Die Saatgut-Treuhandverwaltung (STV) hatte bei wiederholtem Verstoß gegen die Saatgutnachbau-Gebührenregelung einen pauschalierten Schadenersatz in Höhe der 4-fachen Z-Lizenz von den Landwirten eingefordert. Dabei spielte es auch keine Rolle, ob ein Schaden für die Saatguthersteller eingetreten war oder nicht.
Das verstößt jedoch gegen die Sortenschutzgrundverordnung Art. 94 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 2100/94, entschied jetzt der Europäische Gerichtshof in Luxemburg.
Keine ausreichende Rechtsgrundlage
Die STV hatte sich auf die Vorschrift Art. 18 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1768/95 der Europäischen Kommission berufen, wonach eine Forderung eines Schadenersatzes in Höhe der 4-fachen Z-Lizenz erlaubt ist. Der EuGH hat aber nun festgestellt, dass diese Durchführungsvorschrift die Grenzen der Grundverordnung überschreitet. Die Kommission war also nicht berechtigt, diese die Saatgutindustrie begünstigenden Vorschrift zu schaffen.
Daher könne weder die Saatgut-Treuhandverwaltungs GmbH (STV) noch ein anderer Züchter für einen wiederholten Verstoß gegen die Nachbaubestimmungen einen Schadenersatz oberhalb der einfachen Z-Lizenz fordern, wenn kein weitergehender Schaden behauptet und nachgewiesen wird, zeigt sich Georg Janßen, Geschäftsführer der IG-Nachbau, erleichtert.
Mittelständische Pflanzenzüchtung statt Patente auf Saatgut
Der für die IG Nachbau tätige Rechtsanwalt Jens Beismann aus Hannover begrüßt das Urteil ebenfalls. In zahlreichen Rechtsstreitigkeiten hat er, wie nun der EuGH und zuvor der EuGH-Generalanwalt, argumentiert und auf eine höchstrichterliche Entscheidung gedrungen. „Das heutige Urteil ist nicht nur für diejenigen landwirtschaftlichen Betriebe ein Erfolg, die sich gerade einer Forderung der STV über eine vierfache Z-Lizenz ausgesetzt sehen, sondern auch für die, die eine Zahlung auf die Forderung nur unter Vorbehalt geleistet haben. Sie können nun den überzahlten Betrag von der STV zurückfordern“, so Janßen.
20 Jahre Drohungen und Einschüchterungen
Die im Auftrag des BDP von der Saatgut-Treuhandverwaltungs GmbH seiner Meinung nach „willkürlich festgesetzte vierfache Gebühr“ sei „reine Abzockerei zum Nachteil der Landwirte“, so der AbL-Bundesgeschäftsführer Janßen weiter. „Wir wertschätzen eine breit aufgestellte mittelständische Pflanzenzüchtung, die auf Sortenvielfalt und Gentechnikfreiheit setzt und die für ein Verbot von Patenten auf Saatgut eintritt.“
Wichtig sei der IG Nachbau aber auch Augenhöhe zwischen Pflanzenzüchtern und Landwirten. Davon könne keine Rede sein. Dem BDP wirft Janßen seit über 20 Jahren vor, die Bauern mit der STV einzuschüchtern, ihnen zu drohen, sie zu kontrollieren und abzukassieren. „Die IG Nachbau fordert den BDP nach dem Urteil des EuGH auf, die Attacken auf die Landwirtschaft einzustellen, alle laufenden Klageverfahren zurück zu ziehen und über die Abschaffung der Nachbaugebühren-Regelung zu verhandeln.“