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topplus Bekämpfung wird schwieriger

Herbizidresistenzen breiten sich aus – ein Überblick

Nicht nur Ackerfuchsschwanz lässt sich auf immer mehr Flächen schwer bekämpfen, auch Trespen, Weidelgräser und Windhalm bauen zunehmend Resistenzen auf. Ein Blick auf die aktuelle Situation.

Lesezeit: 11 Minuten

Unsere Autoren: Dr. Johannes Herrmann und Nele Bollmann, Agris42 GmbH

Immer weniger zugelassene Wirkstoffe und zunehmende Herbizidresistenzen sind für Landwirte nichts Neues. Wie genau entwickeln sich aber die Resistenzen auf deutschen Feldern? Damit beschäftigt sich die Agris42 GmbH aus Stuttgart, die sich als Dienstleister mit der Analyse und Datenauswertung zu resistenten Gräsern befasst.

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In den letzten drei Jahren führte das Unternehmen dafür ein Resistenzmonitoring und eine Resistenzanalyse auf über 1.400 Flächen in 123 Landkreisen durch. Ziel dabei ist es, ein möglichst repräsentatives Bild von der Praxissituation zu erhalten. Dafür werden sowohl mehrere Gräserarten, als auch verschiedene Befallssituationen (von hohem Ungrasdruck bis zu keinen Problemen) standardisiert untersucht.

Zusätzlich zu dem Monitoring hat Agris42 in diesem Jahr zum ersten Mal Landwirten direkt angeboten, Verdachtsproben einzusenden, wenn sie mit der Herbizidwirkung nicht zufrieden waren. Diese Proben sind zwar nicht repräsentativ, zeigen aber, in welchen Regionen und bei welchen Arten die Problemschwerpunkte bestehen.

Dieser Artikel stellt die aktuelle Resistenzsituation in Deutschland dar und klärt, welche zukünftigen Probleme zu erwarten sind und wie damit umzugehen ist. Die Betrachtung konzentriert sich auf Ackerfuchsschwanz, Windhalm, Weidelgras und Trespe. Gezeigt werden dabei Daten aus dem Monitoring, die den Angaben der Landwirte zu den eingesendeten Problemen gegenüber gestellt werden.

Doch im Vorfeld ist schon jetzt klar: Nach 40 Jahren chemischer Gräserbekämpfung ist davon auszugehen, dass die Herbizidresistenz auf der Mehrheit der Betriebe angekommen ist. Glücklicherweise zeigt sich diese meist nur gegen einen Wirkstoff, der teilweise sogar nicht mehr im Einsatz ist, sodass die meisten Betriebe noch eine gute Bekämpfung erreichen. Damit sich die Situation nicht weiter verschärft, sollten Landwirte alle ackerbaulichen Möglichkeiten ausschöpfen, um Resistenzen vorzubeugen.

Ackerfuchsschwanz – ein weitreichendes Problem

Resistenzen gegenüber den ACCase- und ALS-Inhibitoren sind bei Ackerfuchsschwanz keine Seltenheit mehr. Jedoch treten diese mittlerweile auch außerhalb der klassischen Problemgebiete an der Küste, in Mitteldeutschland oder Süddeutschland auf. Seit Längerem beobachtet man in der Praxis eine Ausdehnung des Ackerfuchsschwanzbefalls in Regionen, in denen er früher nicht vertreten war oder aufgrund des niedrigen Befalls kein Problem darstellte. Die Karte verdeutlicht dies.

Hinsichtlich der Resistenzsituation zeichnen sich seit Jahren zunehmende Probleme bei den getreideselektiven Blattherbiziden ab. So zeigen Produkte auf Basis der ALS-Inhibitoren Mesosulfuron (z.B. Atlantis Flex) und Pyroxsulam (z.B. Broadway) sowie der ACCase-Inhibitoren auf Basis von Pinoxaden (z.B. Axial 50) immer häufiger Resistenzen.

Dies führt dazu, dass eine Herbstbehandlung mit flufenacethaltigen Produkten (z.B. Herold SC) Standard geworden ist und Landwirte diese Wirkstoffgruppe zum Teil häufiger einsetzen als die Nachauflaufprodukte.

Minderwirkungen bei Flufenacet wurden bisher nur in wenigen Fällen diagnostiziert. Bei diesen bodenaktiven Herbiziden sind witterungsbedingte Minderwirkungen häufig kaum von einer sich eher langsam entwickelnden Herbizidresistenz zu unterscheiden. Eine Zunahme der Resistenz ist jedoch mit Bezug auf die Einsatzhäufigkeiten nicht ausgeschlossen und wegen des regelmäßigen Einsatzes auch in Sommerkulturen wahrscheinlich.

Generell ist es wichtig, auch die ALS-Inhibitoren (Wirkstoffgruppe 2/B) weiter zu differenzieren. Übersicht 2 zeigt, dass Broadway (Pyroxsulam) hier öfter von Resistenzen betroffen ist als Atlantis Flex, welches wiederum häufiger betroffen ist als das Maisherbizid (MaisTer Power). Eine ähnliche Differenzierung kann man für die ACCaseInhibitoren vornehmen, bei denen sich die Wirkung wie folgt darstellt: Axial 50 < Agil-S (und andere FOPs aus Blattfrüchten) < Focus Ultra < Select 240 EC. Obwohl Focus Ultra und Select 240 EC beide zu den DIMs gehören, zeigt sich, dass Resistenzen bei Select 240 EC seltener sind.

Eine regionale Aufteilung war nicht zu finden. Aus fast allen im Monitoring untersuchten Regionen bzw. Regionen, aus denen Proben eintrafen, stellte sich heraus, dass sich die in der Übersicht 2 dargestellten Minderwirkungen in der einen oder anderen Form finden lassen.

Eine Ableitung der individuellen Feldsituation anhand einzelner Proben aus demselben Landkreis ist ohnehin nicht möglich und kann lediglich dazu dienen, sich selbst kritisch mit seinen Flächen zu beschäftigen. Vielmehr zeigt sich, dass die Resistenzprofile, also das Gesamtbild, das sich aus allen getesteten Herbiziden für eine Probe ergibt, von Feld zu Feld variieren kann. Auch innerhalb eines Betriebes kann es Unterschiede zwischen einzelnen Feldern bezüglich der verbleibenden Wirkung einzelner Produkte geben. Dies ist jedoch für den Landwirt im Feld schwer zu ermitteln und nur durch Resistenztests, die mittlerweile breit verfügbar sind, festzustellen.

Unsere Untersuchungen legen aber dar, dass einzelne Resistenzprofile dominieren.

Dabei wurde innerhalb der Wirkstoffgruppen noch weiter differenziert. Dies bedeutet zwangsläufig, dass wir bei der Rotation der Herbizide nicht allein nach Wirkstoffgruppen gehen können, sondern innerhalb dieser noch weiter unterscheiden müssen. Von den fünf häufigsten Resistenztypen wird der vollständig sensitive Typ (S) immer seltener. Zum Glück ist aber auch der komplett gegen Nachauflaufherbizide resistente Typ (R1) selten.

Am häufigsten sind Typen, die im Getreide entweder auf ACCase- oder ALS-Seite Resistenzen aufweisen, die sich aber in anderen Kulturen wie Mais oder Raps noch gut kontrollieren lassen. Jedoch gibt es auch Beispiele, bei denen die ALS-Inhibitoren komplett unwirksam sind, die ACCase-Seite aber noch sensitiv ist (R4). Dies bedeutet konkret: Es gibt zwar nicht hunderte verschiedene Resistenztypen, die entscheidenden müssen jedoch für eine erfolgreiche Herbizidstrategie bekannt sein.

Weidelgrasresistenzen auf dem Vormarsch

Bei den Weidelgräsern muss man die zwei in Deutschland dominanten Arten, das Deutsche Weidelgras (Lolium perenne) und das Welsche Weidelgras (Lolium multiflorum), unterscheiden. Ersteres spielt eher in den klassischen Rübenanbaugebieten eine Rolle, letzteres wird viel als Ackerfutter verwendet. Einzig das Welsche Weidelgras stellt vom Befall und den Herbizidresistenzen ein Problem dar und scheint sich zunehmend in Deutschland auszubreiten. Im Folgenden gehen wir daher ausschließlich auf diese Art ein.

Im Monitoring, aber auch aus den Einsendungen der Landwirte, sehen wir, dass die Proben über das gesamte Bundesgebiet verteilt sind, jedoch mit Schwerpunkten in Sachsen, Hessen und Thüringen. Dabei spielt auch die Resistenzsituation eine Rolle. So beobachtet man Resistenztypen, die mit Ackerfuchsschwanz vergleichbar sind. Im Unterschied dazu zeigt sich in den Untersuchungen jedoch, dass Focus Ultra und Select 240 EC beim Welschen Weidelgras auf ähnlichem Niveau liegen.

In Betrieben, die einen massiven Befall von Weidelgras beobachten, sieht man häufig, dass sich dieser bereits nach kürzerer Zeit auf mehrere Flächen erstreckt. Dies liegt sicherlich daran, dass das Verschleppungspotenzial durch Erntemaschinen hier höher als beim Ackerfuchsschwanz ist, da die Samen vor der Ernte wenig bis gar nicht ausfallen.

Allerdings sollten nicht-chemische Maßnahmen zur Reduktion des Samenpotenzials bei Weidelgras besser funktionieren als bei Ackerfuchsschwanz, da eine Keimruhe (Dormanz) nicht vorhanden ist, und es sich ähnlich dem Ausfallgetreide behandeln lässt. Dafür sind die Wirkungsreserven bei den Bodenherbiziden geringer und eine unzureichende Wirkung in Kombination mit ungünstigen Applikationsbedingungen wird häufiger auftreten.

Windhalm lässt sich noch kontrollieren

Windhalm ist bezogen auf die befallene Fläche sicherlich Deutschlands Problemungras Nr. 1 und klassisch eher auf den leichteren Standorten zu finden. Die Resistenzsituation stellt sich jedoch anders dar als bei Ackerfuchsschwanz und Weidelgras.

Während die ACCase-Inhibitoren beim Ackerfuchsschwanz relativ früh betroffen waren und die Resistenzen bei den ALS-Inhibitoren nachziehen, sind beim Windhalm fast ausschließlich ALS-Resistenzen anzutreffen. Diese betreffen die klassischen Sulfonylharnstoffe wie Iodosulfuron (Husar OD) häufiger als beispielsweise ein Pyroxsulam (Broadway).

Bei den ACCase-Inhibitoren (z.B. Axial 50) gibt es bisher nur wenige Resistenzfälle. Auch die ACCase-Optionen der Blattfrüchte oder die Mais-ALS scheinen aktuell nur in wenigen Fällen von Resistenzen betroffen zu sein. Herbstbehandlungen mit Flufenacet wirken bisher zum Glück noch vorzüglich.

Die hohe Dimension der Windhalmresistenz gegen bestimmte ALS-Wirkstoffe wird in der Praxis vermutlich nicht so stark wahrgenommen, da mehrere bodenaktive Wirkstoffe mit hoher Wirkungskonsistenz zur Verfügung stehen und Landwirte bei Mischverungrasung mit Weidelgras oder Ackerfuchsschwanz auch höhere Aufwandmengen einsetzen, die den Windhalm dann noch sicher kontrollieren.

Trespe zeigt ALS-Resistenzen

Trespen galten in der Vergangenheit eher als Begleitflora und der Befall wurde weitestgehend auf die Ackerrandhygiene und Bodenbearbeitung zurückgeführt. Bisher war es auch so, dass eher einzelne Pflanzen nach Behandlung stehengeblieben sind. Doch das änderte sich in den letzten Jahren in einigen Regionen. Dazu gehören z.B. Thüringen und das nördliche Baden-Württemberg.

Aus der Familie der Trespen treten besonders drei Arten auf. Dies sind Taube Trespe (Bromus sterilis), Roggentrespe (Bromus secalinus) und Wiesentrespe (Bromus commutatus). Letztere wird häufig mit der Roggentrespe verwechselt. Bei allen drei Arten finden sich mittlerweile Resistenzen gegenüber den ALS-Wirkstoffen, jedoch treten sie noch selten auf (<20 % der Proben).

Dabei scheint die Taube Trespe etwas öfter ALS-Resistenzen aufzuweisen als die anderen beiden Arten. Sie betreffen Propoxycarbazone (z.B. Attribut) häufiger als Foramsulfuron (MaisTer Power). Im ACCase-Bereich bei den im Getreide nicht selektiven Produkten (Agil-S, Select 240 EC) beobachten wir bisher nur in Einzelfällen Probleme bei der Trespenbekämpfung.

Im Vergleich zum Ackerfuchsschwanz ist die Trespe jedoch besser vor der Saat zu kontrollieren, da sie wie das Welsche Weidelgras keine Keimruhe besitzt und somit gleichmäßiger auflaufen sollte.

Zukünftige Probleme

Bisher haben wir die Gräser einzeln betrachtet. Auf 21% der im Monitoring beobachteten Flächen kommen jedoch zur Ernte, also nach Abschluss aller Behandlungsmaßnahmen, zwei Gräserarten vor. In 5% der Felder sind es sogar drei Arten. Bei gleichem Selektionsdruck durch Herbizide stellt sich daher die Frage, ob wir derzeit schon mehrere resistente Arten auf einem Feld gefunden haben. Dies ist für Kombinationen aus Ackerfuchsschwanz und Windhalm, Ackerfuchsschwanz und Trespe sowie Ackerfuchsschwanz und Weidelgras der Fall und hat für die Betriebe weitreichende Folgen.

Oft ist es in diesen Fällen so, dass die gleichen Wirkstoffe betroffen sind, jedoch hat das unterschiedliche Konsequenzen. So ist beispielsweise für die Trespe ein Wechsel der Wirkstoffgruppe im Getreide nicht möglich, da nur ALS-Inhibitoren im Nachauflauf zur Verfügung stehen.

In der Gerste ist eine ALS-Behandlung aber nicht möglich und Axial50 hat keine Wirkung gegen Trespen. Bei Ackerfuchsschwanz wäre in diesem Fall unter Umständen ein ACCase-Inhibitor noch möglich.

Daher wird es zunehmend wichtiger, sich wieder dem Ackerbau zuzuwenden und die nicht-chemischen Maßnahmen wieder verstärkt zu integrieren. Ziel muss es sein, über die Fruchtfolge hinweg die problematischen Arten zu bekämpfen und ihrer Biologie über Kulturmaßnahmen entgegenzuwirken. Da Resistenzen immer feldspezifisch sind und unterschiedlich ausgeprägt sein können, wird auch ein Resistenztest in Zukunft für den Herbizideinsatz unerlässlich sein.

Die meisten Landwirte reagieren bislang zu spät auf die Problematik, was dann oft kostenintensive Sanierungsmaßnahmen über Fruchtfolge und Bodenbearbeitung nach sich zieht. Grundsätzlich sollte man die eigenen Flächen kritisch bewerten und bei einem Verdacht auf Resistenzbildung einen Resistenztest durchführen lassen.

Fazit und Ausblick

Eine Herbizidresistenz ist mittlerweile auf den meisten Flächen angekommen und mindestens ein Wirkstoff ist davon betroffen. Dass daraus ein schwerer Befall mit Problemungräsern resultiert, ist jedoch bisher zum Glück noch die Ausnahme und trifft auf etwa 10 % der im Monitoring untersuchten Flächen zu. Tendenziell ist aber eine Zunahme zu beobachten. Dabei spielt auch das Auftreten mehrerer resistenter Gräser eine Rolle.

Das unterschwellige Vorhandensein resistenter Arten birgt dabei die Gefahr, dass sich in den nächsten Jahren die Resistenzsituation deutlich verschlimmern könnte, werden nicht entsprechende ackerbauliche Gegenmaßnahmen ergriffen. Eine Basis des Resistenzmanagements wird dabei die Kenntnis der genauen Resistenzsituation für ein Feld sein. Dabei sollten wir resistente Ungräser wie eine neue Unkrautart betrachten, von der bekannt sein muss, wie sie auf die verschiedenen Wirkstoffe reagiert, sodass die Maßnahmen entsprechend angepasst werden können.

Dabei hat sich auf dem Diagnosemarkt in den letzten Jahren einiges getan. Resistenzuntersuchungen sind mittlerweile für jeden Betrieb verfügbar, preiswert zu bekommen und sollten daher vorausschauend vorgenommen werden.

Praxistipp: Machen Sie die Probe!

Wer nach einer Herbizidmaßnahme auf den eigenen Flächen nesterweise Restverungrasung beobachtet, sollte dringend abklären lassen, ob Resistenzen vorliegen und wenn ja, welche Wirkstoffe betroffen sind. Für die Analyse benötigen Sie ca. eine Kaffeetasse voll reifer Samen. Diese können Sie z. B. bei den amtlichen Pflanzenschutzdiensten oder privaten Anbietern wie Agris42, PlantaLyt und Identixx analysieren lassen. Der Kostenaufwand liegt bei ca. 120 € für sechs Herbizide.

Wer nicht auf die Samenreife warten will, kann während der Vegetation auch Pflanzenproben zur Analyse geben. Die Kosten belaufen sich dann auf ca. 300 € pro Wirkmechanismus, decken aber nicht alle Resistenzmechanismen ab.

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