Unser Autor: Hubert Kivelitz, Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen
Die durchschnittlichen Silagequalitäten liegen unter den Zielwerten für Hochleistungsansprüche in der Milchproduktion – das zeigen die jährlichen LUFA-Auswertungen. Insgesamt gibt es enorme Qualitätsunterschiede zwischen den besseren und weniger guten Grassilagen. Nur ein Viertel der untersuchten Grassilagen erreicht die Orientierungswerte für Grobfutter überhaupt. Eine weitere Erkenntnis aus den Analysen ist, dass die Silagequalitäten selbst bei gleicher Witterung zum gleichen Termin von Betrieb zu Betrieb unterschiedlich ausfallen. Denn hochwertige Silagen zu erzeugen, hängt von vielen Faktoren ab.
Nur wenn alles passt, lassen sich schmackhafte Grassilagen mit Energiegehalten von 6,4 bis 6,8 MJ NEL/kg TM als Basis hoher Milchleistungen erzeugen. Folgende Faktoren sind hierbei von Bedeutung:
1. Der Pflanzenbestand
Ein futterbaulich und agronomisch optimaler Pflanzenbestand ist gerade in der grünlandbasierten Fütterung die entscheidende Grundlage. Optimal sind im Hinblick auf die Nutzungsreife homogene Grünlandbestände mit hohen Anteilen an Deutschem Weidelgras.
Nehmen Gräser mit geringem Futterwert und Unkräuter hohe Anteile im Bestand ein, kann man daraus keine hochwertige, energie- und nährstoffreiche Silage erstellen. Zu diesen Arten gehören u. a. Gemeine Rispe, Gemeine Quecke und Wolliges Honiggras.
Auf trockenen Standorten dominieren oftmals Arten wie Knaulgras oder Rohrschwingel. Hier muss man trotz ihres hohen Ertragspotenzials Abstriche bei den Futterqualitäten hinnehmen. Denn diese eher frühreifen Obergräser zeichnen sich durch rasch abnehmende Rohprotein- und Energiegehalte aus.
2. Der Schnitttermin
Durch Atmungsverluste steigt der relative Rohfasergehalt während des Siliervorgangs um etwa 1 bis 2 % an. Der Schnitttermin fällt deshalb idealerweise in das Stadium des Blütenstandsschiebens (BBHC 51 bis 55), wenn die Rohfasergehalte bei ca. 22 % liegen. Später fällt die Energiekonzentration besonders bei Obergräsern rasch unterhalb der gewünschten 6,5 MJ NEL/kg TM.
Zwar ist bei Rohfasergehalten von ca. 22 % das Ertragsmaximum bei Weitem noch nicht erreicht, aber letztlich ist der Schnittzeitpunkt immer ein Kompromiss zwischen hohen Erträgen und wiederkäuergerechten Qualitäten.
Je homogener ein Grünlandbestand ist, d. h. je enger der Korridor der Grasarten und -sorten im Hinblick auf ihren optimalen Schnittreifezeitpunkt ist, desto leichter kann man den bestmöglichen Schnitttermin finden. Besonders nutzungselastisch sind Grasbestände, in denen mittlere und späte Sorten des Deutschen Weidelgrases dominieren.
Anders ist das in Beständen mit frühen, schnellabreifenden Obergräsern wie Knaulgras oder Rohrschwingel. Die Nutzungselastizität lässt sich auch mit Kleegehalten von über 10 % erhöhen. Aus hohen Rohfasergehalten kann man ableiten, dass das Grünland nicht im optimalen physiologischen Reifestadium geschnitten wurde. Der Rohproteingehalt wird besonders stark von der Witterung in den Tagen und Wochen vor dem Schnitt beeinflusst. Mit jedem Tag nach dem optimalen Schnitttermin
nimmt der Ertrag um 0,8 bis 1,2 dt TM zu,
steigt der Rohfasergehalt in der TM um 0,5 bis 0,8 % an,
sinkt der Rohproteingehalt in der TM um 0,1 % und auch
der Energiegehalt verringert sich um 0,05 bis 0,1 MJ NEL pro kg TM.
3. Hohe Zuckergehalte
Hohe Zuckergehalte im Gras begünstigen den qualitativen Gärverlauf in der Grassilage, da die Milchsäurebakterien Zucker zu Milchsäure abbauen.
Die Höhe des Zuckergehaltes richtet sich nach dem Anteil zuckerhaltiger Gräser im Bestand. Das höchste Zuckerbildungspotenzial hat das blattreiche Deutsche Weidelgras. Futterleguminosen sind dagegen zuckerarm. Der Zuckergehalt hängt zudem von der Sonnenscheindauer und -intensität sowie der Temperatur ab. Das ist auch ein Grund, weshalb sich der Zuckergehalt der Pflanze im Laufe des Tages verändert: In der Regel steigt er vom Morgen bis in den späten Nachmittag an.
Entscheidenderen Einfluss auf den absoluten Zuckergehalt im Futter hat aber die Witterung in den Tagen vor dem Schnitt. Sind die Vortage sonnenreich, mit eher kühlen Nächten, dann enthalten die Pflanzen besonders viel Zucker – auch in den Morgenstunden.
Bei geringer Pufferkapazität (geringer Gehalt an Rohprotein und organischen Säuren) können sehr hohe Zuckergehalte aber auch nach abgeschlossenem Silierprozess zu hohen Restzuckergehalten führen. Das erhöht das Risiko von Nacherwärmungen im Silostock. Zudem erhöhen Silagen mit hohem Restzuckergehalt das Risiko von Pansenacidose. Diese Effekte treten besonders bei hohen Weidelgrasanteilen auf.
4. Kurze Feldliegezeiten
Durch hohe Schlagkraft bei der Grasernte durch Lohnunternehmer oder optimierte Eigenmechanisierung ist heutzutage eine 24- bis 36-Stundensilage möglich – vorausgesetzt das Wetter spielt mit. Kurze Feldliegezeiten und schnelles Anwelken auf 30 bis 40 % TM verbessern besonders die Proteinqualität des Mähgutes. Zudem reduzieren sie die Bröckelverluste der Kleeblätter, sodass der Kleeblattanteil zusätzlich den pansenstabilen Proteingehalt des Futters erhöht.
Dieser Prozess lässt sich mit einem Mähgutaufbereiter fördern, der Pflanzenteile knickt bzw. verletzt. Der dabei austretende zuckerhaltige Zellsaft aus den Gräsern begünstigt zum einen den Trocknungsprozess. Zum anderen beschleunigt er die spätere Milchsäurevergärung im Futterstock. Das wirkt sich besonders bei hohen Leguminosenanteilen positiv auf Gärverlauf und -qualität aus.
Kurze Feldliegezeiten reduzieren zudem die Veratmung von Zucker und verbessern so die Silierfähigkeit. TM-Gehalte von über 40 % deuten auf zu lange Feldliegezeiten hin. Zu trockenes Gras lässt sich schlecht verdichten, vor allem wenn es nicht kleingehäckselt ist. Ein ungünstiger Gärverlauf und Nacherwärmung können die Folge sein.
5. Gute Futterhygiene
Hohe Aschegehalte deuten meist auf Verunreinigungen mit Erdpartikeln hin. Sie verringern die Energiegehalte und die Verdaulichkeit. Zudem steigt das Risiko eines ungünstigen Gärverlaufs.
Offene Bodenstellen sind als Quelle für Clostridien im Futter nicht zu unterschätzen. Mähen Sie Futterflächen mit Maulwurfshaufen bzw. Mäuse- oder Wildschäden deshalb erst, wenn der Bestand richtig abgetrocknet ist. Wird noch bei Tau gemäht, bleiben zu viele Schmutzpartikel auf dem Futter kleben.
Sind vor dem ersten Schnitt Teilbereiche von Wildschweinen durchwühlt worden, sollte man sie vor dem Schnitt mit einer Kreiselegge planieren und das Pflanzenmaterial einarbeiten. Um Futterverschmutzungen zu vermeiden, sollten solche Schadstellen beim ersten Schnitt ausgespart werden. Denken Sie nicht zuletzt an die Pflege der Grünlandbestände und regelmäßige Nachsaaten.
6. Die richtige Schnitthöhe
Eine relative hohe Schnitthöhe von 6 bis 8 cm erhöht nicht nur die Nährstoffkonzentrationen im Futter, sondern verringert auch die Futterverschmutzung. So lässt sich die Keimbelastung im Futter deutlich reduzieren.
Die Schnitthöhe beeinflusst aber auch, wie schnell Gräser, verschiedene Kräuter oder Rotklee wieder austreiben. Häufiger Tiefschnitt fördert besonders Unkräuter wie Löwenzahn, Breitwegerich oder Kriechenden Hahnenfuß sowie Ungräser wie Jährige Rispe und Quecke. Zudem verzögern sie den Wiederaustrieb der gewünschten Gräser, was zu geringeren Erträgen im Folgeaufwuchs führt. Zu hohe Schnitthöhen von 10 bis 12 cm kosten Ertrag.