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Gericht kippt erneut Anwendungsbestimmungen des UBA

Dem Umweltbundesamt wurde gerichtlich untersagt, die Auswirkungen von Pflanzenschutzmitteln auf die Ackerbegleitflora auf der Behandlungsfläche zu bewerten und Schutzmaßnahmen vorzuschreiben.

Lesezeit: 3 Minuten

Im September 2019 hatte das Verwaltungsgericht Braunschweig bereits entschieden, dass die vom Umweltbundesamt (UBA) festgestellten Auswirkungen eines Herbizids und eines Insektizids auf die biologische Vielfalt (Biodiversität) in der Zulassung nicht berücksichtigt werden dürfen. Denn von Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) wurde bisher noch keine Bewertungsmethode diesbezüglich anerkannt.

Da das UBA sein Ziel der Einschränkung der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln nicht aufgeben wollte, forderte es seit Dezember 2019 bei der Zulassung von Pflanzenschutzmitteln die Festsetzung der Anwendungsbestimmung NTneu-Ackerbegleitflora zum Schutz von Nichtzielpflanzen und die Anwendungsbestimmung NTneu-Ackerarthropoden zum Schutz von Nichtzielarthropoden auf der Behandlungsfläche.

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Danach darf die Anwendung des betroffenen Pflanzenschutzmittels und anderer Pflanzenschutzmittel, die ebenfalls eine der Anwendungsbestimmungen aufweisen, lediglich auf maximal 90 % der zu behandelnden Anbaufläche erfolgen (sog. Teilflächenansatz).

Nach dem „5-Punkte-Programm für einen nachhaltigen Pflanzenschutz“[1] des UBA dürften zukünftig fast alle Herbizide und Insektizide und etwa ein Drittel der Fungizide mit den Anwendungsbestimmungen NTneu-Ackerbegleitflora und NTneu-Ackerarthropoden behaftet sein. Damit wären unbehandelte Teilflächen nicht nur auf einzelnen Ackerschlägen eines konventionell wirtschaftenden landwirtschaftlichen Betriebs vorzuhalten, sondern letztlich auf allen.

Im Ergebnis dürften dann wie bei den Biodiversitätsanwendungsbestimmungen 10 % der Gesamtackerfläche eines landwirtschaftlichen Betriebes betroffen sein. Konventionell wirtschaftende landwirtschaftliche Betriebe wären in jedem Fall schwer von den Anwendungsbestimmungen betroffen.

Absage

Der Anwendungsbestimmung NTneu-Ackerbegleitflora hat das Verwaltungsgericht Braunschweig Ende September 2021 nun eine klare Absage erteilt. Die Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 enthält hiernach den Vorbehalt, dass bei der Pflanzenschutzmittelzulassung nur dann unannehmbare Auswirkungen auf Nichtzielpflanzen von den nationalen Behörden zu prüfen sind, wenn die EFSA hierzu wissenschaftliche Methoden zur Bewertung anerkannt hat.

Für die Beurteilung von Auswirkungen der Verwendung eines Pflanzenschutzmittels auf Nichtzielpflanzen auf der Anwendungsfläche fehlt es allerdings bislang an anerkannten Bewertungsmethoden der EFSA. Solange dies für die Anwendungsfläche (auf dem Feld) nicht erfolgt ist, ist dieser Punkt auch nicht Gegenstand der pflanzenschutzrechtlichen Bewertung.

Das Gericht bestätigt damit die Rechtsauffassung des Bundesamts für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) und der Klägeranwälte Herr Dr. Joachim Wenning und Herr Dr. Alexander Koof der Kanzlei KOOF & KOLLEGEN Rechtsanwälte. Das UBA kassiert erneut eine deutliche Schlappe.

Kommentar des Klägeranwalts Dr. Joachim Wenning:

Sollte das Urteil rechtskräftig werden, sind alle deutschen Behörden verpflichtet von der geforderten Anwendungsbestimmung NTneu-Ackerbegleitflora in der Zulassung von Pflanzenschutzmitteln Abstand zu nehmen und schnellstmöglich in der Gültigkeit rechtswidrig verkürzte Zulassungen zu korrigieren.

In wirtschaftlicher Hinsicht ist die Entscheidung nicht nur für die betroffenen Hersteller der Pflanzenschutzmittel von großer Bedeutung, sondern insbesondere auch für die Landwirtschaft. Die Landwirtschaft hätte das Teilflächenanwendungsverbot nach der Konzeption des UBA entschädigungslos hinnehmen müssen.

Umso mehr freut es uns für unsere Mandantschaft und die Landwirtschaft, die Auswirkungen der Anwendungsbestimmung NTneu-Ackerbegleitflora auf den vorliegenden Fall neutralisieren zu können.

Kommentar des Klägeranwalts Dr. Alexander Koof:

Das Urteil ist aber auch ein wichtiges Signal für die Politik. Es sollte den Mitgliedstaat Deutschland veranlassen nationale Alleingänge zu unterlassen und vielmehr die unionsweite Zusammenarbeit zu verbessern. Der Schutz der Biodiversität und der Nichtzielpflanzen kann nur durch einen umfassenden Ansatz auf europäischer Ebene erzielt werden. Nur so wird auch eine Diskriminierung der Deutschen Landwirtschaft im Vergleich zur Landwirtschaft in anderen europäischen Mitgliedstaaten vermieden.

[1] UBA, 5-Punkte-Programm für einen nachhaltigen Pflanzenschutz (zuletzt aufgerufen am: 31.07.2020).

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