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Humusaufbau und Klimaschutz: Das sind die 6 Thesen aus dem Humus-Klima-Netz

Der Aufbau von Humus ist für den Ackerboden gut und trägt zum Klimaschutz bei. Was hält Landwirte noch davon ab? Und wie groß ist der Effekt von reduzierter Bodenbearbeitung? Eine Standortbestimmung.

Lesezeit: 7 Minuten

Der "HumusKlimaTag", ein Symposium zu Humusaufbau und Klimaschutz, beleuchtet die Rolle des Humus als Bestandteil gesunder und resilienter Böden sowie als essenzieller Baustein im Klimaschutz. Die Veranstaltung, die am vergangenen Dienstag in Kassel stattfand, stellt eine Plattform dar, auf der sich Praktiker und Wissenschaftler austauschen. Die Veranstaltung geht aus dem vom BMEL geförderten Projekt "Humus-Klima-Netz" hervor, welches vom Deutschen Bauernverband (DBV) und dem Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft e.V. (BÖLW) geleitet wird.

Austausch zwischen Wissenschaft und Praxis ist wichtig

Als ein führender Impulsgeber des Projekts, betont Dr. Felix zu Löwenstein in seiner Begrüßungsrede die Wichtigkeit von Humus für die Reduzierung von atmosphärischem Kohlenstoff und die Verbesserung der Bodenresilienz. In einem innovativen Reallabor-Ansatz entstehe laut Löwenstein, durch Zusammenarbeit auf Augenhöhe zwischen Wissenschaftlern und Praxisbetrieben, neue Erkenntnisse, die zur Effizienzsteigerung und nachhaltigen Landwirtschaft beitragen. Durch den offenen Austausch profitieren sowohl konventionell wirtschaftende Betriebe als auch Biobetriebe von praktischen Erfahrungen und wissenschaftlichen Analysen. Löwenstein ist Vorstandsmitglied beim FiBL Deutschland und ehemaliger Vorstandsvorsitzender bei BÖLW.

Klimawandel spielt im Wahlkampf keine Rolle

Entsetzt zeigt sich Eberhard Hartelt, Umweltbeauftragter des DBV und Präsident des Bauern- und Winzerverband Rheinland-Pfalz Süd darüber, dass der Klimawandel im aktuellen Wahlkampf keine Rolle spielt. Für den Verbandsfunktionär und Landwirt stellt sich die größte Herausforderung der aktuellen Zeit in den Auswirkungen des Klimawandels dar, die er in seiner täglichen Arbeit auf extrem trockenen und manchmal extrem nassen Böden erfährt. Er betont die Wichtigkeit regional angepasster Lösungen und den Wert des Austauschs von Erfahrungen und Ideen, um die Resilienz der Böden zu verbessern.

Hartelt unterstreicht, dass die Landwirtschaft nicht allein die Verantwortung für den Klimaschutz tragen kann. Vielmehr müssen politische Maßnahmen ergriffen werden, um realistische Erwartungen zu setzen und klimafreundliche Handlungsweisen zu fördern. Trotz der entmutigenden Umstände sieht Hartelt in der Vernetzung und dem Austausch zwischen Wissenschaft und Praxis auf Veranstaltungen wie dem HumusKlimaTag einen wichtigen Schritt zur Bewältigung dieser Herausforderungen und zur Aufklärung über die tatsächlichen Möglichkeiten und Grenzen der CO₂-Bindung im Boden.

Das Humus-Klima-Netz

Das Modell- und Demonstrationsvorhaben Humus-Klima-Netz umfasst 150 landwirtschaftliche Betriebe in ganz Deutschland. Die teilnehmenden Landwirte – je zur Hälfte ökologisch und konventionell wirtschaftend – erarbeiten in der Projektlaufzeit bis Ende 2027 verschiedene Maßnahmen zum Humusaufbau und setzen diese betriebsindividuell um. Geleitet wird das Projekt vom BÖLW und dem Deutschen Bauernverband, das Thünen-Institut begleitet das Vorhaben wissenschaftlich. Die Förderung des Projektes erfolgt aus Mitteln des BMEL.

Humusthesen auf dem Prüfstand

Im weiteren Verlauf des Symposiums gelang es Frau Dr. Lena Käsbauer vom Bayerischen Bauernverband gemeinsam mit Prof. Axel Don vom Thünen-Institut für Agrarklimaschutz Thesen rund um das Thema Humus und Humusaufbau richtig einzuordnen. Die Thesen erstellte Käsbauer auch anhand von Fragen, die die Veranstaltungsteilnehmer zuvor an die Organisatoren gesendet haben.

These 1: Humusaufbau braucht Tonminerale zur Stabilisierung. Auf Sandböden ist kaum Humusaufbau möglich.

Laut Herrn Don ist es richtig, das Tonminerale zum Humusaufbau gebraucht werden. Die seien mit 4 bis 6 % aber auch in Sandböden enthalten. Somit sei Humusaufbau generell auf jedem Boden möglich, allerdings ist es auf Sandböden schwieriger. Als Faustzahl nennt der Experte, dass auf einem Sandboden etwa 10 % der zugeführten Biomasse langfristig als Humus verbleiben, auf Tonböden können das 12 bis 13 % sein.

Aber der Mehraufwand lohnt sich auf den Sandböden, da die Humusmehrung hier einen größeren Effekt hat. Gründe seien, dass man hier die Wasserhaltefähigkeit stärker verbessern und die Gefahr der Erosion stärker vermeiden könne als auf schwereren Böden.

Humusaufbau ist in jedem Boden möglich.
Prof. Dr. Axel Don

These 2: Klimaerwärmung führt zu Humusabbau, deswegen kann man eh nichts machen.

Dass der erste Teil der Aussage korrekt ist, bestätigt Prof. Don: "Wir ab diesem Jahr erstmalig auch in der nationalen Treibhausgasemissionsberichterstattung, die bei uns im Thünen-Institut erstellt wird, berichten müssen, dass unsere Acker- und Grünlandböden auch ohne Landnutzungsänderung Humus verlieren, und das in einer wirklich relevanten Größenordnung von ca. sieben Millionen Tonnen CO2." Don betont aber auch, dass dieser Trend aus dem Mittel der Flächen abgeleitet ist und nicht jede Fläche Humus verliert.

Trotz der Herausforderungen durch den Klimawandel machen Käsbauer und Don deutlich, dass die Bemühungen zur Reduktion der Emissionen und zum Aufbau des Humus wichtiger denn je sind. Als Beispiel nennt Axel Don den positiven Effekt eines höheren Humusgehalt auf das Wasserinfiltrationsvermögen, welches wegen zunehmender Starkniederschläge immer wichtiger wird. "Ein um 0,2 % höherer Humusgehalt - also ein Wert, den wir mit den Maßnahmen die wir im Humus-Klima-Netz haben erreichen können, kann das Wasserinfiltrationsvermögen um den Faktor 10 verbessern", so Don.  

These 3: Reduzierte Bodenbearbeitung fördert den Humusaufbau. Was ist dran?

In ihren Ausführungen relativieren Käsbauer und Don die These. Sie weisen darauf hin, dass regionale Unterschiede, Bodentypen und Klimaregionen entscheidend dafür sind, ob und wie diese Methode effektiv ist. Während reduzierte Bodenbearbeitung auf einigen Böden positive Effekte hat, wie z.B. weniger Erosion und Vorteile für das Bodenleben, kann sie nicht pauschal den Humusgehalt erhöhen. Häufig komme es eher zu einer Umverteilung von Humus in die obere Bodenschicht, ohne dass der Gesamthumusgehalt signifikant steigt. Zudem gebe es laut Axel Don Bedenken, dass reduzierte Bodenbearbeitung zu erhöhten Lachgasemissionen führen könnte.

Allerdings könne eine reduzierte Bodenbearbeitung im Rahmen eines umfassenderen landwirtschaftlichen Anbausystems Vorteile bringen. Dazu gehören weniger Dieselverbrauch, mehr Zwischenfruchtanbau und eine Reduzierung des Einsatzes von Stickstoffdüngern, was insgesamt zur Emissionsreduktion beitragen kann.

These 4: Pflanzenkohle ist das einzige Mittel, um Kohlenstoff langfristig zu speichern.

Prof. Don erklärt, dass Pflanzenkohle durch den Verkohlungsprozess tatsächlich eine sehr stabile Form des Kohlenstoffs schafft, die über Hunderte von Jahren im Boden verbleiben kann. Dies mache die Pflanzenkohle zu einer effektiven Methode zur dauerhaften CO2-Bindung.

Jedoch betont er auch, dass Pflanzenkohle nicht die alleinige Lösung sein kann. Der Aufbau von "herkömmlichem" Humus, obwohl weniger stabil, bietet ebenfalls wichtige Bodenfunktionen und Vorteile für den Klimaschutz. Beide Ansätze sollten nicht isoliert, sondern als Teil eines ganzheitlichen Systems betrachtet werden, das sowohl die Vorteile der Stabilität von Pflanzenkohle als auch die vielfältigen Funktionen von Humus nutzt.

These 5: Humusaufbau benötigt zu viel Stickstoff – das kann gar nicht funktionieren.

Richtig sei, dass für den Aufbau von 1 t Humus ca. 100 kg Stickstoff benötigt würden. Bei einem mittleren N-Überschuss von 70 kg N/ha in Deutschland sei Stickstoff aber in der Regel nicht der limitierende Faktor. "Gute N-Bilanzen sind wichtig, aber allgemein betrachtet steht nicht zu wenig N zur Verfügung", so Don. Im Kontext des Zwischenfruchtanbaus würden sich vor diesem Hintergrund stets Mischungen mit Leguminosen eigenen.

These 6: Humusaufbau ist eine Generationenaufgabe und lohnt sich deswegen nicht.

Für Axel Don geht mit dieser These auch die Frage, "Wie mit Pachtflächen umgehen", einher. Oftmals fehle es den Pächtern an Anreizen, in den Humusaufbau zu investieren, weil sie die langfristigen Vorteile dieser Maßnahmen nicht selbst ernten können oder zumindest keine Garantie dafür haben.

Um Humusaufbau als Generationenaufgabe zu etablieren, ist es laut Axel Don entscheidend, dass sowohl die landwirtschaftlichen Betriebe als auch die Verpächter den Wert dieser Maßnahmen erkennen und honorieren. Dies erfordert eine Bewusstseinsbildung in der gesamten Gesellschaft und eine Anpassung der Pachtverträge. Um langfristige Erfolge im Humusaufbau zu erzielen, sei ein generationsübergreifendes Denken, ähnlich wie in der Forstwirtschaft, notwendig.

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