Die Klarstellung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH), nach der die Ausbringung von Pflanzenschutzmitteln als Emission zu werten ist, erzeugt vielfache Reaktionen. Umweltgruppen und die Opposition im Bundestag hoffen auf weitere Transparenz bei der Zulassung von Pflanzenschutzmitteln. Bayer sagt seine Unterstützung für den öffentlichen Zugang zu sicherheitsrelevanten Studien zu.
Der Urteilsspruch des EuGH von dieser Woche weckt bei Umweltgruppen und der Opposition im Bundestag Hoffnungen auf weitere Informationen über Wirkung, Risikobewertung und Zulassung von Pflanzenschutzmitteln. „Das Urteil ist ein Sieg für mehr Transparenz in der wissenschaftlichen Beurteilung von Chemikalien“, sagte Christiane Huxdorff, die bei Greenpeace für Landwirtschaft zuständig ist. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) müsse nun alle Untersuchungen veröffentlichen, die sie zur Risikobewertung von Glyphosat verwendet hat, lautet ihre anschließende Forderung. Dazu zählten auch jene, die von den betroffenen Unternehmen selbst stammen. Für die weiteren Beratungen zur Wiederzulassung von Glyphosat, die 2017 anstehen, „dürfte das Urteil immens wichtig sein“, prognostizierte Huxdorff.
EuGH stellte Grundsatzurteil auf
Das EuGH hatte am Mittwoch in einem Grundsatzurteil entschieden, dass auch die Ausbringung von Pflanzenschutzmitteln als Emission zu werten ist. Daraus folgt ein größerer öffentlicher Informationsanspruch. Das Urteil geht unter anderem auf eine Klage von Greenpeace zurück, mit der die Umweltorganisation von der EU-Kommission die Herausgabe von Dokumenten zur Genehmigung von Glyphosat verlangte.
Opposition fordert Neubewertung von Glyphosat
Zufrieden mit dem EuGH-Spruch zeigen sich auch Oppositionspolitiker aus dem Deutschen Bundestag. Harald Ebner von Bündnis 90/Die Grünen hält die vom EuGH angemahnte Transparenz für wichtig, damit unabhängige Wissenschaftler die Gefahren von Glyphosat und anderen Pflanzenschutzmitteln besser beurteilen und Risikobewertungen der Behörden überprüfen könnten. „Die Glyphosat-Debatte hat gezeigt, dass Geheimniskrämerei niemandem nützt, am Ende nicht einmal den Herstellern selbst, die damit ins Zwielicht geraten“, sagte Ebner. Auch die agrarpolitische Sprecherin der Linken, Kirsten Tackmann, erwartet, dass mit dem Urteil die Debatte über Glyphosat neu aufgerollt wird. „Jetzt kann und muss ganz neu über eine mögliche Gesundheitsgefährdung durch Glyphosat und Co. entschieden werden“, sagte Tackmann. Aus ihrer Sicht ist es „völlig inakzeptabel“, das der Glyphosat Hersteller Monsanto die vollständige Zusammensetzung von Glyphosat geheim halten will. Sie begründet das mit dem Verdacht, dass Glyphosat gesundheitsschädlich sei.
Bayer will Zugang unter Bedingungen gewähren
Offensiv äußert sich der Pflanzenschutzmittelhersteller Bayer zu dem Urteil. Der Konzern ist von dem Richterspruch gleich zweimal betroffen. Zum einen hatte das EuGH auch einer niederländischen Bienenstiftung Recht gegeben, die für die Herausgabe von Informationen von Bayer zum Wirkstoff Imidacloprid geklagt hatte. Außerdem steht Bayer mit der geplanten Übernahme von Monsanto im Zentrum der Glyphosat Debatte. Bayer unterstütze die vom EuGH festgelegten Grundsätze für den Zugang der Öffentlichkeit zu Pflanzenschutzmittel-Studien unter der Voraussetzung, dass vertrauliche Daten geschützt sind, teilte Bayer am Donnerstag als Reaktion auf das Urteil mit. „Falls erforderlich, wird Bayer die Behörden im Fall von Anfragen nach Zugang zu sicherheitsrelvanten Pflanzenschutzmittel-Studien unterstützen“, versprach das Unternehmen weiter. Außerdem arbeite Bayer an einer Lösung, die den öffentlichen Zugang ermögliche und zugleich die vertraulichen gewerblichen Schutzrechte des Unternehmens wahre. Das Unternehmen will nach eigenen Angaben einen offenen und transparenten Dialog mit allen interessierten Parteien fördern.