"Wer beim Klimaschutz nur an Extensivierung denkt, verliert den Blick fürs große Ganze!", sagt Matthias Bröker. Selbst die Wissenschaft ist uneins bei der Bewertung der Agrar-CO2-Emissionen.
Ein Kommentar von Matthias Bröker, top agrar-Ackerbau:
Die Flutkatastrophe in West- und Süddeutschland, verheerende Waldbrände in Griechenland und die extreme Hitzewelle mit über 48°C in Italien zeigen, dass wir dem Klimaschutz oberste Priorität einräumen müssen. Dass mehr denn je Handeln statt Reden erforderlich ist, zeigt auch der neue Bericht des Weltklimarates IPCC. Dieser sagt eine deutlich raschere Erwärmung der Erde voraus als bislang angenommen.
Weil der Druck enorm hoch ist, sind die Grünen einige Wochen vor der Bundestagswahl mit einem Klimaschutz-Sofortprogramm vorgeprescht, das sogar die Einführung eines eigenständigen Klimaschutzministeriums mit Vetorecht enthält. Ihre Vorschläge für den Ackerbau: Mehr Humusaufbau, Ökolandbau und Moorschutz. Doch sind diese Ideen wirklich der Königsweg für mehr Klimaschutz?
Zumindest Wissenschaftler sind sich über den richtigen Weg uneins. So scheint noch nicht einmal klar zu sein, wie landwirtschaftliche Verfahren hinsichtlich CO2-Emission und -Festlegung überhaupt zu bewerten sind. Die einen, wie z.B. das Thünen-Institut, betrachten die Produktion von Nahrungsmitteln und deren Konsum aus Kohlenstoffsicht als Nullsummenspiel. Daher präferieren sie eher extensive Anbausysteme mit mehrjährigen Kulturen bis hin zu Agroforst.
Die anderen, wie z.B. Wissenschaftler aus Jena, halten den CO2-Saldo für entscheidend. Berechne man Treibhausgasbilanzen von Betrieben, zeige sich, dass die deutsche Landwirtschaft zurzeit schon mehr CO2 fixiert als sie ausstößt. Daher befürworten sie intensivere Wirtschaftsweisen.
Statt sich jetzt in Debatten zu verlieren, wäre es sinnvoll, den Blick aufs große Ganze zu lenken. Das heißt: Deutschland sollte sich schon aus globaler Verantwortung heraus selbst versorgen können – das spricht für eine gewisse Intensität in der Produktion. Würde man dagegen verstärkt auf Importe setzen, wäre das ein Leben auf Kosten der anderen. Flankieren ließe sich das mit extensiven Maßnahmen wie z.B. Agroforst oder der Wiedervernässung von Moorflächen, um damit effektiv zusätzlichen Kohlenstoff zu binden.
Die Politik sollte nun den Rahmen dafür schaffen und den Landwirten auch konkrete Anreize für mehr Klimaschutz bieten. Wer z.B. Moorflächen vernässt, benötigt einen finanziellen Ausgleich. Gleichzeitig darf die Politik nicht den Fehler machen, intensive Wirtschaftsweisen zu verteufeln – denn in Deutschland müssen immerhin auch 83 Mio. Menschen jeden Tag satt werden.
Bleibt zu hoffen, dass die künftige Regierungskoalition die richtigen Leitplanken setzt. Zeit für Fehlentscheidungen hat sie beim Klimaschutz jedenfalls nicht.
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Ein Kommentar von Matthias Bröker, top agrar-Ackerbau:
Die Flutkatastrophe in West- und Süddeutschland, verheerende Waldbrände in Griechenland und die extreme Hitzewelle mit über 48°C in Italien zeigen, dass wir dem Klimaschutz oberste Priorität einräumen müssen. Dass mehr denn je Handeln statt Reden erforderlich ist, zeigt auch der neue Bericht des Weltklimarates IPCC. Dieser sagt eine deutlich raschere Erwärmung der Erde voraus als bislang angenommen.
Weil der Druck enorm hoch ist, sind die Grünen einige Wochen vor der Bundestagswahl mit einem Klimaschutz-Sofortprogramm vorgeprescht, das sogar die Einführung eines eigenständigen Klimaschutzministeriums mit Vetorecht enthält. Ihre Vorschläge für den Ackerbau: Mehr Humusaufbau, Ökolandbau und Moorschutz. Doch sind diese Ideen wirklich der Königsweg für mehr Klimaschutz?
Zumindest Wissenschaftler sind sich über den richtigen Weg uneins. So scheint noch nicht einmal klar zu sein, wie landwirtschaftliche Verfahren hinsichtlich CO2-Emission und -Festlegung überhaupt zu bewerten sind. Die einen, wie z.B. das Thünen-Institut, betrachten die Produktion von Nahrungsmitteln und deren Konsum aus Kohlenstoffsicht als Nullsummenspiel. Daher präferieren sie eher extensive Anbausysteme mit mehrjährigen Kulturen bis hin zu Agroforst.
Die anderen, wie z.B. Wissenschaftler aus Jena, halten den CO2-Saldo für entscheidend. Berechne man Treibhausgasbilanzen von Betrieben, zeige sich, dass die deutsche Landwirtschaft zurzeit schon mehr CO2 fixiert als sie ausstößt. Daher befürworten sie intensivere Wirtschaftsweisen.
Statt sich jetzt in Debatten zu verlieren, wäre es sinnvoll, den Blick aufs große Ganze zu lenken. Das heißt: Deutschland sollte sich schon aus globaler Verantwortung heraus selbst versorgen können – das spricht für eine gewisse Intensität in der Produktion. Würde man dagegen verstärkt auf Importe setzen, wäre das ein Leben auf Kosten der anderen. Flankieren ließe sich das mit extensiven Maßnahmen wie z.B. Agroforst oder der Wiedervernässung von Moorflächen, um damit effektiv zusätzlichen Kohlenstoff zu binden.
Die Politik sollte nun den Rahmen dafür schaffen und den Landwirten auch konkrete Anreize für mehr Klimaschutz bieten. Wer z.B. Moorflächen vernässt, benötigt einen finanziellen Ausgleich. Gleichzeitig darf die Politik nicht den Fehler machen, intensive Wirtschaftsweisen zu verteufeln – denn in Deutschland müssen immerhin auch 83 Mio. Menschen jeden Tag satt werden.
Bleibt zu hoffen, dass die künftige Regierungskoalition die richtigen Leitplanken setzt. Zeit für Fehlentscheidungen hat sie beim Klimaschutz jedenfalls nicht.