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Frage an Donald Bäcker: Gibt es jetzt jedes Jahr eine Dürre?

Die letzten zwei Dürrejahre haben Bauern und Waldbesitzer aufgeschreckt: Wird das jetzt Normalzustand? Was ist noch Wetter und was schon Klimawandel? Antworten gibt TV-Meteorologe Donald Bäcker.

Lesezeit: 7 Minuten

Mit der Wahl des Meteorologen Donald Bäcker – bekannt aus dem ARD-Morgenmagazin - als Redner beim diesjährigen Landwirte-Forum hat die Volksbank Beckum-Lippstadt den Nerv der Zuhörer getroffen: Müssen wir uns künftig dauerhaft auf Dürren im Sommer einstellen? Ist das schon der menschgemachte Klimawandel? Dazu lieferte der Fachmann am Montag in Beckum (NRW) den anwesenden Bauern zahlreiche Fakten und Hintergründe. Deutlich wurde: So einfach, wie es sich Klimawandel-Leugner, aber auch Klimawandel-Verteidiger machen, ist es nicht.

Zunächst schilderte Bäcker, der bei der Cumulus Media GmbH angestellt ist, von welchen zahlreichen Faktoren das Wetter beeinflusst wird. Stabil sei das Wetter noch nie gewesen. Selbst die Meteorologen untereinander würden über den Einfluss des Menschen auf das Wetter streiten. Fakt ist, dass der Mensch über den CO2-Ausstoß Einfluss nimmt. Wobei 93,5 % aus natürlicher CO2-Produktion stammen und 6,5 %, das sind 34 Mrd. t, vom Menschen verursacht wurden. Wie lange dieses Kohlenstoffdioxid in der Atmosphäre verweilt, ist umstritten. Von den weiteren Klimagasen Methan und Lachgas weiß man, dass es 9 Jahre bzw. 114 bis 131 Jahre in der Luft bleibt.

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So kam es zu der vergangenen Dürre-Wetterlage bei uns

Die drängendste Frage für die Landwirtschaft ist aber, ob wir uns an extreme Wetter gewöhnen müssen. Dazu erläuterte Bäcker anhand einer Grafik, warum es in den vergangenen Jahren zu dieser stabilen Trockenheit kam.

Normalerweise liegt die Kaltluft über dem Nordpol, die Ausläufer reichen wellenartig nach Europa hinein und verschieben sich häufiger. So entsteht ein ausgeglichener Mix aus Kaltluft sowie Warmluft aus dem Süden. Diese Rossby Wellen haben meist viele Ausläufer, z.B. acht, die nach Süden reichen. Bei der Blockierungs-Wetterlage 2018 gab es hingegen nur vier Rossby-Wellen. Der Kaltlufttropfen auf europäischer Seite lag jedoch westlich von Frankreich und Spanien über dem Atlantik, der nächste östlich über Sibirien. Dazwischen hatten wir das Hoch aus dem Süden, erklärt der Meteorologe weiter.

Durch den Stillstand dieser Lage konnte Sahara-Luft langsam nach Deutschland einströmen, die sonst übliche Durchmischung blieb aus. „Hätte sich die Wetterlage nur ein wenig gedreht und der Kaltlufttropfen wäre über Deutschland gewesen, hätte es den ganzen Sommer durch geregnet und gestürmt, so wie in Russland“, verdeutlicht Bäcker. Dies sei nicht vorhersehbar, zeige aber, dass es nicht zwangsläufig jeden Sommer eine Trockenheit geben muss, sondern auch das Gegenteil möglich ist.

Als Gründe für die Blockierungswetterlage nannte der Moderator die gesunkene Temperaturdifferenz zwischen Nordpol und Mittelmeer. Da sich die Werte angenähert haben und keine großen Windströmungen mehr auslösten, hielt sich das Wetter so extrem fest.

Dass es dabei über 40 °C heiß wurde, hat laut Bäcker viele Fachleute überrascht. „Die Erklärung ist aber einfach: Normale Höchstwerte im Sommer reichen bis an 38 °C heran. Die übliche Bodenfeuchte sorgt durch Verdunstung dafür, dass dies bislang das Maximum war. Durch die extreme Trockenheit gab es aber nichts mehr zu Verdunsten. Dieser fehlende Kühleffekt des Bodens bewirkt 2 °C, so dass die 40°C überschritten wurden.

Wird es vermehrt Extremwetter geben?

Auf die Frage, ob es künftig zunehmend Extremwetter geben wird, stellte Bäcker zunächst folgende Hintergründe klar:

  • Rekorde gab es immer wieder
  • Rekorde wird es immer geben
  • Schnelle und extreme Wetterwechsel sind in unseren Breiten normal
  • Stärkere Gewitter durch mehr Wasserdampf
  • Hochwassergefahr oft durch Eingriffe des Menschen verstärkt
  • Blockierungswetterlagen begünstigen Hochwasser und Dürre

„Prinzipiell gibt es kaum eine Zunahme von Unwettern“, stellt Bäcker fest. Er kritisiert in diesem Zusammenhang seine Kollegen von der Tagesschau, die in den Nachrichten bei Berichten zu Unwettern häufig dramatisieren und den Klimawandel anführen. Beispielsweise sei das Hochwasser in Venedig ganz einfach mit dem Zusammentreffen normaler Wetterereignisse erklärbar. Dass die Folgen jedoch immer schlimmer werden, habe der Mensch zu verantworten, z.B. indem er Überflutungsflächen trockenlegt, Flüsse begradigt oder zu nah an Gewässer baut. Auch die zunehmenden Monokulturen würden die Folgen verstärken.

Was laut dem Wetterexperten jedoch stimmt, ist eine leichte Erhöhung der Schwergewitter mit Hagelschlag und Hochwasser. Laut dem Deutschen Wetterdienst sei aber noch nicht ganz nachgewiesen, ob dies mit dem Klimawandel zusammenhängt. „Mir ist beim Thema Klimawandel wichtig, dass die Diskussion offen bleibt und alle Argumente und Fakten herangezogen werden. Klar ist z.B., dass die Fichte hier nicht in unsere Breiten hingehört. Dass sie vertrocknet ist also keine Folge des Klimawandels, sondern ein vom Menschen gemachtes Problem“, verdeutlichte Bäcker.

Forscher seien sich allerdings sicher, dass das Klima extremer wird. Bäcker zeigte dazu etliche Grafiken mit Temperaturen und Feuchtigkeiten im Jahrhundertvergleich. Demnach gab es zwar schon in den 50er und 60er Jahren Blockierungswetterlagen mit heißen Sommern und sehr kalten, schneereichen Wintern, die Folgejahre waren aber wieder normal. Ab 1991 zeige sich jedoch ein durchgehender Temperaturanstieg. Auch die Sonnenscheindauer nimmt weiter zu.

„Der Trend ist, dass die Sommer rein statistisch nasser werden. Allerdings bedeutet das in der Praxis, dass es 29 Tage nicht regnen kann und der komplette Monatsregen am 30. Tag als Starkregen fällt. Rein statistisch wäre das dann ein normaler Monat, in der Realität aber Dürre mit Hochwasserereignis“, verdeutlicht Bäcker die Tücken der Statistik. Mit seinen Kollegen ist er sich sicher, dass die Dürrephasen länger werden. Wenn es dann regnet, gibt es viel Wasser in kürzester Zeit, das allerdings regional wieder sehr unterschiedlich: „Während bei dem einen Landwirt die Felder unter Wasser stehen, kann der andere einige Kilometer weiter nicht einen Tropfen abbekommen“, warnt Bäcker.

Fest steht: Sollte es 2020 ein drittes Dürrejahr in Folge geben, wäre dies dramatisch, alle Reserven seien aufgebraucht. Die Böden seien ab 1 m Tiefe noch immer knochentrocken. Messbar sei auch, dass das Frühjahr immer eher beginnt. Die Blüte starte früher, die Schneeglöckchen erscheinen. Und das zu einer Zeit, wo es regulär noch zu kalten Lufteinbrüchen aus dem Norden kommt. Die Verluste bei den Obstbauern dürften daher steigen. Messungen ergaben, dass auch die gesamte Vegetationszeit heute 20 Tage länger ist als früher.

Folgen für die Landwirtschaft

  • Verschiebung und Verkürzung des Entwicklungsverlaufes
  • Schlechtere Vernalisation nach milden Wintern (schossen, blühen)
  • Probleme mit dem Wasserhaushalt
  • Wind- und Wassererosion (oft durch Menschen verursacht)
  • Nitratauswaschungen in feuchten Wintern
  • Schäden durch Dürre- und Überflutungsphasen
  • Einwanderung von Schadpflanzen wie Ambrosia, Eleusine, Cyperus
  • Zunahme von Krankheiten
  • Zunahme von Schaderregern (Milben, Schnecken, Pilze…) bzw. Einwanderung nicht heimischer Arten
  • Schnellerer Wirkstoffabbau, veränderte Wirkdauer durch verstärkte UV-Strahlung
  • Versorgung des Viehs über Winter durch Dürrejahre gefährdet

Anpassungsstrategien

  • Fruchtarten und Fruchtfolge
  • Neue Sorten, bzw. Risikostreuung, Resistenzzüchtung
  • Bodenschutz durch Zwischenfrüchte, Mulch- und Direktsaat (Erosion, Verdunstung, Humusbildung, Wasserhaltefähigkeit)
  • Schonendes befahren, Schutzstreifen
  • Optimierung der Düngung und Anwendung von Pflanzenschutzmitteln
  • Wassermanagement, alternative Wasserquellen (aus Klärwerken)
  • Bewässerung teils zwingend notwendig (teuer, nicht immer realisierbar)
  • Weiterentwicklung von Insektiziden
  • Alternativkulturen
  • Präzisionslandwirtschaft (Steuerungs-, Regelungs- und Informationstechnologie)

Aussichten für Europa und Deutschland

  • Wetterlagen, die im Sommer Dürre/Hitze bringen, sorgen im Winter für extreme Kälte
  • Schneechaos in den Alpen möglich
  • Blockierungswetterlagen treten häufiger auf
  • Große regionale Unterschiede
  • Längere Dürreperioden im Wechsel mit Starkregenereignissen
  • Insgesamt Niederschlagszunahme
  • Keine langfristige Vorhersage möglich

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