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topplus Integrierter Pflanzenschutz

Krankheiten integriert kontrollieren – so gehts!

Die politischen Vorzeichen stehen auf Reduktion von Pflanzenschutzmitteln. Das macht den integrierten Fungizideinsatz aktueller denn je. Was dazugehört, erläutert unser Autor.

Lesezeit: 16 Minuten

Unser Autor: Hermann Hanhart, Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen

Politische Vorgaben wie „Neue Ackerbaustrategien“, „Farm to Fork“ und die breite Diskussion in der Gesellschaft zur Zukunft der Landwirtschaft verunsichern die Fachwelt. Oft heißt die Forderung: mehr integrierter Pflanzenschutz.

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Beim Thema Krankheitskontrolle ist der integrierte Ansatz nichts Neues – momentan wendet die Praxis ihn aber nicht konsequent an. Neue alternative Methoden stehen zurzeit nur bedingt zur Verfügung. Die Digitalisierung und die meisten Prognosemodelle sind lediglich kleine Hilfsmittel.

Entscheidend ist vielmehr Folgendes: Für den integrierten Ansatz gilt es, alle zur Verfügung stehenden Parameter ganzheitlich zu nutzen und zu bewerten. Nachfolgend stellen wir Möglichkeiten einer integrierten Kontrolle von Getreidekrankheiten vor.

Keine pauschalen Behandlungen mehr!

Grundsätzlich bestimmt die jahresspezifische Witterung das Auftreten von Krankheiten. In der Regel ist in feuchteren Jahren wie 2021 mit höherem Krankheitsdruck zu rechnen. Bis dato hat die Praxis dann auch intensiver behandelt, sicherlich gefördert durch die Beratung von Handel und Industrie.

Dass eine pauschal höhere Intensität selbst in solchen Jahren unnötig sein kann, zeigen unsere letztjährigen Demonstrationsversuche sehr schön. In drei Versuchen (Übersicht 1), immer in der Sorte Benchmark, trat ab Anfang Mai Gelbrost auf. Bei anhaltender Infektionswitterung entwickelte sich starker Befall, der in den Kontrollparzellen ab dem 15. Juni zu einem vollständig zerstörten Blattapparat führte. In diesen Versuchen waren drei Behandlungen für eine sichere Kontrolle notwendig. Bei Mehrerträgen von fast 35 dt/ha ließ sich eine hohe Wirtschaftlichkeit erreichen.

Übersicht 1: Auf diesen Schlägen war eine hohe Intensität nötig...

Gegenteilig konnten wir in drei weiteren Versuchen (Übersicht 2) nur geringe Mehrerträge bis maximal 10 dt/ha ernten, obwohl ebenfalls anfällige Sorten angebaut wurden. Pyknidien von Septoria tritici waren auch schon früh ab EC 29 vorhanden. Doch was sind die Gründe für die Unterschiede?

Übersicht 2: ... und hier reichte eine Einmalbehandlung

Im zweiten Fall startete die Epidemie trotz günstiger feuchter Witterung nur verhalten. In EC 78 ließ sich im Durchschnitt der drei Versuche ein Endbefall von 23 % befallener Blattfläche auf den oberen drei Blättern bonitieren. Gelbrost war im Benchmark und Tobak zu finden, stärkerer Befall trat aber erst spät nach der Blüte auf. Gleiches war beim Braunrost zu beobachten. In der hoch anfälligen Sorte Tobak kam Erstbefall aufgrund kühler Witterung erst kurz vor der Blüte vor. Bis zum Ende der Milchreife entwickelte der Braunrost aber doch noch einen Endbefall von 35 %. Auf diesen drei Standorten ließ sich der Krankheitsbefall mit nur einer Behandlung zu EC 49 sicher unter Kontrolle halten. Mit Mehrfachanwendungen konnte man den Ertrag zwar ganz leicht steigern, trotzdem hätte man mit nur einer Behandlung den höchsten Gewinn erzielt.

Zwischenfazit: Zusammenfassend zeigt sich, dass Behandlungen selbst bei feuchter Witterung niemals pauschal erfolgen dürfen. Vielmehr ist schlagspezifisch die richtige Intensität festzulegen. Denn neben der Witterung und dem Vorkommen von Krankheiten beeinflussen weitere Faktoren die Krankheitsentwicklung und das Schadmaß.

Krankheiten erkennen und richtig einschätzen

Um erregerspezifisch behandeln zu können, ist es wichtig, die Krankheiten zu erkennen – was nicht immer einfach ist. Das gilt besonders für Schneeschimmel, DTR oder Ramularia-Anfangsbefall. Zudem sollte man die Befallsentwicklung realistisch einschätzen können.

Weil Krankheiten nicht vom Himmel fallen, ist grundsätzlich zunächst Ausgangsbefall oder besser gesagt Sporenmaterial notwendig. Dies kann – wie bei Mehltau oder Rosten – mit dem Wind verbreitet oder über die grüne Brücke übertragen werden. Netzflecken- und Rhynchosporiumsporen sind schwer und können nur kurze Wege zurücklegen. In solchen Fällen werden Sporen aus befallenem Ausfallgetreide im direkten Umfeld oder über befallenes Saatgut auf die neue Kultur übertragen. Andere Krankheiten wie Septoria tritici, Fusarium oder DTR müssen zunächst eine Reifephase in Hüllkörpern (Pseudothezien) vollziehen, um dann mit dem Wind (Ascosporen bei Septoria) oder mit Regenspritzer auf die Kulturpflanze zu gelangen. Wenn dann die jeweilige optimale Witterung vorherrscht, kann der Pilz infizieren.

Da jede Krankheit spezifische Ansprüche an die Witterung stellt, kommen niemals alle Krankheiten gleichzeitig mit starkem Befall vor. Nach einer zunächst nicht sichtbaren Entwicklung im Pflanzengewebe erscheint später das das erregerspezifische Schadbild auf der Pflanze. Die Zeit von der Infektion bis zum Sichtbarwerden der Symptome bezeichnet man als Inkubationszeit.

Wie lang die Inkubationszeiten für die verschiedenen Krankheiten sind, entnehmen Sie der Übersicht 3. Generell gibt es „schnelle Krankheiten“ wie Mehltau, DTR oder Netzflecken und ausgesprochen „langsame Krankheiten“, wie vor allem Septoria tritici. Es gilt: Je kürzer die Inkubationszeit, umso schneller kann sich eine Krankheit im Feld ausbreiten bzw. umso mehr Generationen sind möglich. Das ist wiederum wichtig für den Epidemieverlauf, da anfangs mit der ersten Generation nur wenige Sporen- oder Pyknidien für die Verbreitung der darauffolgenden Generation zur Verfügung stehen. Krankheiten werden grundsätzlich erst dann kritisch, wenn nach einer Etablierung der Befall mehr oder weniger exponentiell zunimmt. Für die Entwicklung von stärkerem, wirklich ertragsrelevantem Befall sind bei den meisten Krankheiten mindestens sechs aufeinander folgende Generationen (nicht Infektionen) erforderlich.

Tipps zu „langsamen Krankheiten“ …

Die langsamen Krankheiten wie  Septoria  benötigen zur Ausbildung von Starkbefall einen Vorlauf im Herbst und Winter. Deshalb hat Septoria im Sommerweizen kaum eine Bedeutung. Erst wenn mindestens drei, besser vier Generationen bis zum Schossbeginn (EC 30) durchlaufen sind, kann sich starker Ausgangsbefall gebildet haben (hohe Pyknidiendichte), um in der Zeitspanne von EC 31 (um den 25. April) bis EC 71 (ca. 10. Juni) mit drei weiteren Generationen Starkbefall auszubilden.

Im Frühjahr wäre somit unter günstigsten Bedingungen für Septoria eine Zeitspanne von 40 bis 50 Tagen mit einem Fungizidschutz abzudecken. Mit gut platzierten Behandlungen und optimal wirksamen Fungiziden sind dafür zwei Einsätze notwendig. Infektionen, die nach dem 10. Juni stattfinden, haben keine Relevanz, weil bei guter Fungizidwirkung nur wenig Pyknidien für eine Neuinfektion zur Verfügung stehen und eine erneute Vermehrung (sichtbare Symptome) erst gegen Ende Juni möglich wird. Neubefall zum Ende der Milchreife hat keine Ertragsrelevanz.

Die in der Übersicht 3 in der Spalte „erforderliche Wirkung“ aufgeführten Werte gelten für Situationen mit Starkbefall. Endbefallswerte in unbehandelten Kontrollen von etwa 30 % zerstörter Blattfläche haben bei Septoria tritici nur geringe Ertragsverluste zur Folge. Mit Wirkungsgraden der Fungizide um 50 bis 60 % würden Ertragsverluste bereits verhindert. In Situationen mit extremem Befall sind dagegen hohe Wirkungsgrade um 80 % notwendig, um unter solchen Bedingungen potenzielle Ertragsverluste bis 40 % zu verhindern.

… und Hinweise zu „schnellen Krankheiten“

Die schnellen Krankheiten wie  Mehltau, DTR oder Netzflecken  benötigen den Vorlauf aus dem Herbst dagegen nicht. Diese können durch die zügige Generationsfolge in der wichtigen Wachstumsphase im Frühjahr bei günstigem Wetter durchstarten. Aus geringem Anfangsbefall kann sich über 5 bis 6 Generationen ein Starkbefall bilden. Generell sind schnelle Krankheiten gefährlicher als langsame. In der Regel ist bei diesen Erregern ein intensiverer Fungizideinsatz erforderlich.

Eine Sonderstellung nehmen  Schneeschimmel und Ramularia  ein. Ein Ausgangsbefall ist visuell oft kaum zu erkennen. Schneeschimmel benötigt vermutlich nicht die langsame Entwicklung über viele Generationen. Hier zeigt die Erfahrung, dass bei optimaler Infektionswitterung (sehr hohe Niederschläge über eine Woche oder länger) insbesondere nach EC 37 plötzlicher Starkbefall auftreten kann. Eine Befallsprognose ist unter solchen Bedingungen sehr schwierig, weil der Ausgangsbefall nicht kalkulierbar ist. Insgesamt gibt es beim Schneeschimmel noch Wissenslücken.

Ähnlich ist das bei Ramularia. Dieser Erreger wird mit zunehmender Alterung der Pflanze extrem schnell. Nachdem sich erste Symptome auf den oberen Blättern gebildet haben, kann in ganz kurzer Zeit (eine Woche) der komplette Blattapparat zerstört werden. In manchen Jahren sind allererste Symptome schon im Herbst und Frühjahr zu beobachten. In diesen Fällen erfolgt die Ausbreitung über sehr lange Zeitspannen.

Die verschiedenen Krankheiten führen auch zu unterschiedlichen Ertragsverlusten. Bei Starkbefall können z. B. Roste durchaus bis zu 60 % Ertragsverlust verursachen. Die Rostkrankheiten entziehen der Pflanze Nährstoffe und Wasser, während andere Krankheiten vornehmlich die Nährstoffversorgung reduzieren. Wie hoch die Mindererträge ausfallen, bestimmen die Befallsstärke und die Wachstumsphase. Ein geringer Endbefall beeinflusst den Ertrag nicht – erst recht nicht, wenn Neubefall erst mit Beginn der Gelbreife vorkommt.

Zugegeben ist es schwierig, die potenziellen Ertragsschäden richtig einzuschätzen. Um Ihnen dies zu erleichtern, sind in Übersicht 3 die möglichen Ertragsverluste in Prozent unter optimalen Infektionsbedingungen dargestellt. Meistens treten Krankheiten aber nur mit verhaltenem Befall auf.

Mit der Bodenbearbeitung den Befallsdruck senken

Neben den Eigenschaften der Krankheiten wirken sich auch pflanzenbauliche Faktoren auf den Krankheitsdruck aus. Mit der Bodenbearbeitung kann man z. B. auf standorttreue Krankheiten enorm Einfluss nehmen. Also auf solche, die auf der organischen Substanz, wie z. B. auf Strohresten, einen Ausgangsbefall (Inokulum) ausbilden. Das gilt vor allem für Fusarium und DTR. Wer das Maisstroh zusätzlich mulcht, um die Strohrotte zu fördern und anschließend pflügt, reduziert das Risiko einer Fusariuminfektion enorm.

DTR ist eine Krankheit, die mit starkem Befall nur in Stoppelweizen nach Mulchsaat auftritt. Wenn man das Maisstroh mithilfe des Pflugs oberflächlich beseitigt, wird dem Pilz das Inokulum entzogen.

Somit kann der Pflug bei beiden Krankheiten eine Behandlung einsparen. Zumindest werden dadurch frühe Fungizideinsätze gegen DTR überflüssig.

Weniger Pflanzenschutz dank gesunder Sorten

Auch mit der Sortenwahl lässt sich der Krankheitsdruck mindern. Die Züchtung stellt mittlerweile ein sehr breites Spektrum unterschiedlich anfälliger Sorten zur Verfügung. Eingekreuzte Resistenzgene können z. B. Rost gänzlich verhindern oder mit guter Toleranz den Befallsdruck reduzieren.

Die Resistenzeinstufung der vermehrungsstärksten Sorten ist in Übersicht 4 auf Seite 78 dargestellt. Es zeigt sich, dass hochanfällige Sorten für Septoria tritici und Mehltau kaum noch im Anbau sind. In Sorten mit einer Ausprägungsstufe (APS) bis 4 wird Starkbefall mit Septoria selten vorkommen. Auch in der Anfälligkeit gegenüber Fusarium ließen sich Fortschritte erreichen. Sorten mit APS 3 und evtl. noch mit APS 4 kann man mit einem geringen Restrisiko sogar in Mulchsaat nach Mais anbauen.

Bei den Rostkrankheiten sind die dargestellten Anfälligkeiten leider nicht verlässlich. Denn eingekreuzte Resistenzgene lassen sich durch einen schnellen Rassenwechsel überwinden. Seit 2014 kommt wechselnder Gelbrostbefall alljährlich vor. Die in 2014 extrem anfällige Sorte Asano ist heute nur noch gering anfällig, wohingegen Benchmark momentan als hoch anfällig gilt. Das Brechen von Resistenzgenen ließ sich auch beim Braunrost beobachten, vor allem in den extremen Befallsjahren 2007 und 2018. In solchen Jahren sind Überraschungen möglich.

Positiv zu bewerten ist die zurzeit breite Sortenvielfalt in der Praxis. Dadurch lassen sich eingekreuzte Toleranzen längerfristig erhalten. Bei einseitigem Anbau von nur wenigen Sorten, wie z. B. früher mit Kanzler, Obelix oder Ritmo, mutieren die Erreger, sodass Toleranzen schnell an Wirksamkeit verlieren. Zudem entstehen dann einseitige Erregerpopulationen mit extremer regionaler Verbreitung.

In der Praxis kann man die Sortenwahl natürlich nicht ausschließlich anhand der Krankheitsanfälligkeit treffen. Ertrag, Qualität und agronomische Eigenschaften wie Winterhärte, Fallzahlstabiliät, Standfestigkeit oder Frühreife sind ebenfalls wichtige Parameter. Trotzdem ist es angeraten, in puncto Krankheitstoleranz eine an den Standort angepasste Sortenwahl zu treffen. So ist z. B. in feuchten Regionen, wie in Schleswig-Holstein, eine gute Septoriatoleranz wichtiger als in Ostdeutschland. Auf Standorten mit viel Mais in der Fruchtfolge ist Wert auf eine gute Fusariumtoleranz zu legen. Grundsätzlich ist nicht unbedingt die gesündeste Sorte zu favorisieren, da ein hoher Resistenzgrad meistens Ertrag kostet.

Je nach Jahreswitterung kommt oft ein Erreger mit dominantem Befall und weitere mit geringem bis mittlerem Befall vor. Wie stark sich dann Toleranzeigenschaften von Sorten auswirken können, zeigt ebenfalls die Übersicht 4. So ließen sich in den geprüften Sorten der Landessortenversuche NRW im Jahr 2021 mit zwei bis drei Fungizideinsätzen Mehrerträge von 4 bis 26 dt/ha erzielen. Die erheblichen Unterschiede sind auf die Toleranzen der Sorten zurückzuführen – allerdings unter den Witterungsverhältnissen und somit unter dem Befallsgeschehen des Jahres 2021. In einem trockenen Jahr, wenn z. B. Braunrost relevant wird, könnte sich ein ganz anderes Bild ergeben.

Späte Saattermine mindern den Krankheitsdruck

Abhängig vom Erreger beeinflusst auch der Saattermin das Auftreten oder besser die Befallsstärke von Krankheiten. Das gilt besonders für Septoria tritici, da diese langsame Krankheit den Befallsaufbau im Herbst benötigt, um bis zum Frühjahr hohen Ausgangsbefall aufbauen zu können. Aber auch Roste, Mehltau, Halmbruch und Rhynchosporium profitieren im Frühjahr, wenn sich im Herbst stärkerer Ausgangsbefall aufbauen konnte.

Ein Beispiel: Wie stark der Saattermin das Auftreten von Septoria tritici beeinflussen kann, zeigt ein Versuch aus dem Münsterland aus dem Jahr 2003 (siehe Übersicht 5). Dabei wurden vier damals weit verbreitete Sorten zu zwei unterschiedlichen Saatterminen ausgesät – extrem früh am 19. September und zu einem normalen Termin am 15. Oktober. Nach typischer Herbstwitterung blieb der Januar relativ mild mit hohen Niederschlägen.

Die wichtigsten Erkenntnisse: Bis zum 20. April konnte sich abhängig vom Saattermin Septoria Ausgangsbefall entwickeln. Gegen Ende April und in den ersten Maitagen fielen erhebliche Niederschläge mit sehr guten Infektionsmöglichkeiten für Septoria. In der Frühsaat trat Septoria mit 10 bis 25 % erheblich stärker auf als in der Normalsaat. Bei der zweiten Bonitur um Anfang Juni wurden die Unterschiede um ein vielfaches größer.

Übersicht 5: Einfluss von Sorte und Saattermin

Derartige Unterschiede nur durch den Saattermin kommen natürlich nicht immer vor. Wäre 2004 in der Wachstumsphase von EC 31 bis 34 kaum Niederschlag gefallen, hätte Septoria fast keine Rolle gespielt. Daher gilt folgende Empfehlung: Beachten Sie den Faktor Saattermin besonders in Abhängigkeit von der Region. In feuchten Regionen wie in Holstein oder Westfalen ist das Risiko erheblich höher als in trockenen Gebieten wie in Ostdeutschland. In der Regel sind spätere Saattermine in den feuchten Regionen ertraglich nicht im Nachteil, weil dort der Weizen in der Kornfüllungsphase langsam abreift. Gegenteilig führt in Ostdeutschland die Vorsommertrockenheit oft zu einer vorschnellen Abreife, sodass sich bei verspäteter Saat das Ertragspotenzial nicht voll ausschöpfen lässt.

Düngung – keine N-Schübe riskieren

Als weiteres Werkzeug im integrierten Anbau sollte eine an den Standort angepasste Düngung erfolgen. Die Grundnährstoffe Calcium, Kalium, Phosphor und Magnesium sollte man auf der Grundlage von Bodenanalysen düngen. Ob der Einsatz von Mikronährstoffen nötig ist, lässt sich in der Vegetation effektiv über Blattanalysen kontrollieren. Wichtig ist auch eine standortangepasste N-Düngung in mehreren Gaben, die sich am Ertrag orientiert. Kurzzeitige hohe N-Schübe und erst recht eine überzogene N-Düngung sind unbedingt zu vermeiden. Denn besonders Mehltau, Roste und Netzflecken reagieren hierauf mit erhöhter Anfälligkeit.

Übrigens zeigen viele Versuche mit den momentan favorisierten Biostimulanzien im Ackerbau wenig Erfolge. Bei sachgerechtem Anbau sind auf unseren fruchtbaren Böden in klimatischer Gunstlage keine Wunder zu erwarten. Vielleicht gelingt es künftig, mit längerfristig angelegten Versuchen aus der Vielzahl der Substanzen wirklich wirksame herauszufiltern.

Integrierter Fungizideinsatz – Empfehlungen zur Saison

Nachdem Sie die Krankheiten im Frühjahr richtig erkannt haben, gilt es, die Infektionsmöglichkeiten für die vorhandenen Erreger abhängig von der Wetterlage richtig einzuschätzen. Bewerten Sie auch die diskutierten pflanzenbaulichen Parameter.

Frühe Behandlungen gegen Septoria tritici werden nur dann notwendig, wenn früh gesät wurde, mildes Winterwetter mehrfache Infektionen zugelassen hat und zudem Sorten mit einer APS von 5 oder höher angebaut wurden. Treten zusätzlich Niederschläge auf, die eine anhaltende Blattfeuchte von mindestens 30 Stunden zulassen, müssen Sie behandeln. Setzen Sie in diesen Fällen vor Niederschlägen wenig resistenzgefährdete Fungizide wie Folpan + Mirage ein. Schadschwellen in Form von Befallsstärke und -häufigkeit sind bei Septoria tritici keine richtige Hilfe.

In unsicheren Situationen können Sie noch warten, ob der Regen wirklich kommt, um dann mit gut kurativ wirksamen Produkten wie Revystar oder Balaya zu behandeln. Bleibt es trocken, kann man zunächst auf die Behandlung verzichten. In Spätsaaten mit Anbau von gesunden Sorten ist mit hoher Sicherheit keine frühe Behandlung gegen Septoria erforderlich.

Wenn wenig Niederschläge fallen, hat nur Rost und manchmal auch Mehltau eine Bedeutung. Schadschwellen sind dann hilfreich. Erst wenn Befall vorkommt und die Witterung Neuinfektionen zulässt, müssen Sie abhängig vom Wachstumsstadium behandeln. Das kann bei Gelbrost in hoch anfälligen Sorten bereits früh ab EC 30 der Fall sein. In gering anfälligen Sorten passiert wenig, sodass Sie warten können. Gute Fungizide sind eradikativ wirksam und töten vorhandenen Befall vollständig ab.

In Sorten ohne Gelbrostbefall kann man sich auf Braunrost konzentrieren. Um stärkeren Befall auszubilden, sind mehrfache Wärmephasen von über 20 °C mit morgentlichem Tau nötig. Sollte der Mai kühl werden, kann man in Sorten mit einer APS bis 4 (sofern die Einschätzung stimmt) auf Behandlungen verzichten, wenn nicht andere Krankheiten wie Ährenfusariosen drohen.

Fusarium richtig einschätzen

Eine hohe Fusariumgefahr ist vorzugsweise in feuchteren Regionen bei hohen Maisanteilen in der Fruchtfolge gegeben. Mulchsaaten nach Mais – egal, ob Silo- oder Körnermais – sind am stärksten gefährdet. Fusarium infiziert, wenn ausreichend Sporen vorhanden sind und die Witterung zur Blüte feucht und warm ist. Fehlt eine dieser Bedingungen, kommt es nicht zur Infektion. Der Grund: Sporen werden auf dem Maisstroh in den Perithezien gebildet. Dazu muss aber eine gewisse Grundfeuchte vorherrschen. Das heißt, dass die auf der Bodenoberfläche vorhandenen Maisstoppeln durch ausreichende Niederschläge für ca. 10 Tage feucht gehalten werden müssen. Fehlt die Feuchte, findet keine Reifung der Sporen statt.

Ein Beispiel: In 2019 und 2020 war der April trocken und im Mai fiel nur wenig Regen. Zur Blüte wechselte die Witterung auf feucht mit hohen Temperaturen. Trotz idealer Infektionsbedingungen hatte Fusarium keine Bedeutung. In unserem Monitoring mit über 50 Proben ließen sich weder in Triticale noch in Weizen Toxine nachweisen.

Gegenteilig war die Situation 2021. Hier war der Mai sehr feucht mit andauernden Niederschlägen. Genau in der Blühphase wurde es dann trocken und sonnig. Fusarium infizierte nicht und im Fusariummonitoring ließen sich keine Toxine feststellen. Wer also die pflanzenbaulichen Parameter in die Entscheidung zum Fungizideinsatz einbezieht, kann die Intensität senken – derjenige handelt dann integriert.

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Kommentar: Mehr Mut ist gefragt

Eine integrierte Kontrolle von Krankheiten war und ist auch heute kein Problem – man muss es nur wollen. Die Praxis setzt oft noch zu viel auf Sicherheit. Wichtig ist eine vorbeugende Bodenbearbeitung, die Saat gesunder Sorten zu passenden Terminen und schlagspezifische Fungizidentscheidungen.

Die Verunsicherung der Landwirte mit übertriebenen Warnmeldungen aus Handel und Industrie muss aufhören. Der Landwirt, aber auch die Beratung sollten vor allem in Situationen, die wenig kritisch für die Verbreitung von Krankheiten sind, unbedingt mutiger werden. Kleine Fehleinschätzungen mit Ertragsverlusten bis 3 dt/ha sind kein Beinbruch, zumal ein zusätzlicher Fungizideinsatz mindestens 30 bis 40 €/ha kostet. Zudem ist die Einsparung von Fungiziden ein wichtiger Baustein im Resistenzmanagement. Wirkstoffvielfalt und -sicherheit sind ganz wichtige Instrumente für eine integrierte Krankheitskontrolle. Nur wer zielgerichtet mit hohen Wirkungsgraden behandelt, kann die Intensität reduzieren.

Mit biologischen Produkten und Biostimulanzien sind Krankheiten zumindest in naher Zukunft nicht zu kontrollieren. Gegenteilig wird bei schwacher Wirkung eine hohe Intensität mit Vielfachbehandlungen kaum zu verhindern sein. Leider sind die politischen Rahmenbedingungen wenig fachlich geprägt. Die Tendenz in der Politik geht zur Wirkstoffverknappung. Alternativ sollen Biostimulanzien verstärkt zum Einsatz kommen.

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