Am Mittwoch hat die von Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir vorgestellte erste amtliche Ernteschätzung für Aufsehen gesorgt: Sie bestätigte die pessimistischen Erwartungen der Branchenexperten von Raiffeisenverband und Bauernverband weitgehend und lässt nun bei einigen Marktkennern Fragen aufkommen. Wenn sich die schwierigen Wetterlagen und der fortschreitende Trend von rückläufigen Anbauflächen nämlich fortsetzen, dürften das Thema Versorgungssicherheit bald auf der Tagesordnung stehen.
Politik muss umdenken
DRV-Getreidemarktexperte Guido Seedler teilt diese Befürchtung. Er bekräftigt deshalb mit Blick auf die aktuelle Ernteschätzung seine Forderung, dem stetigen Anbauflächenverslust Einhalt zu bieten. Außerdem müsse die Politik umdenken, und die Ernährungssicherheit höher priorisieren. Seedler: „Statt auf eine weitere Extensivierung zu setzen, müssen wir nachhaltig mehr auf unseren Flächen produzieren. Nur dann kann Deutschland seine Inlandsnachfrage auf Dauer decken und als Exporteur von Getreide auch einen Beitrag zur Sicherung der Welternährung leisten.“
Der Fachmann weist darauf hin, dass die Nachfrage nach agrarischen Rohstoffen durch eine weiter wachsende Weltbevölkerung bis zur Mitte des Jahrhunderts um bis zu 50 % zunehmen wird. Auch wenn Deutschland sich als wohlhabendes Land immer ausreichend auf dem Weltmarkt versorgen könne, dürften die Auswirkungen von steigenden Preisen aufgrund zusätzlicher Nachfrage nicht außer Acht gelassen werden, warnt er. „Für Schwellen- und Entwicklungsländer können steigende Getreidepreise schnell zum Problem werden und die dortige Versorgung gefährden.“