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Nach Düngerpreisexplosion: Ist Gülle jetzt das braune Gold?

Die Preise für Mineraldünger sind in den letzten Monaten explodiert. Viele Ackerbaubetriebe suchen deshalb organische Düngemittel als Alternative. Doch was sind diese wert?

Lesezeit: 7 Minuten

Unser Autor: Dr. Thomas Böcker, Landwirtschaftskammer NRW:

Lange verschmäht, jetzt auf einmal beliebt: organische Dünger. Doch lohnt sich der Ersatz von Mineral- durch Wirtschaftsdünger?

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Um die Entwicklung bei Wirtschaftsdüngern nachzuvollziehen, lohnt zunächst ein Blick auf den Mineraldüngermarkt. Hier zeigt sich, warum organische Dünger auch für Ackerbauern interessant geworden sind. Denn wenn Sie derzeit Stickstoffdünger kaufen wollen, brauchen Sie tiefe Taschen.

Für KAS oder AHL müssen Sie bis zu 65 €/dt auf den Tisch legen. Damit haben sich die Preise im Vergleich zu den Vorjahren verdreifacht. Der reine Rohstoffpreis von Stickstoff (N) liegt derzeit bei 2,30 – 2,40 €/kg. Auch die Preise für Phosphat (P) und Kalium (K) haben um gut 50 % auf mittlerweile 1 €/kg zugelegt.

Düngung reduzieren?

Es gibt nun drei Wege, wie Sie als Ackerbauer auf diese Entwicklung reagieren können:

  • In den sauren Apfel beißen und teuer einkaufen,
  • die Düngegabe reduzieren oder
  • auf organische Dünger umsteigen.

Dabei ist zu beachten: Nicht nur die Inputpreise sind deutlich gestiegen. Auch die Erzeugerpreise für Getreide, Raps und Körnermais bewegen sich auf sehr hohem Niveau. Durch die hohen Preise lohnt sich in vielen Fällen also auch eine teure Düngung, egal ob Sie die Ernte verkaufen oder selbst verfüttern.

So ist im Rapsanbau und bei den Verarbeitungskartoffeln eine Reduktion der Stickstoffdüngung mit Blick auf das Erzeugerpreisniveau überhaupt nicht wirtschaftlich. Im Weizen- und Gerstenanbau liegt das Optimum lediglich 10 % unter der maximalen Versorgung laut Düngebedarfsermittlung.

Im Zuckerrüben- und Maisanbau ist eine Reduktion um 15 – 20 % sinnvoll, um die optimale Stickstoffintensität zu erreichen. In einzelnen Jahren wäre es hier aber möglich, mit stärker reduzierten Düngergaben auszukommen, vor allem, wenn Sie in den Vorjahren regelmäßig organisch gedüngt haben und ein Vorrat an leicht verfügbarem Humus vorhanden ist.

Nährstoffe im Blick

Aber was ist nun mit der dritten Alternative? Wie viel ist Wirtschaftsdünger wert? Wirtschaftsdünger sind vielfältig, was die Zusammensetzung und die Nährstoffverfügbarkeit angeht. Das macht sowohl ihre Eignung als Mineraldüngerersatz, als auch ihre Wertbestimmung komplizierter.

In Übersicht 1 haben wir verschiedene organische Düngemittel und deren Nährstoffgehalte aufgeführt. Beim Stickstoff müssen Sie berücksichtigen, dass nur ein Teil in der Wachstumsperiode verfügbar ist. Laut Düngeverordnung liegt die Verfügbarkeit von Rindergülle bei 60 % auf Ackerland. Die Erfahrungswerte unterscheiden sich zum Teil davon und liegen etwas niedriger. Bei den Grundnährstoffen Phosphat, Kalium und Magnesium kann man eine ebenso gute Verfügbarkeit wie beim Mineraldünger annehmen.

Den Schwefelgehalt der Wirtschaftsdünger haben wir nicht ausgewiesen und nicht finanziell bewertet. Durch ihn können Sie – zumindest bei der Frühjahrsdüngung zu Getreide und Raps – keine mineralische Schwefelgabe einsparen. Denn der Schwefel ist in der Gülle organisch gebunden und wird erst ab Mai pflanzenverfügbar.

Düngewert in Euro und Cent

Um zu bewerten, welchen Wert zum Beispiel Milchviehgülle hat, haben wir zunächst die Inhaltsstoffe mit den entsprechenden Grundnährstoffpreisen aus Mineraldüngern multipliziert. So ergeben sich die in Übersicht 1 aufgeführten Düngewerte im Jahr der Ausbringung sowie die zusätzliche Nachwirkung in den Folgejahren.

Bei der Bewertung der Nachwirkung gehen wir jedoch nur von 50 % des äquivalenten Mineraldüngerpreises aus. Denn das derzeitige Niveau der Düngerpreise wird sich voraussichtlich in Zukunft wieder etwas normalisieren. In der Summe kommt man so für Milch­viehgülle mit 8 % Trockensubstanz (TS) auf einen Nährstoffwert von gut 12,50 €/m³ und für Mastschweinegülle mit 5 % TS rund 17 €/m³.

Diese Werte beinhalten allerdings noch nicht die Nachteile, die mit der Ausbringung von Gülle verbunden sind:

  • Deutlich höhere Ausbringungskosten im Vergleich zur Mineraldüngung: mindestens 50 €/ha Mehrkosten,
  • ungleichmäßig verteilte Nährstoffe und unsichere Wirkung,
  • Risiko verzögerter Ausbringung im Frühjahr, vor allem bei widrigen Witterungsphasen,
  • Ertragsminderung durch breitere Fahrspuren im Bestand, und
  • ein höherer Dokumentationsaufwand (z. B. Düngebedarfsermittlung, 170 kg N-Obergrenze, Wirtschaftsdüngernachweise), sowie eine höhere Wahrscheinlichkeit der Betriebsprüfung.

Bis auf die Ausbringungskosten lassen sich die einzelnen Mehrkosten von Gülle nur schwer bestimmen. Sie hängen von der Kultur und der Intensität der organischen Düngung ab: Wird nur vor der Aussaat organisch gedüngt, wie es häufig im Mais der Fall ist, oder wird auch in den Bestand gefahren, z. B. in Getreide? Dies lässt sich nur individuell quantifizieren.

Durch eine Reifendruckregelanlage kann der Ertragsverlust im Getreide besonders bei der Startgabe reduziert werden. Im Folgenden kal­kulieren wir mit einem durchschnitt­lichen Mehraufwand von 80 €/ha. Bei einer Ausbringungsmenge von 20 m³ entspräche dies umgerechnet 4,0 €/m³, die der Abgebende vom Düngewert abziehen muss. Hinzu kommen die Ausbringungs- und Transportkosten.

In Übersicht 2 haben wir für das Beispiel einer Milchviehgülle mit 8 % TS den Güllewert frei Pflanze berechnet. Außerdem ziehen wir dort einen Vergleich zwischen den Jahren 2019 und 2022. Der Güllenachteil ist für das Jahr 2019 mit 3,5 €/m³ noch etwas niedriger angesetzt. Sowohl die gestaffelten Transportkosten, als auch die Ausbringungskosten haben durch die höheren Dieselpreise zugenommen. Zudem sind Ersatzteile, Maschinen und Löhne im Preis gestiegen.

Düngewert steigt deutlich

Im Jahr 2019 hatte die Milchviehgülle in direkter Hofnähe einen Wert von 0,20 €/m³. Aktuell kommt sie auf einen Wert von 5,80 €/m³. Müsste die Gülle noch 50 km transportiert werden, um sie aus einer Veredlungshochburg zu exportieren, erzeugte sie frei Pflanze im Jahr 2019 Kosten in Höhe von 6,60 €/m³. Diese Kosten sinken durch die gestiegenen Mineraldüngerpreise deutlich: Bei 50 km Transport fallen ­lediglich Kosten in Höhe von 1,70 €/m³ an. Der gestiegene Düngewert macht die Gülle also transportwürdiger für weitere Strecken. Bei ca. 30 km ist der Düngewert der Milchviehgülle in diesem Beispiel null, sodass im Prinzip keine Abgabekosten anfallen.

Aus Sicht des Abnehmers hängt der Wert einer Gülle zusätzlich davon ab, wie gut seine Böden mit Phosphat versorgt sind. Betriebe mit überversorgten Böden werden kaum bereit sein, für zusätzliches Phosphat zu zahlen. Aktuell reduziert sich hier der Wert für den Abnehmer deshalb um 1,70 €/ha und die Kosten des Abgebers steigen entsprechend. In phosphatreicherer Mastschweinegülle wäre der Verlust entsprechend höher.

Preisdruck bleibt

Die Preise für mineralische Düngemittel werden in Anbetracht der enorm gestiegenen Erdgaspreise und der Transportkosten zumindest bis ins späte Frühjahr auf sehr hohem Niveau bleiben. Die hohen Erzeugerpreise führen trotz knapper Versorgungslage zu einer erhöhten Nachfrage auf dem Weltmarkt. Das treibt die Preise zusätzlich in die Höhe. Auch der Düngewert von und die Nachfrage nach Gülle hat sich dadurch erhöht.

Für Betriebe mit zu viel Gülle bedeutet das: Wenn Sie Abnehmer für Ihren Wirtschaftsdünger in Ihrer unmittelbaren Nähe haben, werden Sie mit dem Verkauf zwar nicht reich. Ein kleiner Zuverdienst oder zumindest der Wegfall eines lästigen Kostenpunkts sitzen aber drin.

Und auch für aufnehmende Betriebe werden organische Dünger interessanter. In den Hackfrüchten Mais und Zuckerrüben lässt sich Gülle in der Regel sehr gut verwerten, allerdings könnten Sie hier auch die Menge an verfügbarem Stickstoff sinnvoller reduzieren. In vielen Fällen ist dies jedoch durch die Phosphat-Bedarfsgrenze der Kulturen ohnehin notwendig. Überschüssige Mengen an Wirtschaftsdünger können Sie so in andere Kulturen verlagern, die Sie bislang hauptsächlich mineralisch gedüngt haben.

Im Kartoffelanbau kann eine organische Düngung ebenfalls sinnvoll sein, sollte aber aufgrund der unsicheren Wirkung in Bezug auf den Erntetermin verhaltener ausfallen. Im Getreideanbau hängt die Düngeart von der Verwertung ab. Im Futtergetreide können Sie verstärkt auf orga­nische Düngung setzen. Im Brotgetreideanbau sollten Sie die organische Düngung auf die Startgabe begrenzen. In jedem Fall sollten sich Aufnehmer beeilen, wenn sie noch Wirtschaftsdünger für das Frühjahr bekommen möchten!

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Und für noch mehr Tipps zu Wirtschaftsdüngern: Im top agrar-Shop finden Sie unseren Ratgeber "Wirtschaftsdünger" (Artikel-Nr. 080563). Auf 160 Seiten gibt es Tipps zur Dokumentation, Ausbringung und Düngeplanung. Mehr Infos und die Bestellmöglichkeit gibt es unter shop.topagrar.com .

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