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Landessortenversuche

Hybridroggen zeigt, was er kann

Weil Roggen auf leichten Standorten sein Potenzial nicht voll ausspielen kann, wird er ertraglich schnell unterschätzt. Zu Unrecht, wie eine umfassende Auswertung der Landessortenversuche zeigt

Lesezeit: 9 Minuten

Viele Landwirte denken beim Thema Auflockerung der Fruchtfolge nur selten an Roggen. Der Grund: Die Kultur gilt wegen ihrer Trockentoleranz als die Getreideart für leichte Standorte. Obwohl sich gerade beim Hybridroggen züchterisch viel getan hat, schätzen viele Praktiker das Ertragspotenzial im Vergleich zu anderen Getreidearten immer noch als eher gering ein. Doch ist das wirklich so? Was kann Roggen tatsächlich unter gleichen Standortbedingungen ertraglich leisten? Und kann er sogar andere Getreidearten im Ertrag schlagen?

Landessortenversuche offenbaren Potenzial

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Es lohnt sich, genauer hinzusehen! Dass Roggen durchaus ertraglich konkurrenzfähig mit anderen Getreidearten ist, zeigen mehrjährige Auswertungen der bundesweiten Landessortenversuche (LSV). Da er in der Regel als Futtergetreide dient, verglich man Hybridroggen mit den übrigen Futtergetreidearten Gerste, Triticale, B- und C-Weizen.

Dabei flossen Ergebnisse von insgesamt 132 LSV-Standorten seit 2011 ein. Neben der umfassenden Datenbasis bieten die Ergebnisse der LSV zusätzlich weitere Vorteile:

  • Sie basieren auf offiziell anerkannten, unabhängigen Versuchsanstellungen.
  • Jede Fruchtart erhält in den LSVs die jeweilige ortsübliche Bestandesführung. Somit lässt sich das Ertragspotenzial der Fruchtarten direkt vergleichen.
  • Der Ertragswert ist ein Mittel aller geprüften Sorten. Sortenunterschiede lassen sich so ausschließen.

Roggen hat die Nase vorn

Die Auswertung zeigt: In acht von neun Jahren war der Hybridroggen in der behandelten Stufe die ertragsstärkste Frucht unter allen Futtergetreidearten. Nur 2014 war der C-Weizen ertragreicher. Im Trockenjahr 2015, als die Hitze erst relativ spät einsetzte, profitierte die früh abreifende Gerste überdurchschnittlich und lag auf ähnlichem Niveau wie der Roggen. In 2019 erreichte Triticale ähnliche Ergebnisse wie Hybridroggen.

Die Übersicht 1 zeigt den Vergleich  der Getreidearten.  Hier flossen nur Ergebnisse von den LSV-Standorten ein, an denen auch alle Arten geprüft wurden.

Betrachtet man ausschließlich  Triticale und Hybridroggen , stehen mit 294 Standorten mehr Daten zur Verfügung. Dadurch differenzieren sich die Ergebnisse noch deutlicher. Roggen erzielt dann in allen Jahren (2011 bis 2019) einen mittleren Mehrertrag von 4,4 dt/ha.

Unterteilt man die Ergebnisse nach Bodengüte, lag der Mehrertrag auf Standorten unter 40 Bodenpunkten bei durchschnittlich 6,1 dt/ha und auf Standorten über 40 Bodenpunkten bei 2,3 dt/ha. Beachtlich ist dabei die generelle Ertragsleistung des Hybridroggens von gut 100 dt/ha auf besseren Standorten.

Beim direkten Vergleich mit  Stoppelweizen  waren die Schwankungen in den Ertragsunterschieden zum Hybridroggen größer. Während in 2014 und 2016 beide Kulturen nahezu gleichauf lagen, konnte der Roggen in 2012 und 2015 Mehrerträge von 15 bzw. 20 dt/ha realisieren.

Die dargestellten Ergebnisse machen deutlich, dass Hybridroggen ertraglich in der Lage ist, andere Futtergetreidearten zu ersetzen. Dies ist auch dem vergleichsweise hohen Züchtungsfortschritt geschuldet.

Wen kann Roggen ersetzen?

Neben der aufgezeigten Ertragsleistung kommen dem Roggen noch zwei weitere Vorteile zugute: Zum einen ist er nach wie vor vergleichsweise gesund, zum anderen kommt er, dank seiner guten Stickstoffeffizienz (N), ohne Probleme mit den Vorgaben der Düngeverordnung (DüV) 2017 zurecht. Aus diesen Gründen kann er vor allem gegenüber Triticale oder Stoppelweizen eine sinnvolle Alternative sein.  Triticale , einst als robuste und leistungsstarke Kreuzung gefeiert, leidet seit Längerem unter massivem Gelbrostdruck. Die Pflanzenschutzintensität unterscheidet sich kaum noch vom Weizen. Hier bringt Roggen neben im Mittel höheren Erträgen auch einen Vorteil in den Produktionskosten mit.

Ein erfolgreicher  Stoppelweizenanbau  ist mit der begrenzten N-Menge durch die DüV 2017 kaum mehr möglich. Zudem schmälern Fußkrankheiten die Erträge. Daher kommt auch hier Roggen als Alternative in Betracht – zumal durch ihn eine deutlich geringere Toxinbelastung des Futters mit Fusarien droht.

Für die früh räumende  Gerste  stellt Roggen in der Regel keine Alternative dar. Denn sie ist für die meisten Landwirte als Vorfrucht für Raps aus arbeitswirtschaftlichen Gründen nicht zu diskutieren.

Der  Weizen  bleibt dem Roggen preislich überlegen. Allerdings stand Weizen in den letzten Jahren auf zum Teil extremen Grenzstandorten, was nicht immer kostendeckend war.

Anbauflächen steigen

Dass sich beim Roggenanbau etwas tut, belegt die Entwicklung der Anbaufläche in Deutschland. Sank sie seit dem Jahr 2013 kontinuierlich von 785.000 ha auf 523.000 ha im Jahr 2018, stieg sie 2019 sprunghaft auf 636.000 ha und zur Ernte 2020 sogar auf gut 671.000 ha.

Die Ausdehnung ist nicht regional begrenzt und hat verschiedene Ursachen:

  • Die zwei letzten Trockenjahre führten gerade im Osten Deutschlands zu massiven Ertragsausfällen. Vor allem auf Flächen, auf denen Raps und Weizen auf Grenzstandorten stand, griffen Landwirte wieder vermehrt auf Roggen zurück.
  • Roggen profitierte von der grundsätzlich schwierigen Situation im Rapsanbau (schlechte Aussaatbedingungen, unbefriedigende Erträge und Wirkstoffwegfall).
  • In Mecklenburg-Vorpommern wich vor allem Stoppelweizen in Folge der Vorgaben der DüV 2017 dem Roggen.
  • Im Westen nahm die Bedeutung des Roggens in der Schweinefütterung zu. Damit stieg auch die Anbaufläche. Hier verdrängte er vor allem Triticale.

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R e p o r t a g e

Gute Gründe für Roggen

Dass die Anbaufläche in NRW steigt, ist nachvollziehbar, meint Sortenberater Heinrich Brockerhoff.

Die im Beitrag beschriebenen Zusammenhänge können wir für Nordrhein-Westfalen (NRW) bestätigen. Unabhängige Versuchsergebnisse aus Landessortenversuchen liefern für die Praxis verlässliche und neutrale Daten. Moderne Roggenhybriden sind sehr leistungsfähig und erzielten in den letzten Jahren sichere und stabil hohe Erträge. Vor allem in den Trockenjahren erreichte Winterroggen auf den schwächeren und mittleren Standorten gegenüber Wintertriticale und Stoppelweizen die bessere Wirtschaftlichkeit.

Auch bei der Nährstoffeffizienz und den -entzügen von Stickstoff und Phosphor kann Winterroggen in diesem Vergleich punkten. Durch den vermehrten Einsatz im Futtertrog in NRW gibt es bei der Verwertung – anders als beim Markt für Brotroggen – positive Signale.

Züchtung hat viel erreicht

Wichtige pflanzenbauliche Eigenschaften wie Standfestigkeit, Braunrost-toleranz und Mutterkornanfälligkeit konnte die Hybridzüchtung in den aktuellen Leistungsträgern deutlich verbessern. Wesentliche Anbaurisiken der Vergangenheit ließen sich damit spürbar reduzieren.

Gerade Veredlungsbetriebe mit intensivem Wirtschaftsdüngereinsatz suchen gesunde Sorten mit guter Standfestigkeit und möglichst einfachen Pflanzenschutzstrategien. Vieles spricht daher für eine Ausdehnung des Roggenanbaues. In puncto Auswuchsfestigkeit beurteilen wir als Landwirtschaftskammer Winterroggen nicht schlechter als Wintertriticale.

Daher bestätigen die Anbauzahlen aus NRW die positive Entwicklung bei Winterroggen. Bis 2017 lag der Anbauumfang stabil bei nur rund 17 000 ha. Bei der Aussaat 2018 gab es einen Anstieg der Anbauflächen um fast 40 %. Im Herbst 2019 entschieden sich vor allem Landwirte in den Veredlungsregionen, auf leichteren und mittleren Böden Winterroggen statt Wintertriticale oder Stoppelweizen anzubauen. Der Roggenanbau ist wieder in und es gibt nachvollziehbare Gründe für diese Entwicklung.

Klar muss aber auch sein, dass Winterroggen nicht auf alle Standorte passt. Für Problemstandorte mit hohem Ungrasdruck gibt es aufgrund der schlechteren Herbizidverträglichkeit im Vergleich zu Wintertriticale und Stoppelweizen Grenzen.

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Hybridroggen – positiv vielfältig

Steigende Ertragsleistung, kosteneffizienter Anbau und breite Vermarktungsmöglichkeiten machen den Hybridroggen interessant, sagt Sortenprüfer Dr. Gert Barthelmes.

Winterroggen gehört neben Mais und Weizen auf den leichten nordostdeutschen Böden zu den anbaustärksten Kulturen. Das liegt daran, dass er mit den überwiegend leichten Böden, regelmäßigen Trockenperioden und der Kahlfrostgefahr gut zurechtkommt und somit in puncto Ertragshöhe und -stabilität im Vergleich zu anderen konkurrierenden Getreidearten pflanzenbauliche Vorteile hat.

Nach dem Rückgang im Jahr 2018 nahm der Flächenumfang im Hauptanbaugebiet Brandenburg zur Ernte 2019 wieder um 15 % zu. Damit wies das Land mit mehr als 28 000 ha den größten absoluten Flächenzuwachs in Deutschland auf. Hauptursache dieser Entwicklung waren das knappe Roggenangebot und geringe Vorräte aus der Vorjahresernte. Das führte zu anhaltend reger Nachfrage und entsprechend positiver Preisentwicklung. Darüber hinaus profitierte er von dem rückläufigen Rapsanbau.

Hybridsorten überlegen

Auf den leichten Böden spielt Roggen die pflanzenbaulichen Vorzüge besonders aus und muss dort auch ein Großteil des Betriebseinkommens erwirtschaften. Im Vergleich zu den anderen Wintergetreidearten erzielt Roggen zwar einerseits schwächere Erzeugerpreise, andererseits lässt sich der Anbau aber mit reduziertem Aufwand und damit geringeren variablen Kosten bei gleichzeitig relativ gutem Ertragsniveau gestalten. Neue ertragsstarke Hybridsorten bieten dabei günstige Voraussetzungen, um die Effizienz zu steigern.

Langjährige Vergleiche in den LSV zwischen den jeweils besten Sorten von Hybrid- und Populationsroggen belegen, dass die Hybride den Populationssorten um 15 bis 20 % im Ertrag überlegen sind. Das zeigt unter anderem den Erfolg der Züchtung, bei der man den Schwerpunkt auf die Entwicklung von Hybridsorten gesetzt hat.

Vergleicht man die Kornerträge der Hybridsorten in den LSVs auf leichten ostdeutschen Sandböden untereinander, ergibt sich zwischen den schwächeren und den leistungsstärksten Sorten eine Spanne von 5 bis 7 %. Das Spitzenniveau muss die Züchtung in Anbetracht deutlich zunehmender Umweltrisiken (z. B. Witterungsextreme) durch verbesserte Ertrags- und Qualitätsstabilität absichern.

Neuere Sorten präsentieren sich schon heute mit verbesserter Standfestigkeit sowie geringerer Anfälligkeit für Braunrost und Mutterkorn. Künftig sind Sorten zu erwarten, die hohe Ertragsleistung mit verbessertem Korn-Stroh-Verhältnis und abiotischer Stresstoleranz kombinieren.

Flexible Verwertung und Vermarktung

Mit Blick auf die wechselnden Marktbedingungen, empfiehlt es sich, das Vermarktungsrisiko des Roggens zu minimieren, indem Landwirte unterschiedliche Verwertungsrichtungen einbeziehen. Für die Vermarktung als Backroggen kommen die qualitativ besten Partien infrage, mit denen sich Aufpreise gegenüber Futterroggen erzielen lassen.

Die Preisdifferenz zwischen Roggen, Triticale und Futterweizen bestimmt, ob es für die Mischfutterindustrie rentabel ist, mehr Roggen einzusetzen.

Für den Landwirt bietet es sich besonders bei geringen Marktpreisen an, ihn innerbetrieblich als Futtermittel zu verwerten. Ein Rationsanteil von 50 % und mehr in bestimmten Phasen der Rinder- und Schweinefütterung ist problemlos möglich und bietet ökonomische Vorteile – dies zeigen Praxiserfahrungen und Versuche seit Jahren.

Auch der Einsatz als geschrotetes Korn oder Ganzpflanzensilage in Biogasanlagen ist mittlerweile etabliert. Das erweitert besonders auf leichten Böden die Wertschöpfung und entlastet in Jahren mit hohem Warenangebot den Markt. Gerade auf den Trockenstandorten, auf denen Biogasanlagen ihren Substratbedarf wegen häufig geringerer Erträge nicht immer vollständig mit Silomais decken können, stellt Roggen eine Alternative dar.

Daneben eröffnet die Ethanolgewinnung eine weitere Vermarktungsmöglichkeit. Je nach Preisrelationen des Roggens zu anderen konkurrierenden Rohstoffen kann der Vertragsanbau wirtschaftlich interessant sein.

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