Dieser Beitrag ist zuerst erschienen im "Wochenblatt für Landwirtschaft und Landleben".
Allgemein waren die Bedingungen für Bodenherbizide gut. In Kombination mit Saatterminen ab dem 15. Oktober musste man gegen Gräser kaum nacharbeiten. In früheren Saaten fielen die Ergebnisse trotz Nachlage sehr unterschiedlich aus – von vollständiger Kontrolle bis zu vollständiger Unwirksamkeit. Wo jetzt noch Ungräser wachsen, gilt es, noch das beste aus der Situation zu machen. Das kann auf Teilflächen auch ein Ernteverzicht sein.
Kurz gefasst
Weidelgräser sind beliebte Futtergräser, werden auf dem Acker aber oft zum Problem.
Die Resistenzentwicklung bei Weidelgräsern ist schneller als bei Ackerfuchsschwanz.
Es lohnt sich, erste Pflanzen, die Herbizide überstanden haben, auszureißen.
Hauptproblem Weidelgras
Mittlerweile geht es nicht mehr vorrangig um Ackerfuchsschwanz: Weidelgräser sind ein wichtiges Kulturgras, können aber auch zu einem relevanten Ungras werden. Beeindruckend ist zum einen die Konkurrenzkraft zum anderen die Unempfindlichkeit von einzelnen Populationen gegenüber Herbiziden. Während Ackerfuchsschwanz über einen Zeitraum von 50 Jahren auf dieses Resistenzniveau selektiert wurde, kann es bei Weidelgras schon mit dem Bemerken des Auftretens zu Bekämpfungsproblemen kommen.
Das Welsche Weidelgras ist wuchtiger und heller in der Farbe als Deutsches Weidelgras. Welsches Weidelgras hat begrannte Ährchen ist im Vergleich etwas empfindlicher gegenüber Herbiziden. Die Entwicklung von Herbizidresistenzen vollzieht sich aber schneller. Bei multiresistenten Pflanzen, also solchen, die Resistenzen gegenüber Wirkstoffen aus mehreren Wirkstoffgruppen haben, handelt es sich zumeist um Welsche Weidelgräser.
"The good, the bad and the ugly ones"
Weidelgräser sind eigentlich Kulturgräser und haben somit eine deutlich geringere Keimruhe als Ackerfuchsschwanz. Dennoch gibt es auch Samen, die erst im Laufe der nächsten Jahre keimen. Aus Australien stammt daher die Unterscheidung in „the good, the bad and the ugly ones“: Die guten keimen sofort, die schlechten im Laufe der Vegetation und die hässlichen erst in einer Folgekultur. Im Boden überdauern Weidelgrassamen ähnlich lange wie die von Ackerfuchsschwanz. Zudem fühlt Weidelgras sich auf allen Standorten wohl, also auch auf Sand.
Vom Futter- zum Ungras
Weltweit sind resistente Weidelgräser weit verbreitet. Daher ist es auch kaum zu verhindern, dass mit dem Saatgut des beliebten Futtergrases Resistenzen importiert werden. Inwieweit Weidelgräser in NRW mit einer breiten Herbizidresistenz ausgestattet sind, ist aber schwer zu sagen. Auffällig sind schließlich nur Fälle, in denen die Bekämpfung nicht funktioniert. Was man aber wohl zur Kenntnis nehmen muss, ist, dass es stetig mehr Fälle werden. Auf ersten Flächen sind Getreide, Mais und Rüben trotz intensiver Bekämpfungsmaßnahmen regelrecht im Weidelgras versunken. Manche Landwirte haben in diesem Jahr bereits beschlossen, ihr Getreide inklusive Weidelgras vor der Ernte zu entfernen, damit es sich nicht mit dem Mähdrescher auf weitere Flächen ausbreitet.
Probleme auch im Ökolandbau
Im Ökolandbau bildet Kleegras mit einem Anteil von oft 25 bis 30 % in der Fruchtfolge die Grundlage für einen erfolgreichen Ackerbau. In niederschlagsreichen Lagen und oder auf Tonstandorten ist die Gräserkontrolle aber selbst mit 30 % Futterbau eine Herausforderung. Fehlende Winter erlauben einen fortwährenden Gräserauflauf. Trockenheit und Nässe erschweren das Etablieren gleichmäßiger und konkurrenzstarker Kulturen und erschweren damit auch die Ungrasbekämpfung im Biobereich.
Und auch mit Blick auf die chemische Bekämpfung wird es nicht leichter: Selbst wenn nach dem Flufenacet-Aus ab 2027 Herbizide auf Basis von Luximo oder Bixlozone zur Verfügung stehen, werden diese die aktuellen Probleme nicht lösen. Beides sind Bodenherbizide, die in ihrer Wirkung gegen Freund und Feind nur schwer zu kalkulieren sind: Die Ausschläge bei den Herbizidschäden in der Kultur sind deutlich größer als von Flufenacet bekannt.
Samen ernten für Resistenzuntersuchungen
Wo die Getreideherbizide keine Wirkung gezeigt haben, kann man sich sicher sein, dass die Ungräser hiergegen resistent sind. Die Frage ist dann, ob andere Blattherbizide wie Select 240 EC noch Erfolg versprechen und wie gut die Wirkung von Bodenherbiziden auf die eigenen Populationen ist.
Entsprechende Untersuchungen bieten verschiedene Unternehmen wie Agris 42 und Plantalyt an. Für eine Untersuchung brauchen sie 100 ml Samen. Bei der Interpretation der Ergebnisse ist wichtig zu beachten, dass bereits mit Herbiziden behandelte Gräser bereits auf diese Wirkstoffe selektiert wurden.
Ganz normal ernten?
Neben dem Grünland stehen Weidelgräser oft auch auf Uferrandsteifen. Im Übergang zur Kultur hängen einzelne Pflanzen ins nebenstehende Getreide. Drischt man hier randscharf, verbreitet man die Samen mit der Spreu über die gesamte Arbeitsbreite des Mähdreschers.
Dieser hat vermutlich auch Samen von anderen Flächen mitgebracht, wenn an der Schlageinfahrt vermehrt Ungräser stehen. Daher ist es sinnvoll, belastete Flächen zuletzt zu dreschen und die Maschine anschließend zu reinigen. Da der vorherige Kunde des Lohnunternehmers das aber vielleicht ähnlich handhabt, sollte man gerade Feldauffahrten genau kontrollieren und vorhandene Ungräser ausreißen und von der Fläche entfernen. In Zeiten von Präzisionslandwirtschaft mag diese Handarbeit uncool wirken, ist aber mit Abstand am effektivsten.
Der beste Termin ist heute
Fallen im Getreide aktuell erstmals rund 50 Weidelgraspflanzen pro Hektar auf, scheint man kein Problem mit dem Gras zu haben. Das ist eine Pflanze pro 200 m2. Diese Pflanzen haben aber schon eine Herbizidbehandlung im Herbst und eine im Frühjahr überstanden. Daher gibt es jetzt zwei Möglichkeiten:
Die 50 Pflanzen werden von Hand ausgerissen und vom Acker entfernt. Der Arbeitsaufwand hierfür beträgt rund zwei Stunden. Da der Drescher möglicherweise neue Samen mitbringt, sollte man diese Zeit gleich für das nächste Jahr mit einkalkulieren.
Man lässt die Pflanzen aussamen. Das ergibt bei 50 Pflanzen mal 10 Trieben mal 100 Samen insgesamt 50.000 Samen auf dem Hektar. Selbst wenn 98 % der Samen verrotten oder daraus auflaufende Pflanzen bekämpft werden, wären im nächsten Jahr 1000 Pflanzen je Hektar auszureißen. Bleiben diese wieder stehen, sind bei gleicher Rechnung im Folgejahr 20.000 und im Jahr darauf 400.000 Pflanzen mit je 10 Trieben, also 400 Ähren pro m² zu bestaunen.
Aus 50 Pflanzen pro Hektar kann also nichts oder innerhalb von vier Jahren eine Futterbaufläche werden. Am besten ist es also, die Pflanzen noch heute auszureißen.
Ansonsten eignen sich als Futterbaukulturen unter anderem Gras, Kleegras, Luzerne und GPS-Getreide. Letzteres geht mit Weidelgras besser als mit Fuchsschwanz. Weidelgras wird später reif, so kann man den optimalen GPS-Erntetermin des Getreides abwarten. Wichtig ist in jedem Fall, dass das Weidelgras nie aussamt.
Und was ist mit Trespe?
In diesem Jahr ist Trespe wieder häufiger an Feldrändern und -einfahrten zu sehen. Auch hier gilt es, schon erste Pflanzen zu bekämpfen. Trespensamen sind aber nicht so lange im Boden haltbar wie die von Ackerfuchsschwanz oder Weidelgras und zumindest in zweikeimblättrigen Kulturen gibt es noch sichere Bekämpfungsmöglichkeiten. Zwei Trespen-freie Jahre reichen meist, um die Fläche zu sanieren.