Bayer hat vergangene Woche über die Tochtergesellschaft Monsanto einen Antrag auf Revision des Hardeman-Falls beim US Supreme Court eingereicht. Dabei handelt es sich um den einzigen Fall einer Produkthaftungsklage zu Roundup (Wirkstoff: Glyphosat), die bisher vor einem US-Bundesgericht verhandelt wurde.
Mit dem Antrag wird das Gericht gebeten, die Entscheidung der Berufungsinstanz (Ninth Circuit Court of Appeals) zu überprüfen, teilt Bayer in einer Information mit. Der Antrag stützt sich auf zwei Gründe:
- Erstens soll die angeblich erforderliche Krebswarnung, die Kern der ursprünglichen Klage ist, durch vorrangiges Bundesrecht ausgeschlossen sein. Das habe die US-Bundesregierung bei der Vorinstanz auch so eingebracht, sagt Bayer.
- Zweitens habe die Zulassung von Experten als Zeugen der Klägerseite nicht den bundesrechtlichen Standards entsprochen, was bei der zentralen Streitfrage des Prozesses nach der Sicherheit von Roundup zu unfundierten Aussagen geführt habe.
Auf die Bedeutung dieser Fehler geht der Antrag auf Überprüfung durch den Supreme Court ein. Darin heißt es: „Die Fehler des Ninth Circuit bedeuten, dass ein Unternehmen für die Vermarktung eines Produkts ohne Krebswarnung hart bestraft werden kann, obwohl es nahezu universellen wissenschaftlichen und regulatorischen Konsens darüber gibt, dass das Produkt nicht krebserregend ist und die verantwortliche Bundesbehörde eine solche Warnung sogar verboten hat.“
Weil Hardeman der erste Prozess aus den in der so genannten Multi-District-Litigation gebündelten Roundup-Fällen ist, „würde die angegriffene Entscheidung tausende weitere Fälle auf Bundesebene maßgeblich prägen und auch andere anhängige Fälle im ganzen Land beeinflussen.“
Der Antrag betont, dass die übereinstimmende regulatorische Bewertung in den USA und weltweit sowie die umfassende wissenschaftliche Datenlage zu dem Schluss kommen, dass Glyphosat-basierte Herbizide sicher und nicht krebserregend sind, schreibt Bayer weiter. Vor dem Hintergrund des durch die US-Umweltbehörde EPA ohne Krebswarnung genehmigten Etiketts stünde jede Forderung nach einer solchen Warnung auf Ebene von Einzelstaaten klar im Konflikt zum Bundesrecht und kann daher keinen Bestand haben.
Die Gerichte in den USA kommen bei dieser grundlegenden Frage nach dem Vorrang von Bundesrecht zu unterschiedlichen Ansichten, weshalb eine Prüfung durch den US Supreme Court wichtig und erforderlich ist, argumentieren die Leverkusener. Es sei inzwischen 16 Jahre her, dass sich der Supreme Court mit dem Vorrang von Bundesrecht in Bezug auf Pestizide beschäftigt hat. Damals ging es zudem nicht, wie im aktuellen Fall, um eine Warnung, die die EPA abgelehnt hatte.
Hardeman-Urteil wichtig für Fünf-Punkte-Plan
Bayer hat Ende Juli einen Fünf-Punkte-Plan kommuniziert, um mit künftigen Risiken aus Rechtsstreitigkeiten zu Roundup umzugehen und diese zu beenden. Eine Prüfung und Aufhebung der fehlerhaften Entscheidung der Vorinstanz in Sachen Hardeman ist demnach ein sehr wichtiger Bestandteil dieses Plans und kann bedeutsam dafür sein, ob die Rechtsstreitigkeiten im Grunde beendet werden, wenn das Gericht eine vorteilhafte Entscheidung zu übergreifenden rechtlichen Aspekten wie dem Vorrang von Bundesrecht fällt.
Anderenfalls will Bayer ein eigenes Programm aufsetzen, um in den kommenden 15 Jahren mit Forderungen und Ansprüchen umzugehen. Dafür hat das Unternehmen im 2. Quartal 2021 zusätzliche Rückstellungen gebildet, mit denen mögliche künftige Rechtsrisiken bei einem negativen Ausgang angemessen abgebildet sind. Bayer erwartet, dass der Supreme Court in den kommenden sechs Monaten über die Annahme des Antrags auf Prüfung des Hardeman-Falls entscheiden wird.