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Brexit

Hat der Brexit Folgen auf Zulassungsverfahren?

Die Bewertung eines Pflanzenschutzmittels in den nationalen Zulassungsverfahren wird durch die EU-Mitgliedstaaten nach einheitlichen EU-Vorgaben durchgeführt. Doch was passiert, wenn Großbritannien die EU verlässt?

Lesezeit: 4 Minuten

Die verschiedenen Verfahren zur Erlangung einer Pflanzenschutzmittelzulassung sind in der EU von dem Grundsatz der Harmonisierung geprägt. Die Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 sieht vor, dass die Bewertung eines Pflanzenschutzmittels in den nationalen Zulassungsverfahren durch die Mitgliedsstaaten nach einheitlichen europäischen Vorgaben durchgeführt wird. Dazu gehört u. a. die Zulassung eines Pflanzenschutzmittels im Verfahren der gegenseitigen Anerkennung (sog. ZVU-Verfahren). Sie sieht grundsätzlich vor, dass die Erstzulassung eines EU-Mitgliedsstaats von einem anderen Mitgliedsstaat anzuerkennen ist, wenn er derselben Zone angehört und nicht ausnahmsweise regionale Hinderungsgründe bestehen.

Es gibt bei der zuständigen Zulassungsbehörde, dem Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL), eine Reihe von anhängigen Verfahren auf Anerkennung einer Zulassung aus Großbritannien. Es handelt sich in der Regel um Pflanzenschutzmittel, für die bereits andere, stofflich vergleichbare Mittel in Deutschland zugelassen sind. Auf Veranlassung der EU-Kommission teilte das BVL in einer Fachmeldung vom 06.03.2019 mit, dass gegenseitige Anerkennungsanträge (sog. ZVU-Anträge) nach dem Brexit nicht mehr genehmigt werden könnten, selbst wenn deren Anträge vor dem Brexit eingereicht worden seien. Mit dem Austritt Großbritanniens aus der EU könne eine ZVU-Zulassung nicht mehr ausgesprochen werden. Verschiedene Pflanzenschutzmittelhersteller, die von der Rechtsanwaltskanzlei Koof & Kollegen aus Linnich vertreten sind, haben hiergegen beim Verwaltungsgericht Braunschweig Anträge auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt und geltend gemacht, dass eine von Großbritannien vor dem Austritt aus der EU erteilte Zulassung für ein Pflanzenschutzmittel auch nach einem Austritt Gegenstand der Erteilung einer Zulassung im Wege der gegenseitigen Anerkennung sein kann.

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Das Verwaltungsgericht Braunschweig hat die Anträge aufgrund der sehr hohen Hürden im einstweiligen Rechtsschutzverfahren zwar aus formalen Gründen abgewiesen, aber in der Sache selbst die vom BVL übernommene Rechtsauffassung der EU-Kommission mit ausführlicher Begründung als rechtswidrig zurückgewiesen. Der Argumentation der Antragsteller folgend, führt das Gericht aus, dass eine in Großbritannien vor dem Brexit erteilte Erstzulassung von einem Mitgliedsstaat der Europäischen Union erteilt worden sei und die Bewertung des beantragten Pflanzenschutzmittels auf vollwertiger EU-Basis erfolgt sei. Denn im Zeitpunkt der Erteilung der Zulassung sei Großbritannien noch Mitgliedsstaat der EU gewesen. Die Zulassung sei nach den einheitlichen rechtlichen Regelungen erteilt worden, die nach einem etwaigen Austritt Großbritanniens für die in der EU verbleibenden Mitgliedsstaaten fortgelte. Es seien keine tragenden Gründe ersichtlich, die es erfordern würden, dass Großbritannien auch im Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag auf gegenseitige Anerkennung im anderen Mitgliedsstaat weiterhin Mitglied der EU sein müsse. Das Gericht hat dies für Fälle entschieden, in welchen die Antragsteller die ZVU-Zulassung vor dem Brexit beantragt haben. Offengelassen hat es die in den anhängigen Fällen nicht streitgegenständliche Frage, ob ein solcher Zulassungsantrag auch noch nach dem Brexit gestellt werden kann.

Entscheidung ist von erheblicher Tragweite

In rechtlicher Hinsicht dürfte es sich um eine der ersten Gerichtsentscheidungen handeln, die sich mit den Auswirkungen des Brexits in Bezug auf die pflanzenschutzrechtliche Zulassungssituation in den verbleibenden 27 EU-Mitgliedsstaaten befasst. Während die EU-Kommission in einer pauschalen, ohne jede Begründung verfassten „Fragen-und-Antworten“-Veröffentlichung ihren Standpunkt dargelegt hat und das BVL dem gefolgt ist, hat das Gericht sehr dezidiert und auf die Spezialität des Pflanzenschutzmittelzulassungsverfahrens eine Rechtsprüfung vorgenommen, die die Rechte von Antragstellern angemessen berücksichtigt.

In wirtschaftlicher Hinsicht ist die Entscheidung nicht nur für die betroffenen Hersteller der streitgegenständlichen Pflanzenschutzmittel von Bedeutung, sondern insbesondere auch für die nachgeordneten Stufen des deutschen Agrarhandels und der Landwirtschaft. Denn weil die zur gegenseitigen Anerkennung angemeldeten Pflanzenschutzmittel aufgrund ihrer Vergleichbarkeit mit in Deutschland bereits zugelassenen Mitteln in unmittelbarem Wettbewerb stehen, wird der Wettbewerb gefördert und die Verfügbarkeit der Mittel zu angemessenen Preisen sichergestellt. Insofern gibt es keine sachliche Rechtfertigung dafür, Pflanzenschutzmittel dem deutschen Agrarhandel und der Landwirtschaft vorzuenthalten, die nach dem hohen europäischen Bewertungssystem zugelassen worden sind und eine Alternative zu originär in Deutschland zugelassenen Mitteln darstellen. Hierzu Rechtsanwalt Dr. Alexander Koof der Rechtsanwaltskanzlei Koof & Kollegen: „Wir sind bisher die Einzigen, die gegen die Restriktionen der EU-Kommission und des BVL in dieser Frage gerichtlich vorgegangen sind. Umso mehr freut es uns für unsere Mandanten, den Agrarhandel und die Landwirtschaft, die Auswirkungen des Brexits auf den vorliegenden Fall neutralisieren zu können.“

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