für den Vorsitzenden des Bundes der ökologischen Lebensmittelwirtschaft (BÖLW), Dr. Felix Prinz zu Löwenstein lenkt die Fixierung auf Technologien vom Wesentlichen ab: „Die eigentliche Frage ist doch, wie man zu einer Landwirtschaft und Ernährung kommt, die im Einklang mit den planetaren Grenzen genügend gesundes Essen für alle produziert.“ Die Antwort dafür liege nur zu einem sehr kleinen Teil im Genom der Pflanzen. „Technologien, die das aktuelle System zementieren, verhindern die Transformation, die wir so dringend brauchen“, so der BÖLW-Vorsitzende.

Umweltverbände: Risiken zu hoch

Für Umweltverbände, wie den Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), bergen Änderungen am Gentechnikrecht zu viele Risiken. Daniela Wannemacher, Gentechnik-Expertin des BUND meint: „Der Rechtsrahmen für Gentechnik darf nicht aufgeweicht werden, denn die neuen Techniken bringen auch neue, zusätzliche Risiken, über deren Folgen wir noch zu wenig wissen. Die Zukunft der Landwirtschaft ist gentechnikfrei.“

EU-Kommission: Offener Dialog zum Gentechnikrecht

Die EU-Kommission hat einen offenen Dialog zu den neuen Züchtungsmethoden angekündigt. Dieser Vorschlag findet bei allen Beteiligten viel Zuspruch. Die Reaktionen auf die Studie lassen vermuten: Die Debatte um die neue Gentechnik geht gerade erst richtig los.

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