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Japankäfer: Gefährlicher Beifahrer aus dem Süden

In Deutschland gibt es bisher nur Einzelfunde vom Japankäfer, doch in Italien und in der Schweiz richtet er bereits große Schäden an. Welche Kulturen befällt er und wie lässt er sich in Schach halten?

Lesezeit: 9 Minuten

Unsere Autoren: Dr. Stephanie Feltgen, Dr. Björn Hoppe und Dr. Matthias Becker, Julius Kühn-Institut

Der Japankäfer ist eine große Bedrohung für fast alle landwirtschaftlichen und gartenbaulichen Kulturpflanzen.  Denn er frisst viele verschiedene Pflanzen. Über 400 Arten wurden kürzlich als Haupt- und Nebenwirte gelistet. Die Europäische Union hat den Japankäfer deshalb als sogenannten prioritären Quarantäneschädling eingestuft. Er ist damit meldepflichtig.

Schnell gelesen

  • Der Japankäfer ist ein bedrohlicher Schädling, weil er fast alle Kulturpflanzen befällt und nur schwer zu bekämpfen ist.

  • In Norditalien und der Schweiz ist er bereits verbreitet, in Deutschland gibt es bisher nur Einzelfunde. Die Tiere kommen über die Fernverkehrsrouten zu uns.

  • Oberstes Ziel ist es, eindringende Exemplare abzufangen und Ausbrüche sofort zu tilgen.

Die zu den Blatthornkäfern zählende Art  (Popillia japonica) befällt krautige und verholzte, ein- und zweikeimblättrige Wild- und Kulturpflanzen gleichermaßen. Unter den wichtigsten heimischen Ackerbaukulturen Getreide, Mais, Kartoffeln, Zuckerrüben, Hülsenfrüchte und Ölsaaten gibt es keine einzige, die er verschmäht.

Süßgräser sind Hauptwirte

Getreide und Mais gehören als Süßgräser sogar zu den Hauptwirten und zu den Pflanzen, die er für die Eiablage bevorzugt. Im Grünland präferiert er Schwingel, Weidelgras und Rispengras.

Der Japankäfer wurde als Schädling auf vielen Gemüsearten wie  Spargel, Karotten, Kürbis und Gartenbohnen beobachtet. Auch Kohlarten gehören genau wie Mangold und Rote Bete zu seinen Nebenwirten. Gemüse, das im Gewächshaus oder Folientunnel angebaut wird (z. B. Tomaten, Auberginen, Gurken, Melonen), ist ebenfalls betroffen, durch die Eindeckung aber besser vor zufliegenden Käfern geschützt.

Ebenso gehören fast alle Obstarten zu den Hauptwirten des Japankäfers, egal ob Stauden, Sträucher oder Bäume. Zu nennen sind Erdbeere, Johannisbeere, Stachelbeere, Brombeere, Blaubeere und Schlehe und fast alle Kernobst- (Apfel, Birne, Quitte) und Steinobstarten (Süßkirsche, Sauerkirsche, Pflaume, Mirabelle, Aprikose und Pfirsich). Auch Wein und Hopfen zählen zu den Hauptwirten des Japankäfers.

Zudem scheint der Japankäfer eine Reihe bekannter Abwehrstoffe gut vertragen zu können. Die Senföle der Kreuzblütler beeinträchtigen ihn ebenso wenig wie die Inhaltsstoffe des Efeus und der Pelargonien. Sogar vor einigen Nadelbäumen und Farnen schreckt er nicht zurück.

Seine Eier legt er in der Erde ab (siehe Übersicht). Fehlen Grünland und Rasenflächen, genügen ihm auch andere Pflanzen für die Eiablage. Während sich die Engerlinge von Pflanzenwurzeln und abgestorbenem organischen Material ernähren, fressen die im Frühling schlüpfenden Käfer ausschließlich an oberirdischen Pflanzenteilen. Sie bevorzugen weicheres Material, wie Laub- und Blütenblätter, fressen aber auch an diversen Früchten.

Über die USA nach Europa?

Der ursprünglich aus Japan stammende Käfer wurde zu Beginn des 20. Jahrhunderts nach Nordamerika verschleppt. Er entwickelte sich in den USA zu einem ernst zunehmenden Schädling, vor allem auf Rasenflächen und im Apfelanbau.

Erst 2014 wurde der Japankäfer auf dem europäischen Festland, in Italien, nachgewiesen. Vermutlich wurden die Käfer über den Flughafen Mailand eingeschleppt. Trotz massiver Bekämpfungsmaßnahmen ließ sich seine Etablierung in Norditalien nicht verhindern.

Mittlerweile hat sich der Japankäfer hauptsächlich in den italienischen Regionen Lombardei und Piemont und seit 2017 in der Südschweiz im Kanton Tessin auf einer Fläche von über 16.000 km² ausgebreitet. Im Rahmen von Erhebungen wurde er 2023 in zwei weiteren Schweizer Kantonen sowie 2024 in Basel festgestellt.

Erste Funde in Deutschland

In Deutschland selbst hat man bisher nur vereinzelte Japankäfer entdeckt. 2014 wurde von einem Fund in Nordrhein-Westfalen berichtet, 2018 von einem in Bayern. Nach dem Fund in Basel und der Einrichtung der Befalls- und Pufferzone, hat man  auch in Deutschland die Überwachungsmaßnahmen nochmals intensiviert.

Seit 2021 gingen in Baden-Württemberg insgesamt elf Käfer an drei Standorten in Lockstoff-Fallen. In Bayern fand man 2024 vier männliche Käfer an verschiedenen Standorten. Neun der elf Funde in Baden-Württemberg stammen aus Fallen, die an einer Nord-Süd-Autobahn aufgestellt wurden. Dies verdeutlicht die besondere Gefahr, den Japankäfer als „blinden Passagier“ oder „Tramper“ einzuschleppen.

Obwohl die adulten Käfer am Tag bis zu 8 km weit fliegen können, legen die meisten erwachsenen Tiere eher kürzere Strecken zwischen 500 und 700 m zurück. Die Hauptausbreitung und Verschleppung erfolgt in der Regel über den Reise- und Güterverkehr. Daher ist die Überwachung der Fernverkehrsrouten aus Italien und der Schweiz besonders wichtig.

Ein weiterer Verbreitungsweg ist das Verbringen von Eiern und/oder Larven in Erdballen von Baumschulware oder im Substrat von getopften Pflanzen bzw. über Rollrasen.

Befalls- und Pufferzonen

Tritt der Japankäfer in der EU auf, sind laut  einer Durchführungsverordnung  amtliche Maßnahmen umzusetzen. Um den bestätigten Fundort des Japankäfers wird dann ein abgegrenztes Gebiet eingerichtet, das sich bei Ausrottungsmaßnahmen in eine Befallszone (mindestens 1 km Radius um den Fundort des Befalls) und eine umgebende befallsfreie Pufferzone (5 km Radius um die Befallszone) gliedert.

Befalls- und Pufferzonen in Baden-Württemberg

Der erste Fund des Japankäfers in Basel führte zur Einrichtung eines solchen abgegrenzten Gebietes, dessen Befalls- und Pufferzonen auch nach Baden-Württemberg hineinragen. Deshalb hat das Regierungspräsidium Freiburg eine Allgemeinverfügung für den Landkreis Lörrach veröffentlicht. Zu den umzusetzenden Maßnahmen gehören unter anderem verstärkte Kontrollen, sowie Verbringungs- und Bewässerungsverbote.

Die Maßnahmen dienen dazu, ein Auftreten des Käfers möglichst rasch zu entdecken, eine Verschleppung zu verhindern sowie durch das Bewässerungsverbot die Vermehrung des Japankäfers zu erschweren. Denn die Weibchen legen die Eier vorzugsweise in feuchte Böden, weil die Larven die Feuchtigkeit für ihre Entwicklung benötigen.

Schweiz kombiniert Bekämpfungsmaßnahmen

In der Schweiz und in Italien werden zur Bekämpfung des Käfers verschiedene Maßnahmen kombiniert. Ausgewachsene Tiere fängt man mit Lockstofffallen. Lebende Käfer werden per Hand abgesammelt und chemische, biologische und physikalische Methoden zur Bekämpfung eingesetzt.

Darüber hinaus erprobt die Schweiz in den Befallsgebieten nördlich der Alpen alternative Maßnahmen. So hat man eine ausgesuchte Fläche von dem Bewässerungsverbot ausgenommen und absichtlich bewässert, um Käfer anzulocken.

Zudem hat man befallene Rasenflächen großflächig mit einer luftdichten Plastikfolie abgedeckt, um ein Ausfliegen der geschlüpften Käfer und eine erneute Eiablage zu verhindern. Larven verhungern, weil sie sich bereits im Boden entwickeln. Da die Grasnarbe abstirbt, fehlt ihnen die Nahrungsgrundlage.

Wie den Käfer bekämpfen?

In Eindämmungsgebieten südlich der Alpen hat man den Versuch der Ausrottung bereits aufgegeben. Dort versucht man die Anzahl an Japankäfern und somit den Befallsdruck zu reduzieren. Hierfür eignen sich vor allem biologische Bekämpfungsmaßnahmen mit effektiven Gegenspielern des Japankäfers (siehe Seite 83). Denn neben bestimmten Pilzen sind auch Bakterien, parasitierende Insekten, und verschiedene ­Nematoden bekannt, die spezifisch und effektiv gegen den Japankäfer wirken. 

In den USA wurden 49 Arten von räuberischen und parasitoiden Insekten aus Asien und Australien freigesetzt, um den Japankäfer zu bekämpfen, in der Summe jedoch mit mäßigem Erfolg. Außerdem wäre die Ansiedlung solcher Gegenspieler in Deutschland grundsätzlich bedenklich. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass sie eines Tages ihr Wirtspektrum erweitern. Zudem könnten gebietsfremde Parasitoide in Konkurrenz zu vorhandenen Nützlingen treten, zum Beispiel zu Rollwespen (Tiphiidae) und Dolchwespen (Scoliidae), die die Larven von Blatthornkäfern parasitieren. 

Acelepryn auf Rollrasen und Golfplätzen

Für die chemische Bekämpfung der Engerlinge von Blatthornkäfern, zu denen auch der Japankäfer gehört, ist in Deutschland Acelepryn in der Rollrasenproduktion und auf Golfplätzen zugelassen.

Der Einsatz weiterer Pflanzenschutzmittel gegen ausgewachsene Japankäfer muss über eine Notfallzulassung beantragt werden. In den USA erwies sich der Einsatz diverser Insektizide aber als wenig erfolgreich, da die Käfer nach einer Anwendung wieder schnell aus der Umgebung ins behandelte Feld einwanderten.

Den Boden fräsen

Es lässt sich davon ausgehen, dass die Bodenbearbeitung im Ackerbau und die Ernte den Engerlingen des Japankäfers zeitweilig die Nahrungsgrundlage entzieht. Neue Populationen können sich dann nicht so exponentiell entwickeln wie es zum Teil auf Grünland zu beobachten ist.

So hat sich auf Grünlandflächen in der Südschweiz die Individuenzahl anfänglich jährlich verzehnfacht. Mechanisch lassen sich die Engerlinge des Japankäfers nur durch Fräsen des Bodens in größerer Zahl abtöten.

Oberstes Ziel: Das Eindringen verhindern

Oberstes Ziel der Bekämpfung in Deutschland muss sein, das Eindringen des Schädlings konsequent zu verhindern. Dazu gehört, einwandernde Exemplare mit „Attract-and-Kill-Fallen“ sofort abzufangen und Ausbrüche zu verhindern. Ausgewachsene Japankäfer treten in Italien und der Schweiz von Juni bis September auf und können dann als blinde Passagiere nach Deutschland gelangen.

Informieren Sie deshalb bei Verdacht einer Einschleppung sofort den zuständigen Pflanzenschutzdienst. Die Schweizer Befalls- und Pufferzone, die bis nach Deutschland hineinreicht, umfasst bereits Verbringungsverbote für Pflanzen und Bodenmaterial, um eine Verschleppung des Japankäfers zu vermeiden. Befolgen Sie unbedingt die Anweisungen der Pflanzenschutzdienste, um Zeit für die Bekämpfung des Japankäfers und die Entwicklung neuer Bekämpfungsstrategien zu gewinnen.

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Forschungsprojekte

Gegenspieler und Gene

Aktuelle Forschungsprojekte zur Bekämpfung des Japankäfers verfolgen zwei Ziele:

Es müssen Substanzen, Mikroorganismen oder Nützlinge gefunden werden, die einerseits hocheffektiv sind und andererseits keinen Schaden an anderen Organismen verursachen, also nach Möglichkeit nicht einmal nahverwandte Käfer beeinträchtigen. Deshalb forscht das Julius Kühn-Institut (JKI) an einheimischen Mikroorganismen und Nützlingen mit antagonistischem Potenzial.

So ist bekannt, dass die bevorzugten Wirtspflanzen der Japankäferlarven Rotschwingel, Weidelgras und Rispen-gräser in Symbiose mit Pilzen aus der Gattung Epichloë leben. Diese sogenannten Endophyten produzieren bestimmte Alkaloide (unter anderem ­Loline), die in die Wurzeln transportiert werden und so die Gräser vor bodenbürtigen Schadinsekten schützen.

Loline-produzierende Gräser wurden bereits erfolgreich gegen Engerlinge des Japankäfers getestet. Der hemmende Effekt anderer insektenfressender Pilze aus den Gattungen Metarhizium und Beauveria wurde ebenfalls nachgewiesen. Vertreter dieser beiden Gruppen wurden bereits im integrierten Pflanzenschutz verwendet.

Quarantänestation für Käfer

Da es noch keine Befallsgebiete in Deutschland gibt, hat das sich das JKI in einer Quarantänestation eine Erhaltungszucht des Japankäfers aufgebaut und antagonistische Mikroorganismen europäischer Herkunft in Kultur genommen. Analysen der mikrobiellen Genome ermöglichen eine Vorauswahl von Kandidaten mit großem Potenzial.

Ein weiterer Bekämpfungsansatz, der am JKI erprobt wird, ist die RNA-Interferenz (RNAi) zur zielgerichteten Stilllegung von essenziellen Genen eines Schädlings. Da für diesen Ansatz schädlingsspezifische Sequenzen verwendet werden, kann eine Beeinträchtigung anderer Organismen ausgeschlossen werden.

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Baden-Württemberg

Gefahr für Wein, Obst, Mais und Soja

Baden-Württemberg grenzt direkt an die Schweiz und ist damit das Bundesland, das am stärksten von der Einschleppung des Schädlings bedroht ist. „Sollte sich der Japankäfer bei uns etablieren, sind vor allem im Wein- und Obstbau Schäden zu erwarten, in landwirtschaftlichen Kulturen sind Mais, vor allem der Saatmais, und Soja gefährdet“, erklärt Frauke Rinke, Referentin für Pflanzenschutz am Landwirtschaftlichen Technologiezentrum Augustenberg.

Da derzeit nur kleine Populationen nördlich der Alpen in der Schweiz gefunden wurden, werden die Schäden zunächst noch nicht sichtbar sein, erwartet die Expertin. Man gehe aber davon aus, dass die Population schon drei bis vier Jahre vorhanden sei, bevor Anbauer den Käfer oder Fraßschäden durch ihn melden werden.

2024 hat Baden-Württemberg zur Käferflugzeit intensiv mit 95 Pheromonfallen überwacht. Zudem prüfe man, ob zum Schutz der Kulturen eine Notfallzulassung von weiteren Pflanzenschutzmitteln nötig sei, so Rinke.

Sie weist darauf hin, dass Käferfunde sofort dem zuständigen Pflanzenschutzdienst zu melden sind, damit dieser rasch mit den notwendigen Maßnahmen darauf reagieren kann. Allerdings rät sie davon ab, dass Landwirte oder Privatpersonen eigene Fallen aufstellen.

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