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Klimawandel birgt auch Chancen für die deutsche Landwirtschaft

Die Folgen des Klimawandels werden sich für die deutschen Bauern nicht nur in Schädlingsdruck und Wetterextremen erschöpfen. Forscher verschiedener Institute widmeten sich auch den Vorteilen, die aus den weltweit steigenden Temperaturen erwachsen könnten. Erfolgreiches Wirtschaften ist aber nur mit angepassten Ackerbausystemen möglich.

Lesezeit: 6 Minuten

Die globalen Klimaveränderungen können den Bauern in Deutschland neben Risiken auch zahlreiche Chancen bieten, wenn zeitnah die richtigen Stellschrauben in Forschung und Entwicklung gedreht werden. Züchtungsfortschritte, die betriebsindividuelle Erprobung neuer Ackerbausysteme und ein besseres Wassermanagement zählten zu den wesentlichen Ansatzpunkten, die die Referenten auf der Tagung des Kuratoriums für Technik und Bauwesen in der Landwirtschaft (KTBL) am vergangenen Mittwoch dabei herausgestellt haben. Zu den aus deutscher Sicht positiven Perspektiven gehören höhere Weltmarktpreise, geringere Energiekosten, ein größeres Spektrum anbaubarer Kulturen und auch wachsende Erträge. Der Berufsstand muss sich laut Dr. Rainer Gießübel vom Bundeslandwirtschaftsministerium aber im Klaren darüber sein, dass der Klimawandel weiter voranschreitet und die „vom Regen gespeiste Landwirtschaft andere Voraussetzungen bekommt“. Das betreffe vor allem die Verteilung der Niederschläge.

Zunahme der Niederschläge im Frühjahr, Herbst und Winter

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Der Starkregen- beziehungsweise Dürreproblematik lässt sich nach Einschätzung des Präsidenten vom Thünen-Institut (TI), Prof. Folkhard Isermeyer, aber durch neue Wasserspeichersysteme begegnen. Anstatt Stauseen zu bauen, sei eine Vielzahl kleinräumiger, regional verteilter Rückhaltebecken mit der Möglichkeit zur überjährigen Wasserspeicherung gefragt, sowie auch der Ausbau von Wassertransportwegen. Dr. Cathleen Frühauf vom Deutschen Wetterdienst (DWD) führte Prognosen an, wonach sich die Zunahme der Niederschläge auf das Frühjahr, den Herbst und Winter konzentrieren wird. Im Szenario eines strengen Klimaschutzes blieben die Mengen im Sommer unverändert; unter schlechten Vorzeichen werde der Regen im Sommer, trotz einer Zunahme im Gesamtjahr, deutlich abnehmen. Diese Entwicklung sei jetzt schon feststellbar. Die sich schnell verändernden klimatischen Bedingungen erfordern laut dem Präsidenten des Julius-Kühn-Instituts (JKI), Prof. Frank Ordon, eine schnelle Reaktion der Pflanzenzüchtung. Dringlichkeit sei insbesondere in Anbetracht invasiver Schädlinge geboten. Bei einer Steigerung der Durchschnittstemperatur um 3° bis 6° Celsius komme es zu einer Ausweitung wärmeliebender Insektenschädlinge von bis zu 1 000 km in Richtung Norden.

Anstieg von 1,5 Grad Celsius seit 1881

Die Temperaturen in Deutschland werden laut der Klimaforscherin Frühauf unter allen Voraussetzungen weiter ansteigen. Sollte es weitere Verzögerungen geben, bis umfassende Maßnahmen zur CO2-Reduktion in die Wege geleitet würden, sei das Pariser Klimaziel nur noch erreichbar, wenn CO2 aus der Atmosphäre herausgefiltert werde. Zur Prognose des Temperaturanstiegs in Deutschland zog Frühauf Auswertungen des Klimaprojektionsensembles heran, in dem eine Vielzahl von Prognosen eingearbeitet ist. Unter Annahme eines strengen Klimaschutzszenarios sei von 2021 bis 2050 von einem Anstieg der Durchschnittstemperatur um 1,0° Celsius auszugehen und bis 2100 von einem Plus von 1,2° Celsius. Unter Annahme eines „Weiter-wie-bisher“-Szenarios belaufe sich der Anstieg auf 1,3° Celsius beziehungsweise 3,7° Celsius. Seit 1881 ist der Wetterforscherin zufolge ein ungebrochener Trend bei der Klimaerwärmung in Deutschland festzustellen; bis heute sei es bereits zu einer Steigerung der Durchschnittstemperatur um 1,5° Celsius gekommen.

Spätfrostgefahr nimmt zu

Auch wenn die Temperaturen im Durchschnitt stiegen und die Frostgefahr im Winter im Mittel abnehme, ist laut Frühauf Vorsicht geboten beim Anbau weniger frostfester Kulturen. Festzustellen sei nämlich ebenfalls eine größere Variabilität der Wetterverhältnisse von Jahr zu Jahr mit steigenden Extremen. Kalte Ausnahmewinter ließen sich keineswegs ausschließen. Zudem nehme die Gefahr von Spätfrost zu. Durch die höheren Temperaturen würden indes die einzelnen phänologischen Phasen schneller durchlaufen. Die Vegetation beginne wesentlich früher; ebenso verschiebe sich die Ernte aufgrund der beschleunigten Entwicklung nach vorne. Im Vergleich der Zeitspannen 1961 bis 1990 und 1991 bis 2017 haben sich der phänologische Winter nach Angaben des DWD von 120 auf 103 Tage und der Sommer um einen auf 89 Tage verkürzt, der Frühling sich dagegen um fünf auf 101 Tage und der Herbst um 13 auf 72 Tage verlängert.

Längere Vegetations- und Weideperioden

Drei Wirkungslinien beschrieb TI-Präsident Isermeyer ausgehend von den erwarteten klimatischen Rahmenbedingungen für die Landwirtschaft. Dazu zählten neben der Veränderung der durchschnittlichen Klimaverhältnisse die Zunahme der Wetterextreme und Effekte, die über die Weltmarktpreise nach Deutschland transportiert würden. Durch die Wetterextreme sei für die Bauern hierzulande keinerlei positive Wirkung für Erträge oder Produktqualitäten zu erwarten. Vielmehr entstünden durch solche Ereignisse zusätzliche Kosten, sei es allein für die Absicherung. Der Wandel der mittleren Klimabedingungen führe zu verlängerten Vegetationsperioden, wodurch auch längere Weideperioden möglich würden. Die erhöhte CO2-Konzentration könne sich außerdem auf die Erträge mancher Kulturen durchaus positiv auswirken. Die milderen Winter führten in der Tierhaltung zu Heizkostenersparnissen. In Aussicht stehe möglicherweise auch eine Erweiterung des zu nutzenden Fruchtartenspektrums.

In der Verantwortung zur Risikosenkung

Die stärkere Betroffenheit von Agrarsystemen in anderen Ländern durch den Klimawandel als in Deutschland kann aus Sicht Isermeyers zu einer Steigerung der Weltmarktpreise führen. In Getreideerzeugerregionen wie Australien oder Argentinien, die auf großer Fläche produzierten, sei es durchaus möglich, dass der Flächenmultiplikator Ertragsausfälle in der Photosyntheseleistung zur Folge habe. „Das kann zu Weltmarktpreissteigerungen führen, die bei uns dadurch, dass wir für offene Märkte produzieren, ankommen“, so der TI-Präsident. Wie sich aber die drei Wirkungslinien unter dem Strich auswirkten, sei Glaskugelleserei. „Viel wichtiger finde ich die Botschaft, dass, selbst wenn wir zu dem Ergebnis kämen, dass per Saldo die Chancen für die deutsche Landwirtschaft für den Klimawandel größer sind als die Risiken, wir auch dann in der Verantwortung stünden, unsere Chancen im Bereich der Produktionssysteme zu nutzen und die Risiken einzudämmen“, betonte der Agrarökonom. Deutschland sei schließlich Teil einer weltweiten Verantwortungsgemeinschaft für die Ernährung der Weltbevölkerung und könne sich auf seiner relativ komfortablen Position der geringen Betroffenheit nicht ausruhen.

Experimente belohnen

Auf dem Weg hin zu einer erforderlichen Anpassung der Agrarsysteme sieht Isermeyer die deutschen Landwirte allerdings noch vor einem Dilemma stehen. Wissenschaftler präsentierten jetzt einen breiten Strauß von Anpassungsoptionen, aus denen Landwirte aber nur intuitiv einzelne Bausteine auswählen könnten. „Sie werden damit zu Mitexperimentatoren, haben aber keine Forschungsabteilung auf ihrem Hof und tragen das persönliche Risiko“, so der Forscher. Die vorgenommenen Anpassungen erzielten in einem Jahr möglicherweise einen positiven Effekt, im anderen Jahr aber genau das Gegenteil. Um die dringend notwendige Erforschung neuer Systeme auf dem Einzelbetrieb zu fördern, müsse es einen finanziellen Ausgleich für dieses Risiko geben. Der Agrarökonom befürwortete außerdem mit Nachdruck eine stärkere Orchestrierung der Landwirte in ihrem Experimentierverhalten. Die technischen Mittel dazu seien mit der Digitalisierung gegeben. Mit Blick auf die Politik wünschte sich der TI-Präsident eine bessere Koordination von Bund und Ländern zugunsten des Feldversuchswesens. Was die Abfederung der rein finanziellen Einbußen aufgrund des Klimawandels angehe, berge die Einmischung des Staates das Risiko, dass sie realwirtschaftliche Anpassungsmaßnahmen für die Landwirtschaft unwirtschaftlich mache. „Würde der Staat für jeden Schaden einstehen, würden Landwirte weitermachen wie bisher“, gab der TI-Präsident zu bedenken. Allerdings könnten auch angepasste Betriebe ins Wanken geraten, wenn zwei Extremjahre wie 2018 aufeinander folgten.

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