Um künftig weniger Pflanzenschutz zu verwenden, haben fast 60 deutsche Pflanzenzüchter das neue deutsche Forschungsvorhaben „Pilztoleranz von Weizen mittels neuer Züchtungsmethoden", kurz Pilton, gestartet. „Mit dem Projekt wollen wir prüfen, welchen Nutzen neue Züchtungsmethoden für eine ressourcenschonende und produktive Landwirtschaft haben. Konkret geht es darum, das Potenzial zur Einsparung von Pflanzenschutzmitteln zu evaluieren", erklärte Stephanie Franck, Vorsitzende des Bundesverbands deutscher Pflanzenzüchter, kurz BDP. Statt weiter Positionspapiere zu veröffentlichen, wolle man praktisch zeigen, welche Chancen die neuen Züchtungsmethoden (Genome editing-Verfahren) böten, so Franck weiter.
Pilton nutzt natürliche Technik des Weizens
Nicht nur eine Sorte, sondern alle Weizensorten sollen am Projektende so gezüchtet werden können, dass sie gegen Braunrost, Gelbrost, Fusarium und Septoria tolerant sind. Bislang hat Weizen zwar einen eigenen Abwehrschutz gegen Pathogene wie Septoria. Doch ein Regulatorgen schaltet diesen Schutz während der Alterung der Pflanzen ab – dann haben Krankheiten leichtes Spiel. Das wollen die Forschenden mittels CRISPR/Cas verhindern. Die auch als „Genschere“ bekannte Technik setzt einen gezielten Schnitt im Genom des Weizens. Diesen repariert die Pflanze selbst, baut jedoch einen Fehler ein. Das Ergebnis davon: Jenes Gen, das den Abwehrschutz abschaltet, kann nicht mehr abgelesen werden. Der Schutz bleibt also bestehen.
„Wir nutzen das, was der Weizen auf natürliche Weise selbst tut. Er macht es nur nicht lange genug“, erklärt dazu Dr. Anja Matzk, Head Plant Biotechnology Innovation beim Projektpartner KWS. Dass dieses bestimmte Gen nicht mehr abgelesen wird, könne man auch klassisch in den Weizen einzüchten, so Matzk weiter. Das dauere allerdings länger. In drei bis fünf Jahren wollen die Forschenden Ergebnisse liefern.
Mit CRISPR/Cas in die Zukunft
Zunächst stehen nun Laborarbeit und Versuche in der Klimakammer und dem Gewächsahus an. Danach stehen die notwendigen Freilandversuche auf dem Plan. Hier liegt der Knackpunkt: Die Freilandversuche finden unter Einhaltung der EU-Gentechnik-Freisetzungrichtlinie statt, denn der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte 2018 die Genome editing-Verfahren wir Crispr/Cas als Gentechnik eingestuft.
Große Hoffnung in das Projekt setzt auch Dr. Klaus Wagner als Landwirt, thüringischer Bauernverbandspräsident und Vorsitzender für Saatgutfragen beim Deutschen Bauernverband. Auch wenn Pilzkrankheiten in den letzten trockenen Jahren keine Rolle gespielt haben – Landwirte stehen vor großen Herausforderungen: Klimaveränderung und der Wegfall vieler Pflanzenschutzmittel mache angepasste Sorten notwendig. Und gerade bei der politischen Zielsetzung der Pflanzenschutzmittelreduktion könne die Methode CRISPR/Cas helfen. „Wir können uns es nicht leisten, darauf zu verzichten", so Wagner.
Am Ende hoffen alle Beteiligten, dass das Projekt erfolgreich ist und pilztolerante Weizensorten zugelassen werden. Das Gemeinschaftsprojekt soll zudem Erkenntnisse dazu liefern, wie Züchter die Genome editing-Methode nutzen können – insbesondere vor dem Hintergrund bestehender Schutzrechte (Lizenzen). „Die Entwicklung hat keinen Sinn, wenn sich die Züchter das nicht leisten können“, meint BDP-Vorstizende Franck.