Unsere Autoren: Dr. Luitpold Scheid und Steffen Wagner, Institut für Pflanzenschutz, Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL)
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Die Krautfäulebekämpfung wird durch Resistenzen schwieriger. Mittlerweile gibt es auch Doppelresistenzen.
Die Resistenzen machen geeignete Tankmischungen und einen konsequenten Wirkstoffwechsel zur Pflicht.
Krautfäulebefall hängt besonders von der Witterung ab. Richten Sie sich bei den Spritzabständen nach dem Befallsdruck.
Eine Alternariabekämpfung ist nur bei Stärke-, Industrie- und späten Speisekartoffeln sinnvoll. Auch hier ist der Wirkstoffwechsel zu beachten.
Die Bekämpfung der Krautfäule war schon immer eine Herausforderung. Doch durch die Verbreitung fungizidresistenter Stämme wird die Krautfäulebekämpfung nun zur Herkulesaufgabe. Nur wer hier den Überblick behält und richtige Schlüsse zieht, bekämpft den Pilz erfolgreich.
Welche Resistenzen gibt es?
Durch den Mangel an neuen Wirkstoffen sind Resistenzen nichts Neues. Zu unterscheiden ist zwischen einer schleichenden Abnahme der Wirksamkeit (quantitative Resistenz) oder einem absoluten Wirkungsverlust (qualitative Resistenz) bestimmter Wirkstoffe.
Aktuell tritt zum einen die OSBPI-Resistenz auf. Sie betrifft in Deutschland nur den Wirkstoff Oxathiapiprolin (Produkt: Zorvec). Setzt man bei OSBPI-resistenten Isolaten das Produkt Zorvec Entecta (Oxathiapiprolin + Amisulbrom) ein, kommt die Krautfäulewirkung ausschließlich von dem Wirkstoff Amisulbrom ( Leimay, Gachinko), das Oxathiapiprolin zeigt hier keine Wirkung.
Die CAA-Resistenz betrifft hingegen alle Wirkstoffe aus der Gruppe der Carbonsäureamide. Dazu zählen:
Mandipropamid (Revus (Top), Carial Flex, Pergovia-Pack),
Valifenalate (Voyager) und
Dimethomorph (Banjo Forte, Presidium; die Aufbrauchfrist beider Produkte endet am 20. Mai 2025).
Im Fall der CAA-Resistenz ist die Lage komplizierter als bei der OSBPI-/Zorvec-Resistenz. Denn bei dieser Resistenz macht es einen Unterschied, ob sie mischerbig oder reinerbig vorliegt.
Bei einer reinerbigen Resistenz ist die Situation vergleichbar mit der Zorvec-Resistenz. Die reinerbig resistenten Erreger werden überhaupt nicht von Mitteln wie Revus oder Revus Top erfasst. Verwendet man stattdessen z. B. ein Carial Flex (Wirkstoffe Mandipropamid, Cymoxanil), kommt die Wirkung wegen der Resistenz ausschließlich vom zweiten Wirkstoff, nämlich dem Cymoxanil.
Liegt die CAA-Resistenz mischerbig vor, ist die Wirksamkeit der CAA-Wirkstoffe Mandipropamid oder Valifenalate zwar grundsätzlich noch gegeben, allerdings nicht im vollen Umfang.
Die Resistenzen treten zwar unterschiedlich häufig in den Regionen auf, anzutreffen sind sie aber in ganz Deutschland. Daher ist es egal, wo Sie Ihre Kartoffeln anbauen, ergreifen Sie stets alle möglichen Maßnahmen, um eine weitere Resistenzausbreitung zu verhindern. Denn auf absehbare Zeit wird es keine neuen Wirkstoffe geben – vielmehr ist zu befürchten, dass weitere Wirkstoffe wegfallen.
Wirkstoffe und Wirkmechanismen wechseln
An erster Stelle steht hier das Mischen von Krautfäulewirkstoffen mit unterschiedlichen Wirkmechanismen, den sogenannten MoA (modes of action). Im Falle der OSBPI-Resistenz wurde dem mit der Zulassung von Zorvec Entecta insofern Rechnung getragen, als dass das Mittel neben Oxathiapiprolin auch den Wirkstoff Amisulbrom enthält. Schade nur, dass die Aufwandmenge des Amisulbrom reduziert wurde. Insofern ist hier Curzate 60 WG als weiterer Zumischpartner sinnvoll – wie vom Hersteller mitunter empfohlen; zumal es wegen der Resistenzsituation durchaus vorkommen kann, dass vom Wirkstoff Oxathiapiprolin keine Wirkung kommt.
Bei der CAA-Resistenz setzen die Zulassungsinhaber das Mischen von Wirkstoffen mit verschiedenen Wirkmechanismen teilweise gar nicht, teilweise aber auch sehr erfolgreich um.
Positiv sticht diesbezüglich das Produkt Voyager heraus, in dem die volle Aufwandmenge Shirlan enthalten ist. Die Zusammenstellung des Pergovia-Pack ähnelt der Situation beim Zorvec Entecta, da hier der Wirkstoff Amisulbrom deutlich unterdosiert ist.
Mehr als bedenklich ist die Solo-Vermarktung von Revus und Revus Top. Revus Top enthält zwar Mandipropamid und Difenoconazol, welches aber nur der Alternaria-Bekämpfung dient. Daher ist Revus Top gegen Krautfäule im Grunde ein Soloprodukt.
Mindestens ebenso wichtig sind die richtigen Spritzfolgen . Setzen Sie Mittel mit identischem Wirkungsmechanismus (MoA) daher nicht direkt hintereinander ein. Den MoA der Wirkstoffe zeigt die Übersicht 2.
So sollte man z. B. nach Voyager (MoA H5 und C5) keinesfalls Carial Flex (MoA H5 und U) einsetzen. Denn in diesem Fall käme unmittelbar hintereinander ein Wirkstoff der gleichen FRAC-Gruppe H5 zum Einsatz. Folgt aber nach der Voyager-Anwendung ein Ranman Top (MoA C4), könnte man danach das oben erwähnte Carial Flex (MoA H5, U) ausbringen. Denn so wird das Prinzip des Wirkstoffwechsels konsequent umgesetzt.
Doch es wird noch komplizierter. Wir haben es nämlich heute nicht nur mit Krautfäuleerregern zu tun, die entweder eine OSBPI-Resistenz oder eine CAA-Resistenz aufweisen. Es gibt mittlerweile auch zahlreiche Isolate, die doppelte Resistenzen besitzen. Das heißt, dass diese Erreger weder vom Zorvec-Wirkstoff Oxathiapiprolin noch von einem CAA-Wirkstoff (z. B. Revus) erfasst werden. Solche Resistenzen werden auch von Spritzfolgen gefördert, in denen Zorvec unmittelbar einem CAA-Wirkstoff (Carial Flex, Pergovia-Pack, Revus (Top), Voyager) folgt und umgekehrt. Vermeiden Sie diese Art von Spritzfolgen daher unbedingt. Hier darf man sich auch nicht vom Wechsel des MoA bzw. FRAC-Code blenden lassen, da es doppelt-resistente Isolate gibt.
Treffen Sie den Spritzstart
Um den richtigen Spritzstart richtig zu treffen, können wir auf Prognosemodelle, wie z. B. von ISIP, zurückgreifen, die den Behandlungsbeginn anhand von Wetterdaten errechnen. Allerdings kommen die Modelle bei bestimmten Witterungslagen an ihre Grenzen. Dazu zählen ergiebige Niederschläge, die die Kartoffeldämme stark durchfeuchten. Beobachten Sie das Wetter deshalb ab Auflaufen der Kartoffeln genau.
Bei hohen Niederschlagsmengen nach dem Auflaufen, dauert es meist nur zehn Tage, bis der erste Stängelbefall auftritt. Um diesen so weit wie möglich zu verhindern, sollte man im Anschluss an regnerisches Wetter mit dem Spritzstart beginnen. Setzen Sie eine erste Behandlung ca. sieben Tage vor dem zu erwartenden Befallsausbruch an. Ein solcher Termin liegt nahe am Befallsgeschehen und verspricht hohe Wirkungsgrade.
Falls ergiebiger Regen nach dem Auflaufen der Kartoffeln zum Spritzstart zwingt, ist die Größe der Pflanzen unerheblich. Selbst 5 bis 10 cm hohe Kartoffelstauden können massiven Stängelbefall aufweisen! Die Kartoffeln sollten aber so groß sein, dass sie ausreichend Wirkstoff aufnehmen können.
Die passende Spritzfolge
Stängelkrautfäule lässt sich nicht vollständig verhindern. Durch rasches Handeln und die richtigen Mittel kann man sie aber massiv reduzieren. Dabei helfen üblicherweise vollsystemische Fungizide wie Infinito oder Zorvec Entecta (siehe Übersicht 1).
Sinnvoll ist z. B., mit einem Infinito (1,6 l/ha) zu starten, gefolgt von einer Tankmischung aus Zorvec Entecta + Curzate 60 WG (0,25 l/ha + 0,2 kg/ha) und einer erneuten Anwendung von Infinito (1,6 l/ha). Bei einer derartigen Spritzfolge wäre der erforderliche Wirkstoffwechsel zwischen den Anwendungen sichergestellt und auch das Ziel von Fungizidmischungen mit unterschiedlichen Wirkungsmechanismen erreicht.
Allerdings ist zu beachten, dass die Wirkung der Mischung aus Zorvec Entecta plus Curzate 60 WG auf Standorten mit Zorvec-Resistenzen lediglich auf den Wirkstoffen Amisulbrom und Cymoxanil beruhen kann. Insofern wäre eine Mischung aus Reboot + Ranman Top (0,45 l/ha + 0,5 l/ha) eine alternative Option, die einen Selektionsvorteil für resistente Erreger vermeidet. Die Tankmischung aus Zorvec Entecta + Curzate 60 WG könnte man stattdessen auch in der Hauptwachstumsphase ausbringen.
Die richtigen Abstände wählen
Entscheidend für den Erfolg der Folgebehandlung ist der richtige Spritzabstand. Dieser hängt entscheidend vom Infektionsdruck und der Witterung ab. Bei sehr hohem Krautfäuledruck darf der Spritzabstand maximal eine Woche betragen, ist er sehr gering, lässt sich der Abstand zwischen den Behandlungen auf gut zwei Wochen ausdehnen. Hoher Krautfäuledruck liegt bekanntlich bei feuchtwarmer Witterung vor. Wer sich nicht allein auf Erfahrung und Gefühl verlassen will, kann Prognosemodelle wie Simphyt 3 von ISIP nutzen. Letzteres berechnet z. B. den Infektionsdruck.
Beachten Sie neben dem Krautfäuledruck beim Spritzabstand weitere Faktoren wie das Krautwachstum, die Sortenanfälligkeit und die Niederschlagslage. So sollten Sie die Spritzintervalle bis zum Blühbeginn etwas verkürzen, da die Bestände bei schnellem Krautwachstum sonst nicht ausreichend geschützt sind. Umgekehrt kann man warten, wenn kein Blattneuzuwachs stattfindet oder seit dem letzten Spritztermin kein Regen gefallen ist. Ähnlich ist das bei wenig anfälligen Sorten.
Empfehlungen für Folgebehandlungen
Für Folgebehandlungen stehen uns Propamocarb-haltige Mittel zur Verfügung. Diese systemischen Fungizide zeichnen sich durch eine gute Kurativwirkung aus und lassen sich problemlos bis zur Blüte einsetzen.
Bis vor drei Jahren waren Mittel wie Revus (Top), Pergovia, Carial Flex, Voyager und Zorvec noch das Fundament jeglicher Krautfäulebekämpfung. Doch durch die Resistenzentwicklung sollte man ihre Anwendungshäufigkeit reduzieren. Ein Zorvec Entecta und die CAA-Fungizide sind daher höchstens zweimal in der Saison einsetzbar. Spritzen Sie diese Mittel außerdem nur im Wechsel mit Fungiziden, die einen anderen Wirkungsmechanismus besitzen.
Ansonsten haben wir für die Folgebehandlungen Cymoxanil-haltige Fungizide wie Curzate 60 WG, Cymbal Flow, Grecale oder Reboot. Sie besitzen eine sehr gute Kurativwirkung, ihre Wirkungsdauer ist aber begrenzt. Sinnvoll sind daher Mischungen von Cymoxanil-haltigen Mitteln und reinen Kontaktmitteln (Shirlan, Ranman Top, Gachinko/Leimay), um ihre vorbeugende Wirkung zu verbessern. In Phasen geringen Krautfäuledrucks kann man diese Kontaktfungizide auch solo ausbringen.
Befall wirksam stoppen
Bei vorhandenem Befall sind die resistenzbetroffenen Mittel Revus (Top), Pergovia, Carial Flex, Voyager und Zorvec tabu. Sporulierenden Befall bekämpft man am besten mit sogenannten Stoppspritzungen.
Dazu eignet sich eine Tankmischung aus z. B. 0,2 kg/ha Curzate 60 WG + 0,4 l/ha Terminus oder Carneol. Sollte der gewünschte Erfolg ausbleiben, empfiehlt es sich, ca. drei bis vier Tage später nachzulegen. Dazu kommen z.B. 1,6 l/ha Infinito + 0,5 l/ha Ranman Top infrage.
Erfolgt die Stoppspritzung erst spät in der Vegetation, bietet sich als Nachlage auch eine etwas preiswertere Mischung aus 0,5 l/ha Ranman Top + 0,4 l/ha Shirlan an. Diese Kontaktmittel eignen sich auch sehr gut für Abschlussspritzungen, da sie zum Schutz vor Knolleninfektionen beitragen.
Was ist sonst zu beachten?
Insgesamt hat sich die Wirkstoffpalette bei den Krautfäulemitteln im Vergleich zum Vorjahr weiter verengt.
So ist die Aufbrauchfrist von Polyram WG, Versilus und Zorvec Endavia Ende 2024 abgelaufen.
Die von Banjo Forte, Presidium und Orvego endet zum 20. Mai dieses Jahres.
Neu auf dem Markt und erstmals 2025 erhältlich ist das Revus Pro. Es enthält die Wirkstoffe Propamocarb und Mandipropamid und ist somit auch von der CAA-Resistenz betroffen.
Was tun gegen Alternaria?
Neben Krautfäule kann auch Alternaria empfindliche Ertragsverluste verursachen. Dies betrifft in erster Linie Stärke- und Industriekartoffeln, aber auch späte Speiseware. Deshalb sollte man Alternaria nur bei diesen Sorten bekämpfen. Generell gelingt die Alternariabekämpfung am besten, wenn man ein alternariawirksames Fungizid sechs bis acht Wochen nach dem Auflaufen einsetzt (oder wenn erster Befall auf den mittleren Blattetagen auftritt).
Der optimale Folgetermin hängt auch hier allein von der Witterung ab. Bei idealen Alternaria-Infektionsbedingungen sollte der Spritzabstand maximal zwölf Tage betragen – sofern eine Behandlung wegen der späten Ernte sinnvoll ist. Da Alternaria-Maßnahmen bis ca. drei Wochen vor der Krautabtötung durchzuführen sind, können mehrere Behandlungen anstehen.
Achten Sie auch bei Alternaria darauf, dass sich keine weiteren Resistenzen bilden. Setzen Sie das Carboxamidhaltige Propulse (Fluopyram + Prothioconazol) daher maximal zweimal pro Saison ein – auch wenn es die beste Alternariawirkung zeigt. Propulse sollte zudem immer im Wechsel mit einem anderen Azol zum Einsatz kommen.
Hier bietet sich neben Belanty (Mefentrifluconazole) z. B. der Wirkstoff Difenoconazol an, der in Revus Top und Narita XL enthalten ist. Narita XL ist das Nachfolgeprodukt von Narita und enthält 500 g/l Difenoconazol. Damit ist die Wirkstoffkonzentration doppelt so hoch wie bei Narita, sodass die maximale Aufwandmenge von Narita XL bei 0,25 l/ha liegt. Das Produkt ist für eine viermalige Anwendung zugelassen und scheint nicht ganz die Wirkungsgrade eines Belanty zu erreichen.
Auch bei Alternaria ist der Wirkstoffwechsel ein Thema. Da Revus Top/Narita XL, Belanty und Propulse alle ein Azol enthalten, ist der Wechsel zwischen Wirkmechanismen – anders als bei Krautfäule – nicht möglich. Setzen Sie den gleichen Wirkstoff daher nie zweimal nacheinander ein. Sind mehrere Spritzungen erforderlich, könnte eine mögliche Spritzfolge so aussehen: Ortiva – Belanty – Propulse – Revus Top/Narita XL– Propulse – Belanty.