Einloggen / Registrieren

Startseite

Schlagzeilen
Messen & Termine
Themen
Wir für Euch
Heftarchiv
Sonstiges

Bürokratieabbau Maisaussaat Stilllegung 2024

topplus Prof. Dr. Klaus-Dieter Jany

Gentechnik vs. Genome Editing: "EuGH-Urteil ist Ausdruck von Politikversagen"

Bei der Bewertung neuer Pflanzenzuchtmethoden mussten die Richter des EuGH zwangsläufig auf Grundlage alter, aber heute noch gültiger Gesetze zur Gentechnik entscheiden. Dadurch steckt die Pflanzenzucht heute in einem gefährlichen Dilemma. Warum, erklärt Prof. Jany.

Lesezeit: 4 Minuten

Unverständnis über das Urteil des Europäischen Gerichtshof zu neuen Pflanzenzuchtmethoden wie Genome Editing und Crispr/Cas hat Prof. Dr. Klaus-Dieter Jany vom Wissenschaftlerkreis Grüne Gentechnik (WGG) in Frankfurt geäußert.

Wie er bei einer Tagung des Deutschen Verbandes Tiernahrung am Mittwoch in Bad Sassendorf sagte, habe es schon immer verschiedene Formen gentechnischer Veränderungen gegeben. Dass die Richter des EuGH plötzlich Genome Editing wie Gentechnik bewerten, sei nicht ihnen anzulasten, sondern der Untätigkeit der Politik. Die Richter würden lediglich auf Gesetzesgrundlage entscheiden.

Das Wichtigste zum Thema Ackerbau dienstags per Mail!

Mit Eintragung zum Newsletter stimme ich der Nutzung meiner E-Mail-Adresse im Rahmen des gewählten Newsletters und zugehörigen Angeboten gemäß der AGBs und den Datenschutzhinweisen zu.

„Das Urteil spiegelt das Versagen von Politik und insbesondere der EU-Kommission wider. Beharrlich hat man sich einer Revision der Richtlinie, die letztlich auf den Wissensstand aus den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts zurückgeht, verweigert. Die Fortschritte in Wissenschaft und Technik und die daraus gewonnenen Erkenntnisse wurden weitgehend ignoriert. Eine Anpassung der Freisetzungsrichtlinie an den Stand von Wissenschaft, Technik und Sozio-Ökonomie wurde aus politischen Gründen nicht vorgenommen“, so Jany.

Aus für Gentechnikinnovationen aus Deutschland

Der Professor ist davon überzeugt, dass die Gentechnik weiter auf dem Vormarsch ist. „Ob wir wollen oder nicht. Vielleicht kann sich Europa noch ein paar Jahrzehnte ausklinken, Geld ist ja da. Aber die Fortschritte kommen unweigerlich“, sagt Jany und meint das designen der Natur und die Neuzusammensetzung von Genen zum Nutzen der Menschheit. Er erinnert daran, dass 2050 zwischen 8 und 10 Mrd. Menschen ernährt werden müssen. Probleme um genügend Nahrung und Wasser zeichnen sich ab.

Die europäische Pflanzen- und Tierzüchtung ist seinem Wissen nach vorwiegend klein- und mittelständisch und weist ein hohes innovatives Forschungspotenzial auf. Das EuGH-Urteil hat hier direkte Folgen: „Ihre Innovationen – erzeugt mit Hilfe genom-editierter Organismen – werden sie nun kaum umsetzen können. Der Konkurrenzkampf wird noch schärfer und ihr eigenständiges wirtschaftliches Überleben weiter erschwert. Die Konzentration auf wenige multi-nationale Konzerne wird gefördert, denn nur diese können die kostenaufwändigen Zulassungs- und Umweltprüfverfahren noch aufbringen“, kritisiert der frühere EFSA-Mitarbeiter.

Die unteren Ebenen bei der EU-Kommission, die die Gesetze schreiben, sind laut Jany sogar recht offen und versiert. Nur sobald es in die politische Ebene gehe, werde es schwer. In Deutschland beispielsweise habe die SPD festgeschrieben, Gentechnik zu verbieten. Also bemühe sich gerade die gesamte Fachwelt, dieses Wort zu vermeiden und eher von Genome Editing und Crispr/Cas zu sprechen. „Es gibt größte Diskussionen darüber, was Gentechnik ist. Folge: Irgendwann wird bestimmt auch die klassische Züchtung reguliert. Das wäre der Tod für die Züchter.“

Gegenwärtig hat Genome Editing aber noch keine marktwirtschaftliche Relevanz. Anders als beim Honigurteil, wo die betroffenen Imker massiv protestierten, gibt es beim Genome Editing noch keinen wirtschaftlichen Druck hinter Protesten. Der Professor ruft daher die Branche auf, sich politisch einzumischen und aktiv zu werden.

Alle zerren unterschiedlich am gleichen Strang

Er bedauert, dass es keine Branchenkommunikation gibt, jeder kämpfe für sich, auch wenn sie das gleiche Ziel eint. „Sie zerren unterschiedlich am gleichen Strang, das ist das große Problem heute, jeder denkt an sich und schwärzt den anderen an“, so Jany und meint damit andeutungsweise auch Naturschützer und Hilfsorganisationen, die die Potenziale der Gentechnik zur Welternährung, zum Ressourcenschutz und zur Nachhaltigkeit nicht erkennen.

Als einen Fehler deutscher Politiker hält Jany auch, dass sie sagen, es sei alles geregelt, weshalb sie sich zurückziehen könnten. Grundsätzlich falsch sei auch eine andere Argumentation nach dem Motto: „Weil ich Gentechnik nicht nachweisen kann, will ich sie nicht“. Jany verweist dazu erneut auf die vielen verschiedenen Verfahren. Man könne Gentechnik immer nachweisen, nur nicht, auf welchem Wege die Veränderung des Erbgutes entstanden sei.

Auswirkungen auf Weiße und rote Gentechnik

Und noch eine andere Gefahr sieht Jany durch das EuGH-Urteil. Viele Unternehmen aus dem Lebensmittel- und Pharmabereich beziehen sich laut dem Fachmann für ihre Produktion/ihre Produkte auf die Richtlinie 2009/41/EC (Arbeiten in geschlossenen Systemen). Trotzdem ist auch für sie das EuGH-Urteil relevant, da die Freisetzungsrichtlinie (2001/18/EG) die Grundlage für alle weiteren Gentechnikgesetze ist und sich diese damit ausnahmslos auf die Freisetzungsrichtlinie beziehen.

Der EuGH vermeidet eine Auflistung der sicheren Verfahren. Vermutet werden kann aber, dass er die physikalischen und chemischen Verfahren meint, die vor 2001, der Verabschiedung der Richtlinie, bestanden. Aber was ist mit Organismen, die über die „oligonucleotide directed mutagenesis“ (ODM) mutiert wurden? Gerade bei Fermentationsorganismen wurden diese ODM-Verfahren bereits vor 2001 eingesetzt. Müssen diese Organismen und die daraus gewonnenen Erzeugnisse nach dem einschlägigen „Gen“-Gesetz neu reguliert und bewertet werden?, fragt der Professor.

top + Zum Start in die Maisaussaat keine wichtigen Infos verpassen

Alle wichtigen Infos & Ratgeber zur Maisaussaat 2024, exklusive Beiträge, Videos & Hintergrundinformationen

Wie zufrieden sind Sie mit topagrar.com?

Was können wir noch verbessern?

Weitere Informationen zur Verarbeitung Ihrer Daten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Vielen Dank für Ihr Feedback!

Wir arbeiten stetig daran, Ihre Erfahrung mit topagrar.com zu verbessern. Dazu ist Ihre Meinung für uns unverzichtbar.