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So bauen Landwirte Humus in ihrem Acker auf

Humus macht Böden fruchtbarer und klimaresilient. Doch wie baut man ihn auf? Zwei Experten beleuchten Bedenken, Grenzen und Chancen.

Lesezeit: 6 Minuten

Humusreiche Böden sind strukturstabiler, können Wasser besser aufnehmen und mehr davon speichern als humusarme. Durch seine „Kontaktfreudigkeit“ geht Humus unzählige Verbindungen ein und erfüllt so gleichzeitig die Funktionen eines Biokatalysators, eines Nährstoffspeichers und eines Nährstofflieferanten. Er fördert außerdem die Aktivität von Bodenlebewesen wie Regenwürmern und fungiert als Basis für ein reichhaltiges Bodenleben.

Dieses ist essenziell für die Zersetzung organischer Substanz und die Nährstoffverfügbarkeit. Da Humus zu großen Anteilen aus Kohlenstoff besteht, fördert er nicht nur die Bodenfruchtbarkeit, sondern er kann auch als Kohlenstoffsenke dienen und somit einen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Doch das geschieht nicht von selbst, sondern bedarf gezielter humusmehrender Bewirtschaftungsmaßnahmen, wie z.B. dem Anbau von Zwischenfrüchten oder der Etablierung von Agroforstsystemen. Wissenswert ist auch, dass man hierbei einem generell negativen Trend entgegenwirkt. Laut dem Thünen-Institut nimmt der Humusgehalt in Deutschland auf Äckern und Grünland im Mittel nämlich ab.

Welche Aussagen zum Humus stimmen?

So wichtig der Erhalt bzw. der Aufbau von Humus in unseren Böden auch ist, so viele Fragezeichen und Unsicherheiten existieren in den Köpfen der Bewirtschafter. Das wurde auch auf dem „HumusKlimaTag“ in Kassel deutlich, der aus dem Humus-Klima-Netz (siehe Kasten) hervorging. Auf der Veranstaltung gelang es Frau Dr. Lena Käsbauer vom Bayerischen Bauernverband gemeinsam mit Herrn Prof. Axel Don vom Thünen-Institut für Agrarklimaschutz, verbreitete Thesen rund um das Thema Humus und Humusaufbau richtig einzuordnen.

Das Humus-Klima-Netz

Das Modell- und Demonstrationsvorhaben Humus-Klima-Netz umfasst 150 landwirtschaftliche Betriebe in ganz Deutschland. Die teilnehmenden Landwirte – die je zur Hälfte ökologisch und konventionell wirtschaften – erarbeiten in der Projektlaufzeit bis Ende 2027 verschiedene Maßnahmen zum Humusaufbau und setzen diese betriebsindividuell um. Geleitet wird das Projekt vom BÖLW und dem Deutschen Bauernverband, das Thünen-Institut begleitet das Vorhaben wissenschaftlich. Die Förderung des Projektes erfolgt aus Mitteln des BMEL.

These 1:
Humusaufbau braucht Tonminerale zur Stabilisierung. Auf Sandböden ist kaum Humusaufbau möglich.

Laut Prof. Don ist es richtig, dass Tonminerale zum Humusaufbau gebraucht werden. Die seien mit 4 bis 6% aber auch in Sandböden enthalten. Somit sei Humusaufbau generell auf jedem Boden möglich, allerdings sei es auf Sandböden schwieriger. Als Faustzahl nannte der Experte, dass auf einem Sandboden etwa 10% der zugeführten Biomasse langfristig als Humus verbleiben, auf Tonböden können das 12 bis 13 % sein.

Aber der Mehraufwand lohne sich auf den Sandböden besonders, da die Humusmehrung hier einen größeren Effekt habe. Gründe seien, dass man auf den leichteren Böden die Wasserhaltefähigkeit stärker verbessern und die Erosionsgefahr stärker vermeiden könne als auf schwereren Böden.

These 2:
Klimaerwärmung führt zu Humusabbau, deswegen kann man eh nichts machen.

Dass der erste Teil der Aussage korrekt ist, bestätigt Prof. Don: „Wir haben in diesem Jahr erstmalig auch in der nationalen Treibhausgasemissionsberichterstattung, die bei uns im Thünen-Institut erstellt wird, berichten müssen, dass unsere Acker- und Grünlandböden auch ohne Landnutzungsänderung Humus verlieren, und das in einer wirklich relevanten Größenordnung von ca. sieben Millionen Tonnen CO2.“ Don betonte aber auch, dass sich dieser Trend aus dem Mittel der Flächen ableite und nicht jede Fläche Humus verliere.

Trotz der Herausforderungen durch den Klimawandel machten Käsbauer und Don deutlich, dass die Bemühungen zur Reduktion der Emissionen und zum Aufbau des Humus wichtiger denn je seien. Als Beispiel nannte Axel Don den positiven Effekt eines höheren Humusgehaltes auf das Wasserinfiltrationsvermögen, welches wegen zunehmender Starkniederschläge immer wichtiger wird. „Ein um 0,2% höherer Humusgehalt – also ein Wert, den wir mit gängigen Maßnahmen, die wir z. B. auch im Humus-Klima-Netz haben, erreichen können, kann das Wasserinfiltrationsvermögen um den Faktor 10 verbessern“, so Don.

„Humusaufbau ist in jedem Boden möglich.“
Prof. Dr. Axel Don

These 3:
Reduzierte Bodenbearbeitung fördert den Humusaufbau. Was ist dran?

In ihren Ausführungen relativierten Käsbauer und Don die These. Sie wiesen darauf hin, dass regionale Unterschiede, Bodentypen und Klimaregionen darüber entscheiden, ob und wie effektiv die reduzierte Bodenbearbeitung Humus aufbaut. Während mit diesem Ansatz sicherlich positive Effekte, wie z.B. weniger Erosion und Vorteile für das Bodenleben, zu verbinden seien, erhöhe sie nicht pauschal den Humusgehalt.

Häufig komme es eher zu einer Umverteilung von Humus in die obere Bodenschicht, ohne dass der Gesamthumusgehalt signifikant steige. Zudem gebe es laut Axel Don Bedenken, dass reduzierte Bodenbearbeitung zu erhöhten Lachgasemissionen führen könnte. Allerdings könne eine reduzierte Bodenbearbeitung im Rahmen eines angepassten landwirtschaftlichen Anbausystems Vorteile bringen. Dazu gehörten weniger Dieselverbrauch, mehr Zwischenfruchtanbau und ein reduzierter Einsatz von Stickstoffdüngern, was insgesamt zur Emissionsreduktion beitragen kann. Mehr zu Direktsaat und Unterbodenmanagement lesen Sie hier....

These 4:
Pflanzenkohle ist das einzige Mittel, um Kohlenstoff langfristig zu speichern.

Prof. Don erklärte dazu, dass Pflanzenkohle durch den Verkohlungsprozess tatsächlich eine sehr stabile Form des Kohlenstoffs schafft, die über Hunderte von Jahren im Boden verbleiben kann. Dies mache die Pflanzenkohle zu einer effektiven Methode zur dauerhaften CO2-Bindung. Jedoch betonte er auch, dass Pflanzenkohle nicht die alleinige Lösung sein kann. Der Aufbau von „herkömmlichem“ Humus – obwohl weniger stabil – biete ebenfalls wichtige Bodenfunktionen und Vorteile für den Klimaschutz. Beide Ansätze sollten nicht isoliert, sondern als Teil eines ganzheitlichen Systems betrachtet werden, das sowohl die Vorteile der Stabilität von Pflanzenkohle als auch die vielfältigen Funktionen von Humus nutzt.

These 5:
Humusaufbau benötigt zu viel Stickstoff – das kann gar nicht funktionieren.

Richtig sei, dass für den Aufbau von 1 t Humus ca. 100 kg Stickstoff benötigt würden. Bei einem mittleren N-Überschuss von 70 kg N/ha in Deutschland sei Stickstoff aber in der Regel nicht der limitierende Faktor. „Gute N-Bilanzen sind wichtig, aber allgemein betrachtet steht nicht zu wenig Stickstoff zur Verfügung“, so Don. Im Kontext des Zwischenfruchtanbaus eigneten sich vor diesem Hintergrund stets Mischungen mit Leguminosen.

These 6:
Humusaufbau ist eine Generationenaufgabe und lohnt sich deswegen nicht.

Für Axel Don geht mit dieser These auch die Frage, „Wie mit Pachtflächen umgehen?“, einher. Oftmals fehle es den Pächtern an Anreizen in den Humusaufbau zu investieren, weil sie die langfristigen Vorteile dieser Maßnahmen nicht selbst ernten können oder zumindest keine Garantie dafür haben. Um Humusaufbau als Generationenaufgabe zu etablieren, ist laut Axel Don entscheidend, dass sowohl die landwirtschaftlichen Betriebe als auch die Verpächter den Wert dieser Maßnahmen erkennen und honorieren. Dies erfordere eine Bewusstseinsbildung in der gesamten Gesellschaft und eine Anpassung der Pachtverträge. Um langfristige Erfolge im Humusaufbau zu erzielen, sei ein generationsübergreifendes Denken, ähnlich wie in der Forstwirtschaft, notwendig.

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