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Gerste: Ist Ramularia noch zu kontrollieren?

Zur Saison 2021 ist Chlorthalonil nicht mehr verfügbar. Zwar gibt es nun Notfallzulassungen für folpethaltige Produkte gegen Ramularia – diese gelten jedoch nicht bundesweit.

Lesezeit: 8 Minuten

Unser Autor: Dr. Bernhard Werner, Landwirtschaftskammer Niedersachsen

Nach Winterweizen ist die Wintergerste die wichtigste in Deutschland angebaute Getreideart. Aktuell steht auf ca. einem Viertel der im Herbst 2020 angesäten Getreidefläche Wintergerste.

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Die Vorzüglichkeit ihres Anbaus hat verschiedene Gründe. So bietet die Gerste als früh räumende Frucht beispielsweise vielfältige Möglichkeiten bei der Gestaltung des nachfolgenden Zwischenfruchtanbaus. Zudem erzielte sie in den letzten Jahren trotz ausgeprägter Frühsommertrockenheiten stabile Erträge.

Allerdings wird in der Gerste die Kontrolle ihrer spezifischen Krankheiten zunehmend schwieriger. Auf der einen Seite sind fortschreitende Resistenzentwicklungen bei Gerstenkrankheiten zu verzeichnen – insbesondere gegenüber Netzflecken und Ramularia.

Auf der anderen Seite stehen durch den Wegfall wichtiger Wirkstoffe auf EU-Ebene immer weniger wirksame Fungizide zur Verfügung. In dieser Situation wird es immer wichtiger, sich auf pflanzenbauliche Maßnahmen zur Reduktion der Schadenswahrscheinlichkeit von Krankheiten zurück zu besinnen.

Welche Krankheiten sind relevant?

Die wichtigsten Krankheiten von Winter- und Sommergerste sind Echter Mehltau, Rhynchosporium-Blattflecken, Netzflecken und Ramularia. Netzflecken spielten in Niedersachsen in den letzten Jahren regional eine größere Rolle, ebenso wie die oft erst spät auftretende Ramularia, die bei günstigen Befallsbedingungen (Feuchtigkeit) erhebliche Schäden in Gerste verursachen kann.

Die dominierende Krankheit der letzten Jahre war im Norden aber der Zwergrost, der von den trockenen und strahlungsreichen Jahren profitierte. In anfälligen Sorten wie z.B. KWS Higgins führte er in einzelnen Versuchen zu erheblichen Ertragsverlusten. Allerdings lässt sich Zwergrost deutlich besser mit Fungiziden kontrollieren als Ramularia oder Netzflecken.

Zulassungssituation: Viele Mittel, wenige Wirkstoffe

Wie in anderen Getreidearten auch sind in der Gerste immer weniger wirksame Fungizide verfügbar. Denn seit einigen Jahren führen strengere Zulassungskriterien dazu, dass wichtige Fungizidwirkstoffe in der EU keine Zulassung mehr bekommen. Teilweise werden Zulassungen auch zurückgezogen oder widerrufen. Für die betroffenen Pflanzenschutzmittel gelten dann oft verkürzte Abverkaufs- und Aufbrauchfristen.

Schmerzlich vor allem in der Wintergerste ist momentan der Verlust des Kontaktwirkstoffs Chlorthalonil, welcher zuletzt noch im Amistar Opti verfügbar war. Chlorthalonil war der einzige Wirkstoff, der noch sicher gegen Ramularia wirkte.

Das mittlerweile im Weizen zugelassene Mittel Folpan 500 SC mit dem Kontaktwirkstoff Folpet (500 g/l) hat auch eine gewisse Wirkung gegen Ramularia. Für dieses Mittel sowie für das ebenfalls folpethaltige Amistar Max (500 g/l Folpet + 93,5 g/l Azoxystrobin) wurden kürzlich jeweils regionale Notfallzulassungen ab dem 1.4.2021 für 120 Tage erteilt – allerdings nur für Bayern, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz. Für beide Mittel gilt:

  • Die maximal zugelassene Aufwandmenge liegt bei 1,5 l/ha.
  • Bei Einsatz von 90%-abdriftmindernden Düsen darf bis an den länderspezifischen Mindestabstand zu Gewässern appliziert werden.
  • Beide Produkte darf man nur in Tankmischung mit anderen Mitteln anwenden, die entweder den Wirkstoff Mefentrifluconazol (z.B. Revytrex) oder Prothioconazol (z.B. Proline, Ascra Xpro, Elatus Era) enthalten.

Wichtig ist auch die im Jahr 2020 ausgelaufene Zulassung des Wirkstoffs Epoxiconazol. Die Abverkaufsfrist für epoxiconazolhaltige Mittel endete ebenfalls im letzten Jahr. Aufbrauchen müssen Sie diese Produkte bis zum 31.10.2021. In Gerste betrifft das z.B. Adexar, Ceriax, Epoxion, Rubric, Seguris und Osiris.

Für Gerste nicht relevant ist dagegen der Wegfall aller Mittel mit dem Wirkstoff Mancozeb, wie Dithane NeoTec und Tridex DG (Einsatzgebiet waren Septoriaarten) und die gegen Ährenfusarien wirksamen Mittel mit dem Wirkstoff Thiophanat-Methyl. Dazu gehören z.B. Don-Q und Topsin (Aufbrauchfrist ist hier der 19.10.2021).

Einen gewissen Ersatz für Epoxiconazol bietet das neue Azol Mefentrifluconazol (Revysol), enthalten z.B. im Revystar und Revytrex. Mefentrifluconazol wirkt gut gegen Zwergroste und Ramularia. Mit diesem Wirkstoff ebenfalls u.a. in der Gerste neu zugelassene Mittel sind folgende: Alonty (100 g/l Mefentrifluconazol + 50 g/l Fluxapyroxad) mit 1,5 l/ha, das mit Priaxor im Pack vermarktet wird und Balaya (100 g/l Mefentrifluconazol + 100 g/l Pyraclostrobin) auch mit 1,5 l je ha.

Balaya besitzt ebenfalls eine gute Rost- und Ramulariawirkung. Hervorzuheben ist, dass das im Balaya enthaltene Pyraclostrobin von allem Strobilurinen noch die beste Netzfleckenwirkung hat. Neu vermarktet wird außerdem Vastimo (45 g/l Metconazol + 62,5 g/l Fluxapyroxad). Es entspricht dem Librax und ist mit 2,0 l/ha in der Gerste zugelassen.

Eine deutliche Bereicherung gibt es bei den prothioconazolhaltigen Produkten (bisher z.B. Proline, Input Classic). Denn für diesen Wirkstoff ist der Patentschutz ausgelaufen. Neue in der Gerste zugelassene Soloprodukte sind z.B. Pecari 250 EC, Praktis, Protendo 250 EC sowie Traciafin, jeweils mit 250 g/l Prothioconazol. Die maximale Aufwandmenge dieser Mittel liegt bei 0,8 l/ha. Patel 300 EC, Pecari 300 EC und Protendo Forte enthalten jeweils 300 g/l Prothioconazol – die maximale Menge der 300er Produkte liegt bei 0,65 l/ha. Aber nicht alle neuen Solo-Prothioconazole sind in der Gerste zugelassen – manche nur in der Sommergerste.

Resistenzen: Die Situation bei Ramularia spitzt sich zu

Breit wirksame Mittel wie z.B. Elatus Era, Ascra Xpro oder Revytrex sind Kombinationspräparate aus Carboxamiden und Azolen, gegebenenfalls zusätzlich kombiniert mit einem Strobilurin. Generell sind alle Carboxamide –ähnlich wie die Strobilurine – stark resistenzgefährdet, da sie nur an einem Wirkort in der Atmungskette des Pilzes eingreifen. Sorge bereiten in der Gerste fortschreitende Resistenzen gegenüber Netzflecken und Ramularia.

Bei Netzflecken sind Isolate mit verminderter Sensitivität gegenüber Carboxamiden bereits länger bekannt. In den letzten Jahren ist eine starke Zunahme dieser Isolate zu verzeichnen. Hauptursache dafür ist eine verstärkte Selektion durch den häufigen Einsatz von carboxamidhaltigen Mitteln großflächig über einen längeren Zeitraum. Im Feld wirken die Carboxamide hingegen meistens noch relativ gut.

Bei Ramularia gibt es bereits eine starke Resistenz gegenüber den Strobilurinen. Eine vergleichbare Auslese zeichnet sich auch für die Carboxamide ab. In vielen Versuchen zeigte sich die Vorzüglichkeit des weniger resistenzgefährdeten Kontaktwirkstoffs Chlorthalonil, der – wie bereits erwähnt – inzwischen nicht mehr verfügbar ist.

Um einem möglichen Befall vorzubeugen, empfiehlt es sich, wenig ramulariaanfällige Sorten zu wählen. Neuerdings erstellt das Bundessortenamt eine entsprechende Sorteneinstufung für Gerste. Aber auch bei anderen Gerstenkrankheiten unterscheiden sich die Sortenanfälligkeiten deutlich. Wie wichtige Wintergerstensorten eingestuft sind, entnehmen Sie folgender Übersicht:

Was leisten die Fungizide?

Wie bereits erläutert, dominierte in Niedersachsen in den letzten Jahren der Zwergrost in der Wintergerste. Dieses zeigt auch der Gemeinschaftsversuch 2020 der LWK Niedersachsen, dessen Ergebnisse in der Übersicht 4 dargestellt sind.

In verschiedenen Zweifachstrategien wurde ein Vergleich wichtiger Kombinationsprodukte durchgeführt. Um u.a. die Netzfleckenwirkung zu verbessern, wurde in vielen Varianten Comet ergänzt. Zwei Varianten (Kayak + Comet und Prosaro + Comet) waren carboxamidfrei. Netzflecken traten im Jahr 2020 auf den fünf Versuchsstandorten kaum auf und Ramularia nur relativ spät in geringem Umfang.

Die Ergebnisse: Die dominierende Krankheit Zwergrost ließ sich mit allen Mittelkombinationen sehr gut bekämpfen. Lediglich in der Einfachbehandlung mit Elatus Era + Comet war die Dauerwirkung gegen den Rost etwas geringer. Ertraglich wirkte sich das aber nicht aus. Alle geprüften Varianten erzielten eine Ertragssicherung von ca. 10%.

Wirkungsunterschiede zwischen den Mitteln lassen sich aus diesem Versuchsprogramm nicht ableiten. Dass auch die kostengünstigeren carboxamidfreien Varianten unter diesen Befallsbedingungen eine gute Bekämpfungsleistung erzielen, bestätigt dieser Versuch und auch Beobachtungen aus den letzten Jahren.

Empfehlungen für Ihre Gerste

Tritt insbesondere in gesunden Gerstensorten nur ein moderater Blattkrankheitsbefall auf, reicht in der Regel ein einmaliger Fungizideinsatz mit wirksamen Mittelkombinationen aus. In diesem Fall werden höhere Aufwandmengen empfohlen, um eine gute Dauerwirkung zu erreichen. Um die Wirkung gegen Ramularia zu verstärken, wird bei Elatus Era bzw. Ascra Xpro durch die Kombination mit Sympara bzw. Proline die Prothioconazolmenge erhöht.

Inzwischen haben das Kontaktmittel Folpan 500 SC und das Kombinationsmittel Amistar Max für 2021 für einige Regionen eine Notfallzulassung gegen Ramularia erhalten. Wenn ein sehr starker Ramulariabefall zu erwarten ist, können eventuell das Sympara oder Proline durch 1,5 l/ha Folpan bzw. 1,5 l/ha Amistar Max ersetzt werden. Alternativ können bei einem erwarteten sehr starken Ramulariabefall die in BBCH 49 empfohlenen Mittelkombinationen noch um Folpan bzw. 1,5 l/ha Amistar Max ergänzt werden.

Die gleichen Mittelkombinationen können Sie in einer Zweifachstrategie in der Abschlussbehandlung einsetzen – dann aber mit etwas reduzierten Mengen (siehe Übersicht 5 unten). Als Vorlage eignen sich z.B. Input Classic oder Input Triple mit Prothioconazol oder zur vorrangigen Rostbekämpfung tebuconazolhaltige Mittel wie Helocur.

Fazit

Wegfallende Wirkstoffe und zunehmende Resistenzen erschweren in der Gerste die sichere Kontrolle relevanter Krankheiten, wie z.B. Netzflecken oder Ramularia. Zwergrost lässt sich weiterhin mit Fungiziden sehr gut kontrollieren. Wichtig ist, schon bei der Anbauplanung über die Sortenwahl das Befallsrisiko und folglich auch die Fungizidintensität deutlich zu reduzieren. Dieses schont die Umwelt und den eigenen Geldbeutel.

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